06.09.2021

Höhle der Löwen: Staffel 10 mit türkischen Hausfrauen und Laufmäusen

Einmal mit Alles! Oder doch viel mehr? Die Höhle der Löwen bot moderne Istanbuler Küche, eine Gamification-App für Kinder zum Instrumente lernen und eine Maus, die nicht für den PC gedacht ist.
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Höhle der Löwen, Osmans Töchter,
(c) TVNOW / Bernd-Michael Maurer - (v.l.) Yudum Korkut, Arzu Bulut und Constanza Hörrmann präsentierten mit "Osmans Töchter" kulinarische Köstlichkeiten aus Istanbul.
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Eine Dekade von zitternden Foundern, spannenden und kuriosen Startups, hohen Investments und durch Löwengebrüll auch kritischen Worten fand heute ihren Anfang. Mit dabei die üblichen Gesichter, glückliche Gründer, aber auch alte Fehler. Die ersten in der Höhle der Löwen – die immer montags um 20.15 Uhr bei VOX sowie jederzeit auf Abruf über TVNOW.at zu sehen ist – waren die Gebrüder Carlos und Rui Ramalheiro. Sie haben mit Classplash eine Musik-Lern-App für Kinder entwickelt.

Die beiden Gründer betraten bewaffnet mit Ukulele und Flöte musikalisch die Löwenhöhle und stellten ihr Startup vor. Classsplash ist ein Unternehmen für Musik-Lern-Apps für Kinder. Die Kunst der Melodie hat in dem Leben der Brüder schon immer eine große Rolle gespielt. Seit über 20 Jahren ist Carlos begeisterter Musiker, Musikpädagoge und leitet eine eigene Musikschule: “In meiner täglichen Arbeit sehe ich die positiven Effekte des Musizierens. Doch Noten schrecken vor allem Kinder davon ab, ein Instrument zu lernen”, weiß er.

Innovativster Lehrer der Welt in der “Höhle der Löwen”

Mit Classplash soll sich das ändern, so der Plan der Founder. Ihre Musik-Lernwelt ähnelt einem Computerspiel, wo es darum geht, Punkte durch Noten zu sammeln und anstatt eines Joysticks wird ein echtes Instrument benutzt. “Ich entwickelte das Konzept mit meinen Schülern und Schülerinnen und bewarb mich bei einem internationalen Lehrerwettbewerb. Das Resultat: Ich erhielt die Auszeichnung als innovativster Lehrer der Welt. Diese Auszeichnung hat unser Leben verändert, denn von nun an hatten wir ein großes Ziel”, so Carlos weiter.

Gamification-Ansatz zum Notenlernen

Classplash hat daher Lern-Apps für unterschiedliche Musik-Instrumente entwickelt. Dabei lernen Kinder spielerisch Instrumente spielen und Noten lesen. Das Besondere daran sei ist die Kombination aus einem analogen Musik-Instrument und einer digitalen App. Das Mikrofon des Handys, Tablets oder Computers erkennt in Echtzeit die vom Instrument gespielten Töne und erzeugt dadurch eine direkte Reaktion der Spielfigur. Insgesamt haben die Brüder sechs Apps für unterschiedliche Musik-Instrumente und unterschiedliche Altersstufen entwickelt. Ihr Angebot: 350.000 Euro für zehn Prozent der Firmenanteile.

(c) TVNOW / Bernd-Michael Maurer – Die Brüder Rui Manuel (l.) und Joao Carlos Duarte Ramalheiro haben mit Classplash Musik-Lern-Apps für Kinder entwickelt.

Nachdem Multi-Investor Carsten Maschmeyer das F auf einer Flöte nicht gefunden hat, demonstrierte die Schülerin Nele, wie genau der Gamification-Ansatz des Startups funktionierte. Die App zeigt an, welche Noten man spielen muss, damit die Figur im Spiel erfolgreich Punkte sammelt.

