14.08.2024
SANIERUNG GEPLANT

Marinomed: Börsennotiertes Korneuburger BioTech muss Insolvenz anmelden

Das einstige Vorzeige-BioTech Marinomed kämpfte zuletzt mit Umsatzrückgängen und Verlusten in Millionenhöhe. Nun wurde ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt.
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Marinomed
(c) Marinomed - Andreas Grassauer, CEO Marinomed.

Bereits 2015 berichtete brutkasten erstmals über das 2006 gegründete Korneuburger (NÖ) BioTech-Unternehmen Marinomed. Dieses spezialisierte sich zunächst auf Medikamente gegen Atemwegserkrankungen und brachte erfolgreich antivirale Nasen-, Rachensprays und Pastillen auf den Markt. Mittlerweile ist das Produktportfolio in der Behandlung viraler Infektionskrankheiten und autoreaktiver Immunerkrankungen noch deutlich größer.

IPO mit 22,4 Millionen Euro Volumen im Jahr 2019

Denn Marinomed legte über Jahre hinweg ein starkes Wachstum hin. Nach regelmäßigen Millionenfinanzierungen über verschiedene Kanäle, etwa ein Private Placement an der Börse oder einen EIB-Kredit, erfolgte 2019 der IPO im Prime Market der Wiener Börse, bei dem Aktien um 22,4 Millionen Euro emittiert wurden, wie brutkasten berichtete.

Noch im ersten Quartal 2023 Rekordumsatz für Marinomed

Danach rissen die Erfolgsmeldungen nicht ab. Das BioTech expandierte weiter und arbeitete während der Covid-Pandemie auch an einem Corona-Medikament. Erst im Frühling 2023 verlautbarte Marinomed, dank einer heftigen Grippe- und Erkältungssaison, das umsatzstärkste erste Quartal in der Unternehmensgeschichte erzielt zu haben. 3,3 Millionen Euro Umsatz standen damals zu Buche.

Aktienwert seit 2021 stark gesunken

Doch bereits seit einem Maximum von rund 140 Euro pro Aktie im Frühling 2021 entwickelte sich der Börsenkurs von Marinomed sukzessive negativ. Nach einem letzten kleinen Gipfel mit 71 Euro im November 2022 ging der Wert mit relativ konstant abwärts und stand zuletzt bei nur mehr rund zehn Euro.

6,8 Mio. Euro Verlust im Vorjahr, 2,1 Mio. im ersten Quartal

Und nach dem Rekordumsatz im ersten Quartal 2023 gab es einen deutlichen Einbruch. Insgesamt ging der Umsatz im Vorjahr um ein Fünftel zurück und es wurden 6,8 Mio. Euro Verlust geschrieben, berichtet die Tageszeitung “Die Presse”. Im ersten Quartal 2024 standen nach den erwähnten 3,3 Millionen Euro im Vorjahr nur mehr 0,7 Millionen Euro zu Buche was zu einem Quartalsverlust von 2,1 Millionen Euro führte.

Marinomed beantragt Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung

Marinomed musste daher nun Insolvenz anmelden, wie das Unternehmen in einer Ad Hoc-Meldung bekanntgab. Dabei wurde ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt. “Anlass der Antragstellung ist, dass die kurzfristig benötigten Finanzmittel zur Sicherstellung der Liquidität der Gesellschaft nicht planmäßig aufgebracht werden konnten und eine Zahlungsunfähigkeit droht”, heißt es vom Unternehmen. Man habe die Umsatzerwartungen für das Geschäftsjahr 2024 bislang nicht wie geplant realisieren können.

“Finanzielle Stabilität des Unternehmens durch Abschluss eines Sanierungsplans nachhaltig absichern”

“Ziel des Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung ist, die finanzielle Stabilität des Unternehmens durch Abschluss eines Sanierungsplans nachhaltig abzusichern. Neben Restrukturierungsmaßnahmen sollen dafür unter anderem Erlöse aus der Realisierung strategischer Optionen für das Carragelose-Geschäft genutzt werden”, heißt es von Marionmed weiter. Die geplante Veröffentlichung des Halbjahresabschlusses am 20. August werde verschoben.

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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