21.07.2020

EU-Corona-Paket: Einigung zu einem hohen Preis

Nach zähen Verhandlungen konnten sich politische Vertreter der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten auf die Höhe der Zuschüsse bei den geplanten Coronavirus-Hilfen einigen. Gekürzt wurde dafür beim Forschungsprogramm Horizon Europe, dem "Just Transition Fund" und beim EU4Health"-Programm.
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(c) Stock.Adobe/tanaonte - Die historische Einigung beim EU-Gipfel erforderte Kürzungen in heiklen Bereichen.

Politik ist eine Mischung aus Verhandlungsgeschick und Präsentation. Während nach der Einigung beim EU-Gipfel gängige heimische Medien Bundeskanzler Sebastian Kurz für das Herausholen des jährlichen Budget-Rabatts für Österreich in Höhe von 565 Millionen loben – EU-Beitrag bisher: 2,9 Milliarden Euro, in Zukunft (Erhöhung auch durch den Brexit bedingt) 5,4 Milliarden Euro, Rabatt inklusive – hagelt es auch viel Kritik. Die Einigung beim “EU-RecoveryFund” forderte Opfer in den Bereichen Wissenschaft, Klima und Gesundheitswesen.

EU-Gipfel: 1,8 Billionen Euro-Paket

Zur Einordnung: Nach fünf Marathonsitzungen hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs Dienstag Früh auf das rund 1,8 Billionen Euro schwere Finanzpaket, bestehend aus dem Aufbaufonds “Next Generation EU” und dem Budget von 2021 bis 2027, geeinigt. Der EU-Sanierungsfonds, der sich aus Zuschüssen in Höhe von 390 Milliarden Euro und Darlehen in Höhe von 360 Milliarden Euro zusammensetzt, wird an das siebenjährige Budget gebunden. Für diesen Aufbaufonds wird die EU ab nächstem Jahr gemeinsam Schulden aufnehmen, die man bis 2058 tilgen möchte.

“Europa stark und geeint”

Politiker wie Frankreichs Präsident Emanuel Macron sprechen von einem historischen Tag und bezeichnen Europa nach dem größten Finanzpaket der Geschichte der Europäischen Union als “stark und geeint”, wie es Ratspräsident Charles Michel betonte. Allerdings war dieser Einigung ein tagelanger “Streit” vorausgegangen, der schlussendlich doch eine kleine Spaltung der EU aufgezeigt hat.

Die “sparsamen Vier”, wie sie tituliert wurden, wehrten sich lange dagegen, dass die Vergabe der Coronavirus-Hilfen als nicht rückzahlbare Zuschüsse gelten. Dazu zählten Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande.

Vor Einigung anderer Plan

Ursprünglich hatten noch im Mai Frankreich und Deutschland ein von der Europäischen Kommission angenommenes Sanierungsprogramm in Höhe von 500 Milliarden Euro vorgeschlagen und ein Darlehensprogramm in Höhe von 250 Milliarden Euro hinzugefügt.

Bundeskanzler Sebastian Kurz, gemeinsam mit dem Regierungschefs von Dänemark, Holland und Schweden, hatte sich daraufhin gegen die Aufnahme von Schulden zur Gewährung von Sanierungszuschüssen ausgesprochen.

Verhandlungen drohen persönlich zu werden

Als die Verhandlungen bereits persönlicher Natur zu werden drohten (Frankreichs Präsident Macron warf Österreichs Kanzler Kurz sogar vor, sich nur für seine Pressearbeit und sein politisches Image zu interessieren), einigte man sich auf die oben erwähnte Vorgangsweise. Und opferte dafür andere Bereiche.

Kürzung bei Forschungsfinanzierung

Horizon Europe ist ein geplantes siebenjähriges wissenschaftliches Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union, welches das aktuelle Programm Horizon 2020 ablösen soll. Vor der Pandemie war die Rede davon, diese Initiative mit 120 Milliarden Euro zu budgetieren, um zu den Forschungsausgaben der USA und China aufzuschließen.

