16.11.2023

FlexKap-Zeitplan wackelt – immer noch große Streitpunkte

Eigentlich sollte der Gesetzesentwurf zur neuen Rechtsform FlexKap am 22. November beschlossen werden. Noch wird aber zwischen den Ministerien verhandelt. Laura Raggl und Werner Wutscher, die als Startup-Rat-Mitglieder bei den Verhandlungen zum Erstentwurf dabei waren, appellieren, schnell zum Abschluss zu kommen.
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FlexKap - Werner Wutscher und Laura Raggl appellieren, die FlexKap-Verhandlungen schnell abzuschließen
Werner Wutscher und Laura Raggl appellieren, die FlexKap-Verhandlungen schnell abzuschließen | (c) Luiza Puiu / (c) brutkasten, Martin Pacher

“Der Zeitplan für das Startup-Paket hält”, sagte Finanzminister Magnus Brunner noch beim Forum Alpbach im brutkasten-Video-Talk. Doch momentan sieht es nicht mehr danach aus. Denn der finale Gesetzesentwurf zur neuen Gesellschaftsform FlexKap (Flexible Kapitalgesellschaft) sollte in einer Woche, am 22. November, beschlossen werden. Aktuell wird aber immer noch zwischen den involvierten Ministerien verhandelt.

Neue Konfliktlinien bei FlexKap nach Begutachtungsphase

Konkret werden die Kommentare aus der Begutachtungsphase im Sommer diskutiert und eingearbeitet, um den Ministerialentwurf fertigzustellen, der dann dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt wird. Dabei haben sich auch neue Konfliktlinien aufgetan, zu denen im Hintergrund debattiert wird.

“Wenn es so weiter geht, geht sich die Timeline nicht aus”

“Wenn es so weiter geht, geht sich die Timeline mit dem Inkrafttreten am 1. Jänner nicht aus”, warnt Laura Raggl. Die ROI-Ventures-Gründerin und ehemalige aaia-Geschäftsführerin sitzt im Startup-Rat des Arbeits- und Wirtschaftsministeriums (BMAW). In dieser Funktion war sie auch an den Verhandlungen zum FlexKap-Erstentwurf beteiligt, der im Mai präsentiert wurde und dann in Begutachtung ging. In den aktuellen Verhandlungen haben die Stakeholder-Gruppen – neben dem Startup-Rat etwa auch Notariatskammer und Rechtsanwaltskammer – nur mehr eine beratende Funktion.

Absegnung von Rechtsanwaltsurkunden durch Richter:innen als neuer Streitpunkt

Im Hintergrund wird freilich heftig debattiert – vor allem, weil nach der Begutachtung ein Kompromiss-Vorschlag ins Spiel kam, mit dem mehrere Gruppen gar nicht können. Demnach sollen Urkunden zur Anteilsübertragung, die von Rechtsanwält:innen erstellt werden, künftig von zuständigen Richter:innen abgesegnet werden müssen. Dass in der FlexKap bei der Anteilsübertragung laut Erstentwurf (im Gegensatz zur GmbH) keine Notariatspflicht mehr besteht, ist bereits seit längerem großer Streitpunkt unter anderem zwischen Notariatskammer und Rechtsanwaltskammern, wie brutkasten berichtete.

“Idee lehnen wir als Startup-Community ganz massiv ab”

Der Vorschlag mit der Absegnung der Anwalts-Urkunden durch Richter:innen führe die Intention einer Auflockerung der Formvorschriften ad absurdum, meint Werner Wutscher, Investor und ebenfalls Startup-Rat-Mitglied gegenüber brutkasten: “Das ist eine neue Formvorschrift, die es bis jetzt nicht gab. Wir glauben nicht, dass unternehmerisches Handeln von Richter:innen beurteilt werden muss. Diese Idee, die nach drei Jahren Verhandlung im letzten Moment aus dem Hut gezaubert wurde, lehnen wir als Startup-Community ganz massiv ab”.

