02.11.2023

Daniela Haunstein: “Auch bei den Bewertungskriterien dominiert die Profitabilität”

Interview. Daniela Haunstein ist Managing Director von invest.austria, Österreichs führendem Netzwerk für Investor:innen am vorbörslichen Kapitalmarkt. Im Gespräch mit dem brutkasten gibt sie unter anderem eine Einschätzung, wie sie die künftige Finanzierungslage für Startups einschätzt.
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Im Feber übernahm Daniela Haunstein die Geschäftsführung der Austrian Angel Investors Association (aaia), die Anfang Mai mit der Austrian Private Equity & Venture Capital Organisation (AVCO) zu invest.austria fusionierte. Im brutkasten-Interview erläutert Haunstein, was sich seit der Fusion beider Organisationen getan hat, wie sie die künftige Finanzierungslage für Startups einschätzt und welche Maßnahmen gesetzt werden, um die heimische Investorenlandschaft künftig weiblicher zu machen.

Zudem sprechen wir mit Haunstein über die invest.austria conference, eine der führenden Veranstaltungen für Angel Investing, Venture Capital & Private Equity. Die Konferenz wird am 7. November 2023 im Apothekertrakt Schönbrunn in Wien stattfinden. Dieses Jahr werden über 400 Vertreter:innen des Ökosystems zusammenkommen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen, ihr Wissen auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Neben Paneldiskussionen, Fireside Chats & Keynotes, wird auch eine Pitch Session & eine Startup Expo angeboten.


Im Mai 2023 wurde die Fusion von aaia und AVCO zu invest.autria kommuniziert. Was hat sich seit der Fusion in der Organisation getan und was ist bislang die Bilanz?

Als neues Team haben wir gut zusammengefunden und es war für uns alle aufgrund der zahlreichen Events, Academies und jetzt der großen invest.austria conference mitunter sehr zeitintensiv. Wichtig ist für uns heuer, dass möglichst alle Mitglieder der ursprünglichen Vereine aaia und AVCO jetzt Mitglied bei invest.austria werden. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, wir leben von den Mitgliedsbeiträgen und Sponsoren und können unsere Aktivitäten und Anliegen mit entsprechender Kraft nur durchführen, wenn wir auch genügend finanzielle Mittel und aktive Mitglieder haben. Durch die breitere Ausrichtung konnten wir aber auch schon neue Mitglieder gewinnen, die sich bisher nicht angesprochen gefühlt hatten. Die direkten Benefits zeigen sich bei unseren Networking-Events und es ist schön zu beobachten, wie sehr sich die Gruppen immer mehr und mehr vermengen.

Ende Mai wurde das Startup-Paket der Regierung vorgestellt. Nun liegt es im Nationalrat zur Beschlussfassung. Wie bewertet invest.austria das Paket?

Invest.austria begrüßt das Paket und hofft, dass damit zwei langjährige Forderungen zeitnah beschlossen und umgesetzt werden. Die Mitarbeiter:innenbeteiligung ist vor allem bei derzeit knappem Kapital und Mangel an Spitzenarbeitskräften für die Startups essentiell und die FlexCo soll mehr Flexibilität und weniger Bürokratie bringen. Natürlich hätten wir uns in einigen Punkten mehr gewünscht und haben daher mit unseren Tax&Legal-Experten eine Stellungnahme mit Verbesserungsvorschlägen ausgearbeitet und eingebracht. 

Welche Maßnahmen müssten aus deiner Sicht von der Regierung noch gesetzt werden, um den vorbörslichen Kapitalmarkt zu stärken?

Um in Österreich vorhandenes Kapital, das derzeit in anderen Assetklassen veranlagt wird, zu mobilisieren, bedarf es Anreize nach internationalem Vorbild. Unser Vorschlag wäre ein Beteiligungsfreibetrag, bei dem Privatpersonen Investitionen in heimische Unternehmen, steuerlich geltend machen können (z.B. 100.000 Euro,- verteilt über fünf Jahre).

Das Aufsetzen eines Dachfonds wäre ein wichtiges Instrument für institutionelle Investoren (Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Stiftungen). Er würde die Verfügbarkeit von Eigenkapital für Unternehmen verbessern und darüber hinaus die heimische Venture-Capital- und Private-Equity-Szene beleben.

