17.09.2019

Von der Schreibmaschine zur AI: 103 Jahre Erfahrung treffen einjähriges Startup

Dem Wiener Unternehmen Ivellio-Vellin ist etwas gelungen, das der Großteil seiner Konkurrenz damals nicht schaffte: Es vollzog Ende der 1980er-Jahre die Transition vom Schreibmaschinen- zum IT-Unternehmen. Mehr als 100 Jahre nach der Gründung beackert man nun gemeinsam mit dem Startup aiONfire das Thema Artificial Intelligence.
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Ivellio-Vellin und aiONfire - KMU-Startup-Kooperation
(c) Haris Dervisevic / der brutkasten (vlnr.): Laurenz Wagner, Co-Founder aiONfrie, Isabella Gruber, Ivellio-Vellin und Barbara Haiden, Co-Founder aiONfire
kooperation

Im Jahr 1916 setzte Egon Ivellio-Vellin auf das richtige Pferd, als er in Wien mit dem Verkauf von Schreib- und Rechenmaschinen begann. In der Zwischenkriegszeit boomte das Geschäft erstmals. Und nachdem man nach dem zweiten Weltkrieg nochmal von Neuem beginnen hatte müssen, boomte das Geschäft in den 1960er- und 1970er-Jahren erneut. Der Enkel des Gründer, Michael Ivellio-Vellin, erkannte Ende der 1980er-Jahre rechtzeitig die Zeichen der Zeit und sattelte auf IT um. Aus dem Schreibmaschinen-Händler wurde ein B2B-Dienstleister.


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Aktive Suche nach Startups bei Ivellio-Vellin

Sprung ins Jahr 2019. Ivellio-Vellin ist inzwischen ein etablierter IT-Service-Provider mit zahlreichen Kunden, vorwiegend im KMU-Segment. Die Zeichen der Zeit will man im Traditionsunternehmen nach wie vor nicht übersehen. “Viele KMU stehen vor der Herausforderung, das eigene Unternehmen, die Mitarbeiter und die Services in die Zukunft bringen zu müssen”, sagt Isabella Gruber, Cloud-Expertin des Unternehmens. Daher machte man sich zuletzt aktiv auf die Suche nach Startups, um weitere Bereiche effizienter abdecken zu können. Im Fokus stand dabei unter anderem das Thema Artificial Intelligence (AI).

“Die Zukunft des eigenen Unternehmens wiederfinden”

Fündig wurde man über das Programm aws Connect. Vergangenes Jahr startete man eine Kooperation mit dem Wiener AI-Startup aiONfire, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal formell gegründet war. “Unsere Anforderungen waren sehr allgemein gehalten und haben nicht nur die Produkte betroffen, die wir vertreiben, sondern auch uns als Unternehmen”, erzählt Gruber. In Startups wie aiONfire könne man “die Zukunft des eigenen Unternehmens wiederfinden”.

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“perfect match” mit aiONfire

“Janus”, das Produkt des Startups, soll Kunden bei der Automatisierung von IT-Tasks unterstützen. Es passt damit also direkt in das Kerngeschäft von Ivellio-Vellin – ein “perfect match”. “Fertig” war das Produkt zum Start der Kooperation aber noch nicht. “Für neu gegründete Startups ist es natürlich sehr schwierig, Kunden für ein Produkt zu begeistern, das noch in der Entwicklungsphase ist”, sagt Barbara Haiden, aiONfire-Co-Gründerin. Generell fiele das bei KMU als potenziellen Partnern leichter: “Bei KMU hat man sehr schnell alle Entscheidungsträger an einem Tisch”.

aws Connect: “Unternehmen, die definitiv Interesse haben”

Im konkreten Fall habe aber vor allem das System von aws Connect geholfen. Dort können etablierte Unternehmen gezielt nach Startups in der Datenbank suchen und gleich deren Pitchdecks einsehen. “Der größte Vorteil dabei ist, dass man mit Unternehmen gematcht wird, die definitiv Interesse haben”, sagt Haiden. Damit sei eine ganz andere Gesprächsbasis gegeben, als bei vielen anderen Programmen. Für Isabella Gruber ist jedenfalls klar: “Wir gehen davon aus, dass uns diese Kooperation als Pilot-Kunde langfristig weiterbringt und dazu beiträgt, unseren Geschäftserfolg zu sichern”.

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(c) Liquid AI - (v.l.) Mathias Ledhner, Eva Rus, Alexander Amini und Ramin Hasani von Liquid AI.

Liquid AI CEO Ramin Hasani war von 2016 bis 2020 “Machine Learning Researcher” an der TU Wien; sein CTO Mathias Lechner machte von 2018 bis 2022 am “Institute of Science and Technology Austria (ISTA) seinen PhD – davor in der österreichischen Hauptstadt seinen Master, ebenfalls an der Technischen Universität.

Liquid AI: Weniger Daten und Rechenleistung nötig

Nun vermelden beide ein 250 Millionen US-Dollar Investment für ihr Bostoner MIT-Spin-off (Liquid AI hat im Vorjahr bereits rund 46,6 Millionen US-Dollar an Startkapital erhalten): “Diese Finanzierung wird uns dabei helfen, die Entwicklung, Skalierung und Bereitstellung von ‘Liquid Foundation Models’ (LFMs: Allzweck-KI-Modelle, die weniger Daten und Rechenleistung benötigen) zu beschleunigen, unseren leichtgewichtigen, universell einsetzbaren KI-Modellen, die private, effiziente und zuverlässige KI auf Unternehmensniveau für alle ermöglichen”, teilen sie per Blogeintrag mit.

Das Ziel von Liquid AI, dessen Bewertung nun laut Bloomberg bei über zwei Milliarden US-Dollar liegt, ist es, das leistungsfähigste und effizienteste “KI-System in jeder Größenordnung” zu entwickeln.

“Wir sind stolz darauf, dass unsere neuen, branchenführenden Partner unserer Mission vertrauen; gemeinsam wollen wir souveräne KI-Erfahrungen für Unternehmen und Nutzer freisetzen”, sagt Hasani.

Skalierbarkeit

Seit der Gründung des KI-Startups hat das Duo daran gearbeitet, zu beweisen, dass ihre Wissenschaft und Technologie skalierbar sei: “Wir haben unsere textbasierten Modelle veröffentlicht, multimodale LFMs angekündigt und begonnen, unsere KI-Produkte mit wichtigen Partnern auf dem Markt zu testen, um ihre Wirkung in der Praxis zu demonstrieren”, heißt es weiter.

In der nächsten Phase möchte Liquid AI die Series-A nutzen, um ihre Recheninfrastruktur zu skalieren, die Produktbereitstellung im Edge- und On-Premise-Bereich zu beschleunigen, z. B. LFM-Inferenz- und Feinabstimmungs-Stacks, und um ihre KI-Angebote über Partnerschaften einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Liquid AI: Vorteile ausdehnen

“Wir werden unsere KI-Produkte in geschäftskritische Workflows in vielen Bereichen wie Unterhaltungselektronik, Telekommunikation, Finanzdienstleistungen, E-Commerce und Biotechnologie integrieren”, so das Team weiter. “Die Finanzierung wird auch die wissenschaftliche und technologische Entwicklung von Liquid AI beschleunigen und die Vorteile von LFMs auf mehr Modellgrößen und Datenmodalitäten ausdehnen.”

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