13.03.2023

Europäische Soonicorn-Shortlist: Ein Scaleup aus Österreich ist dabei

Tech Tour Growth Europe wählt jedes Jahr 50 potenzielle europäische Unicorns aus. Ein einziges Unternehmen aus Österreich hat es auf die Liste geschafft.
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(c) Merrit Thomas / unsplash

Beim Tech Tour Growth Europe Event am 8. März wählten 90 Investor:innen 50 zukünftige europäische Unicorns aus. Als einziges österreichisches Unternehmen schaffte es diesmal refurbed auf die Growth50-Liste.

Das internationale Kommitee nominierte dabei vielversprechende Scaleups aus den Bereichen Digital, Health und Sustainability, die innerhalb von zehn Jahren nach ihrer Gründung eine Milliardenbewertung erhalten könnten.

Die Jury bestand aus Vertreter:innen zahlreicher Venture-Capital-Unternehmen, Investment-Banken und -Fonds, darunter Bryan, Garnier & Co., Revaia, Gilde Healthcare und ETF Partners.

Erfolgreiche Finanzierungsrunden

Refurbed erfüllte die Growth50-Kriterien wohl aufgrund seiner erfolgreichen Finanzierungsrunden der letzten Jahre. In einer im August 2021 abgeschlossenen Investment-Runde konnte das 2017 in Wien gegründete Startup für vollständig erneuerte Elektronik 54 Millionen US-Dollar lukrieren. Laut Crunchbase hat refurbed insgesamt ein Finanzierungsvolumen von 73,2 Millionen US-Dollar erzielt. Zuletzt schien refurbed auch als eines von 6 österreichischen Soonicorns in einer Studie von i5invest und i5growth von Februar 2022 auf.

UK nicht mehr Soonicorn-Spitzenreiter

Bei der Growth50-Initiative von Tech Tour geht es den Organisator:innen nicht um ein Ranking. Viel mehr ist das Ziel, jene Unternehmen vor den Vorhang zu holen, die am meisten Investments lukriert und dadurch Wachstumspotenzial bewiesen haben. Die ausgewählten Tech-Unternehmen auf der Growth50-Liste 2023 haben seit ihrer Gründung durchschnittlich knapp 115 Millionen Euro Kapital erhalten.

Deutschland und Frankreich sind mit jeweils elf Unternehmen am häufigsten auf der Liste vertreten. Damit verdrängen sie UK als Soonicorn-Spitzenreiter der vergangenen Jahre. Neben refurbed befinden sich auch andere namhafte Scaleups wie etwa StabilityAI (UK) auf der Liste.

Vom Soonicorn zum Unicorn

Laut einer Publikation von Tech Tour erreichten 14 Prozent der in den letzten fünf Jahren für Growth50 nominierten Tech-Unternehmen mittlerweile Unicorn-Status. 8 Prozent gingen an die Börse und 28 Prozent wurden von anderen Unternehmen erworben.

Nachhaltigkeitspreis geht an Österreich

Refurbed erhielt bei dem Tech-Tour-Growth-Europe-Event nicht nur einen Listenplatz, sondern auch einen der drei wichtigsten Preise. Unter insgesamt 300 infragekommenden Tech-Unternehmen verlieh die Jury den “Sustainability Award” an refurbed. Peter Windischhofer, Co-Gründer von refurbed, nahm den Nachhaltigkeitspreis am Dienstagabend persönlich in Paris entgegen.

Europäisches Innovations-Netzwerk

Tech Tour ist eine Community-Plattform für die europäische Investment- und Startupszene. Es wurde 1998 vom Risikokapitalgeber Sven Lingjaerde und dem belgischen Investmentbanker William Stevens gegründet. Das Hauptziel war, den Informationsaustausch über technologische Innovation in Europa zu fördern. Seit 17 Jahren veranstaltet Tech Tour das Growth-Europe-Event, um Investor:innen und Tech-Unternehmen aus den Bereichen Digitalisierung, Gesundheit und Nachhaltigkeit zusammenzubringen.

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Freundeskreis: Wiener Startup plant Pilotfabrik für veganen Käse

Der vegane „Camembert“ des Wiener Startups Freundeskreis ist seit Juni dieses Jahres in ausgewählten veganen Supermärkten erhältlich. Co-Gründerin Mona Heiß gibt im Interview mit brutkasten einen Einblick in die nächsten Schritte des Unternehmens.
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Das „Kernteam“: Leo Sulzmann, Mona Heiß und Markus Korn. (c) Freundeskreis

Käsealternativen aus Cashewnüssen, Mandeln, Soja oder Erbsenprotein: Der Markt für Käseersatzprodukte erlebt derzeit eine Hochphase. Auch das Startup Freundeskreis hat es sich zur Mission gemacht, mit seinem pflanzlichen „Cam-mhh-berta“ die Käsewelt zu transformieren. Anstelle von Milchkulturen, die in herkömmlichem Camembert verwendet werden, setzt das Unternehmen auf eine untypische Zutat: Marillenkerne – ein Nebenprodukt der heimischen Obstindustrie.

Ende letzten Jahres konnte Freundeskreis eine Förderung von 400.000 Euro von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) sichern – brutkasten berichtete. Mit dieser Förderung bauten sie nicht nur ihre Produktion aus, sondern brachten auch ihren veganen „Cam-mhh-berta“ erfolgreich auf den Markt. Im Interview mit brutkasten berichtet Co-Gründerin Mona Heiß über die Fortschritte des Startups und die Pläne für die Zukunft.

