19.02.2024

Female Founders richtet sich neu aus und holt Valerie Hengl in die Geschäftsführung

Mit seinem Accelerator Programm Grow F möchte Female Founders Startups künftig stärker im Bereich der Strategieentwicklung, Einführung effizienter Kostenstrukturen sowie Kapitalbeschaffung unterstützten. Wir haben mit der neuen Co-Geschäftsführerin Valerie Hengl über die Hintergründe und Ziele gesprochen.
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Valerie Hengl | (c) Female Founders

In den letzten 24 Monaten hat sich der Markt für Startups radikal verändert. Viele Startups waren gezwungen, Mitarbeiter:innen zu reduzieren. Zudem hat sich die Finanzierungslage für Startups stark eingetrübt. So mussten Gründer:innen erheblich mehr Zeit für Fundraising aufwenden. Diese neuen Herausforderungen möchte künftig auch Female Founders adressieren und richtet sein Accelerator Programm Grow F neu aus. Konkret sollen Startups künftig noch stärker in der Strategieentwicklung, Einführung effizienter Kostenstrukturen sowie Kapitalbeschaffung unterstützt werden.

Valerie Hengl kommt in die Geschäftsführung

Für die Neuausrichtung des Programms holte Female Founders Valerie Hengl in die Geschäftsführung. Sie war zuvor als Gründerin beim Wiener Startup Purency aktiv, das 2023 jedoch liquidiert wurde (brutkasten berichetete). Mit Purency – das Gründerteam bestand aus zwei Frauen und zwei Männern – hatte Hengl in der Vergangenheit bereits ersten Berührungspunkte zu Female Founders. Unter anderem absolvierte sie vor zwei Jahren den Batch von Grow F.

Künftig möchte sie ihre Erfahrungen aus der Praxis – auch beim Fundraising – bei Female Founders einbringen. “Weil ich selbst ein Startup hatte, weiß ich ganz genau, wo beim Fundraising die Herausforderungen liegen”, so Hengl. So konnte sie in der Startphase von Purency erfolgreich ein Investment und Förderungen im sechsstelligen Bereich an Land ziehen. Dennoch merkt sie an: “Women are over-mentored and underfunded”. Ein Umstand, den es nun mit Female Founders zu ändern gilt.

Unterstützt wird Hengl in der Geschäftsführung von Carina Klaffl, die bereits seit Oktober 2022 Co-CEO von Female Founders ist. Ihre bisherige Co-Geschäftsführerin Amelia Suda-Gosch wird hingegen die Geschäftsführung verlassen.

Stärkere Zusammenarbeit mit Fund F

Künftig soll auch die Zusammenarbeit zwischen Female Founders und Fund F weiter ausgebaut werden. Der VC-Fonds Fund F wurde 2022 ins Leben gerufen und konzentriert sich dabei auf Technologie-Startups mit mindestens einer Frau im Gründungsteam. Im Oktober 2022 gab Fund F, geleitet von Lisa-Marie Fassl und Nina Wöss, das Closing in Höhe von 20 Millionen Euro bekannt (brutkasten berichtete). Unter anderem ist Fund F in das Wiener FoodTech-Startup Fermify rund um Eva Sommer oder Ada Growth rund um Kosima Kovar investiert (brutkasten berichtete).

Das Ziel ist, Frauen vom ersten Berührungspunkt mit der Startup-Szene (beispielsweise das Event Lead Today. Shape Tomorrow.) über die Teilnahme am Accelerator Programm bis hin zur Finanzierung zu begleiten. Ein Beispiel hierfür ist das Startup Sirius. Das Fund F Team lernte das Startup über das Accelerator Programm kennen und agierte wenige Monate später bereits als Lead-Investor in der Pre-Seed Runde des niederländischen Climate Techs.

Lead Today. Shape Tomorrow

Im Bereich Leadership und DEI möchte Female Founders weitgehend nur noch mit “starken Partnern” zusammenarbeiten wie etwa dem Europäischen Innovationsrat, anstatt eigene Programme weiterzuführen. Zuletzt verantwortete Amelia Suda-Gosch diesen Bereich in der Geschäftsführung.

Bestehende Formate wie die Konferenz “Lead Today. Shape Tomorrow.” sollen fortgeführt werden. Im fünften Jahr ihres Bestehens verzeichnete sie über 500 Teilnehmer:innen vor Ort. “Wir sehen, dass es ein große Nachfrage nach In-Person-Events, Vernetzung und Wissensaustausch gibt”, so Hengl. Dementsprechend laufen die Vorbereitungen für die nächste Konferenz bereits auf Hochtouren. Sie wird am 5. und 6. Juni im Rahmen der ViennaUP’24 stattfinden.

Zudem können sich Startups bis zum 23. Feber für den nächsten Batch für GrowF anmelden. Dieser wird einen Fokus auf SaaS-Startups legen von Ende April bis Juni 2024 laufen. Alle Infos zum fünfwöchigen Programm findet ihr hier.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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