14.07.2023

Das ist die häufigste Ursache für Privatkonkurse

Der Kreditschutzverband (KSV) weiß, was viele nicht wissen: Selbstüberschätzung und fehlendes Einkommen treiben Privatinsolvenzen in Österreich voran.
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Ataleo Insolvenzen
(c) Adobe Stock

Die Nachwehen von Corona sind es nicht mehr. Viel eher treiben Selbstüberschätzung und fehlendes Einkommen die Privatinsolvenzen in Österreich voran. Laut der aktuellen KSV 1870 Analyse sei “Selbsverschulden” die häufigste Ursache für Privatinsolvenzen in Österreich.

28,1 Prozent sind “selbst schuld”

Im Jahr 2022 wurden 8.176 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet – ganze 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Hierzulande schlittern Menschen am häufigsten durch “persönliches Verschulden” in Privatinsolvenz – nämlich in 28,1 Prozent der in Österreich angemeldeten Fälle.

Die Überschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führt mit 19,3 Prozent in die finanzielle Sackgasse, so der Kreditschutzverband (KSV1870). Abgesehen davon sind “ehemalige Selbstständigkeit” (26,7 Prozent) und die Reduktion des Einkommens (17,2 Prozent) häufige Pleitegründe. Die finanziellen Folgen der Corona-Krise hätten gemäß der aktuellen KSV1870 Analyse wenig Einfluss auf das Insolvenzgeschehen.

Die Steiermark ist am häufigsten “selbst schuld”

Das jeweilige Konsumverhalten würde in 6,8 Prozent der Insolvenzfälle als Ursache angeführt, so der KSV. „Auch wenn sich das Konsumverhalten im Vergleich zu früher etwas verbessert hat, ist nach wie vor rund jede vierte Pleite im Privatbereich auf den falschen Umgang mit den eigenen finanziellen Ressourcen zurückzuführen. Das hat aber weniger mit Corona oder den steigenden Kosten zu tun, denn dieses Verhalten war bereits vor den Krisenjahren erkennbar“, erklärt Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz. Am häufigsten ist „Persönliches Verschulden“ in der Steiermark (38 %) die Ursache, am seltensten in Vorarlberg (19,7 %). 

Insolvenzen in Salzburg, Burgenland und Tirol oft wegen Selbstständigkeit

Vor allem Salzburg (39,6 Prozent), Burgenland (36,9 Prozent) und Tirol (36,4 Prozent) gingen im letzten Jahr aufgrund von ehemaligen selbstständigen Tätigkeiten pleite. Oberösterreich verzeichnete nur 20,2 Prozent an Insolvenzfällen, die auf diese Ursache rückführbar sind.

Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf dem Prüfstand

Privatkonkurse entstehen oft über einen längeren Zeitraum, die finanzielle Stabilität steht in Österreich aufgrund der anhaltenden Kostensteigerung auf dem Prüfstand, so der KSV. „Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vieler privater Haushalte hat sich zuletzt aufgrund von Preissteigerungen und der Inflation massiv verändert. Wenn man daher eine gewisse zeitliche Verzögerung einkalkuliert, kann es durchaus sein, dass es in der nächsten Ursachenstatistik zu Verschiebungen kommt“, so Götze.  

Gesetzesnovelle könnte Instabilität gebracht haben

Die Konzeption des Privatkonkurses in Österreich galt als Erfolgsmodell, auch im internationalen Vergleich, so der KSV. “Während sich viele Menschen entschulden konnten, durften Gläubiger mit fairen Quoten rechnen”, heißt es. 2017 verkürzte der Gesetzgeber die Rückzahlungsdauer von sieben auf fünf Jahre und schaffte die Mindestquote von 10 Prozent ab. Im Jahr 2021 wurde der Privatkonkurs novelliert – in Anbetracht der Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie der EU. Dabei wurde die Entschuldungsdauer von fünf auf drei Jahre verkürzt – vorerst bis 2026 befristet. Ab 2026 sollte aus Sicht des KSV1870 jedoch eine Rückkehr der fünfjährigen Entschuldungsdauer angestrebt werden. Der KSV erklärt, warum:

