16.05.2019

Europawahl: Das EU-Programm der Parteien für Österreichs Startups

Welche Pläne haben ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS anlässlich der EU-Wahl für Startups in Österreich? Wie stehen sie zum Fachkräftemangel, zu Steuern und zu einer EU-weiten AG? Die wichtigsten Programmpunkte im Talk mit Austrian Startups.
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Europawahl
(c) fotolia/tanaonte

Welche Positionen haben Österreichs Parteien zu den EU-Themen, die für Startups relevant sind? Wie stehen sie allgemein zur Europäischen Union? Und wie wollen sie nach der Europawahl das politische Umfeld für Startups angenehmer gestalten? Über diese Fragen diskutierten auf Einladung von Austrian Startups Vertreter aller österreichischen Parteien, die im EU-Parlament vertreten sind.


In der Woche vor der Europawahl veröffentlicht der brutkasten Interviews, in denen die Spitzenkandidaten auf die wichtigsten Fragen der Menschheit antworten. 


Markus Raunig, Geschäftsführer von Austrian Startups, skizzierte zu Beginn drei Forderungen, die der österreichischen Startup-Community anlässlich der EU-Wahl am Herzen liegen:

  1. Es ist laut Raunig wichtig, einen starken gemeinsamen Binnenmarkt zu schaffen. Im Vergleich zu Europa sagt in den USA niemand, dass er “in Delaware gründet”, sondern man gründet als amerikanisches Unternehmen. Daher sollte auch in der EU eine gemeinsame Rechtsform für Unternehmen geschaffen werden, damit man sich nicht in jedem europäischen Land erneut damit beschäftigen muss
  2. Die EU-Gesetzgebung soll die Macht internationaler Konzerne einschränken, bewirkt in der Praxis aber oft das Gegenteil – Stichwort: Copyright-Reform. Interessensvertretungen wie die Kampagne „Europe loves Startups“ sollten daher verstärkt für die Rechte hiesiger Startups lobbyieren, Österreicher sollten sich hier stärker engagieren
  3. Im vielzitierten „War for Talents“ sollte es einfacher möglich sein, Fachkräfte nach Europa zu holen und ihnen zu ermöglichen, dass sie in ganz Europa arbeiten können. Raunig betont hier die Möglichkeit eines „Europäischen Startup-Visums“

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Anschließend legten Valeria Foglar-Deinhardstein (ÖVP), Muna Duzdar (SPÖ), Claudia Gamon (NEOS), Sabine Jungwirth (Die Grünen) und Klaus Handler (FPÖ) die Positionen ihrer Parteien zu den einzelnen Themenbereichen dar. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass sich nicht alle Politiker zu allen Themen geäußert haben und Claudia Gamon die Veranstaltung vorzeitig verlassen musste.

Allgemeine Positionen zur EU

  • NEOS: In Zukunft könnte es eine europäische Staatsbürgerschaft und einen europäischen Pass geben, sowie viel mehr Kooperation, betont Claudia Gamon. In Sachen Unternehmertum gehe es darum, den Binnenmarkt noch stärker nutzen zu können. Beim Digitalen Binnenmarkt müsse man Regulierung abbauen, sowie Infrastruktur ausbauen. In punkto Forschung und Technologie brauche es einen vorausschauenden Blick und vorausschauendes Regulieren. Denn: Keine Regulierung bedeutet auch ein gewisses Maß an Unsicherheit

 

  • SPÖ: Muna Duzdar, ehemalige Staatssekretärin für Digitalisierung, betont die Wichtigkeit der Frage, ob wir weiter die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt bleiben oder ob wir den Zug der Digitalisierung verschlafen. Das Thema Social Media habe Europa verpasst, dies dürfe bei neuen Technologien nicht passieren. Auch die Industrie müsse sich digitalisieren, sonst droht unter anderem ein Abbau von Arbeitsplätzen.

