13.05.2022

“Die Terra-Blockchain ist tot”

Der Kryptomarkt ist verunsichert. Dies liegt auch an den Entwicklungen des Kryptoprojekts Terra (LUNA). Christopher Obereder und Florian Wimmer teilen mit dem brutkasten ihre Einschätzung über die aktuelle Lage und was es für die Zukunft der Stablecoins bedeuten könnte.
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Florian Wimmer und Christopher Obereder geben dem brutkasten ihre Einschätzung zum Kollaps des Kryptoprojekts Terra (LUNA). © Mariia Shalabaieva
Florian Wimmer und Christopher Obereder geben dem brutkasten ihre Einschätzung zum Kollaps des Kryptoprojekts Terra (LUNA). © Mariia Shalabaieva

Der Kryptomarkt war diese Woche von mehreren negativen Entwicklungen betroffen. Dies führte nicht nur dazu, dass die Marktkapitalisierung auf 1,22 Billionen Dollar sank, sondern auch dazu, dass die Unsicherheit im Markt stieg. Nicht zuletzt hat der Kollaps des weltbekannten Kryptoprojekts Terra (LUNA) zu dieser Unsicherheit beigetragen. Der Stablecoin UST soll eigentlich den US-Dollar nachbilden, verlor aber in der letzten Woche seinen Peg. Peg bezeichnet die Bindung zum Wechselkurs des Dollars. Diese Entkoppelung führte dazu, dass der Stablecoin zwischenzeitlich sogar nur 0,3 USD wert war – und das obwohl er ja eigentlich, wie der Name schon sagt, “stabil” bei einem Dollar sein sollte. Die damit verbundene Kryptowährung Luna hat ebenfalls bis zu 95 Prozent ihres Wertes verloren. Die Reaktionen aus der Kryptoszene fallen unterschiedlich aus. Der brutkasten hat mit Florian Wimmer, Co-Founder und CEO von Blockpit, und Krypto-Experte und Serial Entrepreneur Christopher Obereder gesprochen, die beide ihre Einschätzung zur aktuellen Lage geben. 

Chris Obereder erklärt zunächst, dass viele Menschen ihr Geld aus Sicherheitsgründen bewusst in Stablecoins investiert hätten, um es in einem sicheren Hafen zu parken und vor einem Crash – wie dem aktuellen Bärenmarkt-Crash – sicher zu sein. “Und jetzt ist dieses weltbekannte Kryptoprojekt innerhalb von zwei Tagen um 90 Prozent kollabiert”, meint der Krypto-Experte zu den Entwicklungen der Woche. “Ich denke, dass wir in den nächsten Jahren mehr Regulatorik im Stablecoin-Markt beobachten werden, denn wie man sieht, ist er nicht stark genug reguliert”, prognostiziert er.

“Eine absolute Katastrophe, was Überwachung und Kontrolle angeht”

Auch Florian Wimmer äußert sich zur zukünftigen Regulatorik von Stablecoins, allerdings sieht er diese kritisch. Grundsätzlich finde er es sehr traurig zu beobachten, was aktuell passiert, da es seiner Meinung nach einen enormen Setback darstellen würde. Wie bereits erwähnt, geht auch er davon aus, dass die Regulatoren die Entwicklungen nun zum Anlass nehmen würden, um das Thema extrem hart zu regulieren. “Im Endeffekt geht es dann in die Richtung, dass eigentlich nur Central Bank Digital Currencies die Stablecoins sind, die erlaubt sind. Das widerspricht letztendlich dem ganzen Sinn der finanziellen Inklusion und Freiheit. Aus meiner Sicht ist das eine absolute Katastrophe, was Überwachung und Kontrolle anbelangt”, meint Wimmer.

Eine koordinierte milliardenschwere Attacke?

Zwar gibt es bereits mehrere Spekulationen darüber, wer hinter dem aktuellen Kollaps stecken könnte, bestätigen lasse sich allerdings nichts. Was man laut Wimmer allerdings sagen könnte ist, dass es sich hier definitiv um eine koordinierte milliardenschwere Attacke handelt – sonst wäre das nicht so einfach und so schnell gegangen. Dies lasse sich schließlich auf der Blockchain nachvollziehen. “Wer da dahinter steckt, ist aber natürlich schwer zu sagen”, so der Blockpit-CEO.

