29.10.2024
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Google Austria: Wie KI den österreichischen Handel verändert

Künstliche Intelligenz findet nicht nur beim Megakonzern Google Anwendung. Auch der österreichischen Handel ist von der digitalen Transformation betroffen.
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Maimuna Mosser, Country Director Google Austria & Rainer Will, Geschäftsführer österreichischer Handelsverband
Maimuna Mosser, Country Director Google Austria & Rainer Will, Geschäftsführer österreichischer Handelsverband (c) Brutkasten

Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren vor allem die digitale Welt geprägt. Weniger bekannt jedoch ist der Einfluss auf den österreichischen Handel. Neben Automatisierungsprozessen im Supply Management findet generative KI auch im Bereich des Costumer Care.

Am Dienstag versammelten sich deshalb Maimuna Mosser, Country Director Google Austria, Rainer Will, Geschäftsführer österreichischer Handelsverband und Joerg Bauer, Managing Director Sales, MediaMarkt Österreich für eine Pressekonferenz.

Dabei ging es nicht nur um die vom Google implementierten Anwendungen und wie diese von Konsument:innen verwendet werden, sondern auch konkret um den Einfluss von KI auf den österreichischen Handel und wie die MediaMarktSaturn Retail Group intern KI verwendet.

Konsument:innen informieren sich mehrheitlich online

“Unsere Fragen drehen sich einfach laufend darum: Wie können wir KI nutzen und was kann es bringen?”, sagt Maimuna Mosser, CEO von Google Austria, und betont die Wichtigkeit von Google für den Handel: im europaweiten Ranking der Suchmaschinen sprechen Konsument:innen Google das meiste Vertrauen aus. Das spiegelt sich auch in den Suchanfragen wider. Rund 61 Prozent der österreichischen Nutzer:innen informieren sich laut Smart Shopping Studie online nach neuen Produkten.

Um diese Menge an Anfragen präzise zu beantworten, greift Google wenig überraschend auf die Unterstützung durch KI-Modelle zurück – laut Mosser gilt das für alle Google Produkte. So auch für die Visuelle Suchengine “Google Lens”, also die Suche in reiner Bildform. “Wir haben rund 12 Milliarden visuelle Anfragen im Monat und davon ist bereits jede vierte kommerziell”, so Mosser.

Daneben gibt es auch im Bereich der Google Ads Neuerungen: Konkret wurde von Mosser hierbei die Anwendung von KI in der Tourismusbranche genannt, beispielsweise zur Erstellung statischer, neuartiger Bildern von Hotelzimmern auf Basis bereits vorhandener. Ob es für die Unternehmen am Ende tatsächlich hilfreich ist, ihre Bilder von einer KI zu generieren, sei dahingestellt.

“Der Handel war immer ein Innovationstreiber”

Erst im Juli dieses Jahres wurde eine von Google in Auftrag gegebene Studie der Implement Consulting Group veröffentlicht, welches Österreich bei gleicher Resourcennutzung ein potentielles Wirtschaftswachstum von 35 bis 40 Milliarden Euro rein durch die Nutzung von generativer KI zuschreibt. Das entspräche acht Prozent des BIP über die nächsten zehn Jahre – brutkasten berichtete.

Dieses Möglichkeit im volkswirtschaftlichen Wachstum liegt vor allem an der österreichischen Bereitschaft für Innovationen, angetrieben durch den Handel, meint Rainer Will vom österreichischen Handelsverband. “Man erkennt, dass unsere Unternehmen schon wahrgenommen haben, wie wichtig Innovation ist. Der Handel war immer ein Innovationstreiber”, so Will.

KI ist bereits bei 52 Prozent der Händler im Einsatz, wenn auch nur geringfügig wie etwa bei der Generierung von Produktbeschreibungen. Rund 37 Prozent der Händler verwenden KI-Tools breitflächig, etwa in der Prozesskette, beim Sortimentsmanagement oder auch im Marketing.

Die Studie der Implement Consulting Group zeigt im Trend eine klare Aufwärtsbewegung: 45 Prozent der Unternehmen planen, in den nächsten fünf Jahren in Künstliche Intelligenz zu investieren. Rund ein Drittel der österreichischen Unternehmen erwarten einen signifikanten Produktivitätsschub durch den Einsatz von generativer KI, wodurch etwa 2,8 Millionen Arbeitsplätze in Österreich künftig unterstützt werden können.

KI-Einsatz bei MediaMarkt & Saturn

Handelsunternehmen wie MediaMarkt & Saturn stellen sich die Frage: “Wie können wir hier diesen technischen Vorteil auch für uns nutzen?”, so Joerg Bauer. MediaMarkt & Saturn zählt sich zu den 37 Porzent, welche die breitflächige Anwendung von KI bereits implementierte.