 

  • Die Grünen: Zusätzlich zum gemeinsamen Binnenmarkt hat die EU auch die Währungsunion und den gemeinsamen Arbeitsmarkt geschaffen, betont Sabine Jungwirth: Die Bereiche sollen weiter ausgebaut werden. Für Unternehmer sieht sie noch Hindernisse bei der Gründung, zum Beispiel in punkto Gewerbeordnung oder Unternehmensform. Auch beim Thema Fachkräfte müsse sich auf europäischer Ebene mehr tun, dabei müsse man über österreichische Grenzen hinaus schauen. “Die jetzige Rot-Weiß-Rot-Karte geht nicht weit genug”, sagt die grüne Politikerin und Unternehmerin. Auch betont sie die Wichtigkeit eines der Kernthemen ihrer Partei: Umweltschutz. Hier besteht laut Jungwirth für Startups viel Potenzial, da sie neue Anwendungen, Technologien und Ideen liefern können.

 

  • ÖVP: Die ÖVP-Politikerin Valeria Foglar-Deinhardstein kommt aus der Wirtschaft und hat unter anderem Public Affais für die Telekom Austria gemacht. “Die EVP ist die konstruktivste Kraft im Parlament, wenn es um die Verstärkung des Binnenmarkts und den Ausbau des Digitalen Binnenmarkts geht”, sagt sie. Der Austausch mit Unternehmen sei bei der EVP deutlich besser als bei anderen Fraktionen. Auch trete die EVP für eine europaweite Unternehmensform ein, andere Fraktionen würden dies verhindern.

 

  • FPÖ: Klaus Handler ist im Gemeinderat von Wien. Auf der Veranstaltung ist er als Vertretung für die EU-Kandidaten eingesprungen, er selbst ist seit über 20 Jahren Unternehmer. “Wir wollen Europa der Vaterländer”, sagt er: Zusammenarbeit dürfe es dort geben, “wo es Sinn macht”, in vielen Punkten gebe es aber sehr unterschiedliche Ausgangspositionen. Österreichs hohe Standards seien in Gefahr, wenn “die Regelungen nivelliert werden”.

Das Potenzial nach der Europawahl

Welche Visionen gibt es in den Parteien also für die Zeit nach der Europawahl? “Wir möchten, dass die EU eine Vorreiterrolle einnimmt und Themen eine europäische Handschrift kriegen”, sagt Gamon (NEOS): Bei aller Kritik an der DSGVO habe die EU im Thema Datenschutz zumindest eine klare Policy – nämlich individuelle Selbstbestimmung über die eigenen Daten -, die von Staaten in anderen Teilen der Welt übernommen wird. “Vereinheitlichung bedeutet nicht mehr, sondern weniger Bürokratie”, sagt sie auch in punkto Binnenmarkt.

Auch seitens der ÖVP heißt es, dass die EU „die Standards für die Welt vorbereitet“: Wer hier als Startup reüssiere, der sei bereit für das globale Geschäft. Jungwirth (Die Grünen) sieht nicht Europa, sondern Österreich als das “Bürokratiemonster”. “Der internationale Umgang mit Unternehmensformen ist nur möglich, wenn wir uns da auf ein gemeinsames Packerl hauen”, sagt sie: “Wir brauchen mehr Europa, mehr gemeinsame Standards. Das würde das Leben der Unternehmer enorm erleichtern.”

Handler (FPÖ) hält dem entgegen, dass man in Wien gegen Unternehmen wie Uber vorgehe, weil sie sich nicht an die hiesigen Regeln halten. Er befürchtet, dass durch eine Harmonisierung das an und für sich hohe österreichische Rechtsniveau sinken könnte.

Uploadfilter als Startup-Thema

In einer Publikumsfrage wurde die ÖVP damit konfrontiert, dass deren EU-Parlamentarier für die umstrittenen Punkte der Copyright-Reform gestimmt hatten.

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Foglar-Deinhardstein (ÖVP) entgegnete darauf, dass es Regeln für die Offlinewelt gibt, welche die Rechte der Urheber schützen – und diese Regeln soll es auch für die Onlinewelt geben. Außerdem gebe es Ausnahmen für Startups. Im nachfolgenden Video spricht sie im Detail darüber.