“Die Terra-Blockchain ist aus meiner Sicht jetzt fürs Erste mal tot. Es gibt zwar immer noch Rettungsversuche und eventuelle Investor:innen, die bereit wären, wieder Geld hinein zu pumpen. Andererseits gibt es auch viele verbrannte Investor:innen und tragische Folgen. Es kam ja bereits zu Selbstmorden und auch der Founder befindet sich aktuell unter Polizeischutz”, erklärt Wimmer. Dementsprechend geht er zunächst nicht davon aus, dass an dieser Stelle so schnell wieder etwas passieren wird.

Allerdings verweist der Founder auch auf jene Projekte auf der Terra-Blockchain, die weitermachen wollen und sich hierfür wohl auf einer anderen Blockchain eine neue Heimat suchen würden. Es sei also nicht alles komplett ausgelöscht. Wimmer steht den aktuellen Geschehnissen zwar kritisch gegenüber, versucht aber positiv in die Zukunft zu schauen: “Ich bin immer positiv und glaube, dass es irgendwann mal jemanden geben wird, der oder die eine Lösung findet, die so groß ist, dass man sie nicht mehr stoppen kann. Diesmal war es einfach zu klein und wurde zu früh gestoppt.” Dabei versteht er Terra (LUNA) aber weiterhin als ein gutes Projekt. Seiner Meinung nach handelt es sich hier um ein riskantes Experiment, bei dem versucht wurde, den Status Quo des Finanzmarktes zu durchbrechen.

Tether-Stablecoin als nächstes Ziel?

Sowohl Obereder als auch Wimmer verweisen im Gespräch mit dem brutkasten auf den Tether-Stablecoin. Obereder betont dabei die bestehende Unsicherheit im Markt und verweist auf ein bereits allgemein bekanntes Risiko. Sollte dieser seine Bindung zum Dollar einmal richtig verlieren, könnte das laut dem Krypto-Experten einen riesigen Abverkauf bedeuten, der den gesamten Stablecoin-Markt verunsichern würde. Nachdem Tether gestern um beinahe 10 Prozent abgesunken ist, hat er sich in der Zwischenzeit aber wieder gefangen. Wimmer erklärt dies damit, dass es sich bei Tether gegenüber des Terra-Stablecoins um ein weitaus größeres Projekt handeln würde. Er gehe aber davon aus, dass Tether weiterhin ein Ziel bleiben wird. 

Mit Blick auf die kommenden Monate sieht Christopher Obereder noch weitere Korrekturen und erwartet, dass sich der Kryptomarkt bis zur 20.000-Marke bewegen wird. Als Folge auf die Erfahrungen des Kryptoprojekts Terra (LUNA) geht Florian Wimmer wiederum davon aus, dass es für viele, die darauf aufgebaut haben, eine Lehre sein wird: “Die werden nun noch vorsichtiger vorgehen. Auch wenn es den Innovations-Lead natürlich hemmt.”


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“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.

Kollaborativ, transparent, frei zugänglich und nicht profit-orientiert – mit Open-Source-Software wird eine Reihe von Eigenschaften assoziiert. Und oftmals stehen bei der Nutzung ethische Überlegungen im Zentrum. Dabei gibt es auch ganz praktische Gründe, die für eine Verwendung durch Unternehmen sprechen – auch bei der Implementierung von KI-Anwendungen, ist Stephan Kraft, Community Advocate & Business Development OpenShift & Application Services bei Red Hat, überzeugt. In Folge fünf der Serie “No Hype KI” diskutierte er dieses und weitere Themen mit Florian Böttcher, Solution Architect bei CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac, Policy Lead bei Women in AI und Patrick Ratheiser, Gründer & CEO von Leftshift.One.

“Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”

“Ich will das Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”, sagt Stephan Kraft. Für Red Hat als weltweit führenden Anbieter für Open-Source-Lösungen für Unternehmen gehen die Argumente für eine Nutzung nämlich weit darüber hinaus. “Es geht nicht darum, Open Source als Selbstzweck zu sehen, um zu den Guten zu gehören”, so der Experte. Tatsächlich sei die Verwendung von Open Source gerade bei der Etablierung von KI im Unternehmen für Startups und KMU eine wichtige Weichenstellung.

