04.06.2021

Krisen-Kreativität: Was man von magdas Hotel und Vollpension lernen kann

Resilienz ist in der Coronakrise zum Modewort geworden. Was macht sie aus, die Unternehmen, die von den Folgen der Krise hart getroffen wurden, aber trotzdem mit viel Optimismus ihren eigenen Plan durchgezogen haben?
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Gabriela Sonnleitner leitet das Social Business magdas Hotel © brutkasten/schauer-burkart
Gabriela Sonnleitner leitet das Social Business magdas Hotel © brutkasten/schauer-burkart

Es ist April 2021 und Wien befindet sich im Lockdown. Seit einem guten Jahr hat das Magdas Hotel am Wiener Prater (mit einer Unterbrechung) geschlossen. Trotzdem tut sich etwas. Ein Kamerateam wartet in der Lobby, wechselt kurz ein paar Worte mit Kollegen, die dann die große Hoteltreppe hinauflaufen. Der erste Stock des Hotels ist jetzt ein Büro. Dort ist die Wiener Agentur We Make Stories eingezogen. „Sie mussten aus ihrem Büro raus und haben mich gefragt, ob sie ein paar Zimmer mieten können“, erzählt Hotelchefin Gabriela Sonnleitner. „Zuerst war ich unsicher, aber dann dachte ich mir: Warum denn nicht?“ Auch in einem geschlossenen Hotel kann man neun Zimmer vermieten. Die Coronapandemie hat viele Betriebe wirt­schaftlich von einem Tag auf den anderen an die Grenzen der Leistungsfähigkeit gebracht. Und trotzdem haben viele von ihnen den Mut nicht verloren. Ganz im Gegenteil, die Krise hat den Kampfgeist geweckt. 

Nicht die Nerven verlieren

Sonnleitner war schon sehr früh klar, dass 2020 kein normales Jahr wird. „Als die ersten Nachrichten aus China kamen, dass es ein neues Virus gibt, habe ich sofort mit dem Arzt der Caritas geredet“, erzählt die Managerin. Sonnleitner hat viele ­Jahre in der Kommunikation der Caritas in Österreich gearbeitet, bevor sie die Leitung des Magdas Hotels übernahm. Das bedeutete nicht selten Krisenkommunikation. Das Tochterunternehmen der Caritas wurde als wirtschaftlich eigenständiges „Social Business“ infolge der Flüchtlingswelle 2015 gegründet und hat sich als beliebtes Mittelklassehotel im Vintagestil in Wien etabliert. „Die beste Krisenprävention ist es, vorzudenken“, sagt die 54-Jährige – auch in einer weltweiten Pandemie. Sonnleitner: „Diese Dimension haben wir natürlich nicht erahnt. Man darf in Krisen aber trotzdem nicht die Nerven verlieren. Man darf nicht in der passiven Rolle bleiben, muss sich immer fragen: Was kann ich tun und verändern? Ich schaue immer, dass ich einen Schritt schneller bin.“

Und das war sie. Noch bevor ein Verbot des offenen Buffetfrühstücks am Tisch liegen konnte, hatte Magdas einen Plan für genau diese Umstellung. Das war scheinbar nur eine Kleinigkeit, aber eine mit großer Wirkung; ein „Quick Win“, wie man im Managementjargon sagt. Das neue À-la-Carte-Frühstück war keine notwendige Reaktion auf eine neue Verordnung, sondern eine durchdachte Neuerung, die nach der ersten Öffnung im Mai 2020 bei den Gästen sehr gut ankam. „Das war etwas sehr Mutmachendes“, erinnert sich Sonnleitner. „Daraus schöpft man dann wieder Kraft“ – die Kraft, die nötig ist, um in einer schwierigen Situation einen klaren und kreativen Kopf zu bewahren. Um Luft zu holen für Innovation und Veränderung. Wirtschaftlich hat sich die kleine Änderung auch ausgezahlt: Der Gastro-Umsatz lag im Sommer auf Vorjahrs­niveau; dank Gastgarten und À-la-Carte.

