23.05.2019

EU-Wahl: Werner Kogler fordert dauerhaftes Verbot des Klonens in der EU

Anlässlich der EU-Wahl 2019 stellt der brutkasten österreichischen Politikern jene Fragen, die abseits des Alltagsgeschäfts eine tragende Bedeutung für Europa und die Welt haben: Es geht um Atomkrieg, Klimawandel und AI. Diesmal mit Werner Kogler, Die Grünen.
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Werner Kogler Die Grünen
(c) Die Grünen

Es ist EU-Wahl. Der renommierte Historiker Yuval Noah Harari hat fünf weltbewegende Fragen formuliert, die man Politikern abseits des tagespolitischen Hickhacks stellen sollte. Zu diesen Fragen gehören, wie sich ein Nuklearkrieg vermeiden lässt, wie man den Klimawandel stoppt, welche Regulierungen für AI und Bioengineering nötig sind und wie die Welt im Jahre 2050 aussieht.

+++Das EU-Programm der Parteien für Österreichs Startups+++

Der Brutkasten konfrontiert daher die österreichischen Spitzenkandidaten im Vorfeld der EU-Wahl mit genau diesen Fragen. Der zweite auf unserer Liste ist Werner Kogler von den Grünen, der eine Verkehrs- und Agrarwende anstrebt und die Großindustrie damit als Relikt in der Geschichte zurücklassen will. Bereits erschienen sind Interviews mit Claudia Gamon (Neos) und Johannes Voggenhuber (Liste Jetzt).

Klimaschutz ist ja ihr Lieblingsthema. Was werden Sie tun, um den Klimawandel zu reduzieren? Ist Innovation dahingehend die einzige Lösung?

Werner Kogler: Die vom Menschen verursachte Klimaveränderung ist die größte Herausforderung unserer Generation. Wir Grüne setzen uns wie keine andere Partei für Umwelt- und Klimaschutz ein. Europa muss beim Klimaschutz die Führungsrolle übernehmen und das Pariser Abkommen aus dem Jahr 2015 in die Tat umsetzen. Ein europäisches Klimagesetz mit verbindlichen CO2-Budgets soll rechtlich den Weg ebnen, um die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken und bis spätestens 2050 treibhausgasneutral zu sein. Der Anteil erneuerbarer Energie muss bis 2050 100 Prozent erreichen. Außerdem kämpfen wir für eine radikale Agrar- und Verkehrswende: Weg von industrialisierten Großbetrieben hin zu regionaler, ökologischer und gentechnikfreier Produktion, und weg vom Flugverkehr hin zu modernen Hochleistungsstrecken der Bahn, ab 2030 nur mehr abgasfreie Autos zulassen.

Ein Harvard-Präsident schrieb 1951 an seinen Nachfolger: „Es sind viele, die einen dritten Weltkrieg innerhalb eines Jahrzehnts kommen sehen“. Wir waren also wirklich mal ganz knapp davor. Wie lässt sich ein nuklearer Krieg vermeiden?

Werner Kogler: Seit die USA und Russland aus dem INF-Vertrag ausgestiegen sind, ist die Gefahr eines Atomkrieges wieder gestiegen. Als überzeugte VerfechterInnen des europäischen Projekts als Ort des Friedens und Zusammenarbeit werden wir alles daransetzen, dass unsere Enkel und Urenkelinnen in einer atomwaffenfreien Welt leben können. Wir brauchen dringend einen Atomwaffenausstieg der EU. Der UN-Vertrag zum Verbot atomarer Waffen muss von allen EU Staaten unterzeichnet werden. Dazu werden viel Überzeugungskraft und diplomatisches Geschick notwendig sein.

Was werden Sie tun, um Bioengineering zu regulieren? Immerhin kann man damit Menschen wie Gemüse gentechnisch präparieren. Wäre das für Sie vertretbar, dass man damit die Sinne und kognitiven Fähigkeiten des Menschen verbessert?

Werner Kogler: Wir brauchen demokratisch ausverhandelte Regeln und ethische Einschränkungen für sämtliche Risikotechnologien, angefangen von Nanotechnologie über – alte und neue – Gentechnologien und andere Bioengineeringmethoden. Grundlage dafür muss das Vorsorgeprinzip sein, das in den Verträgen der EU verankert wird. Entsprechend dem Vorsorgeprinzip ist frühzeitig und vorausschauend so zu handeln, dass Belastungen für Umwelt und Mensch vermieden und entsprechende Risiken erkannt werden. Wir stehen dazu, dass die Freiheit von Wissenschaft und Forschung ein zentraler Wert demokratischer Verfassungen ist.  Ihre Grenzen liegen in der Menschenwürde, bei tierethischen Prinzipien und dort, wo hohe Umweltrisiken entstehen. Die Grünen wenden sich seit Jahren gegen die Agrargentechnik. Züchtung muss, wie seit Jahrtausenden, ein Open-Source-System bleiben. Das Recht auf Nahrung ist ein Menschenrecht, und damit darf es keine Patente auf Pflanzen und auf Tiere geben. Zugleich fordern wir ein dauerhaftes Verbot des Klonens in der EU.

Was sollte im Bereich der künstlichen Intelligenz reguliert werden? Immerhin kommt diese immer mehr zum Einsatz. In China gibt es dahingehend schon ein vollständiges Überwachungssystem und Social-Screening. An AI-Waffen mit automatisierter Tötung wird akribisch gearbeitet. Wo zieht man bei solchen Technologien die Grenze?

Werner Kogler: Wir Grüne fordern eine europäische Debatte mit dem Ziel, Haftung aber auch Ethik sowie die europäischen und humanistischen Werte in Regeln für die Gestaltung der technologischen Revolution einfließen zu lassen. Wir fordern, dass Forschung und Technologie zum größtmöglichen Nutzen aller integriert werden und potenzielle unbeabsichtigte soziale Auswirkungen vermieden werden, insbesondere wenn es um neue Technologien geht. Roboter dürfen nicht dazu bestimmt sein, Menschen zu töten oder zu verletzen. Ihre Nutzung muss im Einklang mit den garantierten individuellen Rechten und Grundfreiheiten erfolgen.

Wie sieht die Welt im Jahre 2050 aus? Was ist ihr Best- und Worstcase Szenario?

Werner Kogler: Stoppen wir nicht sofort die Klimakrise, so erwartet uns 2050 schlimmstenfalls eine Erderwärmung von mehr als drei Grad und somit ein Ausmaß an Naturkatastrophen, die wir uns lieber nicht vorstellen wollen: Hitzestress, Dürre und starke Überflutungen, Bienen- und Insektensterben sowie enorme Luft- und Wasserverschmutzung. Dieses Szenario müssen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern. Denn wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Wir wollen für die Zukunft unserer nächsten Generationen eine ökologische und soziale Friedensrepublik Europa, die die Umwelt schützt und die Demokratie, Menschenrechte und den Frieden verteidigt.

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AI Landscape 2024, Wasner, Hochreiter
(c) Stock.Adobe/GamePixel - Die AI Landscape 2024 ist da.

Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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