02.04.2024
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Wie Klaus-M. Schremser drei Exits gelangen

Usersnap, Wikidocs, Gentics - Klaus-M. Schremser war an gleich drei erfolgreichen Unternehmensverkäufen beteiligt. In der neuen Folge von "Das Leben nach dem Exit" gab er Einblicke in die Hintergründe.
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Einen Exit zu schaffen, ist für viele Startup-Gründer:innen das große Ziel. Klaus-M. Schremser ist dies nicht nur einmal gelungen, sondern gleich dreimal: Zunächst mit der Wiener Softwarefirma Gentics, dann mit Wikidocs und im Vorjahr noch einmal mit dem Startup Usersnap. In der neuen Folge der brutkasten-Interviewserie “Das Leben mit dem Exit” gab Schremser Einblicke in die Hintergründe der durchaus unterschiedlichen Unternehmensverkäufe.

Der erste Exit liegt mittlerweile schon über ein Jahrzehnt zurück: Die Austria Presse Agentur (APA) kaufte Ende 2012 die IT-Firma Gentics. Diese hatte Schremser mit seinen Co-Foundern Haymo Meran und Alexander Szlezak im Jahr 2000 noch an der Uni gegründet. “Damals gab’s noch keine Startup-Szene in der klassischen Variante, Funding und so war uns unbekannt”, erinnert sich Schremser. “Wir haben alles von der Pike auf gelernt, from scratch”.

Erster Exit für Klaus-M. Schremser: APA kauft Gentics 2012

Der erste Exit kam dann auch etwas unverhofft: “Eines Tages kam die APA daher und hat dann in einem netten Gespräch beim Plachutta hier um die Ecke mit uns geredet und gesagt, wir sind interessiert, wir würden das gern kaufen”. Schremser und seine Co-Founder hatten vor dem Gespräch angenommen, die APA sei an einer Partnerschaft interessiert – nicht an einem Kauf. “Plötzlich ging es das erste Mal um einen Exit”, erzählt Schremser. Die Gentics-Gründer hätten zuvor nie darüber nachgedacht.

Der Verkaufsprozess dauerte neun Monate. Schremser selbst blieb noch zweieinhalb Jahre im Unternehmen – ein halbes Jahr länger, als er vertraglich verpflichtet gewesen wäre. “Irgendwann hab ich gemerkt, dass es Zeit ist, weiterzuziehen”, erzählt der Gründer. Als Founder habe man “immer so einen inneren Trieb, der einen vorantreibt. Dass man neue Ideen sieht, neue Dinge findet”.

Gentics ist auch heute noch Teil der APA. Der dienstälteste Mitarbeiter ist laut Schremser seit 17 Jahren dabei. Auch die damalige Gentics-Führungsebene sei noch immer im Käufer-Unternehmen, teils in sehr hohen Positionen. “Das macht mich schon stolz”, sagt Schremser.

Zweiter Exit mit Wikidocs 2014

Noch während seiner Zeit in der APA entstand mit Wikidocs Schremsers nächstes Unternehmen. Der Hintergrund: Gentics hatte “zwei große Technologien neben dem eigentlichen Produkt” entwickelt, wie Schremser erzählt. Eines war ein HTML-Editor, das andere ein Tool zum kollaborativen Arbeiten in Online-Dokumenten. Während Ersterer klar im Deal mit der APA beinhaltet war, galt dies nicht für das für andere Tool.

“Kurz vorm Exit wurde klar, dass das nachher nicht betreut werden würde”, erläutert Schremser. Die Technologie wäre gestorben. “Und dann haben wir mit den Käufern vereinbart, dass wir das rausnehmen können.” Es entstand eine neue Firma: Wikidocs. “Haymo Meran hat das dann übernommen als Hauptgründer, wir waren im Hintergrund eher Investoren”, erzählt Schremser.

2014 folgte dann bereits der Exit an das australische Unternehmen Atlassian, das unter anderem hinter der Aufgabenmanagementsoftware Jira steht. Schremser war zu dieser Zeit noch in der APA, hielt aber Anteile an Wikidocs: “Wir drei Founder haben immer alles geteilt. Wir haben uns intern auch die Bezeichnung ‘die drei Musketiere’ gegeben”.