Thema Firmenbewertung

Danach kamen die Löwen an die Reihe, schnappten sich Flöten und die Ukulele und testeten die App selbst aus. Anschließend ging es um Zahlen. Mit 110.000 Euro Umsatz 2020 empfanden Konzernchef Nils Glagau und LEH-Experte Ralf Dümmel die Firmenbewertung als zu hoch angesetzt.

Roland Emmerich interessiert

Aus diesem Grund verabschiedete sich Glagau als erster Löwe der aktuellen Staffel. Die Gründer wollten danach punkten, dass sich Filmemacher Roland Emmerich bei ihnen gemeldet hätte, da aktuell die Zauberflöte verfilmt werde. Classplash dürfe die dazugehörige App und das “Bundle” entwickeln, das weltweit vertrieben werden soll.

Medien-Investor Georg Kofler und Dümmel blieben dennoch skeptisch und gingen ebenfalls ohne Angebot. Maschmeyer meinte, den beiden Gründern fehle eine Vertriebsperson, das würden die niederen Umsätze zeigen. Ein Löwe weniger. Letzte Hoffnung Judith Williams erwies sich als keine und sandte die Gründer ohne Deal aus dem Studio.

Osmans Töchter

Die Zweiten die sich in die “Höhle der Löwen” wagten, waren die drei selbsternannten Genussbotschafterinnen der türkischen Küche Arzu Bulut, Yudum Korkut und Constanza Hörrmann. 2012 eröffnete Bulut gegen den Willen ihrer Familie das erste Restaurant namens Osmans Töchter. Mittlerweile gibt es zwei Restaurants in Berlin und bei beiden stehen Meze auf der Karte.

Hausfrauen und junge Istanbuler

“Das sind typische türkische traditionelle Speisen, die man sich in die Mitte des Tisches stellt”, erklärte Korkut. Die Besonderheit bei Osmans Töchter: Türkische Hausfrauen, die in ihren Berliner Restaurantküchen arbeiten, treffen auf die kreativen Ideen von jungen Köch:innen aus Istanbul. Durch diese Zusammenarbeit werden die traditionellen Rezepte gemeinsam neu interpretiert. Neben den Restaurants starteten die drei Gründerinnen einen Onlineshop, für den sie ein Investment suchten.

Restaurants schließen

“Wir wollten auch die Gäste kulinarisch verwöhnen, die keinen Tisch mehr bei uns bekommen haben. Mitten in unserer Planung kam dann die Pandemie und wir mussten die Restaurants schließen. So hatten wir noch mehr Gründe, unsere Speisen auch für daheim anzubieten”, erklärte Constanza. Ihr Sortiment umfasst 25 Meze-Variationen, die täglich frisch produziert und online bestellt werden können. Für 170.000 Euro boten die Genussbotschafterinnen 20 Prozent ihrer Firmenanteile an.

Die Kostprobe von diversen Speisen brachte die Löwen ins Schwärmen – Formel 1 Weltmeister Nico Rosberg verwendete Begriffe wie phänomenal und gigantisch, Maschmeyer das Wort “unique”.

Beste Kostprobe der “Höhle der Löwen”

Letzterer nannte es auch “das Leckerste” was er in der Show zu kosten bekommen hätte. Aber er sei eigentlich kein Food-Investor, zudem gebe es das Problem mit der kurzen Haltbarkeit von fünf Tagen im Kühlregal. Er ging. Kofler stimmte seinem Vorredner zu, dass es das beste Essen der Show gewesen sei. Allerdings mangelte es ihm an der Skaliermöglichkeit, sehe er sich die Idee an.

Rosberg sprach kurz von der Stiftung von Prinz Charles, die er in Saudi-Arabien besucht habe, gab zu, eigentlich keinen guten Grund zu haben auszusteigen, tat es aber dennoch, da er “selektiv” sein müsse. Nach diesem kryptischen Abschied als potentieller Investor durfte Glagau das Wort übernehmen.

