21.03.2022

DigiConnect: BRZ will Startups und öffentliche Verwaltung vernetzen

Das BRZ steht hinter Erfolgsgeschichten wie FinanzOnline und will, dass Ämter und Behörden in Zukunft enger mit Startups zusammenarbeiten.
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Roland Ledinger ist Geschäftsführer des Bundesrechenzentrums (BRZ) © brutkasten Media
Roland Ledinger ist Geschäftsführer des Bundesrechenzentrums (BRZ) © brutkasten Media

Die öffentliche Hand könnte ein spannender Markt für Startups sein. Vergabe-Verfahren sind aber oft zu kompliziert für Jungunternehmen mit kleinen Teams. Für Behörden und Ämter ist das auch nicht immer ideal, denn Startups haben oft Lösungen, die dort benötigt würden. Das Bundesrechenzentrum will eine solche Zusammenarbeit jetzt erleichtern. Gelingen soll das in einem ersten Schritt über eine Initiative, über die Startups, Unternehmen, Wissenschaft, Bürger:innen und Verwaltung einander näher kommen sollen.

Das Projekt läuft unter dem Arbeitstitel “DigiConnect” und soll verschiedene Formate entwickeln, in denen gemeinsam “Ideen, Konzepte und Lösungen für die Herausforderungen der Verwaltung” entwickelt werden, wie das BRZ dem brutkasten verrät. Die Plattform ist derzeit in Entwicklung und soll im zweiten Halbjahr aktiv mit ersten Initiativen starten.

Brücke zwischen Startups und Verwaltung

“Wir wollen das Kompetenzzentrum für die Digitalisierung des Bundes und für die Verwaltung werden”, sagt der neue BRZ-Geschäftsführer Roland Ledinger im Talk mit dem brutkasten. Das Bundesrechenzentrum steht hinter Services wie FinanzOnline, oesterreich.gv.at oder Justiz 3.0, werde aber noch viel zu wenig mit Innovationsmanagement assoziiert: “Digitale Transformation beginnt aber bei der Ideenfindung und dem Innovationsmanagement und Proof of Concept. In dieser Wertschöpfungskette sind wir schon tätig, werden aber nicht damit identifiziert”. Man wolle sich auch Startups und deren Ideen öffnen und eine Brücke zu den Bedürfnissen der Verwaltung bilden.

Neben dieser Vernetzung müsse es auch neue Zugänge in der Beschaffung geben – ein Thema, für das sich Vergaberechts-Anwalt Martin Schiefer einsetzt. “Die Verwaltung muss neu denken und dazu gehört, dass man auch Dinge weglässt”, sagt er im brutkasten-Talk und nennt Gewerbeschein, Strafregisterauszug und Betriebshaftpflicht als Beispiele. Eine Plattform wie DigiConnect würde er direkt mit einer Beschaffungsplattform verknüpfen. Aber nicht jede Beschaffung sei für Startups geeignet und dann sei es eben auch legitim, dass die Hürden höher liegen: “Es gibt auch konservative Ausschreibungen, die einfach nicht für Startups gemacht sind. Man muss sich auch als Startup überlegen, ob man hineinpasst”.

“GovTechs sind auf dem Vormarsch”

DigiConnect soll auch umgekehrt die “Schleusen” öffnen und mit Inputs aus der Verwaltung unternehmerische Innovation anstoßen. “Wir stellen beispielsweise Daten bereit, aus denen man etwas machen kann. Auf data.gv.at gibt es 37.000 Daten der öffentlichen Verwaltung. Mit diesen Daten kann ich Produkte bauen, die ich am Markt verkaufen kann. Denkbar wäre auch, dass ein Vermieter die Ummeldung im Melderegister für Mieter vornimmt. Das wäre eine B2C-Dienstleistung und kann bepreist werden. Solche Ideen wollen wir auf der Plattform austauschen”, so Ledinger, der ein gewissen Vorbild im Bereich FinTech und Open Banking sieht und gibt ein weiteres Beispiel: “GovTechs sind auf dem Vormarsch. Ein gutes Beispiel ist die Zulassung. Man sagt, man geht zur Zulassungsstelle, geht aber eigentlich zur Versicherung und bezahlt für den Zulassungsprozess, und die Versicherung verlangt dafür Geld. Die Verwaltung hat die Schnittstelle zum Zulassungsregister für diesen Zweck geöffnet”.

Roland Ledinger und Martin Schiefer im Talk mit dem brutkasten

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Grafiken zur Startup Entwicklung Österreich
Eigene Grafiken, Karte Rechts (c) ASM
mit Visuals

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Es ist das Jahr 2014, brutkasten wurde soeben gegründet. Im September launcht Bitpanda, damals noch unter dem Namen Coinimal, Runtastic bringt ein Fitnessarmband auf den Markt und Shpock steht kurz vor der Übernahme durch den norwegischen Medienkonzern Schibsted. Die Startup-Szene boomt.