“Ich hab keinen Porsche, ich hab keinen Lamborghini”

Für Klaus-M. Schremser war finanzielle Unabhängigkeit schon von Anfang ein Ziel. “Und zwar nicht in dem Sinn, dass ich unglaublich reich bin und nie wieder arbeiten muss. Ich hab immer gewusst, dass ich was machen will, was schaffen, was bauen. Aber ich will das selbst bestimmen. Ich will nicht einen Job machen müssen, weil Geld verdiene oder meine Kredite zahlen muss”, erläutert der Unternehmen. Ein weiterer Aspekt: Er wollte sich “immer auch abgesichert sehen”.

Luxus ist ihm dagegen nicht wichtig: “Ich hab keinen Porsche, ich hab keinen Lamborghini.” Stattdessen hat Schremser ein Haus gebaut. Doch auch bei im Verhältnis dazu geringeren Ausgaben hält sich Schremser lieber zurück: “Ich wollte mir einmal ein teures Fahrrad kaufen um 5.000 Euro. Gekauft hab ichs um zweieinhalb, weil ich dann doch wieder geizig bin”. Geld sei gut und man könnte viele coole Sachen damit machen: “Aber ich hab’s nie in Massen hinausgeschüttet, weil ich mit meinem Leben sehr zufrieden bin. Meine Bausteine sind Familie, Business, Sport, Gesundheit”.

Stationen bei has.to.be und Hackabu

Nach seinem Ausscheiden bei der APA setzte Schremser für rund ein halbes Jahr aus. Über i5invest-Gründer Markus Wagner kam dann der Kontakt zum Salzburger Energie-Startup has.to.be zustande. Dort war Schremser 2016 bis 2017 Head of Sales. has.to.be gelang 2021 übrigens ebenfalls ein großer Exit, über den Gründer Martin Klässner in einer späteren Folge von “Das Leben nach dem Exit” berichten wird.

Klaus-M. Schremster war diesem Zeitpunkt aber schon länger wieder weitergezogen. 2017 wurde er bei dem auf datengetriebenes Marketing spezialisierte Wiener Unternehmen Hackabu tätig. “Bei Hackabu war der Deal, dass ich was lerne. Ich hatte viel über Growth Hacking gelesen, hab’s aber nie selber ausprobiert. Dann hab ich sieben Monate schnell viel Wissen aufgesaugt”. Sein Ziel dabei: Einen Track Record als Head of Growth aufzubauen.

2023 Exit mit Usersnap an saas.group

Diese Rolle übernahm er später dann auch bei Usersnap – einem Startup, zu dem er 2018 stieß und auch Gesellschafter wurde. Das 2012 gegründete Unternehmen entwickelt eine Softwarelösung zur Sammlung von Benutzerfeedback.

2023 kam es dann zu Exit Nummer drei für Schremser: Die saas.group übernahm Usersnap. Bei der Gruppe handelt es sich um ein auf Kauf von profitablen Software-as-a-Service-Firmen spezialisertes Unternehmen.”Da sind 16 Startups reingekauft worden, die zum größten Teil so groß sind wie wir”, erläutert Schremser. Gemeint ist: Startups mit Teamgrößen von zehn bis 20 Personen mit einem Umsatz, der sich im siebenstelligen Bereich bewegt.

“Wenn ein Riesenkonzern nicht versteht, wie Startup funktioniert, bedeutet das Schmerz”

Die saas.group verstehe auch Mentalität, Kultur und Business der Unternehmen, in die sie investiere. Das sei sehr wichtig, sagt Schemser: “Wenn der Käufer das nicht tut, hast du nachher eine sehr unangenehme Zeit. Wenn das ein Riesenkonzern ist und der nicht versteht, wie ein Startup funktioniert, bedeutet das eher Schmerz”.

Die saas.group unterstützt seine Startups unter anderem in den Bereichen Marketing, Sales und IT. “Wenn dich zum Beispiel ein Mitarbeiter in einer zentralen Rolle verlässt, können die jederzeit jemanden bereitstellen”, erläutert Schremser. Sein aktuelles Ziel dabei ist auch, von anderen SaaS-Companies zu lernen. “Da bin ich am richtigen Ort”, sagt Schremser.

“Wenn ich komm, wird’s irgendwann einmal einen Exit geben”

Für Schremser fallen Startup-Gründer:innen in eine von zwei Kategorien: “Die einen sind Founder, bauen immer und sind nur am Bauen interessiert. Die denken gar nicht an einen Exit”.

Er selbst fällt aber in die andere Kategorie: “Ich baue, aber mit einem Hintergedanken. Mit einem Zeithorizont von fünf Jahren. Ist das dann interessant genug, dass ein Unternehmen, dass das größer ist ist, das kaufen kann?”. Das sei auch allen, die mit ihm gearbeitet haben, immer klar gewesen: “Ich hab gesagt, wenn ich komm, wird’s irgendwann einmal ein Exit geben.”

