20.05.2019

EU-Wahl: Voggenhuber will strengere Regeln für KI und Bioengineering

Der Historiker Yuval Noah Harari hat essentielle Fragen definiert, die man Politikern abseits des parteipolitischen Alltags stellen sollte. Der brutkasten hat im Vorfeld der Europawahl bei Österreichs Spitzenkandidaten nachgehakt. Diesmal: Johannes Voggenhuber, Liste Jetzt.
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Voggenhuber
(c) Jork Weismann

Wie lässt sich ein nuklearer Krieg vermeiden? Welche Maßnahmen werden gegen den Klimawandel gesetzt? Wie sollte man disruptive Technologien wie AI und Bioengineering regulieren? Und wie sieht die Welt im Jahr 2050 aus? Dies sind laut dem Historiker Yuval Noah Harari die essentiellen Fragen, die man  jedem Politiker vor einer Wahl stellen sollte – denn sie behandeln die großen Fragen über die Zukunft der Menschheit, abseits des parteipolitischen Alltagsgeschäfts.

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Der brutkasten konfrontiert daher die österreichischen Spitzenkandidaten im Vorfeld der EU-Wahl mit genau diesen Fragen. Den Auftakt der Interviewreihe macht Johannes Voggenhuber von der Liste Jetzt: Er sieht die Welt am Scheideweg.

1. In Anbetracht dessen, dass immer mehr Staaten Atomwaffen besitzen wird das Risiko, dass jemand eines Tages auf den Auslöser drückt, immer größer. Wie lässt sich ein nuklearer Krieg vermeiden?

Europa sollte keine gemeinsame atomare Bewaffnung für ein künftiges EU Verteidigungssystem in Betracht ziehen. Außerdem sollte es ein Stationierungsverbot von Atomwaffen von der USA auf dem europäischen Kontinent geben. Man sollte alle Anstrengungen vornehmen, damit die USA in den INF-Vertrag (Intermediate-Range Nuclear Forces – Nuklearwaffen mit mittlerer Reichweite) wieder eintritt. Europa sollte sich zudem auch stark machen, den Atomsperrvertrag durchzusetzen und neue Atommächte zu unterbinden. Zu guter Letzt sollten wir aus der Atomenergie aussteigen und diese auch nicht mehr fördern.

2. Was werden Sie tun, um den Klimawandel zu reduzieren? Ist Innovation dahingehend die Lösung?

Es braucht ein umfassendes EU-Klimabündnis und damit einhergehend die Aufhebung die Einstimmigkeit im europäischen Rat der Regierungschefs. Eine europäische CO2-Initative wäre wichtig, wie auch die Besteuerung von Kerosin. Nicht nur das, eine Flugticketabgabe und die Kostensenkung der Bahntickets wären ebenfalls nötig. Man könnte hierbei auch eine Verkehrssteuer einführen, je nach dem wie sehr sie die Umwelt belasten. Wir werden aber auch nicht drumherum kommen, dass wir die erneuerbare Energie ausbauen und fördern. Und eines der Fundamente wird der Ausbau des öffentlichen Verkehrs sein. Das bedeutet den Ausbau der Bahn, wie auch die Etablierung von Hochgeschwindigkeitszügen quer durch Europa. Und wir werden die Benutzung der fossilen Energieträger im Laufe der Zeit reduzieren müssen.

3. Was werden Sie tun, um Bioengineering zu regulieren? Immerhin kann man damit Menschen wie Gemüse gentechnisch präparieren. Wäre das für Sie vertretbar, dass man damit die Sinne und kognitiven Fähigkeiten des Menschen verbessert?

Eigentlich gehören gentechnisch veränderte Tiere und Nahrungsmittel verboten. Die Würde der Kreatur sollte im Wertekanon der EU verankert werden. Wir werden in Zukunft sicherlich darüber diskutieren müssen, dass wir die Steuerbelastung weg von der Arbeit hin zu einer Wertschöpfungsabgabe umleiten, weil die Automatisierung, Robotik dies nötig machen wird. Man sollte außerdem ein Verbot von Patenten auf Leben in Betracht ziehen. Außerdem werden wir die ökologische Landwirtschaft fördern und strenge, aber auch einheitliche Regeln für artgerechte Tierhaltung erlassen müssen.

4. Was sollte im Bereich der künstlichen Intelligenz reguliert werden? Immerhin kommt diese immer mehr zum Einsatz. In China gibt es dahingehend schon ein vollständiges Überwachungssystem und Social-Screening. AI-Waffen werden auch gebaut. Wo ist daher die Grenze?

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union regelt das bereits teilweise. Außerdem schützt uns das DSG, aber auch die DSGVO dahingehend. Strengere Richtlinien in Sachen Überwachung und Vernetzung durch Daten gehören erlassen. Dazu zählt die Vorgabe richterlicher Zustimmung, Recht auf Einsicht, Recht auf Korrektur und die regelmäßige Löschung. Es wird wohl auch nötig sein, dass wir KI-Richtlinien im Rahmen der EU, sowie G7 und G20 erlassen.

5. Wie sieht die Welt im Jahre 2050 aus? Was ist ihr Best- und Worstcase Szenario?

Beginnen wir mal mit dem Schlechten. Da kann echt viel passieren. Zum einen der Rückfall der EU in das 19. Jahrhundert mit der Rückkehr der Vorherrschaft von Nationalismen und Streben nach Achsenbildung, welche die Balance in Europa und in der Welt durch Feindbilder und Aufrüstung aus dem Gleichgewicht bringt. Es könnte der Kolonialismus und Ausbeutung, vor allem in Afrika, passieren. Es wäre denkbar, dass das Recht auf Asyl vollkommen ausgehöhlt wird. Ein neuer kalter Krieg und weitere Zerrüttungen mit Russland wären denkbar. Die soziale Marktwirtschaft könnte zugunsten des entfesselten Wettbewerbs zerstört werden. Denkbar schlimm wäre die Privatisierung von Gesundheit, Bildung und der öffentlichen Versorgung. Zudem könnte ein großer Teil der Bevölkerung verarmen, weil sich das Reichtum auf ganz Wenige konzentriert. Und nun zu den erfreulicheren Dingen. 2050 könnten wir die Republik Europa feiern. Ein gemeinsamer Konvent hat eine gemeinsame Demokratie, eine Sozialunion und eine Friedensordnung geschaffen. Eine europäische Volksabstimmung hat diese angenommen. Ökologische Steuern und Digitalabgaben haben die Steuern auf Arbeit ersetzt. Die Energiewende hat die Klimaerwärmung gestoppt. Die Überwachung wurde abgebaut. Die Regionen erhielten neue Rechte zur Selbstverwaltung. Afrika ist mittlerweile zum engen Partner geworden. Die Werte Freiheit, Gleichheit und Solidarität gelten weltweit.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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