17.06.2019

GEM 2018: “Unternehmerische Aktivität in Österreich leicht rückläufig”

Der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) ist die größte internationale Vergleichsstudie zum Unternehmertum. Heute, Montag, wurden die Ergebnisse des österreichischen Länderberichts für 2018 im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) präsentiert.
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GEM 2018
(c) Martin Pacher / der brutkasten: (v.l.n.r.) Die Studienautoren des FH Joanneum Christian Friedl, Eric Kirschner und Bernadette Frech

Wie hat sich der Anteil an Jungunternehmern in Österreich verändert? Welchen Stellenwert hat Unternehmertum im Bildungsbereich? Welche Einstellungen vertreten die Österreicher gegenüber Unternehmertum? Das sind Fragen, auf die der österreichische Länderbericht des Global Entrepreneurship Monitor (GEM) Antworten liefert.

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Die internationale Vergleichsstudie wurde in über 80 Ländern weltweit durchgeführt. Seit 2005 obliegt die Durchführung in Österreich dem FH Joanneum mit ihrem Institut für Internationales Management. Dabei werden Gründungsaktivitäten, die Einstellung zur Unternehmensgründung sowie spezielle Charakteristika von Unternehmern erhoben.

Für den Bericht wurden in Österreich 4580 Personen zum Thema Unternehmertum befragt. Zudem flossen qualitative Befragungen von insgesamt 38 Experten mit ein, wobei diese die Rahmenbedingungen für Unternehmertum analysierten und bewerteten. Die Ergebnisse wurden heute, Montag, von den Studienautoren der FH Joanneum im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) präsentiert.

“Jungunternehmertum” befindet sich auf Höchsstand

Wie die Studienautoren erläutern, zeige der Bericht, dass Österreichs Gründungslandschaft immer “dynamischer” wird. Mit 10,9 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung befindet sich der Anteil an Jungunternehmer an der erwerbstätigen Bevölkerung auf einem neuen Höchststand. Damit nehme Österreich Platz drei im österreichischen Vergleich ein.”Die Rate des Jungunternehmertum ist mit fast elf Prozent auf einem Allzeithoch”, so Christian Friedl, Leiter des GEM Österreich Teams vom Institut für Internationales Management der FH Joanneum im Interview mit dem brutkasten.

Live von der Vorstellung des Global Entrepreneurship Monitors

Live-Talk von der Vorstellung des Global Entrepreneurship Monitors des FH Joanneum – International Management mit Christian Friedl, Dozent des FH Joanneums, Stefan Buchinger vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, Bernadette Frech, CEO von Instahelp, Lisa Fassl, Geschäftsführerin der Austrian Angel Investors Association und Eric Kirschner von Joanneum Research.

Gepostet von DerBrutkasten am Montag, 17. Juni 2019

Unternehmertum in Österreich leicht rückläufig

Trotz diesen erfreulichen Wertes hinsichtlich des “Jungunternehmertums” sei ein leichter Rückgang der gesamten “unternehmerischen Aktivität” feststellbar – so stellte der GEM weniger etablierte Unternehmer und mehr Unternehmensausstiege fest. Dies sei unter anderem auf die gute Konjunktur zurückzuführen, die dazu führe, dass die Unselbständigkeit gegenüber der Selbständigkeit attraktiver geworden ist.

Frauenanteil bei Jungunternehmer nur 36 Prozent

Laut dem GEM sind Österreichs Jungunternehmer im Schnitt 37 Jahre alt. Der Frauenanteil beträgt lediglich 36 Prozent und hat sogar abgenommen. Im Bereich des Female Entrepreneurship gebe es laut Bernadette Frech, Co-Autorin der Studie und Gründerin des Startups Instahelp, massiven Aufholbedarf.