Gabriela Sonnleitner leitet das Social Business magdas Hotel © brutkasten/schauer-burkart
Gabriela Sonnleitner leitet das Social Business magdas Hotel © brutkasten/schauer-burkart

Crowdfunding-Kampagnen als ­erste Rettungsanker

Das Magdas Hotel ist ein Social Business – noch vor dem wirtschaftlichen Erfolg stehen also Sinn und Wirkung des Unternehmens im Fokus. Im Fall von Magdas ist das die Integration ehemaliger Flüchtlinge in die Arbeitswelt in Österreich. Alle Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter gut durch die Krise zu bringen hatte für Sonnleitner also höchste Priorität. „Rein wirtschaftlich betrachtet hätte man wahrscheinlich Leute kündigen müssen. Das verstehe ich auch. Uns war es aber wichtig, das nicht zu tun“, so die 54-Jährige. Eines der ersten Projekte, das Magdas nach dem ersten Lockdown sofort anging, war also den Mitarbeiterinnen und Mit­arbeitern gewidmet. Ganz konkret: den Lehr­lingen, also jenen jungen Menschen, die im Magdas lernen, in Gastronomie und Hotellerie in Österreich zu arbeiten – übrigens auch genau der Bereich, in dem seit Jahren ein Fachkräfte­mangel beklagt wird. Kurzarbeit kam nicht infrage, zu groß der Verlust an wertvoller Ausbildungszeit. Schließlich war es ein Crowdfunding, das die Situation gerettet hat: 15.000 Euro konnten über die Kampagne eingesammelt werden, um einen Lehrlingsplatz zu finanzieren. Mitten in der Krise entschied sich Magdas, zusätzlich noch einen Lehrling aufzunehmen.  

Ganz ähnlich startete die „Voll­pension“ in die Krisenbewältigung. Das Kaffeehaus ist mit 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in die Krise gestartet. Etwa die Hälfte davon fällt aufgrund des Alters in die Hochrisikogruppe der Coronapandemie, denn in der Vollpension kochen und backen „Omas“ und „Opas“. Gleichzeitig ist für diese Gruppe keine Kurzarbeit möglich. „Gerade die Seniorinnen und Senioren sind aber auf den Zuverdienst angewiesen“, sagt Moriz Piffl, einer der Gründer. Auch hier war ein Crowdfunding der „Quick Fix“, wie Piffl es nennt. Schon am 10. April, also noch mitten im ersten Lockdown, startete die Vollpension die Kam­pagne. Die „Krautfunding“ getaufte Aktion sollte 40.000 Euro bringen und lockte mit Goodies wie Espresso auf Lebenszeit um 1.000 Euro. 140.000 Euro kamen am Ende zusammen – Geld, das dringend notwendig war: „Ohne das Crowd­funding hätten wir die Auszahlung der Kurzarbeitsgelder nicht mehr erlebt“, sagt der Co-Founder der Vollpension. Als Social Business, bei dem eben der Impact im Vordergrund steht, reichten die Bilanzkennzahlen nicht für einen staatlich besicherten Kredit. 

Ein ganz klarer Auftrag

Wie bei Magdas hat auch in der Vollpension die Schockstarre nur sehr kurz gedauert. Der ­stärkste Faktor, um schnell wieder ins Tun zu kommen? „Unsere Orga­nisation hat einen ganz klaren Auftrag“, sagt Julia Krenmayr, die die Voll­pension gemeinsam mit Piffl und Hannah Lux gegründet hat. „Bei uns geht es darum, Arbeitsplätze für Seniorinnen und Senioren zu schaffen, sie aus der Isola­tion heraus­zuholen und Generationen zu verbinden.“ 2020 stand für sie nicht im Vordergrund, um jeden Preis ein Minus zu verhindern. Es ging darum, bei der Wirkung möglichst keine Abstriche zu machen. „Bei der Weihnachtsfeier sind den Omas die Tränen herunter­­geronnen, weil sie so dankbar waren, dass wir nicht aufgegeben haben“, erzählt Krenmayr. Ähnlich geht es Gabriela Sonnleitner: „Unser sozialer Auftrag ist es ja, junge Menschen auszubilden und in den Arbeitsprozess zu bekommen.“ In einer Krise zuerst an die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu denken macht Unternehmen widerstandsfähiger. Das gilt nicht nur für Social Businesses, wie eine PwC-Studie zeigt, die vor der Corona­krise und noch einmal ein Jahr nach Ausbruch durchgeführt wurde: Der größte Teil der befragten Führungs­kräfte gab an, dass die wichtigsten Maßnahmen in der Krise jene für den Schutz und das Wohlbefinden der eigenen Teams waren. 

