23.05.2017

Wenn Innovationen zum Imageschaden werden

Startups haben wenig zu verlieren, wenn sie ein neues Produkt auf den Markt bringen. Großunternehmen schon: ihren mühsam aufgebauten Ruf.
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Catalin Pop-fotolia.com

Startups haben es vergleichsweise leicht, wenn es darum geht, ihre Ideen zu testen. Meistens machen sie das im laufenden Betrieb und arbeiten das Feedback gleich ins Produkt ein. Mario Herger war lange Entwickler beim Softwarekonzern SAP in Palo Alto, Silicon Valley. Heute lebt und arbeitet er dort als Buchautor und Berater. Gründer, so Herger, arbeiten oft nach dem Prinzip des „Design Thinking“: „Am Anfang steht eine Hypothese, zum Beispiel die, dass der Fahrkartenautomat verbessert werden muss. Also stellt sich der Gründer den ganzen Tag neben den Automaten und beobachtet die Menschen, wie sie ihn bedienen.“ Die Mutter mit Kleinkind und Einkäufen in der Hand, wie sie beim Fahrscheinkauf die Nerven wegwirft. Die alte Dame, die die Schrift nicht lesen kann. „Dann verbesserst du den Prototypen und fängst wieder von vorne an. So hältst du die Kosten des Scheiterns gering, denn eine Hypothese zu verlieren kostet nichts. Je schneller du diese Zyklen durchgehst, desto kostengünstiger.“

„Wenn du alsetablierter Konzern etwas ausprobierst und es geht schief, ist das größte Problem der Imageschaden“

Es geht um die Marke

Große Unternehmen haben es da weniger leicht. Sie haben viel Geld, Zeit und Energie in den Aufbau ihrer Marke gesteckt, oft über zig Jahre. Sie sind etablierte Player auf umkämpften Märkten und haben einen Ruf zu verteidigen. Romed Haberl weiß, was das in der Praxis bedeutet. Er leitet das Produktmanagement für Accessoires und Lifestyleprodukte beim oberösterreichischen Motorradhersteller KTM, einem Unternehmen mit rund 2.500 Mitarbeitern und gut einer Milliarde Euro Jahresumsatz. „Wenn du alsetablierter Konzern etwas ausprobierst und es geht schief, ist das größte Problem der Imageschaden“, sagt Haberl. Zwar sei es immer auch unangenehm, Geld in den Sand zu setzen. „Aber das Ansehen der Marke ist der wichtigste Faktor.“ KTM wandelt dabei auf einem schmalen Grat: Einerseits will man auch ungewöhnliche Produkte auf den Markt bringen, um herauszustechen: So verkauft KTM zum Beispiel auch Schnuller, die belegen sogar Platz eins unter den Accessoires. „Gleichzeitig müssen die Dinge zur Marke passen, zu den Werten, die wir vertreten.“ Bei weniger komplizierten Produkten, zum Beispiel Uhren, sei ein umfangreiches Produkttesting nicht nötig. „Da entscheide ich, ob ich das gut finde und ob es ins Sortiment passt.“ Ein Motorrad sei freilich eine ganz andere Nummer. Da entscheidet KTM in enger Zusammenarbeit mit der Agentur Kiska, welche Designs, Farben und Formen gerade gefragt sind.