Zwei Angebote

Der begann mit großem Lob, versprach das er ihr Essen “groß machen” könnte und bot 170.000 Euro für 30 Prozent Beteiligung. Familien-Investorin Dagmar Wöhrl hob die Vorbildwirkung der drei Damen hervor, die mitten in der Pandemie ihren Onlineshop geschaffen hätten. Auch sie bot 170.000 Euro, allerdings für “nur” 25 Prozent. Aus dem Frauentrio wurde ein weibliches Quartett. Deal für Osmans Töchter.

Duft fürs Auto

Die Dritte in der “Höhle der Löwen” war die Belgierin Kim Lohmar mit ihrem Startup Astalea (Anm.: zur Aufzeichnung noch Asalea). Sie erklärte gleich zu Beginn: “Ich liebe es, mich mit schönen Düften zu umgeben. Mit Düften verbinden wir Menschen, mit Düften verbinden wir Erinnerungen und Orte. Düfte sind etwas sehr Emotionales.”

Gründerin war bei L´Oréal

Bereits als Kind spielte Lohmar mit den Parfüm-Flakons ihrer Mutter und war sich damals schon sicher, dass es sie auch beruflich in die Kosmetik-Branche ziehen würde. Gesagt, getan: “Ich habe einige Jahre bei der Firma L´Oréal gearbeitet und war dort im Außendienst tätig. Das heißt, ich habe sehr viel Zeit in meinem Auto verbracht”, so die Berlinerin.

Atsalea, Höhle der Löwen
(c) TVNOW / Bernd-Michael Maurer – Kim Lohmar wagte sich mit “Astalea”, einem Duft-Diffuser für das Auto, in die Höhle der Löwen.

Damit es auch in ihrem Auto gut duftet, testete sie sich durch die Autoduftwelt. Fand aber nicht das Richtige. So entwickelte sie mit Astalea einen Aroma-Duftstein für das Armaturenbrett. Der feinporige Stein aus hundertprozentig organischer Kieselgur wird, knapp erklärt, mit dem Lieblings-Parfum oder ätherischen Ölen besprüht und soll so für ein individuelles Dufterlebnis im Auto sorgen.

Magnetclip

Durch einen Magnetclip kann der Diffuser im Auto an der Lüftungslamelle angebracht werden. “Je nach verwendetem Duft hält das Dufterlebnis bis zu 14 Tage an. Das wunderbar Nachhaltige daran ist nicht nur das organische Material, sondern dass man den Duftstein auch immer wieder nachbestäuben kann”, erklärte die Gründerin. Ihr Portfolio umfasst nicht nur den Duftstein, sondern auch korrespondierende Düfte mit etwa Birnen- oder Kaffeearoma. Für 70.000 Euro bot Lohmar 20 Prozent ihrer Firmenanteile an.

Die Gründerin machte in den darauffolgenden Minuten eine gute Figur, erzählte, dass sie eine “One-Woman”-Show sei und bisher 18.000 Euro Umsatz gemacht habe. Maschmeyer meldete sich danach mit der nettesten Absage, die er je gemacht habe – und versprach, dass er wiederkehren würde, wenn kein anderer Löwe Interesse habe.

Schnell “Brand” aufbauen

Nach dieser “Versicherung” wollte Wöhrl wissen, wie man sich vor Nachahmern schützen könnte. Lohmar erklärte, dass es darum ginge, sich schnell eine “Brand” aufzubauen. Bekannt zu werden.

Für die Familien-Investorin war jedoch der Duft-Markt zu groß und sie stieg aus. Williams gab zu, dass der Bereich der Parfümindustrie zwar umkämpft sei, ihr Team aber auch sehr stark wäre. Sie bot 70.000 Euro für 20 Prozent. Glagau verabschiedete sich daraufhin, als Dümmel zu einer Lobesrede ansetzte.

Er sah den riesigen Vorteil, dass man bei Astalea selbst bestimmen könne, welchen Duft man riechen wolle. Und bot das Gleiche wie Williams. Lohmar nahm Dümmel mit ins Boot. Deal für Astalea.