Moriz Piffl und Julia Krenmayr von der Vollpension © brutkasten/schauer-burkart
Moriz Piffl und Julia Krenmayr von der Vollpension © brutkasten/schauer-burkart

Oma Innovation Lab

Der nächste Schritt waren bei beiden Social Busi­nesses neue und innovative Projekte. Die Vollpension berief das „Oma Innovation Lab“ ein. „Wir haben Leute aus unserem Umfeld eingeladen, die interessante Perspektiven haben“, erklärt Piffl. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Omas und Opas, Freunde und Bekannte aus den unterschiedlichsten Branchen und Berufsgruppen steckten in Zoom-Calls die Köpfe zusammen und suchten nach Ideen für die Vollpension. Das erste Ergebnis war das Crowdfunding. Im Sommer durfte die Gastronomie wieder aufsperren – das tat auch die Vollpension, allerdings mit einem neuen Geschäftsmodell, um möglichst viel aus der vermutlich kurzen Zeit der offenen Kaffeehäuser herauszuholen. 

„In der Schleifmühlgasse ist nicht so viel Platz und wir durften ihn nur halb besetzen. Außerdem waren früher 70 Prozent unserer Gäste Touristen“, sagt Krenmayr. „Wir mussten uns also überlegen, wie wir das wirtschaftlich schaffen können.“ Im Sommer sollten die Gäste also nicht mehr pro Getränk, Kuchen oder Speise bezahlen, sondern eine Flatrate für die Zeit, die sie im Kaffeehaus verbringen: „Halbpension“. In den Sommermonaten konnte mit nur etwa einem Drittel der Gäste des Vor­jahrs fast die Hälfte des Vorjahresumsatzes hereingeholt werden – ein Konzept, das wirtschaftlich erfolgreich war, das Team aber vor eine Zerreißprobe stellt. „Die Zahlen sprechen dafür; dass man Erwartungshaltungen enttäuscht, steht dagegen“, sagt Piffl und wägt ab: „Durch ein neues Geschäftsmodell ändern sich auch die Kunden.“ Ob die Vollpension wieder mit „Halbpension“ öffnen wird, entscheidet sich erst in letzter Sekunde vor der Öffnung. 

Das nächste Ergebnis des „Oma Innovation Labs“ war die „Backademie“. Denn selbst ein Kaffeehaus, in dem Seniorinnen und Senioren Kuchen backen, kann man digitalisieren. Die Voll­pension zog eine eigene Showküche im Retro-Stil mit TV-Studio-Ausrüstung hoch und stellte Omas vor die Kamera. Im Ok­to­ber starteten Online-Backkurse, die in der Weihnachtsbacksaison gut gebucht waren. Mehr als 1.000 Kurse wurden gekauft. Und: „Die nächste Backsaison kommt bestimmt“, zeigt sich Krenmayr zuversichtlich.

