11.03.2021

CryptoRobby: Darum ist Bitcoin kein Mittel “für kriminellen Zahlungsverkehr”

Der Bitcoin-Experte Robert "CryptoRobby" Schwertner reagiert im brutkasten-Interview auf Aussagen des Wiener-Börse-Chefs Christoph Boschan zu Bitcoin.
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Blockchain-Experte
Blockchain-Experte Robby Schwertner war nicht erfreut über Aussagen von Wiener-Börse-Chef Christoph Boschan | Foto: CryptoRobby

Ein Interview des Chefs der Wiener Börse, Christoph Boschan, mit der Tageszeitung “Die Presse” hat in der heimischen Kryto-Szene für Aufregung gesorgt. Befragt zu Bitcoin sagte Boschan darin, die Krypowährung sei “extrem wichtig für den kriminellen Zahlungsverkehr”. Wenn die Wiener Börse angriffen werde, komme die Zahlungsaufforderung ausschließlich in Bitcoin, führte er weiter aus.

Einer, bei dem die Aussage nicht gut ankam, ist Blockchain- und Bitcoin-Experte Robby Schwertner – vielen besser bekannt als CryptoRobby. Er machte seinem Ärger daraufhin mit einem vielbeachteten LinkedIn-Posting Luft. Wir haben bei CryptoRobby nachgefragt, wie er die Entwicklung von Bitcoin nach dem Hype der vergangenen Monate sieht und wie hoch er das kriminelle Potenzial der Kryptowährung tatsächlich einschätzt.

Dein LinkedIn-Posting mit deiner Kritik an den Aussagen von Christoph Boschan ist in der Krypto-Szene viral gegangen. Was ist denn so falsch daran, dass Bitcoin “wichtig für den kriminellen Zahlungsverkehr” sei?

Alles ist daran falsch! Es hat mich schockiert und wütend gemacht, dass ein erfahrener Börse-Manager sich zu so einer Aussage hinreißen lässt. Denn das Statement ist nicht nur inhaltlich falsch, es zeigt auch, dass der Chef der Wiener Börse – immerhin eine der größten Handelsplätze Europas – offenbar wenig Ahnung von Blockchain und der Transparenz von Bitcoin hat.

Was kritisiert du konkret an der Aussage des Wiener-Börse-Chefs?

Die Behauptung Boschans, dass Bitcoin für den kriminellen Zahlungsverkehr wichtig sei, ist durch Fakten nicht belegt. Bitcoin ist durch sein öffentliches “Kassabuch” viel transparenter als beispielsweise Bargeld. Transaktionen mit Bitcoin sind nachvollziehbar und für kriminelle Aktivitäten völlig ungeeignet. Bei manchen Kriminellen und Börse-Bossen hat sich das offenbar noch nicht herumgesprochen.

Europol hat kürzlich den IOCTA-Bericht veröffentlicht (Dank an Prof. Markus Büch für den Hinweis), darin stellte man fest, dass nur 1,1% aller Bitcoin-Transaktionen einen kriminellen Hintergrund haben, der Rest sind klassische Investitions- und Handelsaktivitäten. Von einer Wichtigkeit für kriminellen Zahlungsverkehr kann also keine Rede sein.

Hier treffen offenbar zwei Welten aufeinander, die klassische Finanzwelt und die der Kryptowährungen. Wie siehst du die Entwicklung von Börsenplätzen? Werden Handelsplätze durch dezentrale Systeme abgelöst?

Ich glaube, dass es in zehn Jahren keine Börsen mehr geben wird, das „Parkett“ hat ausgedient. Manager, die die Zeichen der Zeit nicht erkennen, beschleunigen den Untergang. Man wird sich fragen, wie es sein konnte, dass man ihn nicht schneller hat kommen sehen. Hat man! Nur nicht die meisten der „elderly white men“, die an der Spitze dieser Börsen saßen. Manche Börsenplätze nützen allerdings die Chance der neuen digitalen Krypto-Anlageklassen und bemühen sich in die Welt der Kryptowährungen einzusteigen.