Offenheit, um Diskriminierung entgegenzuwirken

Auch Natalie Ségur-Cabanac sieht Open Source als “Key Technology” im KI-Bereich. Für “Women in AI” spiele die Offenheit eine zentrale Rolle: “Diese Offenheit braucht es, um Diskriminierung entgegenzuwirken.” Open Source verbessere den Zugang für Frauen zur Technologie, die Abbildung von Frauen in den Daten und es vergrößere die Möglichkeiten in der Forschung. Man müsse aber auch aufpassen, ob Software wirklich so offen sei, wie behauptet, sagt sie bezogen auf die aktuellen Diskussionen rund um OpenAI, das sich – ursprünglich als offenes Projekt gestartet – zum profitorientierten Unternehmen entwickelte. Es brauche auch eine klare Definition, was “open” sei.

Masse an Möglichkeiten

Leftshift.One-Gründer Patrick Ratheiser betont auch die schiere Masse an Möglichkeiten, die Open Source bietet. “2021 hatten wir weltweit Zugriff auf circa 5.000 Open-Source-Modelle. Jetzt sind es bereits mehr als eine Million.” Die Nutzbarkeit sei also klar gegeben, zudem biete die Technologie eine gewisse Unabhängigkeit und werde über ihre Vielfalt zum Innovationstreiber.

Ist Open Source immer die beste Lösung?

Doch bedeutet das, dass Open Source immer die optimale Lösung ist? Ratheiser sieht das differenziert: “Es ist ganz wichtig zu erkennen, was der Kunde braucht und was in dem Fall gerade notwendig ist. Egal, ob es nun On-Premise, in der Cloud, Open Source oder Closed Source ist.” Florian Böttcher von CANCOM Austria pflichtet hier bei: “Wir setzen genau so auf hybrid.”

Datenstruktur im Hintergrund ist entscheidend

Ein Thema, bei dem bei Open Source Vorsicht geboten ist, spricht Natalie Ségur-Cabanac an. Besonders wichtig sei es bei KI-Anwendungen, eine gute Datenstruktur im Hintergrund zu haben. “Die Verantwortung, dass ein Modell mit sauberen Daten trainiert worden ist, liegt bei den Anbietern. Bei Open Source verschwimmt das ein bisschen. Wer ist wofür zuständig? Das ist eine Herausforderung für die Compliance zu schauen, wo man selbst verantwortlich ist und wo man sich auf einen Anbieter verlassen kann.”

Compliance: Großes Thema – mehr Sichereheit mit professioneller Unterstützung

Stephan Kraft hakt hier ein. Genau aus solchen Gründen gebe es Unternehmen wie Red Hat, die mit ihrem Enterprise-Support für Open-Source-Lösungen die Qualitätssicherung auch im rechtlichen Bereich übernehmen. “Das ist ein ganz wichtiger Teil unseres Versprechens gegenüber Kunden”, so Kraft. Unbedacht im Unternehmen mit Open Source zu arbeiten, könne dagegen in “Compliance-Fallen” führen, pflichtet er Ségur-Cabanac bei.

Das sieht auch Patrick Ratheiser als Thema bei Leftshift.One: “Unsere Lösung ist Closed Source, wir setzen aber im Hintergrund Open Source ein. Wichtig ist, dass wir dem Kunden Compliance garantieren können.” Stephan Kraft empfiehlt Unternehmen bei der Open-Source-Nutzung: “Man kann nicht immer gleich die neueste ‘bleeding edge’-Lösung nehmen sondern sollte etwas konservativer herangehen.”

Infrastruktur: Gut planen, was man wirklich braucht

Unabhängig davon, ob man nun Open Source oder Closed Source nutzt, braucht es für die Nutzung von KI die richtige Infrastruktur. “Es kommt natürlich auf den Use Case an, den ein Unternehmen umsetzen will. Da sind die Anforderungen an die Infrastruktur sehr unterschiedlich”, grenzt Florian Böttcher ein. CANCOM Austria unterstützt seine Kunden in genau der Frage. Anwendungen wie das Training von KI-Modellen würde aus gutem Grund kaum in Österreich umgesetzt. “KI ist sehr stromhungrig und entwickelt viel Hitze. Das ist schwierig für ein eigenes Data-Center im Unternehmen, gerade wenn man die Strompreise in Österreich ansieht”, so Böttcher.

“Rechenleistungs-Hunger” von KI könnte sich in Zukunft verringern

Wichtig sei es letztlich, sich als Unternehmen sehr klar darüber zu sein, was man umsetzen wolle. “Danach, welche Software-Lösung man für seinen Use Case einsetzen muss, richtet sich auch die Infrastruktur”, so Böttcher. Er erwarte aber auch, dass die KI-Modelle im nächsten Entwicklungsschritt effizienter werden und der “Rechenleistungs-Hunger” sich verringere.