Endlich Zeit für Innovation

„Für die Resilienz ist es gut, mehrere Pro­dukte zu haben und breiter aufgestellt zu sein“, sagt Piffl, der bis zum Beginn der Krise operativ kaum in der Vollpension involviert war. Die Coronazeit hat in vielerlei Hinsicht Veränderung gebracht, nicht nur im negativen Sinn, ganz im Gegenteil: „Im laufenden Betrieb ist Veränderung oft eine potenzielle Be­drohung. Wenn Stillstand allerdings Untergang bedeutet, dann ist die Angst vor dem Scheitern weg.“ Wer keine Angst davor hat, zu scheitern, ist mutiger. „Über viele Dinge haben wir jahrelang nachgedacht. Und jetzt haben wir sie auf einmal umgesetzt“, so Piffl, der sich sicher ist, dass sich im normalen Betrieb kaum jemand aus dem Team vor die Kamera gestellt hätte, um einen Backkurs aufzu­zeichnen. 

Die Chancen des unfreiwilligen Stillstands sieht auch die Leiterin des Magdas Hotels: Manche Projekte wurden sogar vorgezogen, „um die Zeit zu nutzen“, wie Sonnleitner sagt. In einem ehemaligen Priesterwohnheim richtet Magdas einen zweiten Standort in Wien ein und hat sich mitten in der Krise an die Konzeption gemacht und den Umbau begonnen. Währenddessen durfte im Sommer 2020 ein Schülerprojekt das Haus in der Ungargasse für ein Pop-up nutzen: „Die Boys und Marie“ war ein Take-away für kleinere Speisen, das jetzt als Franchise-Konzept durchstarten will. Die Idee: Junge Menschen, die keinen Praktikumsplatz finden, sollen ihren eigenen schaffen. Ein halbes Jahr später wurde „Die Boys und Marie“ sogar in der TV-Show „2 Minuten 2 Millionen“ vor Investoren präsentiert. In dem ehemaligen Priesterwohnheim ist es vorerst wieder ruhig geworden – das zweite Magdas Hotel wird wohl erst 2022 eröffnen. „Wir beobachten zuerst, wie sich der Tourismus in dem Jahr nach Corona entwickelt“, sagt Sonnleitner. 

Was man selbst in der Hand hat

Sich in der Krise einen genauen Plan zurecht­zulegen, das halten auch die Autoren der besagten PwC-Studie für einen wesent­lichen Faktor „in der Vorbereitung auf das Unvermeidbare“. Sowohl die Lei­terin des Magdas Hotels als auch die Gründer der Vollpension würden ergänzen: Konzen­triere dich dabei auf die Dinge, die du in der Hand hast. Und in dieser Krise gab es vieles, das Unternehmerinnen und Unternehmer nicht in der Hand hatten. Die meiste Zeit war unklar, wann Hotels und Gastronomie wieder aufsperren dürfen. Und auch mit staatlicher Unterstützung konnten Magdas und Vollpension zunächst nicht planen. „Nach einiger Zeit haben wir ausgeblendet, was in Pressekonferenzen gesagt wurde“, erinnert sich Piffl. „Wir haben im November für uns festgelegt, dass wir vor März nicht aufsperren, egal ob der Lockdown dann schon vorbei ist. Damit haben wir uns befreit“ – davon befreit, mit den eigenen Plänen warten zu müssen. Piffl: „Dann kann man sich auf eigene Ideen konzentrieren, und auf die ­eigenen Möglichkeiten. Den eigenen Betrieb nicht von anderen ab­hängig zu machen gibt einem mehr Kraft.“ 

We Make Stories hat zum Einzug im Magdas Hotel eigenen Bademäntel entworfen © We Make Stories
We Make Stories hat zum Einzug im Magdas Hotel eigenen Bademäntel entworfen © We Make Stories

Für die Agentur We Make Stories ist die Zeit, in der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Gängen des Magdas Hotels alleine war, nun zu Ende. Die Agentur bleibt noch über den Sommer, schließlich wurden sogar eigene Bademäntel für alle Mitarbeiter angefertigt. Der besondere Reiz, sein Büro in ein Hotel zu verlegen, ist auch die neue Perspektive. Der Moment, wenn man sich beim Lunch mit internationalen Hotelgästen austauscht, wird wohl trotzdem noch etwas auf sich warten lassen. Gabriela Sonnleitner hatte aber nie Zweifel daran, dass er wieder kommt: „Wien ist eine spannende Stadt und ich glaube einfach daran, dass die Leute wieder hierherkommen werden.“ Und: „Wenn wir aufsperren, dann werden wir wieder erfolgreich sein.“

Dieser Artikel erschien zuerst in dem brutkasten-Magazin #12 (05/21) unter dem Titel “Dann ist die Angst vorm Scheitern weg”.

