22.05.2019

EU-Wahl: Gamon fordert europaweites Bauverbot tödlicher AI-Waffen

Wie stehen die Spitzenkandidaten der Europawahl zu atomarer Abrüstung, der Bekämpfung des Klimawandels und der Regulierung von Künstlicher Intelligenz? Claudia Gamon, Neos, beantwortet die wichtigsten Fragen.
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Claudia Gamon Neos
Claudia Gamon, Spitzenkandidatin der Neos bei der EU-Wahl. (c) NEOS

Der wohl bekannteste Historiker der Gegenwart, Yuval Noah Harari, hat fünf Fragen formuliert, die man jedem Politiker stellen sollte. Wie verhindert man eine nukleare Eskalation? Wie stoppen wir den Klimawandel? Wie lässt sich Bioengineering und AI regulieren? Diese und weitere Fragen stellt der brutkasten im Vorfeld der EU-Wahlen den Spitzenkandidaten.

+++Das EU-Programm der Parteien für Österreichs Startups+++

Im heutigen Interview stellt sich Claudia Gamon, die Spitzenkandidatin der Neos, den Fragen. Gamon ist der Meinung, dass die USA und China Europa die Standards diktieren werden, wenn die EU nicht zusammenrückt. Gestern antwortete Johannes Voggenhuber, Spitzenkandidat der Liste Jetzt, auf den Fragebogen. Morgen folgt ein Interview mit Werner Kogler von den Grünen. Anschließend folgen Interviews mit ÖVP und SPÖ, die FPÖ stand trotz Anfrage des brutkasten leider nicht zur Verfügung.

1. Was sollte im Bereich der künstlichen Intelligenz reguliert werden? Immerhin kommt diese immer mehr zum Einsatz. In China gibt es dahingehend schon ein vollständiges Überwachungssystem und Social-Screening. An AI-Waffen mit automatisierter Tötung wird akribisch gearbeitet. Wo zieht man bei solchen Technologien die Grenze?

Claudia Gamon: Wenn es um Regulierungen im Bereich der künstlichen Intelligenz geht, ist ein intensiver Austausch mit Expertinnen und Experten besonders wichtig. Im Europäischen Parlament möchte ich das auch forcieren. Bei Materien wie Gesundheitsvorsorge, Infrastruktur oder Verwaltung sehe ich große Chancen für künstliche Intelligenz. Gegen ein Überwachungssystem und Social-Screening wie in China spreche ich mich aber ganz entschieden aus. Wir NEOS sind Verfechter der Freiheit und stehen klar gegen jede Form der Totalüberwachung. Ebenso sind wir dagegen, dass AI-Waffen (also Waffen, die automatisiert töten) gebaut werden dürfen und sind für ein entsprechendes europaweites Verbot. Natürlich müssen wir die globale Entwicklung von AI-Waffen genau beobachten, um auf die damit verbundenen sicherheitspolitischen Herausforderungen vorbereitet zu sein.

2. In Anbetracht dessen, dass immer mehr Staaten Atomwaffen besitzen wird das Risiko, dass jemand eines Tages auf den Auslöser drückt, immer größer. Wie lässt sich ein nuklearer Krieg vermeiden?

Claudia Gamon: Solange es Atomwaffen gibt, besteht das Risiko, dass diese auch eingesetzt werden. Daher muss das unmissverständliche Ziel sein, diese langfristig abzuschaffen. Angesichts des zunehmend schwierigen und komplexen Sicherheitsumfelds ist die Notwendigkeit umso erforderlicher, die allgemeinen Rüstungskontroll- und Abrüstungsprozesse weiter voranzutreiben. Wir brauchen schlicht größere Bemühungen in allen Aspekten der Abrüstung, um die globale Sicherheit zu verbessern. Dabei spielt der Multilateralismus, der leider von Trump und anderen Nationalisten mit Füßen getreten wird, eine entscheidende Rolle. Im Falle der nuklearen Bedrohung ist dies vor allem der Atomwaffensperrvertrag. Auch neuere Aspekte, wie Cyber Security und dessen Auswirkung auf die Sicherung von Nuklearwaffen, müssen stärker beleuchtet werden. Europa spielt hier eine besonders wichtige Rolle. Denn die EU ist ein Vorbild dafür, wie Multilateralismus zu besseren Regeln führen kann. Ich sehe das auch als den besten Weg, um den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit aufrechtzuerhalten. Der Konflikt zwischen den USA und Iran ist vor diesem Hintergrund natürlich besonders kontraproduktiv.

