12.08.2021

Wie Huawei in Europa Mobile-Payment-Lösungen vorantreiben möchte

Im Interview mit dem brutkasten spricht Georg Hanschitz (Head of Austria, Huawei Mobile Services) über die jüngste Integration der Bluecode-Mehrwertplattform in die Huawei Wallet. Zudem erläutert Hanschitz, warum Huawei die European Payment Initiative unterstützt und welche Regulatorik es im Payment-Sektor braucht.
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Georg Hanschitz (Head of Austria, Huawei Mobile Services) | (c) Huawei
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Die Mobile-Payment-Lösung Bluecode steht Huawei Nutzern bereits seit Anfang des Jahres direkt in der Huawei Wallet für bequeme, sichere und schnelle bargeldlose Bezahlung zur Verfügung. Mit Juni erfolgte nun eine zweite Integration: Durch die neuen Services der Bluecode-Mehrwertplattform bezahlen Nutzer nun nicht nur bargeldlos per Huawei Pay, sondern sammeln bei jeder mobilen Zahlung bei teilnehmenden Händlern auch automatisch digitale Stempel im Sammelpass, können Sofort-Rabatte einlösen oder an Gewinnspielen teilnehmen.

Die Besonderheit: Im Gegensatz zu anderen Cashback-Systemen werden Rabatte den Nutzern direkt gutgeschrieben, indem der Einkaufsbetrag abzüglich des Rabatts in Echtzeit am Girokonto autorisiert wird. Wir haben mit Georg Hanschitz (Head of Austria, Huawei Mobile Services) über Vorteile des neuen Service und die European Payment Initiative gesprochen, die von Huawei unterstützt wird.

Die Mobile-Payment-Lösung Bluecode steht bereits seit Anfang des Jahres direkt in der Huawei Wallet zur Verfügung. Welches Feedback habt ihr seit dem Launch erhalten?

Wir haben ein sehr gutes Kundenfeedback erhalten, da wir mit der zweiten Integration ein Maximum an User-Experience herausgeholt haben. Zudem ist die User-Journey super schnell. Nutzer sind mit nur zwei Klicks im Bezahlvorgang. Gleichzeitig haben wir mit dem zweiten Release die Möglichkeit geschaffen, dass über Bluecode direkt Voucher ins System geladen werden können. Nutzer können mit ihrer Bonus- oder Loyalty-Karte zur Kassa gehen und diese wird anschließend direkt am Point-of-Sale abgezogen. Durch diese nahtlose Integration haben wir keine Schritte dazwischen und Nutzer müssen an der Kassa nach nichts mehr suchen.

Das größte Ziel sind interoperable Ökosysteme, die durch Bluecode ermöglicht werden. Dadurch soll eine Art “Super-Plattform” entstehen, die sowohl die Hardware- als auch Software-Seite umfasst.

Georg Hanschitz

Ein weiterer Vorteil: Bluecode hat durch die Integration von jö Bonus Club enorme Bekanntheit erlangt. Genauso ist es bei dem Marktführer für Loyalty und Bonuskarten mobile-pocket, die ja auch Made in Austria sind. Auch hier kann man jetzt direkt in der App via Bluecode zahlen. Das sind die Stories und Resultate, die wir anstreben – miteinander kommunizierende und interagierende Ökosysteme. Bluecode und auch mobile-pocket sind Musterbeispiele dafür: So kann Bluecode mit jedem beliebigen Bankkonto verbunden werden. Zudem können Loyalty-Cards mit den Mini-Apps von Bluecode in unserem System direkt verarbeitet werden. Das können nur wir, da alle anderen eine App dafür brauchen – sei es eine Bluecode-App oder eine Jö-App, etc. Als Huawei haben wir Bluecode direkt in die Wallet integriert und mit der epay-Bluecode-Partnerschaft wurden 15 Millionen Huawei-Kunden mit neuen Services ausgestattet, etwa Location-Based-Services in Richtung Sicht- und Auffindbarkeit von lokalen Händlern.

(c) Huawei

Wie erfolgt die Integration konkret? 

Bluecode hat ein Mini-App-System, wo Nutzer ihre Loyalty Cards direkt hineinladen können. Dadurch ist ein Ökosystem im Ökosystem geben. Das größte Ziel sind interoperable Ökosysteme, die durch Bluecode ermöglicht werden. Dadurch soll eine Art “Super-Plattform” entstehen, die sowohl die Hardware- als auch Software-Seite umfasst.