Fristen bei Mitarbeiter:innenbeteiligung zweite große Konfliktlinie in FlexKap-Verhandlungen

Der zweite große Streitpunkt, der aktuell noch besteht, betrifft die neue Mitarbeiter:innenbeteiligung. Hier sieht der Erstentwurf vor, dass Mitarbeiter:innen dafür zumindest drei Jahre im Unternehmen sein müssen, weiters ist eine verpflichtende Mindesthaltedauer von fünf Jahren geplant. “Das ist so in der Praxis nicht umsetzbar”, sagt Laura Raggl. Von Seiten der Startup-Community wird hier eine Verkürzung auf jeweils ein Jahr gefordert. “Wir wollen eine gute Lösung für unsere Arbeitnehmer:innen, die Wertschätzung für ihre Leistung zeigt”, betont die Investorin.

“Die wichtigste Forderung ist, dass der Prozess jetzt schnell abgeschlossen wird”

Doch Raggl stellt klar: “Natürlich haben wir noch unsere Forderungen, aber die wichtigste ist, dass der Prozess jetzt schnell abgeschlossen wird”. Man wünsche sich in erster Linie keine Verschlechterungen zum Erstentwurf aus Startup-Community-Sicht. Beim Thema Mitarbeiter:innenbeteiligung könne man wohl auch zu einem späteren Zeitpunkt die rechtliche Lage aufbessern, beim Thema der möglichen neuen Formvorschrift wäre das wohl schwieriger.

Wutscher zu FlexKap: “Wir brauchen es, wie eine Bissen Brot”

“Wir kennen Gründer:innen, die mit der Gründung auf die besseren Bedingungen in der FlexKap warten. Die Verzögerung ist ein großes Problem für sie”, sagt Werner Wutscher, der ebenfalls betont, dass der Zeit-Faktor nun Priorität habe. “Die ganze Community will den Beschluss dringend. Es braucht diesen Schritt für den Standort und die Wettbewerbsverbesserung und als Signal gerade in der aktuell fordernden Zeit. Wir brauchen es, wie eine Bissen Brot”, mahnt der Investor ein. Und er stellt klar: “Wir haben in vielen Punkten nachgegeben. Es ist trotzdem ein guter Entwurf, hinter dem wir stehen. Es wäre schade, wenn jetzt nichts kommt.”

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Julia Kruslin, Co-Founderin von beatvest (c) Adobe Stock, beatvest

Dieses Interview ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


brutkasten: Wie viel Zeit muss ich aufwenden, um das notwendige Grundwissen in Sachen Geldanlage zu haben, damit ich überhaupt loslegen kann?

Julia Kruslin: Durch ETFs ist das Investieren heute unglaublich einfach und zugänglich geworden. Ein ETF verteilt das Geld von Anlegern automatisch auf viele verschiedene Unternehmen. Mit nur einem einzigen Investment können Anleger so an Hunderten oder sogar Tausenden Unternehmen beteiligt sein. Wer ein paar Grundlagen versteht, kann mit ETFs beruhigt das erste Investment starten. Dank moderner Investment-Apps ist der Einstieg schon mit kleinen Beträgen, oft ab einem Euro, möglich – das macht den Start besonders leicht.

Interessanterweise sehe ich oft, dass Menschen, die sich besonders intensiv in Trading einlesen, am Ende denken, sie könnten nun wie erfahrene Profis investieren. Doch meistens führt das dazu, dass sie Entscheidungen zu kompliziert machen und am Ende schlechter abschneiden als diejenigen, die einfach und beständig auf ETFs setzen. In dem Fall ist weniger tatsächlich oftmals mehr – weniger Wissen ergibt hier mehr Rendite.

Ich erstelle einen ETF-Sparplan, mit dem ich monatlich einen fixen Betrag in den Weltaktienindex MSCI World investiere, und damit ist alles erledigt: Richtig oder falsch?