Umgang mit Steuerdumping und anderen Alleingängen

Wie ist es also möglich, dass manche wichtigen Punkte – wie etwa der Umgang mit Steuerdumping – noch nicht harmonisiert wurden?  Laut Gamon (NEOS) liegt ein Problem der EU in der Entscheidungsfindung: Im EU-Rat herrscht das Einstimmigkeitsprinzip, wodurch gewisse Entwicklungen blockiert werden können. Das ist zum Beispiel der Grund dafür, dass es in der EU noch keine Digitale Betriebsstätte gibt, sondern nur den österreichischen Alleingang der „Digitalsteuer“ – welche Gamon wiederum als „glorifizierte Werbeabgabe“ bezeichnet. Foglar-Deinhardstein (ÖVP) entgegnet, dass man in der nächsten Legislaturperiode einen weiteren Vorstoß für eine europaweite Digitalsteuer machen werde.

+++Sebastian Kurz über Digitalsteuer: Schritt in Richtung mehr Gerechtigkeit+++

Die FPÖ ist laut Handler gegen europäischen Steuern: Steuern sollen dort bezahlt werden, wo die Gewinne erwirtschaftet werden, sagt er.

Fachkräfte als Thema für die EU

Die ungleiche Vorgehensweise sieht Jungwirth (Die Grünen) aber auch beim Thema Fachkräfte: Manche Länder würden zum Beispiel korrekt mit dem Thema Sozialversicherung umgehen, andere nicht – dadurch entstehe ein Ungleichgewicht. Jedenfalls sei sie dafür, dass in einem EU-Land zugelassene Fachkräfte auch in einem anderen EU-Land arbeiten dürfen. Auch Gamon (NEOS) und Foglar-Deinhardstein (ÖVP) betonen, dass man den Fachkräftemangel nicht mit den in der EU vorhandenen Ressourcen decken kann: Es brauche daher einen einheitlichen Zugang zum Arbeitsmarkt.

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Handler (FPÖ) setzt dem entgegen, dass man Fachkräfte auch innerhalb der EU ausbilden kann. Die Frage sei auch, ob echte Experten wirklich in die EU kommen wollen. „Die gehen vielleicht lieber in die USA, wo sie weniger Steuern zahlen“, sagt Handler.

Ökologische Nachhaltigkeit

Auch in punkto Umweltschutz kann die EU ein Vorbild für die Welt sein, wie Duzdar (SPÖ) sagt: „Wenn es die EU-Vorgaben zu den Klimazielen nicht gäbe, würde die österreichische Regierung vermutlich gar nichts tun.“

Jungwirth (Die Grünen) betont hier die Chancen für Startups, die neben dem Energiesektor zum Beispiel auch im Verkehrsbereich, sowie in der Landwirtschaft und bei der Ernährung entstehen. „Ich sehe in der Ökologisierung große Chancen“, sagt sie: Man könne auch mit den USA kooperieren, es müsse nicht zwingend ein Konkurrenzverhältnis herrschen. Foglar-Deinhardstein (ÖVP) betont, dass es hierfür auch ein gesamtes Ökosystem mit unterschiedlichen Playern braucht: Hinter jedem Windpark stehe ein Stahlbetrieb, der die Windräder herstellt.

Regulierung von Künstlicher Intelligenz

Weiters stellt sich die Frage, wie mit der Regulierung von Künstlicher Intelligenz umgegangen wird. „Es ist wichtig, dass die Digitalisierung an jene Werte angepasst wird, die jahrhundertelang erkämpft wurden“, sagt Duzdar (SPÖ): Ethische Grundsätze dürfen nicht verloren gehen. Jungwirth (Die Grünen) stimmt zu, dass die Menschenrechte als Basis dienen sollten – gibt aber zugleich zu Bedenken, dass es ein Element der Aufklärung war, den Status-quo anzuzweifeln.

Jedenfalls, so Foglar-Deinhardstein (ÖVP), agiert die Politik oft zu langsam, wenn es um das Etablieren von Standards geht. „Wir müssen da schneller werden“, sagt sie: „Denn die Digitalisierung wartet nicht auf uns.“

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Co-Founder und COO Michael Hofbauer auf der EICMA 2024 | (c) brutkasten / martin pacher

Die EICMA in Mailand ist eine Messe der Superlative. Schon am Eingang merkt man die gewaltige Anziehungskraft, die sie auf Motorradfans und Fachbesucher aus aller Welt ausübt: Geduldig stehen die Menschen bereits in der Früh in langen Schlangen und warten darauf, in die weitläufigen Hallen der sogenannten “Fiera Milano” zu gelangen. Drinnen erstrecken sich die Ausstellungsflächen über mehrere Hallen, jede gefüllt mit unzähligen Messeständen.