Entschuldungsdauer von fünf Jahren gefordert

Durch eine kurze Entschuldungsdauer wird den Menschen suggeriert, ihre Schulden auf einfache Art und Weise wieder loszuwerden. Dies sei deshalb ein Problem, da “Persönliches Verschulden” als Hauptursache für Privatkonkurse gesehen wird. Dabei geht es unter anderem um vorsätzliche und fahrlässige Handlungen. Laut dem Gläubigerschutzverband würde damit die aktuell gültige Rechtsprechung und deren präventive Wirkung verfehlt. Es brauche strengere Präventionsmaßnahmen – nämlich eine Entschuldungsdauer von fünf Jahren.

Darüber hinaus habe die dreijährige Entschuldungsdauer Auswirkungen auf die Liquidität der Gläubiger: In drei Jahren kommt es schließlich zu geringeren Rückflüssen als in fünf Jahren. Für die Gläubiger bedeutete dies um rund 24 Prozent geringere Quotenrückflüsse und damit deutlich höhere Forderungsausfälle, so der KSV. Betriebe wurden dadurch auf höheren Kosten sitzen bleiben, was ihre finanzielle Stabilität ins Wanken bringen könnte. „Im schlimmsten Fall würde diese Entwicklung aber nicht nur die Existenz der Unternehmen gefährden, sondern auch jene der Mitarbeiter. Und zwar spätestens dann, wenn ihre Arbeitsplätze verloren gehen“, erklärt Götze.

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ooia-Gründerin Kati Ernst auf der Global Stage des 4Gamechangers-Festivals.

Female Funding Gap, unbezahlte Care-Arbeit, Frauenmangel in Führungspositionen: Die Probleme, mit denen sich Frauen im Arbeitsleben konfrontiert sehen, wurden bereits erkannt, benannt und „x-fach diskutiert“, wie 4Gamechangers-Mitgründerin Nina Kaiser es formuliert. „Und trotzdem kommen wir nicht wirklich weiter.“ Um den Diskurs anzufachen und hoffentlich etwas schneller in Richtung Problemlösung zu peitschen, wurde Equality zu einem Leitthema des diesjährigen 4Gamechangers-Festivals erklärt. Das Resultat: Ein Programm gespickt mit Keynotes, Panels und Chats, in denen Vorreiterinnen aus Wirtschaft und Technik über ihre Erfolge referierten – und über den Hürdenlauf dorthin.

ooia: Erfolg against all Odds

Eine davon ist Kati Ernst, Co-Gründerin des deutschen Periodenwäsche-Imperiums ooia. Auf der Bühne sprach sie mit Mahdis-Gharaei, CEO von „The Female Factor“, über ihren Erfolg als Unternehmerin, Podcasterin und Mutter. Mittlerweile rühmt sich die deutsche Startup-Szene mit ihrem Namen, 2021 wurde ooia sogar in die Top 10 der Startup Brands in Deutschland gereiht. Von diesem Support war zu Anfangszeiten noch keine Spur. „Die Investmentsuche gestaltete sich deutlich schwerer, als wir uns das vorgestellt haben“, so Ernst.

Eine Ex-Unternehmensberaterin von McKinsey und eine vormalige Zalando-Managerin, zuständig für die Unterwäsche-Abteilung – mit ihrer Vorerfahrung rechnete sich das Gründungsduo gute Aussichten beim Fundraising aus. Außerdem, so Ernst, sei das Timing optimal gewesen. 2018, als ooia mitten in der Produktentwicklung steckte, verstärkte sich das feministische Bewusstsein für Periodenartikel. Aus Protest gegen das Duopol von Tampons und Binden – beide umweltbelastend, beide oft mit Unbehagen verbunden – entstand die Nachfrage nach Alternativen. Und ooia hatte sie.