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Coworking Salzburg
(c) Romy Sigl -

Früher hieß es, steig nicht zu Fremden ins Auto. Oder: Lass keine Fremden in deine Wohnung. Dann folgten “absurde” Ideen und daraus Uber und Airbnb. Dies sind zwei Beispiele von Visionen, die anfänglich auf Skepsis gestoßen sind, sich dann aber zu weltweiten Erfolgen entwickelt haben. Zugegeben, die Thematik rund um das Ende von Coworking Salzburg – siehe hier – ist nun eine, die zu einem Teil der Scheiterkultur in Österreich geworden ist. Aber durch die Botschaft eines anonymen Kritikers das offenbart, womit man heutzutage noch in der Republik als Teil des Startup-Ökosystems zu tun hat.

Scheiterkultur in Österreich

Bereits vor zehn Jahren meinte Hansi Hansmann, dass Österreich eine schlechte Scheiterkultur habe. Dabei sei gerade hier der Lernprozess extrem hoch, sagte der Business Angel damals. Seitdem gab es immer wieder Beispiele von einem gesunden Umgang mit Fehlern und Fehleinschätzungen, etwa von CrowdFarming oder von Direct Sales. Vor knapp fünf Jahren machte sich zudem das Labor für schönes Scheitern dafür stark, einen “lockeren Umgang” im Scheitern zu pflegen.

“Die letzten zehn Jahre haben mir gezeigt, dass echte Veränderung dort beginnt, wo wir uns trauen, unsere Fehler anzunehmen und darüber zu sprechen – egal ob als Einzelperson, in einem Team oder in einer Organisation”, sagte auch Fuckup-Nights-Initiator Dejan Stojanovic im November des vorigen Jahres, als seine Idee die erste Dekade feierte.

Offener Umgang

Romy Sigl ging mit dem Ende von Coworking Salzburg, wie oftmals von der Szene empfohlen, dementsprechend offen um, kämpfte um die Rettung und musste sich schlussendlich mit dem Aus ihrer Vision abfinden. Wie sie kürzlich auf LinkedIn schrieb, erreichte sie jedoch eine anonyme Botschaft, die einige kritische Fragen zum Coworking-Space und der Startup-Kultur in Salzburg aufwarf. Sigl machte sie öffentlich und startete damit einen Diskurs rund um die Art und Weise von Kritik und das allgemeine österreichische Mindset, das ab und an mit Missgunst und Schadenfreude einhergeht.

Die Nachricht an die Founderin enthielt u.a. folgende Aussagen: “Die sogenannte ‘Startup-Bubble’ rund um den Coworking Space in Salzburg ist für mich eine reine Illusion. Sie besteht aus Menschen, die glauben, Geschäftsideen zu haben, die jedoch oft absurd und nicht realisierbar sind. (…) Ich sehe es positiv, dass dadurch Coworking-Spaces, die sich als vermeintliche Top-Adressen darstellen, letztlich verschwinden. Aus meinen eigenen Einblicken in diesen Coworking-Space kann ich nur sagen, dass ich es äußerst kritisch finde, wenn Menschen in ihren Ideen bestärkt werden, obwohl von Anfang an klar ist, dass diese nicht funktionieren können.”