Das alles ist heute zehn Jahre her. Eine lange Zeit, in der in der österreichischen Startup-Szene einiges passiert ist – Erfolgsstorys von großen Exits werden geschrieben, Investor:innen stecken Millionenbeträge in junge Unternehmen, staatliche Gesellschaften wie die FFG vergeben jährlich 100 Millionen Euro für Projekte von Startups. Aber auch Krisen wie die Covid-19-Pandemie erschütterten die Wirtschaft – immer wieder werden Startups insolvent.

All diese Veränderungen versucht der Austrian Startup Monitor (ASM) festzuhalten, hinter dem das Austrian Institute of Technology (AIT) steht. Durch jährliche Umfragen erhebt die Forschungseinrichtung wichtige Daten, die einen Überblick über die Welt der Startups liefern. Diese Daten wurden brutkasten exklusiv zur Verfügung gestellt. Wir haben uns an – gesehen, was sich in den letzten zehn Jahren in der österreichischen Startup-Szene verändert hat.

Gründungsland Österreich

Beginnen wir mit den Neugründungen. Insgesamt 277 Startups wurden 2014 – im Entstehungsjahr von brutkasten gegründet. Anschließend stieg die Anzahl der Gründungen jährlich, bis der Wert 2017 mit 379 Startups seinen bisherigen Höhepunkt erreichte.

Was die Daten des ASM ebenfalls zeigen, ist ein kleiner Rückgang im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie. Doch die Startup-Szene erholt sich schnell, bereits 2021 befinden sich die Neugründungen wieder auf Vorkrisenniveau. Aufgrund der vom AIT ausgewählten Suchstrategien, scheinen neu gegründete Startups erst mit einer zeitlichen Verzögerung bis zu zwei Jahren in den Daten auf. Doch für 2022 bis heute wird, ähnlich der Werte aus Deutschland, eine stabile Anzahl an Neugründungen erwartet  – wenn auch mit einem leichten Rückgang.

Investments: Mehr Deals, Gesamtsumme aber zuletzt rückläufig

Dass Startups über die Jahre vor allem wirtschaftlich immer relevanter werden, zeigen auch die Daten des jährlich erscheinenden EY Start-up-Barometer. Die Studie verrät, dass die Anzahl der Investments für österreichische Startups im vergangenen Jahr ein Rekordhoch erreicht hat. Noch nie zuvor wurden so viele Deals abgeschlossen.

Hier lohnt sich jedoch der Blick auf die Gesamtsumme der Investments. Denn 2023 waren die Investmentbeträge zum zweiten Mal rückläufig. Wie die Daten von EY zeigen, wurden 2023 zwar weit mehr Investments abgeschlossen als jemals zuvor, allerdings gab es keinen einzigen Großdeal im Umfang über 100 Millionen Euro.

2021 war die Anzahl an Investments zwar noch um einiges niedriger als 2023, allerdings katapultierte die Anzahl an Großdeals - wie etwa jene von Bitpanda oder GoStudent - die Summe in eine noch nie da gewesene Höhe. Über 1,2 Milliarden Euro wurde damals in Startups investiert  – mehr als die Hälfte davon alleine durch Großdeals.

Startups werden immer höher bewertet

Neben der Anzahl an Investments steigt auch die Bewertungen der Startups kontinuierlich. Aus den Daten des ASM geht hervor, dass die Investor:innen 2019 noch den Großteil der Startups mit weniger als 2,5 Millionen Euro bewertet haben. Doch bereits im Jahr darauf hat sich alles geändert: Mehr als die Hälfte der Startups erhielt eine Bewertung über dem Schwellwert. 

Seitdem sind die Bewertungen jährlich gestiegen. Im vergangenen Jahr kamen 44 Prozent der heimischen Startups auf eine Bewertung von mehr als fünf Millionen Euro  –  so hoch war der Wert noch nie. Einige Startups haben Bewertungen von über 100 Millionen Euro erreicht.

Startup-Gründung: eine Frage des Geldes

Insgesamt steigt zwar die Anzahl der Investments und auch die Bewertungen. Doch auf welche Finanzierungsformen setzen österreichische Startups überhaupt in welchem Ausmaß?

Die Daten zeigen: Bootstrapping bleibt nach wie vor häufigste Finanzierungsform. Zwei von drei Founder:innen finanzieren ihr Startup aus eigenen Mitteln. Allerdings ist der prozentuale Anteil an eigenfinanzierten Startups seit 2018 stark zurückgegangen. Vor sechs Jahren wurden noch 81 Prozent der Startups gebootstrappt - letztes Jahr waren es nur noch 66 Prozent.