Redaktionstipps

Freude am Risiko

Herger bringt ein Beispiel aus der Autoindustrie. „Tesla verhält sich wie ein Startup. Die gehen mit Betaversionen auf den Markt. Und die Kunden schätzen diese Risikofreude. Mercedes könnte sich das nicht erlauben, weil sie schon so viel Geld und Jahre in ihren Ruf investiert haben.“ Oder sein ehemaliger Arbeitgeber SAP: Wenn ein so großer Konzern mit einer fehlerhaften Software auf den Markt gehe, würden schnell Hunderttausende Kunden geschädigt, es komme schnell zu Klagen. Oder die jüngste Pannenserie bei General Motors, wo Probleme mit dem Zündschloss tödliche Unfälle zur Folge hatten und die den Konzern 900 Millionen Dollar kostete; den Imageschaden noch
nicht eingerechnet. Da seien gleich viel mehr Menschen betroffen als bei einem Startup, das eine überschaubare Kundenzahl hat, so Herger.
„Diese Konzerne haben diese Dinge erlebt und in ihrer DNA gespeichert. Man will kein Risiko mehr eingehen.“ „Natürlich dauert in einem großen Konzern alles länger, du kannst nicht so rasch reagieren. Es gibt mehr Abteilungen, mit denen du die Dinge öfter abstimmen musst“, sagt Romed Haberl von KTM. Das sei einerseits gut, weil man so Fehler bemerke. „Aber du bist nicht so schnell und wendig wie in einem kleinen Unternehmen.“ Wie schafft man es, als großes Unternehmen trotzdem innovativ und offen für Feedback zu bleiben? Das Team bei KTM ist im Durchschnitt relativ jung. „Man ist offen für die Ideen von jungen Mitarbeitern. Sie werden angehört und oft auch umgesetzt.“

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N26-Founder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf Onlinebank neobank n26
N26-Founder Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf (v.li.) (c) N26

N26, die Berliner Neobank der Wiener Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal kündigte heute an, ihren Kund:innen den Handel mit “Sofort-Fonds” zu ermöglichen. Nach Angaben des Scaleups haben N26 Kund:innen damit Zugang zu Multi-Asset-Portfolios aus Exchange-Traded Funds (ETFs) und Indexfonds, welche von Investment-Expert:innen von BlackRock verwaltet werden. Das Angebot soll in den kommenden Tagen in neun europäischen Ländern, darunter Österreich, schrittweise freigeschalten werden.

N26 Ziel: Investitionsentscheidungen vereinfachen

Mayur Kamat, Chief Product Officer bei N26: “Das Anlegen in Kapitalmärkte nimmt eine immer wichtigere Rolle beim langfristigen Vermögensaufbau ein. Mit Sofort-Fonds können N26-Kund:innen nun mit wenigen Klicks und der Unterstützung von erfahrenen Investmentpros ihre Anlagekarriere beginnen.”

Kund:innen können die Sofort-Fonds direkt in der N26-App auswählen. Es stehen dabei drei Optionen zu Verfügung – je nach persönlicher Risikobereitschaft – mit einem daraus resultierenden geschätzten jährlichen Ertrag. Zusammengesetzt sind die drei Varianten jeweils aus Aktien, festverzinslichen Anlagen und nicht-traditionellen Investitionen. N26-Kund:innen können ab einem Betrag von einem Euro investieren.

Timo Toenges, EMEA Head of Digital Wealth bei BlackRock: “Wir freuen uns, mit N26 zusammenzuarbeiten, um ihren Kund:innen Sofort-Fonds anzubieten. Diese Multi-Asset-Fonds sind Teil eines einfachen Anlageprozesses, der es leicht und erschwinglich macht, zu investieren. Mit unserer weltweiten Anlageexpertise möchten wir es mehr Menschen in Europa ermöglichen, ihre ersten Anlageschritte mit Zuversicht und Leichtigkeit zu tun, indem sie die Vorteile verschiedener Anlageklassen in wenigen Klicks nutzen können.”

Seit kurzem erstmals profitabel

Erst im September dieses Jahres meldete N26, das erste Mal seit dem elfjährigen Bestehen auf Monatsbasis profitabel zu sein (brutkasten berichtete). Später wurden auch schwarze Zahlen im Quartal verkündet. Zudem wurde eine mögliche Profitabilität im Gesamtjahr in Aussicht gestellt. N26 verarbeitet ein jährliches Transaktionsvolumen von mehr als 100 Milliarden Euro und beschäftigt derzeit über 1.500 Mitarbeiter:innen.

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