Freundeskreis wird mit weiteren 97.000 Euro gefördert

Seit Juni dieses Jahres ist der pflanzliche “Cam-mhh-berta” in ausgewählten Bio-Supermärkten in Wien erhältlich: Pepper & Ginny (1010), Maran Vegan (1060) und Markta (1090). Das Feedback ist vielversprechend: Nach Unternehmensangaben wurden in den ersten vier Monaten bereits rund 1.000 Stück verkauft.

Nur wenige Monate nach der aws-Förderung konnte sich Freundeskreis eine weitere finanzielle Unterstützung sichern: Die Wirtschaftsagentur Wien stellte über die Förderschiene “Produktion” dem Startup rund 97.000 Euro zur Verfügung. Wie Co-Gründerin Mona Heiß im Interview mit brutkasten verrät, soll das Geld in eine neue Pilot-Käsefabrik in Wien-Penzing fließen, die zugleich als zukünftiger Firmenstandort dienen wird.

Bisher finanziert sich Freundeskreis ausschließlich über Fördermittel. Für die kommenden Monate plant das Team jedoch eine Finanzierungsrunde im Frühjahr, um Investor:innen zu gewinnen und das Wachstum des Startups weiter voranzutreiben.

Marillenkerne liefert Cremigkeit und gesunde Nährstoffe

Freundeskreis entwickelte eine pflanzliche Käsealternative, die primär aus Marillenkernen besteht: den „Cam-mhh-berta“. Laut dem Unternehmen ist dieser geschmacklich und in der Konsistenz kaum von herkömmlichem Camembert zu unterscheiden. Der Grund liege in den Eigenschaften der Marillenkerne, die reich an Proteinen und ungesättigten Fettsäuren sind. Diese Nährstoffe sorgen demnach nicht nur für gesundheitliche Vorteile, sondern tragen auch maßgeblich zur cremigen Textur bei, erklärt Heiß.

Die Produktion des „Cam-mhh-berta“ erfolgt in „traditioneller Handarbeit“ auf einem Bauernhof im Wienerwald, in einer ehemaligen Käserei. Dabei setzt Freundeskreis auf dasselbe Verfahren, das auch bei der Herstellung von Kuhmilchkäse Anwendung findet. Das Ergebnis sei ein Käse, der sich durch “Cremigkeit, Nachhaltigkeit und Tradition” auszeichnet.

“Cam-mhh-berta” besteht nur aus vier Zutaten

Das Besondere an der Käsealternative sind die Marillenkerne, die als Hauptzutat dienen. Diese fallen normalerweise als Abfall- oder Nebenprodukt der Saft- und Marmeladenproduktion an. Freundeskreis bezieht die Kerne von regionalen Lieferanten, darunter das niederösterreichische Scaleup Kern Tec – brutkasten berichtete. Aus den Marillenkernen wird durch ein speziell entwickeltes Verfahren eine milchige Flüssigkeit gewonnen, die mithilfe von Reifekulturen, veganen Enzymen und Mikroorganismen zum „Cam-mhh-berta“ verarbeitet wird. Die Käsealternative kommt mit nur vier Zutaten aus: Marillenkerne, Salz, Wasser und vegane Reifekulturen.

Ein kritischer Punkt bei der Verarbeitung von Marillenkernen ist die darin enthaltene Blausäure, die gesundheitsschädlich sein kann. Hier hat Gründer und Forscher Leo Sulzmann ein spezielles Verfahren entwickelt, um die Blausäure auf natürliche Weise abzubauen.

Freundeskreis-Team wächst

Hinter dem Food-Startup Freundeskreis stehen Forscher und Geschäftsführer Leonhard Sulzmann sowie Co-Gründerin Mona Heiß. Während Sulzmann sich auf die wissenschaftlichen und technologischen Aspekte konzentriert, verantwortet Heiß die Kreativdirektion und den Markenaufbau. Zum Kernteam gehört außerdem Sales- und Operations-Verantwortliche Markus Korn. Mittlerweile zählt das Team sechs Mitglieder, die gemeinsam am weiteren Ausbau der Marke Freundeskreis arbeiten.

Zukünftig sollen mehr vegane Käsealternativen auf den Markt kommen

Freundeskreis arbeitet aktuell an der Entwicklung weiterer veganer Käsealternativen. Bereits Anfang nächsten Jahres soll eine vegane „Frischkäsevariante“ auf Basis der Marillenkerne auf den Markt kommen. Doch das ist nicht alles: Eine weitere Produktreihe ist bereits in Planung. Co-Gründerin Mona Heiß verrät, dass es sich dabei voraussichtlich um ein Produkt handeln werde, das speziell zum Backen geeignet sei. Langfristig will das Startup außerdem auch einen veganen „Hartkäse“ anbieten. Die Herstellung dieses Produkts ist jedoch komplexer, da es aufgrund des verwendeten Verfahrens eine bestimmte Zeit für die Reifung benötigt.

In den kommenden Wochen soll außerdem ein Online-Shop live gehen, über den die Produkte von Freundeskreis direkt bestellt werden können. Diese Plattform wird zunächst als Testversion betrieben, um herauszufinden, wie gut sich die Produkte für den Direktvertrieb eignen. Geplant ist dabei ein Modell, bei dem die Käsealternativen erst auf Bestellung und nicht auf Vorrat produziert werden. Weiter in die Zukunft gedacht, kann sich das Startup auch den Vertrieb in Supermärkten vorstellen.

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