Fast zwei Drittel aller Jungunternehmer sind in Familienunternehmen aktiv. Die Rate an Jungunternehmer ist in Wien mit 14,1 Prozent am höchsten, gefolgt von Kärnten mit 13,4 Prozent und Salzburg mit 11,7 Prozent. Das Schlusslicht bilden die Steiermark und das Burgenland. (siehe Grafik)

(c) GEM 2018 FH JOANNEUM

GEM 2018: Bild des Unternehmertums ändert sich

Wie sich laut dem GEM weiters zeigt, ändere sich das öffentliche Bild des Unternehmertums laut den Studienautoren zum Positiven, wobei die Werte dennoch niedrig sind. So empfinden lediglich 50 Prozent “Gründen” als eine erstrebenswerte Karrierewahl. Im Langzeitvergleich sei hier allerdings ein positiver Trend feststellbar, der unter anderem auf den Boom der Startup-Szene zurückzuführen sei. Allerdings haben 45 Prozent Angst vor dem “unternehmerischen Scheitern”. Die häufigsten Gründungsmotive sind der Wunsch nach “größerer Unabhängigkeit” und die “Verbesserung des eignen Einkommens”.

Förderprogramme “top”, soziokulturelle Normen “flop”

Neben Gründungsmotiven und der Einstellung der Österreicher gegenüber “Unternehmertum” wurde zudem erhoben, wie Unternehmertum in Österreich finanziert wird. Österreich sei laut dem GEM bei öffentlichen Förderungen im europäischen Vergleich führend, wobei Bürokratie und Steuern als ein “Hemmnis” wahrgenommen werden.

Ein weiteres Hemmnis stellen laut dem GEM die hiesigen “soziokulturellen Normen” dar, sprich die österreichische Kultur. Dazu heißt es: “Die Österreichische Kultur wird als nicht Entrepreneurship-fördernd eingestuft. Die Übernahme unternehmerischen Risikos wird durch die vorherrschende Kultur am wenigstens gefördert.” Im europäischen Vergleich mit 19 teilnehmenden Ländern befindet sich Österreich lediglich an 14. Stelle.


=> zum Global Entrepreneurship Monitor Austria

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Sprüche 2024, Startup-Sprüche
(c) Marcella Ruiz-Cruz/Hauser/ WKÖ/Marek Knopp/Neoh/Tractive/Bitpanda/Novritsch/Hadia - Aussagen der Startup-Szene.

Oftmals ist man in der Startup-Szene mit professionellen und wohlüberlegten Aussagen konfrontiert, eng abgestimmt mit PR-Agenturen oder der eigenen Öffentlichkeitsabteilung. Manchmal jedoch brechen Gründer:innen daraus aus und liefern bemerkenswerte Sprüche. Hier eine kleine brutkasten-Auswahl aus diesem Jahr.

Sprüche über “faule Mitarbeiter”, “Naschereien” und “kleine Exits”

“Wir haben nicht die faulen Mitarbeiter bekommen” – Tractive-Gründer Michael Hurnaus gelang heuer ein Meilenstein mit seinem Pet-Tracking-Startup. Er erreichte ein 100 Millionen Euro ARR (Annual Recurring Revenue) und erklärte das u.a. mit der Arbeitsleistung seines Teams und verwies auf die implementierte 4-Tage-Woche. Man habe durch die verkürzten Arbeitszeit nicht Leute bekommen, die wenig arbeiten wollen, sondern sich mit der Firma identifizieren.

“Snickers ist seit jeher mein Lieblingsriegel” – Neoh-Founder Manuel Zellers eigens betitelte Snickers-Alternative des Startups gewann im Rahmen des Sweetie Awards 2024 in der Kategorie Riegel – und wurde von einer Fachjury zum “Top-Snack des Jahres 2024” gekürt. In diesem Zusammenhang gestand der Gründer seine Liebe zu Snickers.

“Wir sollten nicht ins All fliegen, um Selfies zu machen”Carmen Possnig ist Reserveastronautin für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) und plädiert bei allen aktuellen und künftigen Weltraum-Tourismus-Aktionen nicht den Fokus auf die Erforschung des Alls zu verlieren.