Ingesamt reisten heuer über 770 Aussteller aus 45 Ländern in die italienische Wirtschaftsmetropole, um ihre Neuheiten rund um motorisierten Zweiräder auf insgesamt 330.000 Quadratmetern Messeareal der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Ingesamt wurden mehr als 600.000 Besucher während der sechs Messetage gezählt – ein neuer Rekord.

Neben bekannten Marken wie Honda, Yamaha oder Ducati war in diesem Jahr mit der Acceleration Hub GmbH auch ein österreichisches Startup unter den Ausstellern vertreten. Das Unternehmen hat die Traditionsmarke der 1948 gegründeten Halleiner Motorenwerke (HMW) erworben und entwickelt unter anderem motorisierte Zweiräder im E-Mobility- und Verbrenner-Segment (brutkasten berichtete).

brutkasten war auf der EICMA in Mailand und hat Acceleration Hub Co-Founder und COO Michael Hofbauer am Messestand von HMW zum Interview getroffen. Im Gespräch geht Hofbauer unter anderem auf die strategischen Überlegungen ein, eine historische Marke mit modernen Mobilitätslösungen neu zu beleben.


brutkasten: Wie seid ihr mit der Acceleration Hub GmbH zu den Markenrechten von HMW (Halleiner Motorenwerke) gekommen?

Michael Hofbauer: Durch einen guten Freund und Experten im Oldtimer-Bereich sind wir zur Marke gekommen. Er ist inzwischen ein enger Freund und Berater für uns, nach wie vor gut vernetzt in der Oldtimer-Szene. Von Anfang an war klar, dass seine Ambition nicht in Neuentwicklungen liegt, sondern darin, die Marke zu bewahren. So haben wir die Markenrechte von ihm übernommen, die mittlerweile zu einer Weltmarke ausgeweitet sind, und freuen uns, ihn weiterhin an unserer Seite zu haben.

Welche strategischen Überlegungen stecken dahinter, als ein noch recht junges Mobility-Startup auf eine historische Marke zu setzen?

Unsere strategische Überlegung war, dass HMW vor allem in der Gründungszeit dafür bekannt war, die Menschheit mobil zu machen. Damals entwickelte Ingenieur Anton Fuchs den sogenannten Fuchs-Motor, der eines der ersten motorbetriebenen Zweirad-Fahrzeuge möglich machte. Ein Blick in die Historie zeigt, dass HMW kaum eine Fahrzeugart ausgelassen hat, teils mit skurrilen, aber mutigen Entwicklungen, die alle diesem Mobilitätsgedanken folgten. Als österreichisches Gründerteam fühlen wir uns diesem europäischen Erbe verbunden. Die Idee, eine historische Marke wie HMW, die früher stark nach Deutschland, Holland und darüber hinaus exportierte, in Europa wiederzubeleben, hat uns sehr angesprochen.

In der Branche kennt man einige Beispiele von alten Marken, die unter neuen Eigentümern reaktiviert werden. Inwieweit springt ihr hier auf einen Trend auf?

Für uns ist es entscheidend, uns nicht nur mit der historischen Marke  zu identifizieren, sondern mit HMW als Mobilitätsanbieter. Es geht uns nicht darum, ein einfaches Facelift zu machen und als klassische Heritage-Marke aufzutreten. Vielmehr sehen wir HMW als eine Marke mit einer Legacy, die wir schätzen, weil sie Mobilität in den Vordergrund stellt. 

Oft geht es bei solchen Projekten nur darum, das Image einer alten Marke zu nutzen, um Bekanntheit zu erlangen – das ist ganz und gar nicht unser Ansatz. Der ursprüngliche Gedanke, beispielsweise einen Motor auf ein Fahrrad zu montieren und das dann bis zur Serienreife zu bringen, oder Motorräder zu entwickeln, die sogar im Rennsport erfolgreich waren, das ist für uns echte Innovation. 

Im Gegensatz dazu wirkt der Ansatz, einfach Markenrechte einer historischen Marke zu kaufen und „ein bisschen Elektromobilität“ zu betreiben, eher banal und passt nicht zu unserem Anspruch. Unser Ziel ist es, mit verschiedenen Produktreihen den Spirit „Enable Mobility“ in die heutige Zeit zu tragen.