Allem voran verwendet das Handelsunternehmen eine KI-basierte, interne Suchmaschine für Mitarbeiter:innen, welche firmeninterne Prozesse über einen Chat-Assistenten erklärt. Dieser soll vor allem vielschichtige SharePoint-Seiten obsolet machen.

Im Bereich Costumer Care spricht Bauer von First Level Support über einen Chat- & Voicebot welcher die Interaktion zu Kund:innen erleichtert. Im Kundenservice kommen diese Bots zum Einsatz, um Anfragen zu Öffnungszeiten, Rückgabeverfahren und Produktinformationen zu beantworten. Auch für Produktempfehlungen sowie bei SEO-Inhalten auf der Website verwendet der Konzern KI. 

Ziel des Handelsunternehmens ist es, einen generativen KI Costumer-Care-Hub zu entwickeln, welcher durch Echtzeitübersetzungen und durch Anpassung der Tonalität auf Emotionen der Konsument:innen reagieren kann. Zusätzlich soll der Costumer-Care-Hub unzeitgemäße Bedienungsanleitungen ersetzen und dem Handelsunternehmen, zeitaufwendige Support Anrufe aussparen. Dennoch spricht Bauer die menschliche Kundenberatung des Unternehmens nicht ab.

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Loupe, Compliance
(c) Robert Maybach - (v.l.) Martin Reichetseder, Thomas Koch und Matthias Steinbauer von Loupe.

Das oberösterreichische Legal-Tech .Loupe wurde 2018 von Matthias Steinbauer, Thomas Koch und CEO Martin Reichetseder gegründet. Mit dem Ziel, den Zugang zu Compliance zu erleichtern sowie die Implementierung und den Betrieb eines “Compliance Management-Systems” (CMS) zu vereinfachen. Im Lauf der Jahre konnte man dabei bereits einige namhafte Kunden an Land ziehen.

.Loupe: Aus der Praxis heraus gegründet

“Der Anstoß zur Gründung kam aus meiner eigenen Praxis. Ich habe hautnah erlebt, wie komplexe Strukturen in Unternehmen dazu führen können, dass das Thema Compliance – trotz seiner Bedeutung – auf Ablehnung stößt, weil es keinen einfachen Zugang für die Belegschaft gab. Diese ‘fehlende Liebe auf den ersten Blick’ hat uns dazu angetrieben, es besser zu machen”, erklärt Reichetseder.

Das Trio wollte eine Software-Lösung finden, die Herausforderungen aus der Praxis versteht, Compliance-Prozesse einfach abbildet und Unternehmen dabei unterstützt, Risiken effizient zu identifizieren, zu bewerten und zu minimieren.

Reichetseder war früher selbstständiger Rechtsanwalt und ist nun neben seiner Funktion bei .Loupe sowohl Leiter der Rechtsabteilung und Compliance Officer eines international agierenden Industrieunternehmens als auch Autor im Bereich Compliance und Podcast-Host von “Code of C – der True-Compliance-Podcast von .Loupe”. Steinbauer hingegen leitet die Entwicklung eines Softwareunternehmens in Linz und ist Dozent an der FH Hagenberg. Er ist ebenfalls Fachautor.

Eine Pfadfinder-Freundschaft

“Wir beide kennen uns seit unserer Kindheit, durch die Pfadfinder. Die Idee zu .Loupe entstand, als ich Matthias kontaktierte, um ihm von meinem Konzept eines ‘Compliance Workspaces ‘aus der Praxis, für die Praxis’ zu erzählen”, erinnert sich Reichetseder. “Ursprünglich war es als ‘Auftrag’ gedacht, aber Matthias hatte die brillante Idee, gemeinsam ein Unternehmen zu gründen. Ein Jahr später stieß Thomas Koch zu uns. Ihn habe ich bei einem Seminar zum internationalen Vertragsrecht kennengelernt, wo wir uns intensiv über die Herausforderungen im Bereich Compliance im internationalen Handel austauschten.”

So bildet das Legal-Tech-Unternehmen heute im Detail erforderliche Compliance-Prozesse ab, sodass Nutzer:innen “ohne großen Aufwand ihre rechtlichen Verpflichtungen einhalten können”. Dabei basiert die Lösung auf praktischer Erfahrung und setzt dort an, wo Unternehmen oft vor Herausforderungen stehen würden: der effizienten Handhabung von Compliance- und Risikomanagement-Prozessen.

NÖM, Evva und Engel Austria

Durch ein “Hinweisgebersystem” unterstützt das eigenfinanzierte Startup Unternehmen, wie etwa die NÖM AG, Evva Sicherheitstechnologie GmbH und die Engel Austria GmbH dabei, ein System zu implementieren, mit dem Mitarbeiter:innen einfach und anonym potenzielle Risiken oder Missstände melden können.

Ein richtig betriebenes Whistleblowing Management-System fördere den Gründern nach die Beteiligung am Thema Compliance. So werde sichergestellt, dass Risiken frühzeitig erkannt und gemeldet werden.