Derzeit erleben wir eine sehr stark eingetrübte Finanzierungslage für Startups. Wie schätzt du die weitere Entwicklung für 2024 ein?

Aufgrund der multiplen Krisen, mit denen wir momentan weltweit konfrontiert sind, wird sich die Lage sicherlich nicht rasch verändern, obwohl es durchaus auch Anzeichen gibt, dass wir die Talsohle bereits überschritten hätten. Das Niveau wird sich aber eher im Bereich von 2019/2020 befinden als im Peak-Bereich von 2021/2022.

Für Startup-Gründer:innen ist es schwieriger geworden, Kapital zu raisen und gleichzeitig sinken die Bewertungen. Ergeben sich hier für Investor:innen neue Chancen?

Einige der aktuell größten Unternehmen sind in Krisen entstanden, und auch die technologische Entwicklung schreitet unabhängig davon voran und auch die Klimakrise ruft nach neuen Lösungen. Wenn man liquide ist, bieten sich definitiv gute Chancen, aber man muss auch durchaus aktiv sein, um an einen interessanten Dealflow heranzukommen. 

Viele Startup-Founder:innnen versuchen nun ihre Geschäftsmodelle und Wachstumsambitionen der aktuellen Finanzierungslage anzupassen. Hoch im Kurs steht nun der sogenannte “Path to Profitability”. Erleben wir hier gerade in der Szene eine Zeitenwende?

Momentan sicher, denn bei der aktuellen Finanzierungslage ist ein reiner Wachstumskurs sicherlich sehr schwierig umzusetzen, da gerade für die späteren Finanzierungsphasen die großen Venture-Fonds rar sind. Auch bei den Bewertungskriterien dominiert die Profitabilität, das heißt Wachstum plus Free-Cashflow-Verhältnis.

Mit ChatGPT & Co ist KI letztes Jahr endgültig in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Zugleich versuchen viele Startups KI auf ihre Fahnen zu schreiben. Wie stark ist die Gefahr, dass wir hier eine Bubble-Bildung erleben, die eventuell platzen könnte?

KI ist definitiv in ganz vielen Lebensbereichen angekommen und es gibt derzeit kaum ein Pitchdeck ohne KI. Man wird sich aber mit dem EU AI Act und Trustworthy AI beschäftigen müssen. Um mehr Informationen und Insights zu diesem Thema zu bekommen, freue ich mich schon auf das Expertenpanel bei unserer Conference, zu dem wir auch den Wissenschaftler Johannes Brandstetter eingeladen haben. Vielleicht können wir danach die Frage mit der Bubble beantworten.

Die Business Angel-Szene ist noch immer sehr männlich dominiert. Welche Initiativen setzt invest.austria, um künftig Frauen in der Szene zu stärken?

Wir haben gerade unsere zweite Digital Investors Academy – Female Edition abgeschlossen. Wir wollen Frauen damit die Möglichkeit geben, sich bei interaktiven Workshops mit Expertinnen weiterzubilden und offen auszutauschen. Erfahrene Investorinnen stehen den Teilnehmerinnen als Mentorinnen zur Verfügung und wir haben das Programm mit persönlichen Meetings und dem Besuch unserer Conference abgerundet . Geplant sind auch Alumnae-Treffen und wir sind auch im internationalen Austausch mit dem European Business Angels Network EBAN, deren Anliegen es ist, den Anteil der weiblichen Investorinnen bis 2030 zu verdreifachen. 

Ich bin sicher, dass wir noch ganz viele verborgene female Angels haben, die nicht nur monetär sondern auch mit ihrer Expertise und persönlichen Erfahrung den Gründer:innen eine wertvolle Unterstützung sein können. 

Was tut sich derzeit in deinem eigenen Portfolio?

Mein Portfolio hat die Krise bis jetzt ohne gröbere Schäden überstanden und finabro ist auf Expansionskurs in Deutschland. Neuinvestments habe ich zuletzt nur in Venture-Fonds getätigt.

Am kommenden Dienstag (7. November) wird die invest.austria Konferenz über die Bühne gehen. Was darf man sich erwarten?