Diese Interoperabilität verfolgen wir auch mit Huawei und daher decken sich die Ziele von Bluecode und Huawei sehr gut. Das machen wir nicht nur im Bereich des Payment, sondern auch bei Cloud-Services oder unserem Betriebssystem Harmony OS. In Zukunft werden alle verschiedene Ökosysteme miteinander kommunizieren, sei es die smarte Heizung, Sport-Applikationen oder auch Gesundheitsdaten.

Der wichtigste USP der Huawei-Bluecode Kooperation ist, dass es sich in erster Linie um eine österreichische Lösung handelt, die später eine europäische Lösung sein wird.

Georg Hanschitz

Welchen Mehrwert bietet Huawei den Händlern?

Wir bieten nicht nur die Huawei-Wallet als Bezahl-Tool an, sondern haben auch eine Händler-App in unser System integriert. Das Smartphone eines Händlers kann so auch gleichzeitig eine Kassa sein. Das ist insbesondere für kleinere Händler oder Ich-AGs extrem gut. Jeder Händler kann sich mit nur wenigen Klicks die Merchant-App kostenlos herunterladen und hat somit ein digitales Bezahlsystem am eigenen Smartphone.

Was ist der USP der Kooperation von Bluecode und Huawei? 

Der wichtigste USP der Huawei-Bluecode Kooperation ist, dass es sich in erster Linie um eine österreichische Lösung handelt, die später eine europäische Lösung sein wird. Der zweite Aspekt umfasst die breite Bekanntheit in Österreich und der dritte Punkt: Es ist für die Endverbraucher einfach enorm “convenient”, wenn die ganzen Loyalty-Cards zu einem Ökosystem zusammenwachsen. 

Als Endverbraucher kann ich eine oder 20 Cashback-Karten haben, es spielt keine Rolle, da es sich um ein offenes Bezahlsystem handelt. Es wird auch möglich sein, andere Payment-Anbieter in die Wallet zu laden. Huawei Pay muss schlussendlich ein Produkt sein, das mit allen Banken und Merchants spricht und das sowohl Endverbrauchern als auch Entwicklern eine Offenheit bietet.

Welche Rolle spielt es, dass es sich bei Bluecode um eine europäische Payment-Lösung handelt? 

Für uns spielt es eine sehr große Rolle, da wir die European Payment Initiative stark unterstützen. Generell unterstützen wir jede Initiative, die im Mobile-Payment etwas voranbringt. Wenn wir uns die Payment-Situation ansehen, dann haben wir auf der einen Seite sehr starke US-amerikanische Player, wie Paypal, aber auch chinesische Player, wie Alipay. Für uns sind das alles Partner und zugleich auch Mitbewerber. 

Als Herausforderer im Software-Bereich freuen wir uns jedes Mal, wenn es eine europäische Regulatorik gibt, die das Feld öffnet. Das war schon bei der DSGVO so und das wird auch bei der European-Payment-Initiative so sein.

Georg Hanschitz

Als Hersteller müssen wir uns allerdings überlegen, mit welchen Partnern wir als Unternehmen hauptsächlich zusammenarbeiten. Zum Schluss zählt aber die Interoperabilität der Ökosysteme. Wir haben schon vor den US Restriktionen 2019 erkannt, dass es sinnvoll ist nicht nur Hardware-Hersteller, sondern auch Software-Hersteller und Ökosystem-Betreiber zu sein.

In Österreich sind wir als Ökosystem-Player bereits seit 2017 aktiv und haben schlussendlich ab Mai 2019 richtig Gas gegeben. 2020 haben wir dann unsere ersten HMS-Smartphone-Produkte auf den Markt gebracht. Damit unsere Strategie aufgeht, haben wir natürlich auch unsere Ökosystem-Löcher schließen müssen. Payment war eines dieser Löcher, dass wir nun 2021 mit Bluecode füllen. Und jetzt sind wir schlussendlich Payment-Player. Zudem versuchen wir mit einer eigenen Payment-Initiative, Innovation in Europa aktiv zu gestalten. Hierfür gibt es ein eigenes Lab, wo wir Partner einladen und versuchen Payment-Lösungen gemeinsam mit den Partnern zu bauen. 

