10.05.2022

Kocher bekommt Wirtschaft, aber nicht Digitalisierung – Lob und Kritik für “Super-Ministerium”

Nach den gestrigen Ministerinnen-Rücktritten erfolgt nicht nur eine Neubesetzung, sondern auch eine Umschichtung der Agenden in den Ministerien.
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Minister Martin Kocher.
© BKA/Dunker - Minister Martin Kocher.

Viel war seit den Rücktritten von Elisabeth Köstinger als Landwirtschafts- und Tourismus-Ministerin und von Margarete Schramböck als Wirtschafts- und Digitalisierungsministerin gestern spekuliert worden. Nun verkündete Bundeskanzler Karl Nehammer die Neuerungen im Regierungsteam. Und die gehen mit starken Umschichtungen der Agenden in den Ministerien einher. So verliert das Landwirstschaftsministerium unter dem neuen Minister Norbert Totschnig den Tourismus an das Wirtschaftsministerium und die Breitband-Agenden an das Finanzministerium. Auch das Wirtschaftsressort wird aufgeteilt: Die Wirtschafts-Agenden kommen zum bisherigen Arbeitsminister Martin Kocher, der so zum “Super-Minister” für Wirtschaft und Arbeit wird. Die bislang im Ministerium namensgebende Digitalisierung wandert ebenfalls ins Finanzministerium.

Konkret wird im Finanzministerium ein neues Staatssekretariat für Digitalisierung und Breitband geschaffen, das Florian Tursky, der bisherige Kabinettschef des Tiroler Landeshauptmanns Günther Platter, übernimmt. Tursky hat auch Erfahrungen als Startup-CEO vorzuweisen – der brutkasten berichtete. Auch im Wirtschaftsministerium wird ein neues Staatssekretariat geschaffen: Susanne Kraus-Winkler, bislang Obfrau des Fachverbands Hotellerie in der Wirtschaftskammer, wird Tourismus-Staatssekretärin an der Seite von Martin Kocher.

Lob- und Kritik für “Standortministerium” von Kocher

Die Zusammenlegung von Wirtschafts- und Arbeitsministerium – es kursiert der Begriff “Standortministerium” – wurde bereits in den vergangenen Tagen auch öffentlich diskutiert. Seitens Wirtschaftsvertreter:innen wird sie mitunter sehr positiv aufgenommen. Industriellenvereinigungs-Präsident Georg Knill lässt etwa via Aussendung ausrichten, Wirtschaft und Arbeit seien bei Minister Kocher “in guten Händen” und der neue Staatssekretär für Digitalisierung im Finanzministerium sei ein positives Signal. “Die vorgestellte Regierungsumbildung ist ein wichtiger wie notwendiger Schritt in die richtige Richtung“, so Knill.

Umgekehrt sieht es – wie so oft – der Gewerkschaftsbund ÖGB. “Man muss kein Schwarzmaler sein, um die Zusammenlegung der Ressorts für Arbeit und Wirtschaft in ein Ministerium als sehr problematisch für die Arbeitnehmer:innen zu werten”, kommentiert ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und verweist auf die Gesetzgebung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zwischen 2000 und 2006, als die Ressorts zusammengelegt waren. “Insbesondere wenn es um die Gestaltung großer wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Transformationen geht, dürfen Interessen der Arbeitnehmerinnen, auch im Sinne von Just Transition, nicht auf der Strecke bleiben”.

Doch auch in der Startup-Szene gibt es nicht nur Lob für die Ministerien-Zusammenlegung. Eine bekannte Szene-Vertreterin sagt in einem ersten Statement gegenüber dem brutkasten etwa: “In einer bevorstehenden massiven Wirtschaftskrise kein richtiges Wirtschaftsministerium zu haben, ist ein absoluter Witz”.

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Markus Fuhrmann von Gropyus (rechts oben), Prewave (rechts unten), Storyblok (mitte), enspired (links unten), Marcus Bauer von CycloTech (links oben)

Mit mindestens einer halben Milliarde Euro an Investments ist es auch für 2024 zum Jahresende wieder Zeit für den brutkasten-Investmentrückblick. Insgesamt konnten wir 104 Investments verzeichnen.

Disclaimer: Die Darstellung zählt die Investments, die der brutkasten-Redaktion bekannt sind. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Redaktion bemüht sich darum, Investments in österreichische Startups zu verfolgen, darüber zu berichten und diese aufzubereiten.

Knapp die Hälfte der von uns verzeichneten Investments wurden jedoch ohne exakten Betrag kommuniziert. Ausgehend von den jeweils angegebenen Untergrenzen ("siebenstelliges Investment" = 1 Mio.) ergibt sich die halbe Milliarde Euro als Mindest-Gesamtvolumen.

Gropyus: mit 100 Mio. Euro wieder Nr.1

Mit 100 Mio. Euro, konnte sich das Proptech-Startup Gropyus wie bereits im Vorjahr erneut das größte Investment sichern (brutkasten berichtete 2023). Daneben konnten aber viele weitere heimische Start- und Scaleups größere Investmentrunden abschließen. So freute sich Storyblok bereits im Mai über eine Finanzierung über 80 Mio. US-Dollar (entspricht etwa 75 Mio. Euro), im Juni dieses Jahres wurden 63 Mio. Euro in Prewave investiert.

Bei den aktivsten Investoren gibt es keine große Überraschung. Insgesamt viermal wurde die Wiener Venture-Capital-Gesellschaft Speedinvest als Geldgeber der heimischen Startups genannt. Auch Business Angel-Legende Hansi Hansmann ist mit seiner Hans(wo)mengroup zumindest viermal als Investor erwähnt worden.

Die Branche mit der insgesamt größten Investmentsumme bleibt der Software-Bereich. Rund 160 Mio. Euro erhielten heimische Software-Startups, gefolgt von den Proptech-Startups mit 101 Mio. Euro - der Betrag ist jedoch fast zur Gänze auf Gropyus zurückzuführen.

Investitionen: Unbekannte Beträge

Bei insgesamt 55 der 104 vermerkten Investments wurde keine exakte Summe genannt, wodurch nur eine Annäherung an das tatsächliche Volumen möglich ist. Bei 14 Startups wurde überhaupt Stillschweigen über die Summe vereinbart.

Unsere Auswertung zeigt, dass sich die meisten heimischen Investments im siebenstelligen Bereich befinden, dicht gefolgt von sechsstelligen Förderungen. Investitionen darüber oder darunter sind eher die Ausnahme.

Gendergap: Männerteams bekommen mehr

Betrachtet man die Investments nach Geschlecht der Founderteams, ist ein eindeutiger Gendergap bemerkbar. Im ersten Halbjahr 2024 wurde nur in zwei Startups investiert, die von einer Frau geführt sind. Zum Jahresende konnten nur zwei weitere Investitionen in Startups von Frauen vermerkt werden.

Auswertungen und sämtliche Grafiken erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Berücksichtigt wurden nur österreichische Unternehmen. Da Fördersummen aus den Meldungen nicht differenziert werden können, wurden diese stellenweise mitgerechnet.

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