Am 7. November findet die Conference im historischen Apothekertrakt Schönbrunn in Wien statt. Sie dient nicht nur der Vernetzung von Investor:innen und der Förderung gemeinsamer Investitionen, sondern hat auch durch inspirierende Vorträge und Panel-Diskussionen das Ziel des Wissenstransfers. Die Hauptthemen dabei sind: 

Der Weg zur Klimaneutralität: Im Zeitalter des Klimawandels werden innovative Technologien und eine koordinierte politische Strategie als Schlüsselkomponenten für den Übergang zur Klimaneutralität betrachtet. Diese Diskussion wird ein umfassendes Verständnis für das aktuelle Klimaszenario und die Bedingungen vermitteln, unter denen nachhaltige Finanzierungen eine wesentliche Rolle spielen werden.

Investitionen in High-Tech-Bereiche: Investitionen in Bereiche wie Deep Tech und Quantentechnologien erfordern Weitsicht und ein tiefes Verständnis der zugrunde liegenden Wissenschaft und ihres Marktpotenzials. Namhafte Branchenexpert:innen werden Strategien zur Evaluierung und Investition in diese komplexen Sektoren erörtern.

Die transformative Kraft der künstlichen Intelligenz: Die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz auf Wirtschaft und Gesellschaft werden intensiv beleuchtet. Expert:innen werden das transformative Potenzial der KI erforschen und insbesondere die Chancen und Herausforderungen für Investor:innen in diesem Bereich analysieren. Beleuchtet wird auch, welche Folgen der geplante europäische AI Act für Unternehmen in diesem Bereich haben wird.

Europäische Investitionslandschaft im Wandel: Die Konferenz wird auch die sich wandelnden Investitionsbedingungen in Europa angesichts von Inflation und steigenden Zinsen reflektieren. Die Sicherung kurzfristiger Liquidität für wachstumsorientierte Unternehmen wird anspruchsvoller, und Investmentmöglichkeiten in aufstrebenden Märkten in Asien und Afrika werden näher beleuchtet. Die Bedeutung der Beziehung zwischen Startups und Investor:innen, die über finanzielle Unterstützung hinausgeht, wird besonders betont.

Private Equity als Treiber für Innovation und Wachstum: Auf der Konferenz stehen nicht nur die Veränderungen in den Beziehungen zwischen Limited Partners (LPs) und General Partners (GPs) im Fokus, sondern auch die Frage, wie ein erfolgreicher Privatkapitalmarkt gestaltet werden kann. Die Maßnahmen, die in Österreich noch ergriffen werden müssen, können anhand von bewährten Methoden, die in anderen Ländern in Europa bereits eingeführt wurden, hervorgehoben werden. Dabei wird sowohl das bisher ungenutzte Potenzial für Spätphaseninvestitionen in Österreich beleuchtet, als auch die Förderung von Talenten und Fähigkeiten, die mit der Stärkung der Rolle des privaten Kapitals einhergeht.

Mich freut besonders, dass wir so zahlreiche hochkarätige Speaker für unser Event gewinnen konnten und wir erwarten einen intensiven Austausch mit den heimischen Investor:innen.


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Kerstin Lobner | (c) Ideenflow

Die Uhr tickt, die Deadline rückt näher – und jetzt sollen du und dein Team auch noch kreative Ideen entwickeln? Klingt unmöglich, oder? Doch genau unter solchen Bedingungen kann Kreativität zur Höchstform auflaufen. Aber warum fällt es uns oft schwer, unter Druck kreativ zu denken, und wie kannst du und dein Team diese Hürde überwinden? Hier sind einige Ansätze, um den kreativen Funken auch unter Zeitnot zu entzünden.

Der Druck als Kreativitätskiller

Zunächst einmal: Kreativität braucht oft Raum. Die besten Ideen kommen, wenn man Zeit hat, Gedanken schweifen zu lassen. Wenn aber die Deadline drängt, blockiert das Gefühl von Stress oft die kreativen Prozesse. Anstatt entspannt nach Lösungen zu suchen, fühlen wir uns gehetzt und neigen dazu, auf alte Muster zurückzugreifen – nicht gerade die ideale Ausgangssituation für frische Ideen.