Realistische Forderungen drehten sich am Ende dann bei rund 89 Milliarden Euro Förderung. Davon wurden von den Staatschefs nun 8,5 Milliarden gestrichen. Am Ende wird das Kernprogramm von Horizon Europe mit 75,9 Milliarden Euro und einem “Extra” von fünf Milliarden Euro aus dem Pandemie-Recovery-Fonds ausgestattet.

Auch das Budget für das “EU4HEALTH-Programm“, eine erstmalige gemeinsame EU-Unternehmung, um Engpässe bei Arzneimitteln zu vermeiden und Notvorräte medizinischer Materialen anzulegen, wurde gekürzt. Von erhofften 9,4 Milliarden Euro für die Jahre 2021 bis 2027 wurde es nun auf 1,7 Milliarden Euro reduziert

Cut bei “Just Transition Fund”

Ähnlich erging es dem “Just Transition Fund”, der Regionen helfen soll ökologischer zu werden und den Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft zu finanzieren. Er erhält nun 17,5 Milliarden Euro aus dem “EU-Recovery Fund”- nach 37,5 Milliarden Euro, die in einem früheren Vorschlag vorgesehen waren. Um Zugang zu dem Geld zu erhalten, müssen sich die Länder dem Ziel der EU verpflichten, bis 2050 „klimaneutral“ zu werden

Darüber hinaus haben die Staats- und Regierungschefs ein vorgeschlagenes “Solvabilitätsinstrument” in Höhe von 26 Milliarden Euro verworfen, mit dem lebensfähige Unternehmen gestützt werden sollen, die aufgrund der Krise in Gefahr sind, zu scheitern.

Ska Keller, Vorsitzender der Grünen-Abgeordneten im Europäischen Parlament dazu: “Die gute Nachricht ist, dass es einen Deal gibt. Die Liste der schlechten Nachrichten ist lang: Kürzungen bei Gesundheits- und Klimaprogrammen.“

Kritik von BusinessEurope

Auch Europas größter Wirtschaftsverband äußerte sich auch schnell besorgt über die Nachrichten vom Gipfel. “Cutting Horizon Europe” und die Beseitigung von Solvabilitätsinstrumenten sind falsche Orte für Kürzungen, wenn wir eine erfolgreiche Erholung erreichen wollen”, sagte BusinessEurope auf Twitter.

Von der Leyen: “bedauerlich”

Selbst EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen meinte, dass Kürzungen “bedauerlich” wären, insgesamt die Einigung trotz allem “historisch” sei. An den Finanzmärkten wurde der Kompromiss positiv aufgenommen. Der Euro erreichte den höchsten Stand seit vier Monaten.

Kritik der Opposition

Auch im Inland ließ die Kritik trotz dieser bemerkenswerten EU-Einigung nicht lange auf sich warten. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nannte die Kürzungen für Gesundheit, Forschung und Klimaschutz “falsch und kurzsichtig”.

NEOS: “Erpressungstaktik”

Beate Meinl-Reisinger von den NEOS sprach sogar von einer Erpressungstaktik von Sebastian Kurz, dem die Zukunft von 450 Millionen Europäern egal sei: “Dass sich der Bundeskanzler für den ‘Rabatt’ feiern lässt, zeigt wie kurzsichtig und kleingeistig seine Politik ist, denn gleichzeitig bedeutet das auch weniger Geld für die wichtigen Zukunftsbereiche wie Umwelt, Gesundheit und Forschung”, schreibt sie auf Facebook.

Was wir gesehen haben, ist das peinliche Gerangel um Zahlen und Aufmerksamkeit der Staats- und Regierungschefs – allen…

Gepostet von Beate Meinl-Reisinger am Dienstag, 21. Juli 2020

Politische Beobachter und Medien sprechen indes von einem Riss in der EU, der sich bei zukünftigen Verhandlungen für EU-Führungspositionen negativ auswirken könne, wenn innenpolitische Strategien über Gemeinschaftslösungen gestellt werden.