Die Classics-Serie | (c) HMW

Kommen wir nun auf eure neue Modellserie zu sprechen, die ihr hier auf der EICMA ausstellt. Auf der einen Seite habt ihr E-Mobility im Programm, mit der neuen Classics-Serie bietet ihr aber künftig auch Verbrenner an. Wie passt dies zusammen?

Man darf nicht unterschätzen, dass auch im Bereich der Verbrenner enorme Innovation stattfindet. Die Motoren sind heute auf dem neuesten Stand der Technik und haben nichts mehr mit dem lauten, stinkenden Image der Vergangenheit zu tun. Natürlich ist Elektromobilität auf dem Vormarsch, aber sie ist noch lange nicht so etabliert, wie sie sein könnte. Man sieht das am Beispiel von E-Autos: In Österreich wächst die Ladeinfrastruktur zwar schon langsam, aber in anderen Teilen Europas sieht es oft noch ganz anders aus, wodurch viele nach wie vor einen Verbrenner wählen. 

Um Mobilität für alle anzubieten, setzen wir daher auf eine Kombination: Für städtische und stadtnahen Verkehr – das „Interurban“-Segment – bieten wir Elektrofahrzeuge an. Für Pendler aus ländlichen Regionen, die in die Stadt fahren, bieten wir zudem verbrauchsarme, moderne Verbrennermotoren im Kleinsegment. Unser Fokus liegt dabei auf praktischen, komfortablen Fahrzeugen und nicht auf PS-starken Modellen für hohe Geschwindigkeiten.

Die Elektrofahrzeuge sind auf den Alltagspendler ausgelegt und profitieren von einer passenden Ladeinfrastruktur. Wir verwenden herausnehmbare „Bookstyle“-Batterien, die sich auch zu Hause laden lassen. 

Kommen wir zur Produktion zu sprechen. Wie arbeitet ihr aktuell mit euren Produktionspartnern in China zusammen? 

Wir arbeiten mit ausgewählten Produktionspartnern in China zusammen. Es gab zahlreiche Vorgespräche, und die Partnerschaften sind für beide Seiten fest etabliert. Wir haben nicht nur Visitenkarten gesammelt, sondern unsere Partner sorgfältig ausgewählt und bringen dabei viel Erfahrung aus früheren Projekten mit. Uns ist es wichtig, aktiv im Entwicklungsprozess dabei zu sein, und deshalb gibt es viel  Austausch in beide Richtungen. Aktuell ist das Team hier in Wien, wo Workshops stattfinden und offen über zukünftige Entwicklungen gesprochen wird. Die Kommunikation beschränkt sich nicht nur auf WeChat oder E-Mails – der persönliche Austausch ist für uns entscheidend.

FoxE ist Teil der Electrics-Serie | (c) HMW

Was macht ihr aktuell In-House in Europa? 

Bei uns erfolgt das gesamte Branding, Design, Engineering und die Forschung & Entwicklung (R&D) in-house, insbesondere im Bereich des Fahrzeug-Setups, des Testings und der Evaluierung. Das bedeutet beispielsweise, dass wir das komplette Rahmensetup inklusive Sitzposition und Fahrwerk intern entwickeln und dann in Abstimmung mit dem Produzenten umsetzen.

Die Mobilitätsbranche gleicht derzeit für Startups einem Minenfeld. Auch Mitbewerber in Österreich haben mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Was wollt ihr anders machen, um langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein?

Unser Ansatz basiert auf Diversifizierung – sowohl im Team als auch im Produktportfolio. Wir sehen großes Potenzial, uns in verschiedene Richtungen zu entwickeln: Elektromobilität, das Verbrennersegment mit qualitativ hochwertigen Produkten und als drittes den Bereich Smart Connected Mobility. Besonders in der Forschung und Entwicklung von Smart Mobility und Innovationslösungen sehen wir viel Potenzial, da diese sowohl im Portfolio Plattform-übergreifend, als auch auf einer komplett neuen Fahrzeugarchitektur aufbauen können. Ein aktuelles R&D-Projekt von uns konzentriert sich auf Predictive-Maintenance, Sensorik und Smart Mobility, um Mobilität neu zu gestalten und ideal zu ergänzen.