Lösung #1: Timeboxing – Nutze die Zeit klug

Anstatt den gesamten Prozess unter Druck zu setzen, hilft es, die Zeit in kleinere, überschaubare Blöcke zu unterteilen. Diese Technik nennt sich „Timeboxing“. Gebt jeder Phase der Ideensammlung – von der ersten Brainstorming-Runde bis zur Auswahl der besten Ideen – eine feste Zeitvorgabe. So bleibt der Fokus erhalten, ohne dass die Hektik Überhand nimmt. Ironischerweise kann eine solche Strukturierung dazu führen, dass kreative Prozesse in kürzerer Zeit effizienter ablaufen. Setzt euch z.B. ein 10-Minuten-Zeitfenster für das Brainstorming und anschließend weitere 10 Minuten, um die vielversprechendsten Ideen zu priorisieren.

Lösung #2: Kreativitätstechniken wie die 6-3-5-Methode

Eine weitere Technik, die unter Zeitdruck Wunder wirken kann, ist die „6-3-5-Methode“. Hierbei schreiben sechs Personen in fünf Minuten jeweils drei Ideen auf. Diese Ideen werden dann an den nächsten Teilnehmer:in weitergegeben, der/die darauf aufbaut oder neue Vorschläge entwickelt. Durch den schnellen, iterativen Austausch kommen nicht nur viele Ideen zusammen, sondern die Zeitvorgabe sorgt auch dafür, dass niemand zu lange über einer Idee brütet. Diese Technik fördert den Fluss und verhindert, dass der Druck lähmend wirkt.

Lösung #3: Klare Fokussierung durch präzise Fragestellungen

Unter Zeitdruck geht es darum, möglichst schnell die relevanten Ideen zu identifizieren. Je klarer und fokussierter die Fragestellung ist, desto einfacher wird es, zielgerichtet zu arbeiten. Statt „Wie können wir unser Produkt verbessern?“ könnte die Frage lauten: „Wie können wir unsere App-Nutzer schneller zum Kaufabschluss führen?“ – konkrete Aufgabenstellungen fördern schnelle, kreative Lösungsansätze.

Lösung #4: Mikro-Pausen einlegen

Kreativität unter Druck bedeutet nicht, ununterbrochen Höchstleistungen zu erbringen. Mikro-Pausen sind Gold wert. Schon fünf Minuten Abstand können das Gehirn wieder erfrischen und die Kreativität ankurbeln. Diese kurzen Pausen verhindern, dass dein Team in hektisches Denken verfällt und helfen dabei, aus einem anderen Blickwinkel auf das Problem zu schauen. Ein kurzer Spaziergang um den Block oder einfach frische Luft schnappen kann Wunder wirken.

Lösung #5: Gamification – Der spielerische Ansatz

Wenn die Stimmung im Team angespannt ist, hilft es oft, den Druck mit einem spielerischen Element aufzulockern. Eine einfache Möglichkeit: Macht aus dem Ideensammeln ein kleines Spiel. Vergesst den Ernst der Lage für einen Moment und veranstaltet z.B. einen „Pitch-Wettbewerb“, bei dem die Teammitglieder ihre verrücktesten Ideen in nur 60 Sekunden präsentieren. Diese Methode nimmt dem Team den Stress und fördert gleichzeitig unkonventionelle Lösungsansätze.

Fazit: Kreativität unter Druck ist möglich – mit den richtigen Techniken

Der Schlüssel zu Kreativität unter Zeitnot ist es, Strukturen zu schaffen, die den Prozess erleichtern, statt zusätzlichen Druck aufzubauen. Durch Timeboxing, präzise Fragestellungen und spielerische Elemente können du und dein Team auch in stressigen Situationen kreative Höchstleistungen abrufen. Der Trick liegt darin, den Druck in geordnete Bahnen zu lenken und den kreativen Fluss zu fördern, anstatt ihn zu ersticken.


Über die Gastautorin Kerstin Lobner

Kreativität prägte sie von klein auf, als Enkelin des General Managers von Faber-Castell in Irland. Während andere im Alter an Neugierde verlieren, vertiefte sie ihr Interesse an Kreativität stetig.

Nach verschiedenen Positionen im Konzern-Marketing in Branchen wie IT, Telekommunikation und Gesundheitswesen unterstützt sie heute Führungskräfte und Teams dabei, innovative Lösungen zu finden und ihr kreatives Potenzial zu entfalten.


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