“Ich hatte Glück, mein Exit war nicht riesig” – Prescreen-Co-Founder Constantin Wintoniak kam es nach seinem Exit nicht richtig vor, seine Füße hochzulegen und untätig zu sein. Deswegen gründete er gemeinsam mit Dominik Hackl und Markus Presle das LegalTech fynk im September 2022. Sein Glück dabei: Er wurde nicht “schwerreich”.

“Fucking Hell”, “Marktregelung” und “reiche Kids”

“Nicht eine einzige Planung, die ich je gemacht habe, hat gestimmt” – Unternehmensberater Ferry Fischer ist bewusst, dass das Unter nehmer:innen-Dasein viel mehr als strikte Planungsarbeit braucht. Es gehe um die richtige Mischung aus Planung und Umsetzung. Wenn man nicht in medias res gehe, plane man sich verrückt, so seine Einstellung.

“Fucking Hell! Wir haben echt Jahre verschissen!” – Der österreichische Startup-Veteran Bernhard Hauser probierte mit oratio gemeinsam mit Co-Founder David Pichsenmeister mehrere Geschäftsmodelle im Messaging-Bereich aus, 2018 erfolgte jedoch das Aus für das Unternehmen. Rückblickend waren es für den Founder verlorene Jahre. Nach beruflichen Stationen bei Facebook und in einem eigenen Beratungs-Business ging Hauser 2022 mit einem neuen Startup an die Öffentlichkeit: Heylog.

“Der Markt regelt es nicht” – Female Founders-Gründerin Lisa-Marie Fassl thematisierte den auch noch 2024 vorherrschenden Gender Funding Gap und brachte als Best-Practice-Beispiele staatsnahe Investment-Einrichtungen wie den Europäischen Investmentfonds oder die KfW in Deutschland ins Spiel, wo bereits konkrete Kriterien zu Diversität aktiv in Gründungsteams verankert seien. Sich auf den Markt zu verlassen, würde nicht genügen.

“Gerade viele Rich-Kid-Gründer wissen nicht, wie man richtig arbeitet. Die wissen nur, wie man das Geld von anderen ausgibt und sich Kunden erkauft” – Bitpanda-Gründer Eric Demuth sprach sich in einem Interview mit dem Magazin Paymentandbanking gegen die Einstellung “Entrepreneurship as a Lifestyle” aus und meinte, richtig erfolgreiche Gründer, die er kenne, hätten vor dem 2020er-Startup-Hype eine lange Zeit hart gearbeitet und sich ohne doppelten Boden und mit viel Fleiß und Tränen durchgebissen.

“Milka”, “Bargeld” und “Außerirdische”

“Intransparenter als Milka und Co” – Es war ein Aufreger des heurigen Startup-Jahres. Manuel Zellers Neoh wurde von der Bürgerinitiative Oekoreich, genauer vom Sprecher der Initiative Sebastian Bohrn Mena, öffentlich kritisiert. Nach einem persönlichen Gespräch sahen die Kritiker die Sache jedoch gänzlich anders und nannten das Startup einen “nachhaltigen Vorreiter”.

“Wir fliegen das Bargeld nach Afghanistan” – Hadia-Founderin Anna Lauda unterstützt weibliches Unternehmertum in Afghanistan und erzählte, dass es ein wichtiger Teil ihrer Arbeit ist, das Geld den dortigen Frauen direkt in die Hand zu geben. Dies schaffe man über Volontäre und fünf Koordinatoren.

“Ihr wissts eh, der Flo ist kein Depp”Leo Hillinger war üblicherweise bei “2 Minuten 2 Millionen” auf der Bühne und hörte sich Pitches an. Im Februar jedoch wechselte er die Seite und warb für ein deutsches Startup vor seinen ehemaligen Kolleg:innen für ein Investment. Dabei ließ er es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass auch Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner an Yuicy beteiligt sei.

“Ängstliche Personen können nicht motiviert arbeiten” – Lolyo-CEO Thomas Mörth möchte durch eine verbesserte Firmenkommunikation die Ängste von Mitarbeiter:innen lindern. Besonders in Krisenzeiten, wo Unternehmen mit Einbußen oder anderen Hürden zu kämpfen haben. Er weiß, dass Verunsicherung bei Mitarbeitenden zu Einbußen bei der Produktivität führt.