“Zeit wird deine wichtigste Währung”

Auf ein solches Ziel hinzuarbeiten, ist für ihn auch ein treibender Faktor – “weniger wegen dem Geld alleine”. Denn: “Umso älter du wirst, desto mehr wird Zeit deine wichtigste Währung”. Daher peilt Schremser mittlerweile auch an, nur mehr vier Tage in der Woche zu arbeiten. “Ich arbeite meistens mehr, aber das möchte ich mir immer noch selbst einteilen. Am Freitag kann keiner Termine mit mir buchen”.

Seine Ziele visualisiert Schremser übrigens auf Landkarten. “Was sind die Dinge, die mir wichtig sind? Persönliche Entwicklung, Beziehungen, Familie und so weiter – wo will ich sein?”, erzählt der Gründer. Auf diese Idee gebracht hat ihn der frühere Politiker und Neos-Gründer Matthias Strolz, der vor vielen Jahren als Strategieberater für eine von Schremsers Firmen tätig war. Strolz sagte dort: “Bevor ihr über irgendwas reden könnt von der Firma, müssen wir über eure persönlichen Ziele reden”. Und teilte Malfarben aus, damit die Ziele gemalt werden konnten.

“Weil das eine viel stärkere Kraft hat als aufschreiben”, erinnert sich Schremser. “Und so zeichne ich bis heute noch”. Manchmal schreibt er Dinge zur Erklärung dazu. “Da gibt’s so ein Bild mit unserem Haus, unserem Pool, der Familie und dem Hund. Wenn ich das sehe, löst das etwas in mir aus”.


Die gesamte Folge “Das Leben nach dem Exit” ansehen:

Schremser spricht darin unter anderem noch über seine Strategie für Geldanlage, sein Verhältnis zu Speedinvest, warum er nach seinem Ausscheiden aus seiner ersten Firma “unvermittelbar” war und was seine wichtigsten drei Learnings für Startup-Gründungen sind.

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v.l. Die beiden Founding Partner Laurenz Sim- bruner und Lukas Püspök | (c) Tina Herzl

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Spätestens mit dem Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen und der angekündigten Rückkehr seiner „America First“-Politik ist die Debatte über die Technologiesouveränität in Europa neu entfacht. Unter dem Motto „Drill, baby, drill!“ hat Trump zudem angekündigt, die Förderung fossiler Energieträger wie Öl und Gas massiv ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig ist Europa in zentralen Industrien wie der Solar- und Batterietechnologie stark von China abhängig. Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Marktchancen europäische Climate-Tech-Startups im geopolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China künftig haben.

Diese Frage beleuchten wir aus Investorensicht im Gespräch mit Lukas Püspök und Laurenz Simbruner – sie sind Founding Partner des Wiener Venture-Capital-Fonds Push, der gezielt in Health-Tech- und Climate-Tech-Startups investiert. Püspök leitet zudem das gleichnamige Familienunternehmen, das einer der größten Windkraftbetreiber Österreichs ist.


Wie schätzt ihr die aktuelle Finanzierungslage für Startups aus Investorensicht ein?

Laurenz Simbruner: Die erwartete deutliche Verbesserung bei Dealchancen blieb 2024 aus. Viele hatten die Hoffnung, dass der Markt wieder stärker anzieht, aber das war eher eine vorsichtige Prognose als Realität. Stattdessen erlebten wir ein Jahr, das stark im Zeichen selektiver Investments stand – Flight to Quality und ein klarer Fokus auf Unit Economics und den Weg zur Rentabilität. Besonders Top-Teams und Serial Entrepreneurs hatten es beim Fundraising leichter. Im Bereich Climate-Tech war weiterhin Finanzierung da, vor allem von neueren Fonds, die bereits 2021 und 2022 geraist wurden. Doch auch hier gab es erste Anzeichen von Ernüchterung.