Wichtig ist es, dass es eine einheitliche Regulatorik gibt, auf die sich alle verlassen können.

Georg Hanschitz

Wie beurteilst du die europäische Regulatorik im Payment-Sektor?

Regulierung schafft immer auch ein Spielfeld für Wettbewerb. Als Herausforderer im Software-Bereich freuen wir uns jedes Mal, wenn es eine europäische Regulatorik gibt, die das Feld öffnet. Das war schon bei der DSGVO so und das wird auch bei der European-Payment-Initiative so sein. Im Prinzip trifft dies auf alle Bereiche zu, sei es Datenschutz, Hardware-Stabilität oder Akku-Sicherheit. Wichtig ist es, dass es eine einheitliche Regulatorik gibt, auf die sich alle verlassen können. Natürlich sind wir auf der Seite der Hardware und der Software ein Wettbewerber von Google und Apple, aber wir sind auch ein offenes Ökosystem und haben kein geschlossenes Payment-Regime geschaffen.

Mobiles Payment erfordert hohe Sicherheitsanforderungen. Welche Sicherheits-Standards setzt Huawei im Bereich des mobilen Payments? 

Damit man bei uns in die App-Gallery kommt, muss man eine vierfache Sicherheitsüberprüfung durchlaufen. Egal ob es sich um eine Payment-Anwendung oder eine Gaming-App handelt, in der In-App-Käufe oder Geld eine Rolle spielen. Als Entwickler lade ich die App hoch und anschließend wird sie automatisch überprüft, ob es sich um eine Werbe-App oder eine Fraud-App handelt. 

Anschließend wird die App auch von einer Person in unserem Headquarter überprüft. Schlussendlich landet sie in einem lokalen Team, wo nochmals im Detail analysiert wird, ob die App problemlos läuft und die Security-Standards auch eingehalten werden. Trotz dieser Prüfung schaffen wir es innerhalb von wenigen Stunden die Apps zu releasen, weil wir sehr engagierte Mitarbeiter haben. Und es kommt natürlich auch vor, dass Apps abgelehnt werden. Sofern dies der Fall ist, werden die Developer darüber umgehend informiert.

Österreich gilt im europäischen Vergleich noch immer als ein Land der “Bargeldzahler”. Wie schätzt du hierzulande die Entwicklung im mobilen Payment-Sektor in den nächsten Jahren ein und welchen Beitrag wollt ihr mit Huawei dazu leisten?

Ich habe die Vision, dass man überall dort wo man mobil bezahlen kann auf kurz oder lang auch mobil bezahlen wird. Warum funktioniert das Bargeld trotz der vielen Möglichkeiten des mobilen Bezahlens noch immer so gut? Weil es einfach so simpel ist. In der Regel handelt es sich an der Kassa bei Bargeldzahlung um nicht mehr als zwei Bewegungen, die wir als gelernte Abläufe verinnerlicht haben: Geld hin, Ware her. Um diese Abläufe zu durchbrechen, müssen mobile Bezahllösungen genauso einfach wie Bargeld sein. Dafür arbeiten wir auch im NFC-Bereich eng mit Partnern zusammen, um künftig sicheres Bezahlen zu gewährleisten, das auch convenient ist. Ziel ist es, auch hybride Lösungen zu entwickeln, so dass man nicht nur mit dem Smartphone, sondern auch mit seiner Uhr oder zB einmal mit einem Tennisarmband zahlen kann.


Infobox: So einfach und sicher funktioniert Huawei Pay

Nutzer können die Zahlungslösung Huawei Pay einfach in der auf allen Huawei-Geräten vorinstallierten Huawei Wallet-App aktivieren und direkt das eigene Bankkonto verbinden, eine Debit- oder Kreditkarte ist dafür nicht notwendig. Ein Bezahlvorgang mit Huawei Pay kann daraufhin in nur wenigen Schritten einfach und sicher durchgeführt werden. Nach der sicheren Authentifizierung per Fingerabdrucksensor öffnet sich Huawei Pay und das eigene Smartphone zeigt einen anonymen blauen Strichcode (Bluecode) an, der an der Kassa berührungslos gescannt werden kann. Der Einkaufsbetrag wird anschließend einfach vom Girokonto der Nutzer abgebucht. Gleichzeitig werden Sofort-Rabatte in Echtzeit abgezogen und Mehrwerte automatisch berücksichtigt. Bluecode beruht dabei auf dem Ansatz der Datensparsamkeit: Kontodaten werden weder mit Bluecode, noch dem Händler und auch mit Huawei nicht geteilt. Zahlungsinformationen bleiben so unter Einhaltung der hohen europäischen Datenschutzstandards sicher bei der Hausbank der Kunden verwahrt.
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Das Gründerteam Christian Hill und Gerhard Prossliner © BRAVE Analytics, Leljak

