16.04.2019

Ganz Europa braucht die Entschlossenheit von Notre-Dame

Kommentar. Noch während die Pariser Kathedrale Notre-Dame gestern in vollen Flammen stand, versprach Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Wiederaufbau und bekam breite Unterstützung. Die EU sollte sich ein Beispiel an gotischen Kathedralen nehmen.
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Notre-Dame - EU braucht Entschlossenheit
Stich von M. Blanc der Kathedrale Notre-Dame in Paris nach einer Renovierung 1852. (Im Besitz der Brown University Library / Wikimedia Commons)

Es ist fast genau 74 Jahre her. Am 12. April 1945 stand der Wiener Stephansdom nach einem Bombentreffer in Flammen. Der Dachstuhl brannte komplett aus. Drei Jahrzehnte zuvor wurde die Kathedrale von Reims in Nord-Frankreich durch Artillerie-Beschuss im Zuge des Ersten Weltkriegs weitreichend zerstört. Auch dort blieb vom Dachstuhl nur Schutt und Asche übrig. Beide gotischen Kathedralen stehen heute wieder – mit stabileren und weniger brandgefährdeten Dächern. Auch die gotische Kathedrale Notre-Dame in Paris, deren Dach beim gestrigen Brand einstürzte, wird wiedererrichtet werden. Das versprach Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bereits während des Brandes – und er erhielt umfassende Unterstützung bis hin zu einer ersten Finanzierungszusage über 100 Millionen Euro durch eine französische Milliardärsfamilie.

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Errichtet für die Ewigkeit

Die gotischen Kathedralen Europas wurden für die Ewigkeit errichtet. Diese ursprüngliche Intention, der christliche Symbolik zugrunde liegt, wird auch mehr als ein halbes Jahrtausend nach dem Bau hochgehalten. Denn mag auch das Dach einstürzen – die massiven Mauern bleiben stehen. Es braucht aber auch ein gehöriges Maß an Entschlossenheit, die neuerlichen Jahrzehnte dauernden Arbeiten aufzunehmen, um – in diesem Fall Notre-Dame – wieder aufzubauen. Diese Entschlossenheit wurde, wie erwähnt, bereits gezeigt, bevor der Brand gelöscht war.

Kathedrale Europa: Die Bautätigkeit hört niemals auf

Auch für ganz Europa wird die Metapher der Kathedrale immer wieder genutzt. Die Dome und Münster des Kontinents wurden nicht im Laufe von Jahren, sondern von Jahrhunderten gebaut. Und die Bautätigkeit – das sieht man an den konstanten Renovierungsarbeiten, bei denen nun auch in Notre-Dame der Brand ausgebrochen sein dürfte – hört niemals auf. Die Kathedralen vereinen eine Vielzahl architektonischer Stile und Artefakte zahlreicher kunsthistorischer Perioden in sich. Sie sind nicht “aus einem Guss”.

“Verschlimmbesserungen”

Im Laufe der Baugeschichte wurde nicht konstant alles besser. In Notre-Dame wurden etwa im Zuge der Aufklärung 1728 die berühmten gotischen Buntglasfenster durch Weißglasfenster ersetzt. Es war (aus kunsthistorischer Sicht) nicht die einzige “Verschlimmbesserung” in der Geschichte des Bauwerks. Jede Ära drückte der Kathedrale ihren Stempel auf. Nach der Französischen Revolution wurde Notre-Dame etwa kurzzeitig zum “Tempel der Vernunft” umgewidmet und diente nachher gar eine Zeit lang als Weindepot. Eines war jedoch immer klar: Das Bauwerk bleibt erhalten. Und das setzte man mit Entschlossenheit um.

Glosendes Feuer in der EU

Es ist diese Entschlossenheit, die man in der EU heute vermisst. Mit dem Brexit ist ein Turm der Kathedrale Europa eingestürzt. Das Dach steht noch. Aber das Feuer ist nicht gelöscht. Es glost und könnte zu einem noch größeren Brand führen – von “unter Kontrolle” kann man kaum sprechen. Da und dort drohen weitere Gebäudeteile einzustürzen.