“Damit Frauen in der Führungsetage kein außerirdisches Konzept mehr sind – Forscherin Vicky Petrie meinte am Rande des Global Leaders Summit von the female factor, dass man Zweifler an der Fähigkeit von Frauen in Führungspositionen direkt in den Communitys, über Charity-Organisationen oder in Schulen erreichen müsse. Je mehr dort passiere, desto weniger würden Frauen in der Führungsetage als ein außerirdisches Konzept wahrgenommen werden.

Sprüche über “Albträume”, “Altersarmut” und “Anregungen”

“Feminismus wird oft als Kampfansage gegen Männer verstanden und damit falsch interpretiert”Lisa-Marie Fassl, die neben Female Founders auch General Partner bei Fund F ist, weiß, dass der Begriff Feminismus oftmals falsch verstanden wird. Hier sei ein neues Narrativ dringend nötig.

“Ein Startup ist ein aufregender Albtraum” – Entrepreneurship-Experte Shailendra Vyakarnam könnte das Startup-Leben nicht besser definieren. Für ihn ist das Arbeiten in einem Startup jedoch nicht nur ein Nachtmahr, sondern eine Achterbahnfahrt, bei der immer irgendetwas passiert. Startups könnten sich auf viele Arten in Schwierigkeiten wiederfinden.

“Grüne haben Beitrag zur Zuspitzung der Altersarmut geleistet” – Bitpanda-Founder Eric Demuth kann nicht nur gegen reiche Kids, die Entrepreneur spielen wollen, austeilen, sondern sich auch deutlich politisch äußern. Das Vorsorgekonto kam im heurigen Sommer nicht zustande, weil es vom grünen Koalitionspartner verhindert worden wäre, hatte Finanzminister und designierter EU-Kommissar Magnus Brunner gegenüber Medien verlautbart. Und hatte dabei von “ideologischen Blockaden” gesprochen. Die Grünen, für die diese Maßnahme eine mögliche Förderung von Spekulation dargestellt hatte, wurden so zur Zielscheibe von Demuths Zorn.

“Die Zahlen sprechen” – Blockpit-Founder Florian Wimmer erklärte im August, wie er dafür gesorgt hatte, dass bei Kunden-Feedback nicht sinnlos Ressourcen verschwendet werden. Einst hätte man zu viel an Arbeitszeit verloren, weil man auf eine Anregung von Außen gehört hatte und panisch geworden sei. Der von einem User gewünschte “Button” wurde auf der Website implementiert, dann aber allgemein kaum genutzt. Als Folge hatte man schließlich begonnen Daten zu tracken und Fakten zu erstellen. Und nicht gleich bei jedem “Request” das ganze Team zusammengetrommelt, so sein Learning.

“Taffness” und “Superkraft”

“Mentale Gesundheit ist eine Superpower” – Der Teamchef des Mercedes AMG Petronas Formula One-Teams Toto Wolff sprach sich in einer Kooperation mit dem Health-Startup Instahelp dafür aus, das Thema mentale Gesundheit nicht als Schwäche zu sehen, sondern mit dem Druck eines High-Performers richtig umzugehen.

“Immer, wenn Männer nicht mehr weiterwissen, holen sie taffe Frauen”Claudia Neuwirth, CEO von Novritsch, wurde von ihrem Bruder Christoph, der das Airsoft-Startup Novritsch gemeinsam mit Dominik Knoll gegründet hatte, um Hilfe gebeten, als das Unternehmen sich mit vielen Problemfällen konfrontiert sah. Sie übernahm den Posten als CEO und löste ein Problem nach dem anderen auf. Heute steuert das Startup auf 40 Millionen Euro Umsatz zu und gilt als ein Beispiel des Phänomens “Glass Cliff”. Das besagt, dass Frauen oft erst in Führungspositionen kommen, wenn Organisationen oder Staaten in der Krise sind.

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