Das Grazer Spin-off BRAVE Analytics wurde von Christian Hill und Gerhard Prossliner im Jahr 2020 gegründet. Den Gedanken an ein gemeinsames Unternehmen gab es schon einige Zeit davor an der MedUni Graz. Nach erfolgreicher Dissertation und dem FFG Spin-off Fellowship kam es zur Ausgründung, zu ersten Kund:innen und einem Standortwechsel. Und schließlich zur erfolgreichen Einbindung in den Life Science Cluster Human.technology Styria unterstützt von der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG.

Mittlerweile zählt BRAVE Analytics ein 14-köpfiges Team und sitzt im ZWT Accelerator in Graz, einem Kooperationsprojekt zwischen SFG und Medizinischen Universität Graz.

Das Team von BRAVE Analytics (c) © BRAVE Analytics, Leljak

Mut in der Geschäftsphilosophie

BRAVE Analytics steht für Mut in der Geschäftsphilosophie der beiden Gründer und des gesamten Teams: Christian Hill und Gerhard Prossliner fühlen sich “zu Entdeckungen hingezogen und lieben es, die Dinge aus einem völlig neuen Blickwinkel zu betrachten. Und genau diesen Spirit leben wir auch im Team.”

Wahrlich hat das Gründerduo mit seinem Spin-off das Forschungsgebiet Life Science in ein neues Licht gerückt: Denn BRAVE Analytics beschäftigt sich mit der automatisierten Qualitätssicherung für Pharma-, BioTech-Produkte, Wasser, Mineralien und Chemikalien. “Und das auf Partikel-Ebene. Das Ganze nennt sich Partikel-Charakterisierung und -Analytik”, erklärt Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten.

Neu ist die Technologie insofern, als dass die Partikel-Analyse direkt im Herstellungsprozess von Pharmaprodukten passiert. Also integriert, das heißt weder vor- noch nachgelagert, und damit effizient und kostensparend. “Damit machen wir eine sogenannte Prozessanalytik im Nano-Bereich”, erklärt Co-Founder Hill.

Die Lösung für ein Bottleneck

Damit haben die beiden Gründer zusammen mit ihrem Team eine Lösung für ein bis dato bestehendes “Bottleneck in der Industrie” geschaffen. Mit den modularen Messgeräten von BRAVE Analytics kann die Qualität von Produkten im Pharma- und BioTech-Sektor nämlich in Echtzeit gemessen werden. Das Kernstück der Lösung bildet die vom Spin-off eigens entwickelte, mehrfach patentierte OF2i Technologie.

Doch bekannterweise benötigen Life-Science-Lösungen wie diese einen breiten Umfang an Forschungsinfrastruktur, der sich gerade für frisch gegründete Spin-offs schwer stemmen lässt. Und: Es braucht die richtigen Verträge, das richtige Kapital und das richtige Team. Auf der Suche danach gab es für BRAVE Analytics einige Schlüsselmomente, wie Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten erzählt.

Der Standort für Life Science Startups

Die ersten Hardware-Aufbauten und Experimente fanden an der Medizinischen Universität Graz statt, die von den Anfängen mit Infrastruktur und Forschungspersonal unterstützte, die Universität Graz deckte die Bereiche Theorie und physikalisches Modelling und in Kooperation mit dem FELMI/ZFE der Technischen Universität Graz wird seit 2022 ein Zusatzmodul entwickelt.

Beim Schutz des geistigen Eigentums standen die Medizinische Universität Graz, die Steirische Wirtschaftsförderung SFG und die Forschungsförderungsgesellschaft FFG als helfende Hände zur Seite. Konkret mit Unterstützung für die Erarbeitung von Exklusiv-Lizenzen, Agreements und generell mit dem Know-how, wie man eine Firma aufbaut. Hier waren uns auch das Unicorn der Universität Graz, die Gründungsgarage und der Science Park Graz eine große Hilfe”, so Prossliner.