Wie äußern sich diese Anzeichen der Ernüchterung im Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Noch vor zwei Jahren waren die Erwartungen hoch – viele Pitch Decks gingen von extremen Energiepreisen aus, und selbst kleine Einsparungen durch Softwarelösungen wurden als äußerst wertvoll angesehen. Heute sind die Energiepreise in Europa zwar leicht erhöht, aber weitgehend normalisiert. Das führt zu einer gewissen Normalisierung der Nachfrage nach spezifischen Lösungen. Doch der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt: Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise sind weiterhin dringend notwendig, und das Potenzial für neue Technologien ist groß. Besonders Boom-Technologien wie Batterien bleiben gefragt. Allerdings erschweren die wirtschaftliche Situation in Europa und der geopolitische Druck zwischen China und den Vereinigten Staaten die Entwicklungen in der Clean-Tech- und Climate-Tech-Branche.

Der Megatrend Climate-Tech bleibt intakt.

Laurenz Simbruner: Interessant ist auch die Entwicklung bei den Investitionsvolumina: Nach einem Anstieg über drei Quartale gab es zuletzt wieder einen Rückgang. Besonders Deals im Bereich künstliche Intelligenz ziehen hier Aufmerksamkeit auf sich, da viele Mega-Rounds ein Drittel des Investitionsvolumens in Anspruch nehmen. Unsere beiden Bereiche Klima und Gesundheit bleiben jedoch noch immer unter den Top-Verticals. Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie. ESG-Monitoring oder reine Energiemonitoring-Lösungen reichen nicht mehr aus – es geht darum, die großen Probleme anzugehen. Beispielsweise spielt die Steuerung zwischen Energieproduzenten, Speichern und Abnehmern eine zentrale Rolle, und hier kann Software Effekte erzielen.

Lukas Püspök: Die Komplexität im Energiebereich steigt enorm, die neue Energiewelt ist wesentlich vielschichtiger und dynamischer als früher. Das schafft ein ideales Umfeld für neue Technologieunternehmen, die mit ihrer Agilität und Innovationskraft Lösungen bieten können, die traditionelle Akteure oft nicht schnell genug umsetzen. In diesem Feld ergeben sich fast zwangsläufig große Wachstumschancen für neue Technologieunternehmen. Die Herausforderungen und Möglichkeiten sind so groß, dass es fast nicht anders kommen kann.

Welche Chancen bestehen für Startups im Energiebereich angesichts der dominanten Marktposition Chinas im Hardwarebereich?

Lukas Püspök: Ja, tatsächlich sind die meisten wesentlichen Technologien mittlerweile fest in chinesischer Hand. Bei Wärmepumpen könnte Europa noch eine kleine Chance haben, aber auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Wechselrichtern: Vor einigen Jahren hatten auch die europäischen Hersteller noch eine gewisse Relevanz am Weltmarkt, heute spricht jedoch fast jeder nur noch über Huawei und ein paar andere, die ihre Dominanz klar ausbauen konnten.

Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach aufhalten lassen. China hat ein enormes Production-Know-how aufgebaut. Die Unternehmen dort sind in Forschung und Entwicklung sowie im Bau großer Produktionsanlagen extrem stark geworden. In Europa wird es sehr schwierig, dieses Niveau schnell zu erreichen.

Die USA gehen einen anderen Weg: Mit dem Inflation Reduction Act fließt viel Kapital in den Aufbau von Produktionskapazitäten, was den USA möglicherweise Vorteile verschafft. In Europa fehlen vergleichbar starke Investitionsanreize und langfristige Strategien, wie sie in China und den Vereinigten Staaten umgesetzt werden.

Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es für europäische Startups im Energy-Tech-Bereich keine Chancen gibt. Es gibt zahlreiche Felder, in denen sie erfolgreich sein können – von der Ausgleichsenergie über das Energiekostenmanagement bis zur Batterieoptimierung und Implementierung, um nur ein paar zu nennen. Hier bieten sich viele Möglichkeiten zur Wertschöpfung.

Wenn jedoch jemand in Europa eine neue Solarzelle entwickeln möchte, ist Skepsis angebracht, ob eine solche Entwicklung hier wirklich konkurrenzfähig in die Massenproduktion gehen kann. Deshalb liegt unser Fokus ohnehin nicht auf Hardware. Sie kann zwar eine Rolle spielen, aber der Hauptwert sollte immer aus der Softwarekomponente kommen – auch wenn das im Energy-Tech-Bereich manchmal herausfordernd ist.

Welchen Investitionsfokus verfolgt Push im Energiebereich?

Lukas Püspök: Unser Fokus liegt immer auf Asset-Light-Ansätzen, selbst bei Projekten mit Hardwarekomponenten. Wir sind offen, auch Hardware anzusehen, aber der wesentliche Wert wird in Europa öfter durch Software geschaffen, seltener durch herausragende Hardwareentwicklung und Produktion.