Eine Maus zum Laufen in der “Höhle der Löwen”

Der letzte, den es in die “Höhle der Löwen” verschlug, war der 69-jährige Horst Schüler. Der Sportmediziner stellte mit der Unterstützung seines drei-köpfigen Teams – Martin Rutemöller (50, Geschäftsführer, Vertrieb und Marketing), Oliver Baumgärtel (45, Finanzen) und Thomas Pieper (59, Produktion) – seine Laufmaus vor.

(c) TVNOW / Bernd-Michael Maurer – Martin Rutemöller, Oliver Baumgärtel, Horst Schüler und Thomas Pieper erfanden mit der LAUFMAUS eine Laufhilfe für Jogger.

Dabei handelt es sich um ein Griffelement, dessen Handhabung beim Laufen automatisch für eine entspannte und gesündere Körperhaltung sorgen soll. Anlass für diese Erfindung ist ein persönlicher Schicksalsschlag von Horst Schüler. 2007 hatte der Arzt einen schweren Autounfall.

Keine Kontrolle über Arme und Beine

“Ich erlitt Rückenmarksverletzungen im Bereich der Halswirbelsäule und ich verlor die Kontrolle über meine Arme und meine Beine. Es begannen sieben harte Jahre mit einer komplizierten Operation und Reha. Ich hatte starke Verkrampfungen im Bereich der Hände und Arme, aber ich fand eine Entlastungsposition, die meine Verkrampfungen minderten”, erzählte er.

Aus Knetmasse formte er sich ein Tool, das ihm half, diese bestimmte Position seiner Arme und Hände ermüdungsfrei beibehalten zu können – in einer Art Fingerpistol-Haltung: “Dieses kleine Hilfsmittel brachte mich tatsächlich wieder auf die Beine. Ich begann sogar wieder mit dem Lauftraining und bin heute zu hundert Prozent wieder beschwerdefrei.”

Die ergonomisch geformte und leichte Konstruktion (67 Gramm) soll dafür sorgen, dass sich der Handrücken leicht nach außen dreht, der Daumen zeigt nach vorn oben, der Zeigefinger ist durch eine Schleife fixiert und gestreckt. Das Resultat laut Gründer: Im Unterarm tritt eine Entspannung ein, der Oberkörper richte sich auf und sei stabiler. Um durchzustarten, benötige das Team ein Investment von 280.000 Euro und bot dafür 17,5 Prozent ihrer Firmenanteile.

Joggende Löwen

Glagau testete auf einem Laufband die Erfindung, gab zu, dass er eine Haltungsänderung bemerke. Auch Williams ließ es sich nicht nehmen Fuß anzulegen und joggte ebenfalls im Studio. Maschmeyer tat es ihr als dritter Löwe gleich.

Bisher wurden in sechs Monaten rund 80.000 Euro Umsatz vom Laufmaus-Team erwirtschaftet. Vertrieben wird über den Onlineshop. Dümmel war der erste, der ging, weil Schülers Produkt erklärungsbedürftig sei. Die Löwen wollten danach konkrete Daten haben, was die Gründer aber nicht liefern konnten. Dies verschreckte Williams und auch sie schritt ohne Angebot von dannen.

Zwei Deals

Währenddessen berieten sich Maschmeyer und Glagau, die die Laufmaus als sinnvolles Produkt ansahen. Beide würden gerne das Produkt zu “allen Läufern” und zu anderen Zielgruppen bringen, so die Quintessenz der Löwenberatung. Sie boten zusammen 280.000 Euro für 30 Prozent. Kofler, der die Laufmaus die ganze Zeit nicht aus den Händen gelegt hatte, wollte ebenfalls einsteigen und offerierte ebenfalls 280.000 Euro für 30 Prozent Beteiligung.

Das Quartett kehrte nach kurzer Beratung mit einem Gegenvorschlag zurück, legten 25,1 Prozent auf den Tisch und nahmen Maschmeyer und Glagau ins Team. Deal für die Laufmaus.