“Wir sind klassische Science-Preneure”

Die fachspezifische Unterstützung kam im richtigen Moment: “Wir sind die klassischen Science-Preneure. Unser Background ist das Universitäts- und Ingenieurswesen. Für uns war es wichtig zu lernen, wie man in das Unternehmertum reinkommt und den Produkt-Market-Fit findet. Man muss diese Produktverliebtheit, die man als Erfinder meistens hat, loswerden. Und das passiert ganz viel durch Learning by Doing.”

Besonders hilfreich habe sich vor allem das Bootcamp des FFG-Spin-off-Fellowship und das LBG Innovator’s Road Programme erwiesen, welche “eine schrittweise Einführung für den Weg von der Wissenschaft in Richtung Unternehmung” geboten haben, so Hill. Förderungen erhielt das Spin-off außerdem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, der Austria Wirtschaftsservice aws, der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG und auf EU-Ebene.

Die Szene, die “Gold wert” ist

Nicht nur “by doing”, sondern vor allem auch “von anderen, die die gleichen Themen, Probleme und Potenziale haben”, hat das Startup im Aufbau sehr viel an Know-how und Erfahrung gewonnen. “Das Peer-Learning ist für uns einer der wichtigsten Wissensfonds”, so Co-Founder Prossliner im Interview.

Ein dafür zugeschnittenes Netzwerk gibt es in der Grazer Life Science Szene: “Auch abseits institutioneller Veranstaltungen befinden wir uns hier in einem sehr lebendigen Startup-Umfeld. Vieles passiert auf Eigeninitiative von Gründer:innen. Das Startup-Leben hier ist wirklich Gold wert.”

Global Player nur “fünf Rad-Minuten entfernt”

“Wir sind Hardware-Hersteller, wir brauchen Hochpräzisionsfertiger für unsere Prozesstechnologie. Die Steiermark und insbesondere Graz haben sich zu einem Stakeholder-Nest der besonderen Vielfalt entwickelt. Kooperationspartner aus Industrie, Wirtschaft und Forschung sitzen hier in unmittelbarer Nähe. Wir finden Experten, Lieferanten und Fertiger mit extremer Präzision und einer super Verlässlichkeit”, erzählt Prossliner und meint weiter: “Wir arbeiten hier in einem sehr engen Umfeld mit einer sehr schnellen Dynamik. Das ist unglaublich wertvoll.”

Ein ganzes Stakeholder-Feld mit internationaler Spitzenstellung findet sich also im Grazer Becken. Oder, wie es Gründer Prossliner erneut unterstreicht: “Da sind Global Player dabei, die wir in wenigen Rad-Minuten erreichen. Man muss also nicht gleich nach Asien oder in die USA, das Netzwerk gibt es hier auch.” Nicht umsonst spricht man seit geraumer Zeit von der “Medical Science City Graz” – mit Playern wie der Medizinischen Universität und dem Zentrum für Wissens- und Technologietransfer ZWT im Netzwerk.

Gerhard Prossliner (links) und Christian Hill (rechts) mit der Geschäftsführung des ZWT – Anke Dettelbacher (Mitte rechts) und Thomas Mrak (Mitte links) ©ZWT/Lunghammer.

Besenrein eingemietet

Grund genug auch für BRAVE Analytics, sich hier als aufstrebendes Life-Science-Startup niederzulassen. Nach seinen Anfängen in den Räumlichkeiten der MedUni Graz hat sich BRAVE Analytics nämlich im ZWT Accelerator einquartiert: “Wir waren unter den Ersten, die hier eingezogen sind. Als alles noch ziemlich besenrein war.”

Mittlerweile wird auch mit anderen dort sitzenden Startups stockwerkübergreifend genetzwerkt. Sei es im Stiegenhaus, bei Weihnachtsfeiern oder informellen ZWT-Treffen. Manchmal wird auch gemeinsam gefrühstückt und in den Abendstunden philosophiert. Daneben gibt es regelmäßige Get-Together-Formate wie das ZWT-Frühstück. Im Zuge der Startupmark finden auch themenspezifische Kooperationsformate wie der Life Science Pitch Day, ein exklusives Pitchingevent für Startups und Investor:innen aus dem Life Science-Bereich, statt.