Ein Sparplan auf den MSCI World ist ein guter erster Schritt, um Vermögen aufzubauen. Er investiert automatisch in über 1.400 Unternehmen aus elf verschiedenen Branchen und 23 Ländern. So wird das Risiko auf viele unterschiedliche Unternehmen verteilt. Im Vergleich zu Einzelaktien oder Kryptowährungen ist der MSCI World eine solide Grundlage, die für viele Anleger sinnvoll ist.

Allerdings gibt es auch Punkte, die man im Hinterkopf behalten sollte. Ob ein solches Investment geeignet ist, hängt davon ab, wie lange das Geld angelegt werden soll und wie viel an Schwankungen man ertragen kann. Außerdem ist der MSCI World stark auf den US-Markt ausgerichtet – etwa zwei Drittel des Fonds sind in US-Unternehmen investiert. Es ist daher wichtig, sich dieses „Amerika-Schwerpunkts“ bewusst zu sein und gegebenenfalls zusätzlich in andere Regionen, wie zum Beispiel Deutschland oder Europa, zu investieren, um diesen Fokus auszugleichen.

Bei beatvest empfehlen wir zusätzlich, das Geld noch breiter zu streuen, um Risiken besser abzufedern. Neben dem MSCI World, welcher viele Aktien bündelt, können beispielsweise auch Rohstoffe, Immobilien oder Anleihen in den Plan aufgenommen werden, was ebenfalls einfach und bequem mit ETFs möglich ist.

Wenn ich mich beispielsweise entscheide, in den MSCI World zu investieren: Wie finde ich heraus, welchen MSCI-World-ETF ich nehmen soll? Es gibt ja mehrere – was sind die Unterschiede?

Um den richtigen ETF zu finden, kannst du auf folgende Punkte achten; diese werden in deiner Investment-App in der Regel direkt angezeigt: Erstens ist die Art der Erträge wichtig. Manche ETFs schütten Gewinne aus, andere legen sie automatisch wieder an. Letztere bezeichnet man als thesaurierend. Wenn du langfristig Vermögen aufbauen willst, ist es ratsam, dass die Gewinne direkt wieder investiert werden, denn so arbeiten diese direkt für dich weiter.

Der zweite Punkt ist das Fondsvolumen. Bei der Wahl eines ETFs ist ein Fondsvolumen von mindestens 500 Millionen Euro sinnvoll. Wenn ein ETF von vielen Anlegern genutzt wird, kann der Handel einfacher und kostengünstiger gemacht werden. Der dritte Punkt sind die Kosten. ETFs sind grundsätzlich sehr günstig. Wenn du dich nicht zwischen zwei ETFs entscheiden kannst, achte auf die Gebühren – „TER“ genannt – und wähle den günstigeren.

Aber zerbrich dir nicht zu sehr den Kopf darüber. Oftmals ist der Unterschied zwischen ETFs gar nicht so gewaltig.

Welche Fehler machen Einsteiger:innen oft bei der Geldanlage, und wie können diese vermieden werden?

Der größte Fehler, den viele machen, ist, dass sie sich zu lange nicht trauen, ihr erstes Investment zu starten – und dadurch wertvolle Zeit verlieren, meistens sogar Jahre. Dabei gibt es bei einem Betrag von beispielsweise fünf Euro kaum etwas zu verlieren; ganz im Gegenteil: Das erste Investment bringt einen unbezahlbaren Schub an Selbstbewusstsein und Erfahrung. Die Devise lautet daher: Grundwissen aneignen und dann einfach loslegen – mit kleinen Beträgen starten und Schritt für Schritt Vertrauen gewinnen!

Der größte Fehler, den viele machen, ist, dass sie sich zu lange nicht trauen, ihr erstes Investment zu starten.

Wie finde ich heraus, welche Anlagestrategie zu meinem Risikoprofil passt?

Wissen ist dabei entscheidend. Wenn du sehr risikoavers bist und schlecht mit vorübergehenden Kursverlusten umgehen kannst, solltest du eher Anlagen wählen, die weniger stark schwanken – auch wenn diese in der Regel eine geringere Rendite bringen.