Wir brauchen die Entschlossenheit von Notre-Dame

Die EU ist, wie die gotischen Kathedralen, ein Konglomerat unterschiedlichster Einflüsse. Sie hat ihre genialen Errungenschaften und trägt die Narben von “Verschlimmbesserungen”. Doch wir sollten uns bewusst sein: In Summe ist sie ein großartiges, wertvolles Bauwerk. Der eingestürzte Turm sollte Anlass sein, einen stabileren, weniger einsturzgefährdeten Turm zu bauen. Die konstanten Bau- und Renovierungsarbeiten sollten darauf abzielen, die Substanz zu stärken, ohne dabei die Ästhetik außer Acht zu lassen. Die EU ist noch nicht “fertig” und wird es niemals sein. Doch es wäre an der Zeit, wie nun bei Notre-Dame, die nötige Entschlossenheit zu zeigen, die Kathedrale Europa stärker als je zuvor aufzubauen, anstatt eine teilweise Ruine mit glosenden Feuerherden zu verwalten.

⇒ Geschichte der Kathedrale

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v.l.n.r. Josef Scheidl, Geschäftsführer Brantner green solutions_ Stefan Tollinger, Geschäftsführer Brantner green solutions_ Jürgen Kleinrath, CEO Neveon, Wolfgang Lang

Über eine Million gebrauchte Matratzen werden laut dem Ergebnisbericht Zirkuläre Matratzen jährlich in Österreich entsorgt. Dies führt zur Freisetzung von rund 150.000 Tonnen CO2 pro Jahr. Ein Großteil dieser Emissionen (ca. 80-90 Prozent) entsteht bei der Rohstoffgewinnung und Produktion von Matratzen.

Abhilfe möchte künftig ein neues Joint Venture zwischen dem Schaumstoffproduzenten und -verarbeiter Neveon und dem Kreislaufwirtschaftsunternehmen Brantner green solutions schaffen. Ein entsprechender Vertrag zur Gründung des Joint Ventures wurde Ende Juni unterzeichnet, wie beide Unternehmen am Dienstag bekanntgaben.

Mechanisches Recycling geplant

In einem ersten Schritt soll das neue Joint Venture, das seinen Sitz in Krems an der Donau haben wird, gebrauchte Matratzen in Zusammenarbeit mit Sammelstellen und Wertstoffsammelzentren einsammeln, zerlegen und anschließend mechanisch recyceln.

Die geretteten Rohstoffe sollen in einem weiteren Schritt von Neveon sowie von weiteren produzierenden Unternehmen zu neuen Produkten aus Verbundschaum weiterverarbeitet werden. Als Beispiele werden etwa Kuhstallmatten oder Schalldämmungselemente genannt. Ein konkreter Zeitplan für den Produktionsstart liegt allerdings noch nicht vor, zunächst soll jedoch eine entsprechende Recycling-Infrastruktur aufgebaut werden.

Weiters wird in einer gemeinsamen Aussendung darauf hingewiesen, dass es in Österreich in Bezug auf finanzielle Anreize noch Aufholbedarf gebe. So erfolge die Gründung des Joint Ventures, obwohl hierzulande noch keine entsprechende Inverkehrbringergebühr (EPR) vorliege.

“Die in vielen Ländern vorherrschende Inverkehrbringergebühr bietet einem Recyclingunternehmen finanzielle Unterstützung und schafft Anreize für Hersteller, umweltfreundlichere Produkte herzustellen”, so Stefan Tollinger von Brantner green solutions.

Beteiligung von Greiner an Matratzen-Startup

Neveon ist die Schaumstoffsparte der Greiner AG aus Oberösterreich und erwirtschaftete 2023 einen Jahresumsatz von rund 641 Millionen Euro. Über die hauseigene Innovationsschmiede Greiner Innoventures beteiligte sich die Gruppe 2022 am Wiener Startup MATR, das eine Matratzen-Management-Lösung für Hotels entwickelt (brutkasten berichtete).

Die jüngste Unterzeichnung des Joint Venture-Vertrags stand jedoch nicht in Zusammenhang mit der Beteiligung an MATR, wie eine Sprecherin von Neveon gegenüber brutkasten bestätigt. Dazu heißt es von Neveon: “Wir werden mit MATR im Rahmen der Beteiligung selbstverständlich zusammenarbeiten, sollte es hier Anknüpfungspunkte geben.”

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