12.09.2019

Das Klima retten – mit positiven Anreizen anstatt mit Strafsteuern

Anlässlich des Tags der ökosozialen Marktwirtschaft erläutert Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer in seinem Gastkommentar, wie Österreichs Wirtschaft zur Rettung des Klimas beitragen kann: Durch Innovation und positive Anreize, anstatt durch mehr Regulierung und Verbote.
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Harald Mahrer
(c) Marek Knopp: Harald Mahrer

Der heutige Tag der ökosozialen Marktwirtschaft soll daran erinnern, dass Wirtschaft, Umwelt und soziale Anliegen kein Widerspruch sein müssen. Diese Erinnerung ist wichtiger denn je. Denn in der politischen Debatte zur Bekämpfung des Klimawandels geben mitunter jene lautstark den Ton an, die auf mehr staatliche Regulierung und mehr Verbote setzen – und in der Wirtschaft den systemischen Klimakiller Nr. 1 erkannt haben wollen.

+++Gastbeitrag von Sabine Jungwirth, Grüne Wirtschaft: Ehrliche Klimapolitik braucht umfassende Strategien statt leerer Bekenntnisse+++

Tatsache ist: Die maßgeblich von Josef Riegler entwickelte und von der Volkspartei programmatisch verankerte ordnungspolitische Konzeption einer ökosozialen Marktwirtschaft hat in Österreich immer mehr auch Eingang in die betriebliche Praxis gefunden. Viele Unternehmen verbinden Gewinnstreben, soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit – und sind dabei äußerst erfolgreich.

Im Bereich der Umwelttechnik spielen wir international in der Spitzen-Liga: 72 Prozent der Umsätze werden im Export erwirtschaftet. Schon heute interessieren sich neun von zehn ausländischen Wirtschaftsdelegationen, die nach Österreich kommen, für unser Know-how rund um Green-Tech. Von den 6,1 Mrd. Euro, die unsere Unternehmen in F&E investieren, entfällt ein beachtlicher Anteil auf Investitionen rund um nachhaltige Technologien. Die breite Akzeptanz des Nachhaltigkeits- und Umweltschutzgedankens unter unseren Unternehmerinnen und Unternehmern zeigt auch eine aktuelle WKO-Erhebung: Für fast neun von zehn Unternehmen (86%) ist der Klimaschutz ein großes Anliegen.

+++Zum Energie&Umwelt-Channel des brutkasten+++

Für den Standort Österreich wie für die internationale Klimapolitik liegt darin eine große Chance: Natürlich werden wir mit einem Anteil von 0,2% an den Weltemissionen nicht das Klima retten – aber als Top-Eco-Standort können wir entscheidende Beiträge dazu leisten, um anderen Ländern und Regionen nachhaltiges Wirtschaften zu erleichtern. Der Export von innovativen Klimaschutz-Technologien und -Lösungen ist ein Gewinn für unsere Unternehmen, ihre Beschäftigten und für wirksamen Klimaschutz.

Damit wir die Potentiale unserer Unternehmen und ihrer Fachkräfte für die Chancen des Klimaschutzes bestmöglich mobilisieren können, müssen wir

  • Investitionsanreize für Klimaschutz schaffen,
  • Kapital für die Energiewende mobilisieren,
  • Infrastrukturverfahren beschleunigen,
  • die Chancen der Jungen durch Klimavorsorgebudgets wahren, und
  • den globalen Gleichklang bei der Klimapolitik forcieren.

Ganz im Sinn der ökosozialen Marktwirtschaft und der Verhaltensökonomie sind positive Anreize statt Strafsteuern wichtig, damit Klimaschutz von den Menschen und von der Betrieben breit mitgetragen wird. Entscheidend sind Maßnahmen, die das Tempo der Energiewende zu erhöhen helfen. Dazu zählen die Mobilisierung von privatem Kapital, etwa indem Investitionen in Green Bonds von der KESt befreit werden, sowie die Bildung von Rückstellungen für den Klimaschutz durch den Staat in Form eines Klimavorsorgebudgets. Natürlich erzielen alle Anstrengungen noch viel mehr Wirkung, wenn sie in globalem Gleichschritt passieren. Das zu forcieren, ist eine der großen Aufgaben der Europäischen Union.

+++Zum Politik-Channel des brutkasten+++

Selbstverständlich müssen wir uns auf EU- und internationaler Ebene auch konkrete Gedanken über ordnungs- und steuerpolitische Maßnahmen machen. Kostenwahrheit und Verursacherprinzip (Stichwort: CO2-Preis) müssen für einen effizienten und effektiven Weg in eine umweltfreundliche Zukunft Leitplanken werden, damit sich klimaschonendes Wirtschaften rechnet. Denn: Wer nachhaltige wirtschaftet, darf nicht der Dumme sein. Gleichzeitig würde es die Suche nach technologischen Lösungen zur Emissionsreduktion enorm vorantreiben. Außer Frage steht, dass es der falsche Weg wäre, die energieintensiven Industrien aus Europa zu vertreiben. Denn sie können und werden die nachhaltigen Technologien der Zukunft entwickeln.

Innovationskraft und ökosoziales Denken und Handeln müssen heute mehr denn je Hand in Hand gehen. Die Vision, dass Österreich im Bereich Eco-Tech internationaler Vorreiter wird, ist kein Hirngespinst, sondern eine große Chance. Damit Wohlstand und Beschäftigung auch in Zukunft gesichert sind – und damit jeder Tag im Jahr ein Tag der ökosozialen Marktwirtschaft sein kann.

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AI Landscape 2024, Wasner, Hochreiter
(c) Stock.Adobe/GamePixel - Die AI Landscape 2024 ist da.

Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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