“Nur” was für Frauen

Eine erfahrene Crew und Wind in den Segeln: Günstige Bedingungen für das junge Startup, um ins Fundraising zu stechen. Woher also die Probleme, Investments zu finden? „Ich glaube, es war das Produkt“, so Ernst. Den Periodenmarkt habe damals noch niemand auf dem Schirm gehabt – dementsprechend mussten die Gründerinnen oft erst Aufklärungsarbeit leisten. „Einfach ein total schlecht ausgeprägtes Verständnis in einem extrem männlich dominierten Bereich, wie es eben die Investorenlandschaft auch heute noch ist“, erklärt Ernst.

Eine Reaktion aus der Investmentszene blieb in Erinnerung: Und zwar die von Carsten Maschmeyer in der VOX-Sendung „Die Höhle der Löwen“. Nach dem Pitch der Gründerinnen zog sich der Finanzunternehmer aus den Investmentgesprächen zurück mit dem Argument, es handle sich um ein Produkt, in das eigentlich nur Frauen investieren könnten. „Dabei wissen wir alle, dass die Frauen in der Investorenlandschaft vielleicht auf drei Prozent des Kapitals sitzen, wenn überhaupt. Zu sagen, dass Produkte, die für Frauen sind, nur von Frauen gefundet werden können – genau das macht Ideen von Frauen klein“, so Ernst.

Der Markt hat gesprochen

Klein blieb ihre Idee trotzdem nicht. Innerhalb von drei Jahren schaffte es ooia, achtstellige Umsätze zu erzielen – und das gänzlich ohne Fremdkapital. Das Sortiment umfasst mittlerweile auch Still-BHs, Antitransparenz-Tops, Inkontinenzprodukte und vieles mehr. Mit ihrem Bestseller, der Periodenunterwäsche, schaffte ooia nun auch die Listung im Handel: Seit etwa vier Wochen sind ooia-Panties österreichweit in fast 400 dm-Filialen erhältlich.

Ein besonderer, persönlicher Erfolg für Ernst: Knapp fünfzig Personen beschäftigt ihre Firma, die meisten davon Frauen. „Da bin ich besonders stolz drauf, dass ich so vielen Frauen finanzielle Stabilität gewähren kann. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in unseren europaweiten Produktionsstätten, wo fair produziert wird. Wir als frauengeführtes Unternehmen glauben, dass es nicht reicht, nur die westlichen europäischen Konsumentinnen zu empowern, an die wir vermarkten.“

Kein Akt der Wohltätigkeit

Bis heute ist ooia bootsrapped; zuerst mangels Angebot, später bewusst. „Wir haben von Anfang an gesehen, dass die Firma so gut läuft und hatten dann das Gefühl, dass wir das auch selber hinkriegen. Und dann war’s uns lieber, unsere Freiheit zu behalten“, so Ernst. Der Erfolg von ooia ist ein Paradebeispiel für Märkte, die systematisch unterschätzt werden. „Dafür, dass das wirklich Relevanz hat – nicht nur gesellschaftliche, sondern auch ökonomische, weil es da wirklich um viel Geld geht – dieses Verständnis hat komplett gefehlt“, so Ernst.

Dieses Verständnis müsse schnellstmöglich in allen Köpfen ankommen; denn auf Frauen und Diversität zu setzen, ist kein Akt der Wohltätigkeit, sondern ein wirtschaftlich logischer Schritt. „Statistisch gesehen sind wir ökonomisch erfolgreicher als Männer”, sagte Ernst. Und fügte noch hinzu: “Das ist ein Fakt“. Oder, wie es Weltstar Charlize Theron später bei ihrem Auftritt auf derselben 4Gamechangers-Bühne formulierte: „Women are fucking amazing“.

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