15.04.2019

EU-Urheberrecht nimmt die letzte Hürde: Neos wollen Uploadfilter anfechten

Nun hat auch der EU-Rat das neue Urheberrecht abgenickt. Österreich hat nun zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die Neos möchten die Uploadfilter vor dem EuGH anfechten.
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Urheberrecht
(c) fotolia / bluedesign

Am 15.4. hat die umstrittene Reform des Urheberrechts ihre letzte Hürde in der Europäischen Union genommen. Bei einer finalen Abstimmung des Europäischen Rats stimmten die meisten Staaten für die neue EU-Richtlinie, darunter auch Österreich. Die Niederlande, Luxemburg, Polen, Italien, Finnland und Schweden stimmten mit Nein. Belgien, Slowenien und Estland enthielten sich.

+++Alle Details zur Abstimmung im EU-Parlament in Sachen Copyright+++

Die Staaten haben nun 24 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, heißt es in einem Statement der Europäischen Kommission. Darin heißt es von der Kommission auch, dass die neue Regeln Qualitätsjournalismus in der EU fördern werden. “Mit der heutigen Einigung machen wir das Urheberrecht fit für das digitale Zeitalter”, sagt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: Europa werde nun klare Regeln haben, sowie Kreativen eine faire Entlohnung und Usern starke Rechte bieten, sagt er weiter.

+++Analyse zum neuen Urheberrecht: Kritik und Lösungen der Startup-Szene+++

Am Mittwoch, 17. April, wird die neue Richtlinie formell im Europäischen Parlament in Straßburg unterschrieben. Im Vorfeld hatte es zahlreiche Bürgerproteste in mehreren europäischen Städten gegeben. Vor allem der Widerstand gegen Artikel 13, der in der finalen Version Artikel 17 heißt, war groß. Julia Reda von der Piratenpartei verweist via Twitter darauf, dass man nun auf nationaler Ebene agieren kann – den Bürgern wiederum bleibt auch die Möglichkeit, bei der kommenden Europawahl auf die Entscheidung zu reagieren.

 

Freude bei Blümel, Kritik von Neos

Österreichs Medienminister Gernot Blümel begrüßt am Montag in einer Aussendung den “wichtigen Schritt in Richtung Level Playing Field”. Die Entscheidung sei “nicht nur entscheidend für den europäischen Standort, sondern auch ein wesentlicher Schritt in Richtung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle”, so Medienminister Gernot Blümel. Es gehe “insbesondere darum, dass sich die multinationalen Online-Giganten an Spielregeln halten und in die Verantwortung genommen werden können“, so der Medienminister weiter: “Denn bislang machen eben diese Online-Giganten enorme Gewinne mit den Leistungen anderer – ohne dafür selbst etwas zu leisten.”

Kritik kommt auf politischer Ebene indes von den Neos via OTS-Aussendung: “Besonders dreist” findet Claudia Gamon, Spitzenkandidatin der Neos für die kommende EU-Parlamentswahl, die Argumentation, laut der Uploadfilter nicht im Gesetz stehen. “Die Richtlinie sagt klar, dass Plattformen alles tun müssen, um die Veröffentlichung von urheberrechtsgeschütztem Inhalten zu verhindern. Und da führt kein Weg an Uploadfiltern vorbei! Es ist fahrlässig, etwas anderes zu behaupten“, sagt sie.

Urheberrecht-Anfechtung beim EuGH

Gamon möchte die Uploadfilter beim EuGH anfechten. “Ein automatisiertes Filtern von Inhalten vor der Veröffentlichung auf Online-Plattformen greift unverhältnismäßig in die Meinungs- und Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger ein. Damit sind nicht nur Parodien, Satire und Memes in Gefahr, das widerspricht in jeder Hinsicht unseren liberalen Vorstellungen eines freien, offenen und demokratischen Internets,“ so Gamon.

Ein Startup-Unternehmer, der nicht namentlich genannt werden will, zeigt sich gegenüber dem brutkasten jedoch skeptisch: Die Anfechtung beim EuGH sei erst nach den besagten zwei Jahren möglich, das Verfahren selbst würde dann weitere ein bis drei Jahre dauern – in Summe also bis zu fünf Jahre Ungewissheit für europäische Unternehmen. Wer noch kann und die finanzielle Kraft dazu hat, wird Europa verlassen und den Firmensitz in Länder verlegen, “in denen Innovation noch willkommen ist und man nicht von Staat gezwungen wird, unbezahlbare amerikanische Filter Technologie zu lizenzieren”, sagt der Unternehmer abschließend.

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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