Macron: “Schuldenaufnahme geschichtsträchtig”

Macron dazu auf einer Pressekonferenz: “Diese langen Verhandlungen waren geprägt von Schwierigkeiten, von Gegensätzen und von unterschiedlichen Auffassungen von Europa”, sagte er, nannte aber zugleich den Umstand, dass sich die EU zum ersten Mal in ihrer Geschichte im großen Umfang gemeinsam verschulden will, geschichtsträchtig. Es sei eine historische Veränderung für Europa.

Nach dem EU-Gipfel ist nun das das Europäischen Parlament am Zug und muss den Plänen und Budgetvorschlägen zustimmen, bevor die nationalen Parlamente ihre Einwilligung geben.

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© Unsplash

Was brauchen Startups, um erfolgreich zu sein? In vielen Fällen: Kapital. Die Wirtschaftsprüfungskanzlei Forvis Mazars hat sich Erfolgsstrategien von mehr als 1.700 Startups aus über 100 Ländern angesehen und im Rahmen der Female Founder Challenge untersucht. Am Ende definierte man vier Faktoren, die erfolgreiches Fundraising ausmachen.

Vier Schritte zur Kapitalbeschaffung

1. Richtige Menge

Zuerst sei entscheidend, die richtige Menge an Kapital zu beschaffen. Dabei sei Forvis Mazars zufolge “eine sorgfältige Bewertung der eingeworbenen Beträge und die Unternehmensbewertung” wichtig.

2. Richtiger Zeitpunkt

Als zweiten Schritt müsse man den richtigen Zeitpunkt für die Kapitalbeschaffung finden. Dieser hänge von der Reife des Unternehmens, der Markttraktion und der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells ab. Der Studie von Forvis Mazars zufolge würden 79 Prozent der Unternehmen innerhalb der ersten fünf Jahre Kapital beschaffen. Nur 19 Prozent würden das erst später tun.

3. Richtige Gründe

Schritt drei ist eigentlich der Wichtigste: Was ist der Grund für die Kapitalbeschaffung? Sie dürfe kein Selbstzweck sein, sondern müsse der Erreichung bestimmter Ziele dienen. Man brauche neben Kapital auch eine klare Markenstrategie, ein aufgebautes Netzwerk und Fachwissen.

4. Richtige Partner:innen

Abschließend ist auch die Auswahl der Investor:innen entscheidend: Welche Personen oder Fonds verstehen das Unternehmen, teilen die Unternehmenswerte und bringen relevantes Fachwissen und Netzwerke mit?

Hürden in Bürokratie

Peter Wundsam, Partner bei Forvis Mazars in Österreich, betont die Notwendigkeit einer Entbürokratisierung: “Gründerinnen und Gründer stehen immer noch vor zahlreichen Hürden wie gewerberechtlichen Bestimmungen und hohen Lohnkosten, obwohl die Einführung der FlexKapG (Flexible Kapitalgesellschaft) bereits ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung war.”

Ähnliche Forderungen sind auch im Working Paper “Vision 2030” von AustrianStartups, invest.austria, der Jungen Wirtschaft und StartupNOW zu finden – brutkasten berichtete. In Österreich würden steuerliche Anreize fehlen, die Privatpersonen dazu motivieren, in Startups oder VC-Fonds zu investieren. Ein großes Potential für Risikokapitalfinanzierungen bleibe so hierzulande ungenutzt.

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EU-Corona-Paket: Einigung zu einem hohen Preis

  • Während nach der Einigung beim EU-Gipfel gängige heimische Medien Bundeskanzler Sebastian Kurz für das Herausholen des jährlichen Budget-Rabatts für Österreich in Höhe von 565 Millionen loben, hagelt es auch viel Kritik.
  • Die Einigung beim “EU-RecoveryFund” forderte Opfer in den Bereichen Wissenschaft, Klima und Gesundheitswesen.
  • Ursprünglich hatten noch im Mai Frankreich und Deutschland ein von der Europäischen Kommission angenommenes Sanierungsprogramm in Höhe von 500 Milliarden Euro vorgeschlagen und ein Darlehensprogramm in Höhe von 250 Milliarden Euro hinzugefügt.
  • Selbst EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen meinte, dass Kürzungen “bedauerlich” wären, insgesamt die Einigung trotz allem “historisch” sei.

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