Laurenz Simbruner: Das liegt auch daran, dass wir als Tech-Investoren darauf achten, wie leicht Folgefinanzierungen gesichert werden können. Bei reinen Hardware-Investments stoßen wir auf Widerstände: Rund drei Viertel der potenziellen Investoren sagen bei „Hardware only“ Nein. Das erhöht das Risiko, dass eine Anschlussfinanzierung scheitert oder man alternative Finanzierungsquellen wie strategische Investoren oder Family Offices anstreben muss.

Was muss Europa tun, um im Energiebereich Technologiesouveränität zu erlangen?

Lukas Püspök: Europa kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn es langfristige, klare Policies ähnlich wie die anderen großen Wirtschaftsräume umsetzt. China hat mit seinen Fünfjahresplänen schon vor Langem begonnen, grüne Technologien und Batterien strategisch zu fördern, und unterstützt seine Unternehmen auf vielen Ebenen. Die USA setzen auf den Inflation Reduction Act, der klare Impulse für die Industrie bietet. Im Vergleich dazu wirkt Europa mit seinen Initiativen wie dem Green Industrial Deal fast zurückhaltend und politisch fragmentiert, was große Schritte erschwert.

Wir brauchen diese Klarheit in der europäischen Politik, um unsere Industrie zu halten und wettbewerbsfähige, günstige Energie zu sichern. Historisch gesehen sind industrielle Erfolge eng an günstige Energiepreise gebunden, und auch für Europa ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien alternativlos. Manche Stimmen sprechen sich zwar für mehr Kernenergie aus, aber der gänzlich fossilfreie Ausbau bleibt das Ziel; besonders, da Europa keine großen natürlichen Ressourcen besitzt. Wir müssen so viel wie möglich selbst in Europa erneuerbar produzieren.

Der Fokus im Climate-Tech-Bereich verschiebt sich hin zu echten Herausforderungen der Energiewende und Industrie

Donald Trump hat die US-Wahlen gewonnen und setzt sich für fossile Energieträger ein. Inwiefern ist das eine Gefahr für den europäischen Climate-Tech-Sektor?

Lukas Püspök: Die aktuellen Entwicklungen in den USA stellen für den europäischen Climate-Tech-Sektor aus meiner Sicht keine allzu große Gefahr dar. Wenn die USA erneut aus dem Klimaabkommen austreten und die Schiefergas- und Schieferölproduktion steigern, wird dies zwar Auswirkungen haben, doch Europa wird weiterhin konsequent auf Zukunftstechnologien setzen. Diese klare Haltung stärkt das europäische Ökosystem und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber globalen politischen Veränderungen. Insgesamt halte ich den Wahlausgang für die Klimabemühungen für sehr bedauerlich – für die Chancen der europäischen Climate-Tech-Unternehmen aber nicht für eine fundamentale Gefährdung.

Laurenz Simbruner: Viele Climate-Tech-Lösungen dienen primär der Kostenreduktion und der Produktivitätssteigerung. Der Kundennutzen steht dabei im Vordergrund, z. B. durch geringeren Verbrauch oder höhere Effizienz. Die Entscheidung für solche Innovationen ist oft wirtschaftlich motiviert und nicht rein ideologisch. So spielt auch in den USA der wirtschaftliche Nutzen eine entscheidende Rolle – und erneuerbare Technologien wie Photovoltaik setzen sich langfristig durch, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind.

Lukas Püspök: Letztlich zeigt sich: Technologien setzen sich dauerhaft nur dann durch, wenn sie einen entsprechenden Kundennutzen bringen. In vielen Fällen sind aber Anschubfinanzierungen notwendig, um Technologien wie Photovoltaik zu etablieren und günstige, nachhaltige Lösungen weltweit zu fördern. Der große Photovoltaikboom auf österreichischen Dächern begann weniger aus Umweltgründen oder weil plötzlich jeder grünen Strom wollte; vielmehr wollen wir uns im Lichte der hohen Kosten und der Abhängigkeit von Importen wirtschaftlich absichern. Dieses Prinzip zeigt sich auch in den USA: Zwar könnte man mehr Öl und Gas fördern, und in gewissem Umfang wird das leider auch passieren, aber in vielen Fällen ergeben andere Energieformen wirtschaftlich mehr Sinn. Auch die USA werden PV, Windkraft und Batterien weiter stark ausbauen, hauptsächlich, weil sie in der Stromproduktion zu fast konkurrenzlos günstigen Technologien geworden sind.


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