Auch hier zeigt sich, dass öffentliche Förderungen aktuell wieder häufiger werden. Rund die Hälfte der Startups erhielt nationale Unterstützungen. Auch gaben mehr als ein Viertel der Startups an, sich aus dem Cashflow zu finanzieren. Daneben hat gut jedes vierte Startup einen Business Angel hinter sich. Hingegen spielen Finanzierungsmethoden wie Crowdfunding nur mehr eine sehr geringe eine Rolle.

Beliebte Branchen

Vor zehn Jahren war Künstliche Intelligenz noch weitaus weniger verbreitet als heute. Doch die Grundsteine waren bereits gelegt. Aus den Fortschritten im maschinellen Lernen gingen die ersten Pioniere hervor: 2014 übernahm Google das Startup DeepMind und bald danach wurde auch OpenAI gegründet - das Unternehmen hinter der beliebtesten KI ChatGPT. Es sollte aber noch einige Jahre dauern, bis KI auch die österreichische Startup-Szene umkrempelt.

Was aus der Grafik hervorgeht ist, dass IT & Software prozentual gesehen nach wie vor die dominierende Branche bleibt. Startups in der Branche der Life Sciences bekamen in den vergangenen Jahren starken Zuwachs. Ein Rückgang hingegen gab es bei den Anteilen an Hardware-Startups. Sie verlieren über die Jahre immer mehr an Bedeutung – verhältnismäßig setzen sich auch immer weniger Jungunternehmen in der industriellen Technologie an.

Dass Life-Science-Startups beliebter werden, zeigt sich auch bei den Gründungsformen. Akademische Startups, also Unternehmen, die als Spin-Off an einer Universität oder an einer Fachhochschule entstanden sind, machen heute knapp ein Viertel aller Gründungen aus. Aber dennoch: Mehr als jedes zweite Startup wird weiterhin unabhängig gegründet.

Frauen in den Gründungen

Auch der Frauenanteil in den Gründungsteams verändert sich. Nach den Daten des ASM waren vor sechs Jahren nur rund zwölf Prozent der Gründer:innen Frauen, während insgesamt 29 Prozent der österreichischen Gründungsteams zumindest eine Frau im Team hatten.

Bis 2022 stieg der Frauenanteil in den Gründungsteams auf rund 39 Prozent, bevor er vergangenes  Jahr wieder leicht zurückging. Der Anteil der Gründerinnen insgesamt hat sich bei etwa 17 Prozent eingependelt – auch dieser Wert ist leicht rückläufig.

Startups-Teams wachsen

Anhand der Anzahl der Mitarbeiter:innen zeigt sich: Startups wachsen. Vor sechs Jahren, also 2018, waren durchschnittlich 8,2 Mitarbeitende pro Startups angestellt. Nur drei Jahre später, 2021, waren es mit 12,3 Mitarbeiter:innen bereits um die Hälfte mehr. Auch im vergangenen Jahr waren durchschnittlich wieder 12,3 Mitarbeitende pro Startup angestellt.

In welchen Bereichen werden Mitarbeitenden eingesetzt? Am meisten gefragt ist nach wie vor IT und Softwareentwicklung. Jährlich gaben mehr als 40 Prozent der heimischen Startups an, dass sie hierbei Probleme in der Besetzung haben – 2022 war es sogar die Hälfte aller Startups.

Auch Positionen im Sales und in der Produktentwicklung sind gefragt – mehr als ein Viertel der Startups sucht ergiebig nach Angestellten.

Finanzielle Realität

Doch wie viel Umsatz machen die Startups am Ende des Jahres wirklich? Die Antwort wirkt etwas ernüchternd: Nach wie vor geben etwas mehr als ein Viertel der heimischen Startups an, keinen Umsatz zu machen. Ein weiteres Viertel hingegen äußert, dass sie einen Umsatz bis 50.000 Euro hatten – auch dieser Wert bleibt über die Jahre unverändert.

Immerhin kann die andere Hälfte von sich behaupten, einen Umsatz zu erwirtschaften, der darüber liegt. Nicht nur das, auch gibt mehr als jedes zehnte Startup an, bereits einen Umsatz über einer Million Euro zu haben.

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Die Daten, die wir für diesen Artikel verwenden, wurden dem brutkasten vom Austrian Startup Monitoring (ASM) zur Verfügung gestellt, sowie vom EY Start-up Investment Barometer Österreich 2023 abgerufen. Das ASM wird vom Austrian Institute of Technology (AIT) an der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt. Jährlich befragt die Forschungseinrichtung die österreichische Startup-Szene empirisch. https://austrianstartupmonitor.at/


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