3. Was werden Sie tun, um den Klimawandel zu reduzieren? Ist Innovation dahingehend die Lösung?

Claudia Gamon: Wir wollen endlich weitreichende Reformen beim Klimaschutz. Da begnügen wir uns nicht damit, einfach Plastiksackerl zu verbieten, da braucht es schon bedeutend mehr! Und wir stehen auch dafür, dass bei diesen Maßnahmen die Wirtschaft mitgedacht wird, da uns ein Gegeneinander nicht weiterbringt. Das muss man ganzheitlich denken. Daher braucht es neben vielen wichtigen umweltpolitischen Maßnahmen auch wirtschaftspolitische Reformen. Wir haben uns als einzige Partei ein umfassendes Konzept erarbeitet, wie wir endlich die Klimakrise effektiv bekämpfen können, indem wir den CO2-Ausstoß massiv reduzieren. Das ist die Ökologisierung der Steuersysteme in ganz Europa. CO2 muss endlich einen Preis bekommen, damit jene, die nachhaltige Entscheidungen treffen nicht länger die Dummen sind, sondern auch etwas davon haben. Also Steuern auf Arbeit massiv runter und Steuern auf CO2 einführen. Das würde auch die Innovation, etwa bei erneuerbaren Energien, massiv vorantreiben.

4. Was werden Sie tun, um Bioengineering zu regulieren? Immerhin kann man damit Menschen wie Gemüse gentechnisch präparieren. Wäre das für Sie vertretbar, dass man damit die Sinne und kognitiven Fähigkeiten des Menschen verbessert?

Claudia Gamon: Den Vergleich von Menschen und Gemüse ist nicht sehr passend. Die Fortschritte in der Genetik und neuen Therapieformen sind enorm. Mit CRISPR/Cas9 wurde ein großer Schritt gemacht. Die Chance der Heilung von Krankheiten wie Aids ist natürlich vielversprechend. Es gibt allerdings eine Reihe von Fragen, die von der Wissenschaft noch nicht beantwortet werden können. Auch wenn derartige wissenschaftliche Entwicklungen große Chancen bieten, gilt es angesichts der heiklen Materie sehr behutsam vorzugehen. Denn hier stellen sich eine Reihe von Fragen weit über die mögliche zukünftige Machbarkeit hinaus, allein aus moralischer Sicht ergeben sich hier weitreichende Fragen und Probleme. Anhand der aktuellen Debatte um die Stammzellenforschung zeigt sich, dass auch hier wissenschaftlich noch kein Konsens besteht. Daher: Weiterhin in Forschung investieren, aber noch sind wir glücklicherweise weit entfernt von genetischer Optimierung des Menschen. Ich stehe dem sehr ablehnend gegenüber.

5. Wie sieht die Welt im Jahre 2050 aus? Was ist ihr Best- und Worst Case Szenario?

Claudia Gamon: Im Best Case Szenario werden wir in den Vereinigten Staaten von Europa leben, die verteidigungsfähiger, entscheidungsfähiger, überlebensfähiger und nicht zuletzt auch demokratischer sind als die Union heute. Dazu gehört eine echte europäische Regierung mit einer direkt gewählten Präsidentin und einem starken Europaparlament genauso, wie einheitliche und starke Stimme in der Welt. Sie werden europäische Antworten in den Themen Digitalisierung, Klimawandel, Sicherheit und Wohlstand bringen und auch weltweit nach europäischen Vorbild vorantreiben. Im Worst Case haben sich die dumpfen Nationalisten und Rechtspopulisten durchgesetzt. Europa ist verzwergt und hat sich in Kleinstaaterei zurückgezogen. Russland, China und die USA bestimmen unsere Standards, der Kampf gegen die Klimakrise ist endgültig gescheitert. Das ist eine Zukunft, gegen die ich jedenfalls mit aller Kraft kämpfen werde.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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