11.01.2022

Brandrede von JW-Chefin Holzinger bei Konjunktur-Barometer-Präsentation

Die Stimmung unter Österreichs Jungunternehmer:innen ist in einigen Bereichen auf einem historischen Tiefststand. Junge Wirtschaft-Bundesvorsitzende Christiane Holzinger sieht sich und andere "mit der Geduld am Ende".
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JW-Chefin Christiane Holzinger bei der Konjunktur-Barometer-Präsentation
JW-Chefin Christiane Holzinger bei der Konjunktur-Barometer-Präsentation | (c) Anna Rauchenberger

Seit 2011 beragt das Market Institut halbjährlich für die Junge Wirtschaft (JW) Jungunternehmer:innen für einen “Konjunktur-Barometer”. Heute wurden die aktuellen Ergebnisse einer Umfrage aus dem Dezember mit fast 2000 Jungunternehmer:innen-Interviews von Market-Vorstand David Pfarrhofer und JW-Chefin Christiane Holzinger präsentiert. In mehreren Bereichen wurde ein historischer Tiefststand bei den Erwartungen in der mehr als zehnjährigen Umfrage-Geschichte erreicht.

“Nicht ganz so begeistert” sei eine “vorsichtige Formulierung” zur aktuellen Stimmungslage, sagt Pfarrhofer. Konkret erwarten derzeit je rund ein Drittel der Befragten einen Anstieg, eine Stagnation bzw. einen Rückgang der aktuellen Wirtschaftslage. Das ist zwar klar besser als im ersten Krisenjahr 2020, aber erheblich schlechter als vor einem halben Jahr, wo die Hälfte der Befragten sich optimistisch äußerte und nur 21 Prozent einen Rückgang erwarteten.

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Allzeit-Stimmungstief bei Kostenstruktur und Verkaufspreisen

Wie auch in anderen Fragen sieht Pfarrhofer die Omikron-Welle und die derzeit den Diskurs dominierende Inflation als Hauptursachen dafür. Besonders schlecht sind die Erwartungen der Jungunternehmer:innen zur eigenen Kostenstruktur, wo mit 51 Prozent, die von einer Verschlechterung ausgehen, ein historischer Tiefststand erreicht wird – nur 13 Prozent erwarten eine Verbesserung. Damit verknüpft erwarten mit 59 Prozent erheblich mehr Befragte als je zuvor, dass ihre Verkaufspreise nun steigen werden müssen. Auch von einer steigenden Inflation gehen mit 83 Prozent der Jungunternehmer:innen mehr als je zuvor aus.

Im Zehn-Jahres-Vergleich nicht ganz so pessimistisch sind die Erwartungen zur Ertragslage – 21 Prozent erwarten hier derzeit eine Verbesserung im Vergleich zu 31 Prozent vor einem Halben Jahr. Auch bei der Prognose zu den eigenen Investitionsaktivitäten sind die Befragten mit 24 Prozent, die von einer Steigerung ausgehen und 37 Prozent, die einen Rückgang erwarten, zwar pessimistischer als zuletzt, aber im Langzeit-Vergleich auf einem nicht ungewöhnlichen Niveau. Dasselbe gilt für die Pläne, dieses Jahr weitere Mitarbeiter:innen einzustellen, was derzeit 15 Prozent definitiv vorhaben und 53 Prozent definitiv nicht (Anm.: Allein rund die Hälfte der Befragten sind EPU, in denen die Ablehnungsrate in dieser Frage generell sehr hoch ist).

Als größte Herausforderungen für 2022 identifizieren die Befragten steigende Rohstoff- (von 47 Prozent genannt) und Energiepreise (40 Prozent), also mit der Inflation verknüpfte Themen, gefolgt von Lieferkettenproblemen (39 Prozent) und Fachkräftemangel (34 Prozent). Insgesamt bestehe die Hoffnung, dass Stimmungslage wieder besser werde, wenn Corona zurück und Temperatur nach oben gehen, meint Pfarrhofer.

Kein Vertrauen in Krisenmanagement der Regierung

Den größten Handlungsbedarf für die Bundesregierung sehen die Befragten im Gesundheitssystem (62 Prozent), bei Steuern (54 Prozent) und Bildung (44 Prozent). Generell wird die Arbeit der Regierung momentan sehr schwach beurteilt. Der Vertrauensbonus vom Beginn der Coronakrise sei – auch wegen der Regierungskrise – endgültig verspielt. Nur mehr zwei Prozent der Befragten attestieren “sehr gutes” Krisenmanegement, immerhin noch 22 Prozent wählten hier die Antwort “gut”. Die Regierungsumbildung im Herbst wird von einer klaren Mehrheit von 55 Prozent negativ gesehen. Mit der Steuerreform zeigt sich nur ein Prozent der Befragten “sehr zufrieden” – einzelne Punkte wie die Erhöhung des Gewinnfreibetrags und die Senkung der Einkommenssteuer werden dann allerdings doch von je mehr als 20 Prozent der Befragten als sehr positiv wahrgenommen.