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Das Gründerteam Christian Hill und Gerhard Prossliner © BRAVE Analytics, Leljak

Das Grazer Spin-off BRAVE Analytics wurde von Christian Hill und Gerhard Prossliner im Jahr 2020 gegründet. Den Gedanken an ein gemeinsames Unternehmen gab es schon einige Zeit davor an der MedUni Graz. Nach erfolgreicher Dissertation und dem FFG Spin-off Fellowship kam es zur Ausgründung, zu ersten Kund:innen und einem Standortwechsel. Und schließlich zur erfolgreichen Einbindung in den Life Science Cluster Human.technology Styria unterstützt von der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG.

Mittlerweile zählt BRAVE Analytics ein 14-köpfiges Team und sitzt im ZWT Accelerator in Graz, einem Kooperationsprojekt zwischen SFG und Medizinischen Universität Graz.

Das Team von BRAVE Analytics (c) © BRAVE Analytics, Leljak

Mut in der Geschäftsphilosophie

BRAVE Analytics steht für Mut in der Geschäftsphilosophie der beiden Gründer und des gesamten Teams: Christian Hill und Gerhard Prossliner fühlen sich “zu Entdeckungen hingezogen und lieben es, die Dinge aus einem völlig neuen Blickwinkel zu betrachten. Und genau diesen Spirit leben wir auch im Team.”

Wahrlich hat das Gründerduo mit seinem Spin-off das Forschungsgebiet Life Science in ein neues Licht gerückt: Denn BRAVE Analytics beschäftigt sich mit der automatisierten Qualitätssicherung für Pharma-, BioTech-Produkte, Wasser, Mineralien und Chemikalien. “Und das auf Partikel-Ebene. Das Ganze nennt sich Partikel-Charakterisierung und -Analytik”, erklärt Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten.

Neu ist die Technologie insofern, als dass die Partikel-Analyse direkt im Herstellungsprozess von Pharmaprodukten passiert. Also integriert, das heißt weder vor- noch nachgelagert, und damit effizient und kostensparend. “Damit machen wir eine sogenannte Prozessanalytik im Nano-Bereich”, erklärt Co-Founder Hill.

Die Lösung für ein Bottleneck

Damit haben die beiden Gründer zusammen mit ihrem Team eine Lösung für ein bis dato bestehendes “Bottleneck in der Industrie” geschaffen. Mit den modularen Messgeräten von BRAVE Analytics kann die Qualität von Produkten im Pharma- und BioTech-Sektor nämlich in Echtzeit gemessen werden. Das Kernstück der Lösung bildet die vom Spin-off eigens entwickelte, mehrfach patentierte OF2i Technologie.

Doch bekannterweise benötigen Life-Science-Lösungen wie diese einen breiten Umfang an Forschungsinfrastruktur, der sich gerade für frisch gegründete Spin-offs schwer stemmen lässt. Und: Es braucht die richtigen Verträge, das richtige Kapital und das richtige Team. Auf der Suche danach gab es für BRAVE Analytics einige Schlüsselmomente, wie Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten erzählt.

Der Standort für Life Science Startups

Die ersten Hardware-Aufbauten und Experimente fanden an der Medizinischen Universität Graz statt, die von den Anfängen mit Infrastruktur und Forschungspersonal unterstützte, die Universität Graz deckte die Bereiche Theorie und physikalisches Modelling und in Kooperation mit dem FELMI/ZFE der Technischen Universität Graz wird seit 2022 ein Zusatzmodul entwickelt.

Beim Schutz des geistigen Eigentums standen die Medizinische Universität Graz, die Steirische Wirtschaftsförderung SFG und die Forschungsförderungsgesellschaft FFG als helfende Hände zur Seite. Konkret mit Unterstützung für die Erarbeitung von Exklusiv-Lizenzen, Agreements und generell mit dem Know-how, wie man eine Firma aufbaut. Hier waren uns auch das Unicorn der Universität Graz, die Gründungsgarage und der Science Park Graz eine große Hilfe”, so Prossliner.

“Wir sind klassische Science-Preneure”

Die fachspezifische Unterstützung kam im richtigen Moment: “Wir sind die klassischen Science-Preneure. Unser Background ist das Universitäts- und Ingenieurswesen. Für uns war es wichtig zu lernen, wie man in das Unternehmertum reinkommt und den Produkt-Market-Fit findet. Man muss diese Produktverliebtheit, die man als Erfinder meistens hat, loswerden. Und das passiert ganz viel durch Learning by Doing.”

