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Die Nachwehen von Corona sind es nicht mehr. Viel eher treiben Selbstüberschätzung und fehlendes Einkommen die Privatinsolvenzen in Österreich voran. Laut der aktuellen KSV 1870 Analyse sei “Selbsverschulden” die häufigste Ursache für Privatinsolvenzen in Österreich.
28,1 Prozent sind “selbst schuld”
Im Jahr 2022 wurden 8.176 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet – ganze 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Hierzulande schlittern Menschen am häufigsten durch “persönliches Verschulden” in Privatinsolvenz – nämlich in 28,1 Prozent der in Österreich angemeldeten Fälle.
Die Überschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führt mit 19,3 Prozent in die finanzielle Sackgasse, so der Kreditschutzverband (KSV1870). Abgesehen davon sind “ehemalige Selbstständigkeit” (26,7 Prozent) und die Reduktion des Einkommens (17,2 Prozent) häufige Pleitegründe. Die finanziellen Folgen der Corona-Krise hätten gemäß der aktuellen KSV1870 Analyse wenig Einfluss auf das Insolvenzgeschehen.
Die Steiermark ist am häufigsten “selbst schuld”
Das jeweilige Konsumverhalten würde in 6,8 Prozent der Insolvenzfälle als Ursache angeführt, so der KSV. „Auch wenn sich das Konsumverhalten im Vergleich zu früher etwas verbessert hat, ist nach wie vor rund jede vierte Pleite im Privatbereich auf den falschen Umgang mit den eigenen finanziellen Ressourcen zurückzuführen. Das hat aber weniger mit Corona oder den steigenden Kosten zu tun, denn dieses Verhalten war bereits vor den Krisenjahren erkennbar“, erklärt Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz. Am häufigsten ist „Persönliches Verschulden“ in der Steiermark (38 %) die Ursache, am seltensten in Vorarlberg (19,7 %).
Insolvenzen in Salzburg, Burgenland und Tirol oft wegen Selbstständigkeit
Vor allem Salzburg (39,6 Prozent), Burgenland (36,9 Prozent) und Tirol (36,4 Prozent) gingen im letzten Jahr aufgrund von ehemaligen selbstständigen Tätigkeiten pleite. Oberösterreich verzeichnete nur 20,2 Prozent an Insolvenzfällen, die auf diese Ursache rückführbar sind.
Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf dem Prüfstand
Privatkonkurse entstehen oft über einen längeren Zeitraum, die finanzielle Stabilität steht in Österreich aufgrund der anhaltenden Kostensteigerung auf dem Prüfstand, so der KSV. „Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vieler privater Haushalte hat sich zuletzt aufgrund von Preissteigerungen und der Inflation massiv verändert. Wenn man daher eine gewisse zeitliche Verzögerung einkalkuliert, kann es durchaus sein, dass es in der nächsten Ursachenstatistik zu Verschiebungen kommt“, so Götze.
Gesetzesnovelle könnte Instabilität gebracht haben
Die Konzeption des Privatkonkurses in Österreich galt als Erfolgsmodell, auch im internationalen Vergleich, so der KSV. “Während sich viele Menschen entschulden konnten, durften Gläubiger mit fairen Quoten rechnen”, heißt es. 2017 verkürzte der Gesetzgeber die Rückzahlungsdauer von sieben auf fünf Jahre und schaffte die Mindestquote von 10 Prozent ab. Im Jahr 2021 wurde der Privatkonkurs novelliert – in Anbetracht der Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie der EU. Dabei wurde die Entschuldungsdauer von fünf auf drei Jahre verkürzt – vorerst bis 2026 befristet. Ab 2026 sollte aus Sicht des KSV1870 jedoch eine Rückkehr der fünfjährigen Entschuldungsdauer angestrebt werden. Der KSV erklärt, warum:
Entschuldungsdauer von fünf Jahren gefordert
Durch eine kurze Entschuldungsdauer wird den Menschen suggeriert, ihre Schulden auf einfache Art und Weise wieder loszuwerden. Dies sei deshalb ein Problem, da “Persönliches Verschulden” als Hauptursache für Privatkonkurse gesehen wird. Dabei geht es unter anderem um vorsätzliche und fahrlässige Handlungen. Laut dem Gläubigerschutzverband würde damit die aktuell gültige Rechtsprechung und deren präventive Wirkung verfehlt. Es brauche strengere Präventionsmaßnahmen – nämlich eine Entschuldungsdauer von fünf Jahren.
Darüber hinaus habe die dreijährige Entschuldungsdauer Auswirkungen auf die Liquidität der Gläubiger: In drei Jahren kommt es schließlich zu geringeren Rückflüssen als in fünf Jahren. Für die Gläubiger bedeutete dies um rund 24 Prozent geringere Quotenrückflüsse und damit deutlich höhere Forderungsausfälle, so der KSV. Betriebe wurden dadurch auf höheren Kosten sitzen bleiben, was ihre finanzielle Stabilität ins Wanken bringen könnte. „Im schlimmsten Fall würde diese Entwicklung aber nicht nur die Existenz der Unternehmen gefährden, sondern auch jene der Mitarbeiter. Und zwar spätestens dann, wenn ihre Arbeitsplätze verloren gehen“, erklärt Götze.