Klare Wünsche der Jungunternehmer:innen an die Bundesregierung gibt es in Sachen Senkung der Lohnnebenkosten, die 86 Prozent befürworten, Erleichterung bei der Lohnverrechnung (75 Prozent) und echte Mitarbeiterbeiteiligungsmöglichkeiten (52 Prozent). Auf diese und weitere Forderungen ging auch Christiane Holzinger in einer emotionalen Brandrede bei der Konjunktur-Barometer-Präsentation ein. In einer Tour durch die Bundesländer habe sie viele Gespräche gehabt, die sie bestürzten, erzählt die JW-Chefin: “Die Stimmung war noch nie so schlecht. Es herrschte eine Angst vor der Zukunft mit viel Planungsunsicherheit”.

Christiane Holzinger: “Wir sind mit unserer Geduld am Ende”

Das gelte nicht nur für den besonders betroffenen Tourismus. “Die hausgemachte Themen schlagen sich überall nieder”, so Holzinger, die meint, auch von Funktionärsseite in der JW her sei zu spüren: “Wir sind mit unserer Geduld am Ende”. Man wisse nicht mehr, wie die Stimme gehört werden könne. “Der Bogen ist überspannt. Wir brauchen einen Lichtblick. Die Regierung sollte hier ein Fackelträger sein”, sagt die JW-Chefin, “Es betrifft mich, wenn mir meine Mitglieder mir sagen: Wofür mache ich das alles?”

Holzingers Forderung ist klar: Es brauche eine rasche Umsetzung zahlreicher bereits im Regierungsprogramm angekündigter Punkte. Wie auch in der Umfrage identifiziert, sieht sie die Senkung der Lohnnebenkosten und die Vereinfachung der Lohnverrechnung hier als wichtigste Punkte. “Die Lohnverrechnung ist mega-komplex geworden – etwa durch unsinnige Kurzabeits-Reglungen und Co.”, sagt Holzinger. Auch ein Weiterkommen bei der Einführung der neuen Rechtsform mahnt sie ein, um Unternehmen und Arbeitsplätze im Land zu halten: “Das ist schon ganz lange auf der Agenda und wir wissen überhaupt nicht, woran es hakt”.

Als weitere Themen nennt Holzinger die Senkung der Mindestkörperschaftssteuer, die Umsetzung des Beteiligungsfreibetrags, “klare Reformen” bei der Rot-Weiß-Rot-Karte, Maßnahmen, um Frauen nach der Karenz schneller in Vollzeit-Verhältnisse zurückzubringen und solche, um Arbeitnehmer:innen länger im Erwerbsleben zu halten. “Die Steuerreform war ein guter Anfang. Aus meiner Sicht geht aber auf jeden Fall noch mehr”, sagt Holzinger.

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Universität Innsbruck, Spin-offs
(c) Universität Innsbruck

Vergleicht man die österreichische Spin-off-Landschaft mit jener anderer Länder, erweist diese sich als mager – wären da nicht diverse heimische Universitäten, die proaktiv Spin-offs fördern, wie brutkasten berichtete. Die Universität Innsbruck gilt als einer dieser Innovationstreiber.

Spin-offs in Deutschland

Eine Studie aus dem Oktober 2023 zur Entrepreneurship Performance deutscher Hochschulen ermittelte die Anzahl an Gründungen aus Hochschulen von 2014 bis 2022 und weist diese Werte für die 20 am höchsten gerankten Universitäten in Deutschland aus. Zusammen waren diese 20 Universitäten Ursprung von knapp 4.800 Startups. Dabei gibt es eine ausgeprägte Spitzengruppe mit der TU München (810 Startups) ganz vorne, gefolgt mit weitem Abstand von der TU Berlin (466) und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT, 321).

Hierzulande hat sich die Universität Innsbruck seit der Gründung ihrer Beteiligungsgesellschaft im Jahr 2008 über die Uni-Holding an 39 Spin-offs beteiligt. Durch die neu gegründeten Unternehmen wurden seither mehr als 200 neue Arbeitsplätze geschaffen.