Besonders hilfreich habe sich vor allem das Bootcamp des FFG-Spin-off-Fellowship und das LBG Innovator’s Road Programme erwiesen, welche “eine schrittweise Einführung für den Weg von der Wissenschaft in Richtung Unternehmung” geboten haben, so Hill. Förderungen erhielt das Spin-off außerdem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, der Austria Wirtschaftsservice aws, der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG und auf EU-Ebene.

Die Szene, die “Gold wert” ist

Nicht nur “by doing”, sondern vor allem auch “von anderen, die die gleichen Themen, Probleme und Potenziale haben”, hat das Startup im Aufbau sehr viel an Know-how und Erfahrung gewonnen. “Das Peer-Learning ist für uns einer der wichtigsten Wissensfonds”, so Co-Founder Prossliner im Interview.

Ein dafür zugeschnittenes Netzwerk gibt es in der Grazer Life Science Szene: “Auch abseits institutioneller Veranstaltungen befinden wir uns hier in einem sehr lebendigen Startup-Umfeld. Vieles passiert auf Eigeninitiative von Gründer:innen. Das Startup-Leben hier ist wirklich Gold wert.”

Global Player nur “fünf Rad-Minuten entfernt”

“Wir sind Hardware-Hersteller, wir brauchen Hochpräzisionsfertiger für unsere Prozesstechnologie. Die Steiermark und insbesondere Graz haben sich zu einem Stakeholder-Nest der besonderen Vielfalt entwickelt. Kooperationspartner aus Industrie, Wirtschaft und Forschung sitzen hier in unmittelbarer Nähe. Wir finden Experten, Lieferanten und Fertiger mit extremer Präzision und einer super Verlässlichkeit”, erzählt Prossliner und meint weiter: “Wir arbeiten hier in einem sehr engen Umfeld mit einer sehr schnellen Dynamik. Das ist unglaublich wertvoll.”

Ein ganzes Stakeholder-Feld mit internationaler Spitzenstellung findet sich also im Grazer Becken. Oder, wie es Gründer Prossliner erneut unterstreicht: “Da sind Global Player dabei, die wir in wenigen Rad-Minuten erreichen. Man muss also nicht gleich nach Asien oder in die USA, das Netzwerk gibt es hier auch.” Nicht umsonst spricht man seit geraumer Zeit von der “Medical Science City Graz” – mit Playern wie der Medizinischen Universität und dem Zentrum für Wissens- und Technologietransfer ZWT im Netzwerk.

Gerhard Prossliner (links) und Christian Hill (rechts) mit der Geschäftsführung des ZWT – Anke Dettelbacher (Mitte rechts) und Thomas Mrak (Mitte links) ©ZWT/Lunghammer.

Besenrein eingemietet

Grund genug auch für BRAVE Analytics, sich hier als aufstrebendes Life-Science-Startup niederzulassen. Nach seinen Anfängen in den Räumlichkeiten der MedUni Graz hat sich BRAVE Analytics nämlich im ZWT Accelerator einquartiert: “Wir waren unter den Ersten, die hier eingezogen sind. Als alles noch ziemlich besenrein war.”

Mittlerweile wird auch mit anderen dort sitzenden Startups stockwerkübergreifend genetzwerkt. Sei es im Stiegenhaus, bei Weihnachtsfeiern oder informellen ZWT-Treffen. Manchmal wird auch gemeinsam gefrühstückt und in den Abendstunden philosophiert. Daneben gibt es regelmäßige Get-Together-Formate wie das ZWT-Frühstück. Im Zuge der Startupmark finden auch themenspezifische Kooperationsformate wie der Life Science Pitch Day, ein exklusives Pitchingevent für Startups und Investor:innen aus dem Life Science-Bereich, statt.