Patrick Ratheiser ergänzt: “Es ist grundsätzlich eine Kostenfrage.” Unternehmen müssten sich sehr gut überlegen, ob sie ein eigenes LLM (Large Language Model) betreiben und dieses sogar selbst trainieren wollen, oder lieber doch eine Usage-basierte Lösung wählen. Er sehe bei österreichischen Unternehmen – auch bei größeren – eine klare Tendenz zur zweiten Variante. “Es lässt sich deutlich schneller einrichten, ist kalkulierbarer und auch viel schneller skalierbar”, erklärt Ratheiser.

Etwa im Forschungsbereich sei es jedoch wichtig und notwendig, auch eigene LLMs und die damit verbundene Infrastruktur zu betreiben. Doch auch die Möglichkeit von hybriden Lösungen biete sich an. “Man kann mittlerweile auch Teile in der Cloud lassen und Teile On-Premise. Man kann etwa nur ein datenschutzsicheres LLM selbst betreiben”, erklärt der Experte, der auch bei der Wahl der genutzten Modelle einen hybriden Ansatz empfiehlt: “Man braucht nicht für alle Use Cases das neueste Modell. Manchmal braucht man überhaupt kein LLM.”

Datenschutz: Einige Herausforderungen bei LLMs

Stichwort: Datenschutz. Hier schafft die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im KI-Bereich besondere Herausforderungen, weiß Natalie Ségur-Cabanac, die vorab betont: “Ich persönlich halte die DSGVO für ein gutes Regulierungswerk, weil sie sehr viel Spielraum gibt. Ich sage immer: Datenschutz ist sehr komplex, aber nicht kompliziert.” Konkret seien etwa der Grundsatz der Zweckbezogenheit, also dass man Daten nur für konkrete Zwecke einsetzen darf, und dass man sie minimierend einsetzen muss, relevant für den KI-Bereich. “Da haben wir schon einen Konflikt, weil man ja [bei LLMs] erst einmal schaut, was man aus möglichst vielen Daten machen kann”, so die Expertin.

Ist KI rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich?

Auch Transparenzbestimmungen – sowohl in der DSGVO als auch im AI-Act der EU – seien zu beachten. “Wenn ich KI verwende, muss ich auch wissen, was drinnen ist”, fasst Ségur-Cabanac zusammen. Ist KI also rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich? “Nein, das glaube ich nicht. Aber man muss seine Hausaufgaben schon gut machen”, sagt die Expertin. Wichtig sei daher auch die im Rahmen des EU-AI-Acts eingeforderte KI-Kompetenz in Unternehmen – im technischen und rechtlichen Bereich.

KI-Kompetenz als zentrales Thema

Patrick Ratheiser stimmt zu: “Neben der Technologie selber sind bei unseren Kunden die Mitarbeiter ein Riesen-Thema. Man muss sie nicht nur wegen dem AI-Act fit bekommen, sondern es geht darum, sie wirklich auf die Anwendungen einzuschulen.” Wichtig seien dabei auch die Kolleg:innen, die sich bereits mit dem Thema auskennen – die “Pioniere” im Unternehmen. “AI Literacy ist sicherlich das Thema 2025 und in nächster Zeit. So, wie wir gelernt haben, mit dem Smartphone umzugehen, werden wir es auch mit generativer KI lernen”, so Ratheiser.

“Einfach einmal ausprobieren”

Stephan Kraft ergänzt: Neben einer soliden Datenbasis und der notwendigen Kompetenz brauche es bei KI – gerade auch im Bereich Open Source – noch etwas: “Einfach einmal ausprobieren. Es braucht auch Trial and Error. Das ist vielleicht oft das Schwierigste für CFOs und Geschäftsführer.” Dieses Ausprobieren sollte aber innerhalb eines festgelegten Rahmens passieren, damit die KI-Implementierung gelingt, meint Natalie Ségur-Cabanac: “Unternehmen brauchen eine KI-Strategie und müssen wissen, was sie mit der Technologie erreichen wollen.” Auch sich mit den zuvor angesprochenen rechtlichen Anforderungen – Stichwort Compliance – zu beschäftigen, komme zeitlich erst nach der Festlegung der Strategie.


Die gesamte Folge ansehen:

Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

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