“Der Ansatz der Universität Innsbruck, akademisch getriebene Spin-offs wirksam zu unterstützen, zeigt Früchte”, sagt Rektorin Veronika Sexl. “Durch die Unternehmen wird spezialisiertes Grundlagenwissen zum Wohle der Gesellschaft transformiert und diesen strategischen Ansatz werden wir auch in Zukunft weiter forcieren.” Neben Studienangeboten im Bereich Entrepreneurship und dem gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Tirol betriebenen Gründungs- und Innovationszentrum InnCubator stellt die 2008 gegründete Beteiligungsgesellschaft Uni-Holding ein Kernelement der Strategie dar.

AQT und ParityQC als Aushängeschilder

Aktuell hält die Uni-Holding 23 Beteiligungen an Ausgründungen aus der Universität Innsbruck. Diese Unternehmen sind in den Bereichen Digitalisierung, Finanzen, Gesundheit, Ökologie und Technologie tätig. Neben den renommierten Ausgründungen im Bereich der Quantentechnologien – AQT und Parity QC – beschäftigt sich etwa das junge Spin-off QND – Quantum Network Design mit der Simulation von Quantennetzwerken, um die wesentlichen Grundsteine für eine industrielle Implementierung zu legen.

Beispiele der Innsbrucker Spin-offs

Innfoliolytix wäre ein weiteres Beispiel der Spin-off-Strategie: Das Startup macht Kapitalmarktanleger:innen aktuelle Forschungsergebnisse in Form von quantitativen Anlagestrategien zugänglich. Die Universitätsprofessoren Matthias Bank und Jochen Lawrenz vom Institut für Banken und Finanzen sind an der gemeinsamen Gründung und Entwicklung des Unternehmens mit der BTV AG und der Universität Innsbruck beteiligt; seit 2024 gilt Innfoliolytix als eine FMA-lizenzierte Wertpapierfirma. Im November 2024 wurde der vom Startup beratene und von der 3 Banken-Generali Investment-Gesellschaft verwaltete Fonds “Quant Global Plus” mit dem Österreichischen Dachfonds Award 2024 des GELD-Magazins in den Kategorien “Aktiendachfonds 1 Jahr” und “Aktiendachfonds 3 Jahre” ausgezeichnet.

KinCon biolabs wiederrum baut seine patentierte Plattformtechnologie weiter aus, um Pharmaunternehmen bei der Lösung medizinischer Herausforderungen, insbesondere bei Krebs und Morbus Parkinson, zu unterstützen. Das von Philipp Tschaikner und Eduard Stefan gegründete Unternehmen entwickelt eine zellbasierte Reportertechnologie, die strukturelle Veränderungen von schwer zu analysierenden Zielproteinen sichtbar macht. Wenn ein Wirkstoffkandidat an einen, spezifisch für das Zielprotein entwickelten Reporter bindet, beginnt der genetisch kodierte Reporter in den Zellen zu leuchten. Damit lasse sich die Wirksamkeit von Medikamentenkandidaten systematisch vorhersagen, sodass die Pharmaunternehmen neuartige Therapien schneller in die klinische Anwendung, d.h. zu den Patient:innen, bringen könnten.

Kartenspiel in USA lizenziert

Das von Physiker:innen an der Universität Innsbruck entwickelte Kartenspiel Seeker Chronicles konnte mittlerweile an den renommierten US-amerikanischen Spieleverlag Wise Wizard Games lizenziert werden. Es verbindet Wissenschaftsvermittlung mit Spielelementen. Dessen Erfinder:innen Hendrik Poulsen Nautrup, Lea Trenkwalder und Fulvio Flamini haben das Spin-off-Unternehmen OneStone Studios gegründet und arbeiten aktuell an Erweiterungen, einer digitalen Version des Spiels und mehreren neuen Spielen, alle mit dem Ziel, Wissenschaft der Gesellschaft näherzubringen.

Arbeitsbedingungen, Arbeitsorganisation und daraus resultierende Beanspruchungen mit dem Ziel zu betrachten, Arbeit “menschenzentriert” zu gestalten und hinsichtlich verschiedener Humankriterien in Unternehmen und Organisationen zum Wohle aller Beteiligten zu verbessern – das ist das Vorhaben von Humane Arbeit. Gegründet von Cornelia Strecker, Christian Seubert und Jürgen Glaser bietet das Spin-off arbeitspsychologische Beratung auf dem aktuellsten Stand wissenschaftlicher Forschung.

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