Fußläufig flexibel

Thomas Mrak, Geschäftsführer des ZWT, erzählt dazu: “Vernetzung steht bei uns an erster Stelle. Und zwar nicht nur unter Foundern, sondern auch zwischen bereits etablierten Firmen, Unis, Instituten, Professor:innen und Ärzt:innen, die alle flexibel und fast fußläufig zu erreichen sind. Ich würde sagen, das ist die Essenz der Medical Science City Graz und bildet das optimale Umfeld, um als Spin-off Fuß zu fassen.”

Unterstützung gibt es im Grazer ZWT auch mit einer optimalen Infrastruktur und “startup freundlichen” Mietverträgen und Mietkonditionen: “Wir bieten Startups, die bei uns einziehen, ein einzigartiges Preis-Leistungsverhältnis, eine perfekte Ausstattung und sehr flexible Bedingungen. Vor allem hohe Investitionskosten und lange Bindungszeiten sind für Startups schon aufgrund ihrer dynamischen und teils volatilen Entwicklungen sehr kritisch, dabei helfen wir. Je nach Möglichkeit stellen wir nicht nur Büros und Laborinfrastruktur, sondern auch Seminar- und Besprechungsräume zur Verfügung.”

“Wir verstehen uns hier einfach sehr gut”

Unverkennbar gestaltet sich der Life Science Bereich in Graz als multidimensionaler Hub für Startups und Spin-offs – und das nicht nur auf akademischer Ebene: “Wir verstehen uns hier alle untereinander sehr gut. Es gibt kurze Wege, kurze Kommunikationswege und wir arbeiten zusammen auf Augenhöhe. Es klappt einfach zwischenmenschlich”, so Mrak.

BRAVE Analytics-Co-Founder Prossliner empfiehlt dahingehend: “Nutzt das tolle österreichische Förderungssystem. Wir haben hier vonseiten der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, des Austria Wirtschaftsservice aws und der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG tolle Unterstützung erhalten. Vom ZWT, der MedUni Graz, der Uni Graz und der TU Graz ganz zu schweigen.”

Und: “Bindet schon frühzeitig Kund:innen ein. Nur so ermittelt man die real-life Kundenbedürfnisse potentieller Märkte, und man kann vielleicht auch erste Umsätze generieren, die man wiederum mit Förderungen hebeln kann. Man muss sich schließlich auch finanziell stabilisieren, um für Investor:innen attraktiv zu sein.”

Der Asia Pull für Life Science

Aktuell erarbeitet BRAVE Analytics eine Investitionsrunde. Mittlerweile hält das Spin-off unterschiedliche Produkte und Kunden am Markt. Auch Industriepartner sind vorhanden. Aktuell befinde man sich in der Prescaling-Phase – mit einem starken “Asia Pull”. Interesse kommt nämlich zunehmend von Abnehmern aus Asien, wie Christian Hill erzählt:

“Unsere Technologie eignet sich nicht nur für die Pharmaindustrie, sondern auch für Wasser, Kläranlagen und Mikroplastik – und sogar für die Halbleiterindustrie. Wir bewegen uns hier in einem multidimensionalen Anwendungsfeld, gerade für das Umwelt- und Wassermonitoring. Das zieht viele Kunden aus Übersee an. Jetzt heißt es: die richtigen Schritte setzen und klug skalieren.”

Damit Christian Hill und Gerhard Prossliner ihre Ziele auch weiter verfolgen können, braucht es Menschen, die in den Life Science Sektor investieren: “Life Science ist ein Technologie- und Wissenschaftsfeld, das uns in Zukunft noch viel intensiver begleiten wird. Und auf das wir angewiesen sind”, so Thomas Mrak. Der ZWT-Geschäftsführer appelliert indes: “Es arbeiten so viele tolle Menschen mit persönlicher Motivation in diesem Feld. Diese haben das Potenzial, die Zukunft maßgeblich zu verändern. Doch dafür braucht es finanzielle Unterstützung, fundierte Netzwerke und noch mehr Aufmerksamkeit.”

Mehr Informationen zum steirischen Startup-Ökosystem und der Startupmark sind hier zu finden.

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