Die Börse Stuttgart bietet mit ihrer wirklich coolen Bison App Bitcoin-Handel, das spricht auch Millennials an. Die Börse Frankfurt verstärkt ihren Handel mit Bitcoin und Ethereum, Schweizer Börsen sind schon lange im Bitcoin-Business. Die Wiener Börse hinkt hinterher. Zwar lässt man den Handel mit Kryptos indirekt über zwei ETPs zu, das Angebot ist aber halbherzig. Christoph Boschan gibt im Presse-Interview zu, dass die ETPs nur „leidlich“ gehandelt werden. Überraschend ist das nicht, denn wenn man Bitcoin ins kriminelle Eck stellt, darf man sich nicht wundern, wenn Käufer ausbleiben.

Dass man mit Bitcoin & Co erfolgreich sein kann, zeigt Bitpanda. Das Wiener Krypto-Fintech spezialisierte sich früh auf Kryptowährungshandel und verfügt über eine Wertpapier-Lizenz. Kürzlich wurde verlautet, dass man bei Bitpanda bald auch in Aktien investieren kann, und zwar auch in Teilen, man muss nicht mehr die ganze Aktie kaufen! Das ist neu und bietet Chancen für Kleinanleger.

Für mich ein Zeichen, dass klassischen Aktienhandelsplätzen massiv Konkurrenz droht: Das österreichische FinTech Start-up Morpher bildet Aktienkurse auf der Ethereum-Blockchain ab, Aktien können so rund um die Uhr gehandelt werden. Auch das lässt die Börsen alt aussehen.

Wie siehst du die Zukunft von Bitcoin, ist es ein wirksames Mittel zu Absicherung gegen drohende Inflation?

Man hört oft, dass die massiven Corona-Hilfsprogramme zu dramatischer Inflation führen werden. Da bin ich skeptisch. Josef Stigilitz, ehemaliger Chefökonom der Weltbank meinte kürzlich im Handelsblatt-Interview, dass die Inflationswarner völlig daneben liegen.  Sowohl die Geld- als auch die Fiskalpolitik könnten sofort gegensteuern, sollte wider Erwarten Inflationsdruck entstehen. Irgendwie spüre ich, dass er recht hat: die Europäische Zentralbank wird gerade deswegen kritisiert, weil sie so konsequent und unbeirrbar gegen drohende Inflation vorgeht.

Bitcoin ist allerdings aus anderen Gründen wichtig, und das wird seit vergangenem Jahr von institutionellen Anlegern gewürdigt: Bitcoin ist das neue „Digitale Gold“, ein ausgezeichnetes Wertaufbewahrungsmittel. Die Kritik, dass es sich bei Bitcoin um ein Pyramidenspiel, um eine Tulpen-Mania, handelt ist nicht berechtigt. Dasselbe könnte man über Gold sagen. Das Edelmetall wird zwar industriell noch genutzt, ängst aber oft durch Platin oder andere Legierungen ersetzt, und hat damit auch keine echte industrielle Funktion. Bitcoin hingegen kann zukünftig für den Zahlungsverkehr an Bedeutung gewinnen. Das geht auch aus einer viel beachteten Studie von Analysten der Citi-Bank hervor.

Und noch ein wichtiger Aspekt besteht bei Bitcoin: Die Kryptowährung basiert auf einem Computerprogramm. Keine Regierung oder Zentralbank kann je nach Laune oder Geldnot die Bitcoin-Druckerpresse anwerfen, es sind und bleiben maximal 21 Millionen Bitcoins, die nach und nach von Minern geschürft werden. Und diesen Gedanken der totalen politischen Unabhängigkeit des Bitcoins finden viele Investoren besonders reizvoll.

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Carbon Cleanup: Wie ein Linzer Startup die Kohlefaserindustrie revolutionieren möchte

Das Linzer Startup Carbon Cleanup hat sich auf das Recycling von Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen spezialisiert. Wir haben mit Gründer und CEO Jörg Radanitsch über die weiteren Wachstumsschritte und eine neue Kooperation mit KTM Technologies gesprochen. 
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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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