Fußläufig flexibel

Thomas Mrak, Geschäftsführer des ZWT, erzählt dazu: “Vernetzung steht bei uns an erster Stelle. Und zwar nicht nur unter Foundern, sondern auch zwischen bereits etablierten Firmen, Unis, Instituten, Professor:innen und Ärzt:innen, die alle flexibel und fast fußläufig zu erreichen sind. Ich würde sagen, das ist die Essenz der Medical Science City Graz und bildet das optimale Umfeld, um als Spin-off Fuß zu fassen.”

Unterstützung gibt es im Grazer ZWT auch mit einer optimalen Infrastruktur und “startup freundlichen” Mietverträgen und Mietkonditionen: “Wir bieten Startups, die bei uns einziehen, ein einzigartiges Preis-Leistungsverhältnis, eine perfekte Ausstattung und sehr flexible Bedingungen. Vor allem hohe Investitionskosten und lange Bindungszeiten sind für Startups schon aufgrund ihrer dynamischen und teils volatilen Entwicklungen sehr kritisch, dabei helfen wir. Je nach Möglichkeit stellen wir nicht nur Büros und Laborinfrastruktur, sondern auch Seminar- und Besprechungsräume zur Verfügung.”

“Wir verstehen uns hier einfach sehr gut”

Unverkennbar gestaltet sich der Life Science Bereich in Graz als multidimensionaler Hub für Startups und Spin-offs – und das nicht nur auf akademischer Ebene: “Wir verstehen uns hier alle untereinander sehr gut. Es gibt kurze Wege, kurze Kommunikationswege und wir arbeiten zusammen auf Augenhöhe. Es klappt einfach zwischenmenschlich”, so Mrak.

BRAVE Analytics-Co-Founder Prossliner empfiehlt dahingehend: “Nutzt das tolle österreichische Förderungssystem. Wir haben hier vonseiten der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, des Austria Wirtschaftsservice aws und der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG tolle Unterstützung erhalten. Vom ZWT, der MedUni Graz, der Uni Graz und der TU Graz ganz zu schweigen.”

Und: “Bindet schon frühzeitig Kund:innen ein. Nur so ermittelt man die real-life Kundenbedürfnisse potentieller Märkte, und man kann vielleicht auch erste Umsätze generieren, die man wiederum mit Förderungen hebeln kann. Man muss sich schließlich auch finanziell stabilisieren, um für Investor:innen attraktiv zu sein.”

Der Asia Pull für Life Science

Aktuell erarbeitet BRAVE Analytics eine Investitionsrunde. Mittlerweile hält das Spin-off unterschiedliche Produkte und Kunden am Markt. Auch Industriepartner sind vorhanden. Aktuell befinde man sich in der Prescaling-Phase – mit einem starken “Asia Pull”. Interesse kommt nämlich zunehmend von Abnehmern aus Asien, wie Christian Hill erzählt:

“Unsere Technologie eignet sich nicht nur für die Pharmaindustrie, sondern auch für Wasser, Kläranlagen und Mikroplastik – und sogar für die Halbleiterindustrie. Wir bewegen uns hier in einem multidimensionalen Anwendungsfeld, gerade für das Umwelt- und Wassermonitoring. Das zieht viele Kunden aus Übersee an. Jetzt heißt es: die richtigen Schritte setzen und klug skalieren.”

Damit Christian Hill und Gerhard Prossliner ihre Ziele auch weiter verfolgen können, braucht es Menschen, die in den Life Science Sektor investieren: “Life Science ist ein Technologie- und Wissenschaftsfeld, das uns in Zukunft noch viel intensiver begleiten wird. Und auf das wir angewiesen sind”, so Thomas Mrak. Der ZWT-Geschäftsführer appelliert indes: “Es arbeiten so viele tolle Menschen mit persönlicher Motivation in diesem Feld. Diese haben das Potenzial, die Zukunft maßgeblich zu verändern. Doch dafür braucht es finanzielle Unterstützung, fundierte Netzwerke und noch mehr Aufmerksamkeit.”

Mehr Informationen zum steirischen Startup-Ökosystem und der Startupmark sind hier zu finden.

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