Und weiter: “So schwer es für Romys Ego auch sein mag, es ist an der Zeit, die Realität zu akzeptieren: Es ist vorbei, und das Projekt kann nicht mehr künstlich am Leben gehalten werden. (…) Niemand möchte mit einem heruntergekommenen Gebäude und einer visionär überzogenen, aber wenig greifbaren Community in Verbindung gebracht werden. Es ist Zeit, loszulassen und die Realität anzunehmen. Liebe Romy, ich wünsche dir persönlich alles Gute, aber ich rate dir, dich in Zukunft von Startups und ähnlichen Projekten fernzuhalten.”

Auf eine inhaltliche Ebene heben

Sigl verlinkt in ihrem Post in den Kommentaren die komplette Botschaft des anonymen Absenders, macht aber noch weitaus mehr. Sie entbröselt die zum Teil persönliche Kritik und hebt sie auf eine inhaltliche Ebene, indem sie sachlich auf die einzelnen Kritikpunkte eingeht.

Sie schreibt: “Ein Vorwurf lautete, dass Coworking-Spaces ‘absurde und nicht realisierbare’ Geschäftsideen fördern. Hier möchten wir widersprechen: Innovation entsteht oft aus Experimenten und Ideen, die zunächst unkonventionell wirken. Airbnb, Uber oder Slack sind nur einige Beispiele von Unternehmen, die zunächst als unrealistisch abgetan wurden. Coworking-Spaces sind keine Erfolgsgaranten, sondern Plattformen. Sie bieten Gründern Zugang zu Netzwerken, Ressourcen und einer inspirierenden Umgebung. Es ist Teil des unternehmerischen Prozesses, Ideen zu testen – und manchmal auch zu scheitern. Wir sind stolz darauf, viele Startups auf ihrem Weg begleitet zu haben, von ersten Prototypen bis hin zu marktfähigen Produkten.”

Der Kritik, dass ihrer Community “jegliche echte Expertise” fehle, setzt sie entgegen, dass ihr Space von Beginn an eine bunte Mischung aus erfahrenen Unternehmer:innen, kreativen Köpfen und jungen Gründer:innen dargestellt habe: “Gerade diese Vielfalt macht Coworking-Spaces aus. Sie sind Orte des Austauschs, wo Wissen geteilt und gemeinschaftlich Lösungen gefunden werden. Darüber hinaus haben wir mit etablierten Organisationen wie Startup Salzburg und dem Techno-Z in Puch zusammengearbeitet, um unseren Mitgliedern Zugang zu weiterführenden Ressourcen und Programmen zu bieten. Expertise entsteht durch Zusammenarbeit, nicht durch Ausgrenzung”, so Sigl weiter.

“Feig” und “Schlag unter die Gürtellinie”

Weitere Punkte von Sigls Replik betreffen Förderungen, die Tragfähigkeit des Co-Working-Projekts und eine negative Stimmung als Folge, auf die sie eingeht. Unterstützung erhält sie dabei von Teilen der LinkedIn-Community, die die Anonymität des Kritikers “feige” bzw. seine Zeilen einen “Schlag unter die Gürtellinie” nennen und auf die nachhaltige Wirkung der Gründerin eingehen.

“Der Standort und die heimischen Startups, inklusive Symptoma, haben vom Beleben des Standorts eindeutig profitiert. Der Space hat viele Leute zusammengebracht – ein Grundbaustein für Innovationen”, schreibt etwa Jama Nateqi, Founder und CEO von Symptoma.

Und Sven Maikranz, Gründer von Upstrive hält einen besonderen Punkt fest, wo man eine große Chance verpasst hätte: “Menschen, die sich selbst nicht genug Signifkanz geben können, versuchen es dadurch zu erreichen, dass sie andere runter drücken und schlecht machen. Traurig und schade, weil es sicher zu den Themen eine konstruktive Diskussion geben könnte, der Autor durch die Form und Anonymität sich aber selbst disqualifiziert.”

Passend dazu zitiert Sigl den Buchschreiber und Berater Mario Kellermann: “Kritik ist nur dann wertvoll, wenn sie sagt, wie es besser geht. Alles andere ist sonst nur leeres Gerede und sinnlose Wichtigtuerei.”

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