Was ich noch dazu sagen möchte: In Österreich und Deutschland sind viele Menschen von Natur aus vorsichtig mit dem Thema Geldanlage. Oft wird direkt angenommen, dass der Finanzmarkt „nichts für einen ist“, nur weil die Rendite nicht garantiert ist. Dabei hat der MSCI World in den letzten 30 Jahren durchschnittlich acht Prozent pro Jahr an Wert gewonnen, auch wenn es zwischendurch mal bergab ging.

Ich empfehle jedem, sich mit den Chancen und Risiken des Investierens auseinanderzusetzen und dann neu zu überlegen, ob man wirklich so stark auf Sicherheit setzen möchte. Denn das größte Risiko ist oft, das Geld einfach auf dem Konto liegen zu lassen – so wird es durch die Inflation nach und nach mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit an Wert verlieren.

Welche Rollen können Einzelaktien spielen? Sind ETFs jedenfalls die bessere Wahl, weil diversifizierter – oder können Einzelaktien auch sinnvoll sein?

Wir distanzieren uns davon, Einzelaktien als Grundlage für den Vermögensaufbau zu nutzen, da niemand sicher vorhersagen kann, wie sich der Wert eines einzelnen Unternehmens entwickelt. Ein neuer Wettbewerber oder sogar eine schlechte Führung durch den CEO können dazu führen, dass ein Unternehmen in Schwierigkeiten gerät.

Wenn du jedoch eine besondere Leidenschaft für bestimmte Marken hast oder ein Unternehmen besonders gut kennst – was aber nur selten zutrifft –, kann es durchaus Spaß machen, gelegentlich etwas Geld in einzelne Aktien zu stecken.

Kryptowährungen sind auch bei Einsteiger:innen populär. Andererseits sind sie sehr volatil und gelten als hochriskant. Welche Rolle können oder sollen Kryptowährungen in der Geldanlage spielen?

Ich investiere persönlich einen Teil meines Geldes in Kryptowährungen, sehe aber kritisch, dass Krypto-Investitionen von vielen Menschen mit herkömmlichen Investments gleichgesetzt werden. Die Mechanismen hinter Krypto funktionieren ganz anders und sind noch sehr neu im Vergleich zum traditionellen Finanzmarkt. Wer sich gut informiert und die Risiken versteht, kann bewusst in Krypto investieren.

Wir sind noch nicht an dem Punkt, an dem Kryptowährungen fest in der Gesellschaft verankert sind. Der Wert von Krypto basiert derzeit stark auf der Hoffnung, dass es sich in Zukunft etablieren wird. Sollte das passieren, steckt heute noch viel Wachstumspotenzial darin – aber das Gegenteil könnte ebenso eintreten und zu erheblichen Verlusten führen.

Besorgniserregend finde ich, dass viele Menschen mit Krypto ins Investieren einsteigen und teilweise sogar ausschließlich darauf setzen. Der traditionelle Finanzmarkt bietet zahlreiche Möglichkeiten, um mit – im Vergleich zu Krypto – sicheren Anlagen Renditen zu erzielen. Daher rate ich den meisten Menschen, bei der Altersvorsorge und beim langfristigen Vermögensaufbau auf solide Investments zu setzen und Krypto, falls Interesse und Risikobereitschaft vorhanden sind, nur als ergänzenden Teil hinzuzufügen.

Was muss ich steuerlich wissen? Viele in Österreich verfügbare Neobroker sind nicht „steuereinfach“, das heißt, ich muss mich selbst um meine Steuern kümmern. Wie schwierig ist das bzw. ist es für Einsteiger:innen generell empfehlenswert, steuereinfache Broker zu verwenden?

Es ist sehr zu empfehlen, einen steuereinfachen Broker zu nutzen. Andernfalls müssten Anfänger:innen die Steuern selbst berechnen und abführen – ein oft so komplexer Prozess, dass es in der Praxis kaum machbar ist. Mit einem steuereinfachen Broker entfällt dieser Aufwand komplett, da die Steuern automatisch abgeführt werden und man sich darüber keine Gedanken machen muss.

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