Ein weiteres Beispiel für die Arbeit von .Loupe sind automatisierte Freigabeprozesse für Sponsoring, Geschenke und Einladungen, die das Risiko von Spesenbetrug und Interessenkonflikten reduzieren sollen.

Korruptionsrisiko senken

“Dadurch wird das Korruptionsrisiko gesenkt, was nicht nur intern Vertrauen schafft, sondern auch das Vertrauen von Geschäftspartnern und Kunden stärkt. Es freut uns sehr, dass wir hier die Strabag nennen dürfen”, so Reichetseder weiter. “Unternehmen können gegenüber ihren Stakeholdern beispielsweise durch .Loupe nachweisen, dass sie ein Compliance Management-System (CMS) toolunterstützt und effektiv betreiben. Gerade in Bezug auf die Lieferkettensorgfaltspflichten und die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird Compliance zunehmend wichtig. Ein zentrales Beispiel ist die Datengrundlage zur Wesentlichkeitsanalyse, bei der .Loupe Unternehmen hilft, relevante Risiken zu identifizieren und zu bewerten.”

“Teil der Community”

Der USP bei .Loupe liegt in der Kombination von Legal-Tech und echter Praxiserfahrung, wie der Founder betont. “Während es viele Anbieter von Compliance-Software gibt, haben nur wenige einen tiefen praktischen Bezug zur Materie und Zugang zur Community. Seit 2018 entwickeln wir unsere Lösung basierend auf den Erfahrungen aus dem täglichen Umgang mit Compliance-Herausforderungen. Wir sind nicht nur Softwareentwickler, sondern auch selbst Anwender und als Compliance Officer Teil der Compliance-Community – insbesondere als Mitglied, nicht nur als Anbieter”, sagt er.

Aktuell sei es bei diesem Thema entscheidend zu verstehen, dass Compliance keine Frage der Unternehmensgröße ist, sondern eine Frage der Risiken, die das Unternehmen eingeht. Besonders im Bereich Nachhaltigkeit würde das immer sichtbarer. Unternehmen müssen zunehmend nachweisen, dass sie nachhaltig und verantwortungsbewusst handeln, insbesondere im Hinblick auf die Sorgfaltspflicht bei Lieferketten. Hier spiele Compliance eine zentrale Rolle, um sicherzustellen, dass alle relevanten Risiken identifiziert und gemanagt werden.

“Themen wie Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und die Einhaltung internationaler Standards werden weiterhin an Bedeutung gewinnen, und Unternehmen müssen ihre Compliance-Prozesse entsprechend anpassen und erweitern, um diesen Anforderungen gerecht zu werden”, weiß Reichetseder.

.Loupe: Vertrag mit Bundesbeschaffung

.Loupe hat in den letzten Jahren ein bemerkenswertes Kundenwachstum verzeichnet, das sich aus einer Vielzahl von Branchen zusammensetzt. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf großen Unternehmen, sondern auch auf mittelständischen Betrieben, die zunehmend die Bedeutung von Compliance erkennen würden.

“Zuletzt konnten wir einen Rahmenvertrag mit der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) abschließen, mit dem auch die öffentliche Hand bzw. Unternehmen, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, einfach auf unsere Lösungen zugreifen können”, so der Gründer. “Was den Umsatz betrifft, so sind wir stolz auf die positive Entwicklung, die wir seit unserer Gründung 2018 erlebt haben. In den letzten Jahren ist es uns gelungen, den Umsatz jährlich nahezu zu verdoppeln bzw. stabil kontinuierlich zu steigern.”

KI beim Reporting

Aktuell arbeitet .Loupe an der Einbindung von Künstlicher Intelligenz im Bereich Reporting. Mit dem Ziel sinnvolle AI-basierte Lösungen zu entwickeln, die es Unternehmen ermöglichen soll, noch präzisere und effizientere Auswertungen ihrer Compliance-Daten zu erstellen. Durch den Einsatz von AI möchte man komplexe Zusammenhänge schneller erfassen und die Qualität der Berichterstattung verbessern.

“.Loupe hat ursprünglich als Hobbyprojekt begonnen, aber wir konnten in kurzer Zeit viele namhafte Kunden gewinnen, die sowohl unsere Lösung als auch unseren praktischen Ansatz zu Compliance schätzen. Unser nahes Ziel ist es, die Nummer 1 im Bereich Compliance-Software in Österreich zu werden”, sagt Reichetseder. “Dank unserer kontinuierlichen Weiterentwicklung und der engen Zusammenarbeit mit unseren Kunden sind wir auf einem guten Weg, dieses Ziel zu erreichen. Langfristig streben wir auch an, zu den Top-5-Anbietern von Compliance-Lösungen in Europa zu gehören. Hierbei setzen wir auch auf strategische Partnerschaften, um unser Wachstum zu beschleunigen und unsere Präsenz in Europa zu stärken.”

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