26.05.2021

Fahren ohne Fahrer: Österreich sollte Deutschland schnell folgen

Kommentar. In Deutschland dürfen ab 2022 Autos ohne Fahrer fahren. Genau solche Gesetze braucht es, um global mitzuspielen.
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Kommentar: Deutschland erlaubt fahrerloses Fahren
brutkasten-Redakteur Dominik Perlaki | Hintergrund (c) Adobe Stock / hans-christian friedl/EyeEm
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In der aus hiesiger Sicht etwas seltsamen Diskussion um die mögliche Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen, gibt es – bei sehr vielen Dingen, die für ein Limit sprechen – ein Contra-Argument, das doch reizvoll wirkt: Deutschlands Premium-Automarken seien deswegen führend am Weltmarkt, weil der deutsche Heimatmarkt, in dem man die Schnelligkeit der Fahrzeuge tatsächlich ausreizen darf, optimale Bedingungen biete.

Dass es sich dabei um eine Vereinfachung handelt, die viele Parameter außen vor lässt, steht außer Frage. Doch davon, dass die weltweit einzigartige Gesetzeslage durchaus eine Rolle in der Entwicklung gespielt hat, kann eben doch ausgegangen werden.

Vor ein paar Tagen hat der deutsche Bundestag ein neues Gesetz verabschiedet, das auf den Straßen des großen Nachbarn wieder eine – zumindest kurzfristig – weltweit einzigartige Gesetzeslage schafft: Ab 2022 dürfen autonome Fahrzeuge der “Stufe 4” tatsächlich fahrerlos unterwegs sein. Sie müssen zwar weiterhin unter menschlicher Aufsicht stehen, aber nur mehr durch eine Leitzentrale. Damit werden auch nur bestimmte Usecases, etwa öffentlicher Nahverkehr oder Güterverkehr sinnvoll möglich.

Fahrerloses Fahren: Ein großer Sprung, den auch Österreich machen könnte

Das Gesetz schöpft also noch nicht das volle Möglichkeiten-Spektrum autonomen Fahrens aus. Das ist gegenwärtig wohl auch richtig so, ist doch auch die Technologie derzeit noch nicht ausgereift genug für bestimmte komplexe Verkehrssituationen. Jedenfalls aber ist die neue Regelung ein großer Sprung. Sie wird die weitere Entwicklung der Technologie in Deutschland maßgeblich begünstigen und könnte so der angeschlagenen Auto-Industrie einen neuen Drive verschaffen.

Dass es so eine Regelung weltweit erstmals in unserem Nachbarland gibt, das man nicht gerade mit Laissez-faire-Gesetzen assoziiert, sollte uns in Österreich zu denken geben: Wir könnten das auch. Und wir sollten das auch – so schnell wie möglich. Denn nicht nur haben wir Hightech-Unternehmen wie TTTech direkt in dem Segment, sondern auch zahlreiche Autoindustrie-Zulieferer und -Endfertigungen, die massiv profitieren könnten. Denn Österreich würde neben Deutschland zum logischen Standort für entsprechende Entwicklungen der Konzerne werden.

Wenn der Mut für den ersten Schritt fehlt, sollte man zumindest anderen folgen

Und dieser Gedankenansatz gilt freilich nicht nur für den Bereich autonomes Fahren. Viele Innovationen werden nicht deswegen gesetzlich verunmöglicht oder erschwert, weil sie eine Gefahr für die Bürger des Landes darstellen, sondern weil die Regelungen aus einer Zeit stammen, in der sich die entsprechende Frage noch nicht gestellt hat. Das gilt nicht nur in so plakativen und durchaus komplexen Feldern wie dem Individualverkehr. Oftmals verhindern veraltete Regelungen bekanntermaßen auch neue Geschäftsmodelle, die für alle Seiten effizienter sind und nur jenen wehtun, die nicht bereit sind, mit der Zeit zu gehen. Der zweite Teil des abgedroschenen Sprichworts ist bekannt.

Wir haben in den vergangenen Jahren in diesem Land unzählige Think Tanks, Regierungsberater*innen mit Innovations-Fokus und spezielle Gremien gesehen. Es gibt eine Startup-Beauftragte und ein Startup-Komitee. Regierungsmitglieder treffen Vertreter*innen der Innovationsszene und hören sich ihre Ideen an. Welche Gesetze es bräuchte, um im globalen Innovationswettlauf vorne mitzuspielen, ist der Regierung also gut bekannt. Umgesetzt wurde davon in den vergangenen Jahren aber nur wenig. Offenbar fehlt der Mut, selbst den ersten Schritt zu tun. Zumindest wäre es dann gut, anderen schnell zu folgen, die den ersten Schritt getan haben. Mit dem deutschen Gesetz für fahrerloses Fahren würde sich wieder einmal so eine Gelegenheit bieten.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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