Wir möchten flexibel bleiben und nicht zu einseitig agieren, da der Markt oft nicht nur eine Richtung zulässt. Der gesamte Prozess, von der Supply Chain über die Customer Journey bis zum Customer Service, ist entscheidend – zum Beispiel in der klar strukturierten Ersatzteil-Logistik. Uns ist es wichtig, Partnerschaften auf Augenhöhe zu etablieren, die eine starke Grundlage für R&D, Produktion und Ersatzteil-Logistik bis hin zum Kunden bieten.

Dabei haben wir einen klaren Vorteil durch unser Brand-Building: HMW ist als Marke neu aufgestellt und steht jetzt für Qualität und Markenidentifikation.

Tradition trifft auf E-Mobilität | (c) HMW

Welche Strategie wollt ihr im Vertrieb verfolgen?

Wir befinden uns in der Evaluierungsphase und haben sorgfältig ausgewählt. Es gab bereits sehr vielversprechende Gespräche. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch nicht viele Details preisgeben, aber durch die Erfahrung im Gründerteam beobachten wir den Markt genau und ziehen daraus unsere Schlüsse. Wir wissen also gut, mit wem wir sprechen.

Wann ist der Marktstart für die neue Classics-Serie geplant?

Der Launch der Classics ist für Anfang nächsten Jahres geplant. Wir sind dabei teilweise von Vertriebspartnerschaften abhängig, da die Nachfrage das genaue Datum beeinflussen kann. Die Electrics-Serie ist bereits jetzt verfügbar, und die Classics sind für Anfang 2025 vorgesehen – was ja nur noch zwei Monate entfernt ist. Lange dauert es also nicht mehr.

Wie habt ihr euch in der Vergangenheit finanziert und plant ihr derzeit eine Funding-Runde?

Die Entwicklung der Classics und Electrics-Serien sowie das gesamte Brand Development wurden über die Gesellschafter und Eigenmittel finanziert. Wir sind stolz, dass wir dank der FFG nun die Möglichkeit haben, auch im Bereich Innovation voll durchzustarten. Wir haben ein Forschungsprojekt initiiert, das uns ermöglicht, in den Bereichen Smarte Komponentenentwicklung, Predictive Maintenance, Machine Learning und modernste Technologie umfassend zu arbeiten und diese Kompetenzen inhouse aufzubauen.

Besonders erfreulich ist, dass wir für das Projekt ein starkes Team in den Bereichen Machine Learning und Elektrotechnik aufstellen konnten – ein Bereich, in dem einige Hersteller aktuell Schwierigkeiten haben. Unser Team hat bereits Test-Setups durchgeführt, um Sensorik und Komponenten am Fahrzeug selbst zu erproben. Damit wollen wir in diesem Segment zügig Fortschritte machen.

Parallel dazu haben wir eine Investorenrunde gestartet und suchen nach potenziellen Partnern. Dabei legen wir großen Wert auf Partnerschaften, die unseren Spirit teilen, um sicherzustellen, dass ein Investment unseren Weg nicht komplett verändert, sondern ergänzt und stärkt.

Welche Wachstumsziele verfolgt ihr für 2025? 

Für 2025 planen wir, in allen drei Segmenten voll voranzuschreiten: maximaler Marktstart im Bereich Electrics, den Launch der Classics und die Weiterentwicklung des Innovationsprojekts. Gerade bei Letzterem werden wir auch das Team weiter verstärken und haben bereits vielversprechende Leads und Kapazitäten ausgebaut. Unser Hauptmarkt liegt allerdings außerhalb Österreichs, was unser Wachstum beeinflusst und uns auch in der Standortplanung fordert.

Wir suchen aktiv nach Investoren und gleichzeitig nach größeren Räumlichkeiten sowie noch vielseitigeren Testmöglichkeiten. Unser Ziel ist nachhaltiges Wachstum, statt einen riskanten und und undurchdachten „Hockeystick“ anzustreben. Wir möchten solide aufgestellt in alle drei Richtungen wachsen und die Profitabilität in den jeweiligen Bereichen dynamisch, aber realistisch erreichen.


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