24.03.2023

Crypto Weekly #95: Was das Vorgehen der US-Börsenaufsicht gegen Coinbase bedeutet

Diese Woche: Bitcoin steigt weiter und erreichte den höchsten Stand seit Juni 2022. Unterdessen ist bei der Kryptobörse Coinbase ein Schreiben der US-Börsenaufsicht eingetrudelt. Diese sieht das Unternehmen in Konflikt mit dem US-Wertpapierrecht.
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The logo of coinbase on a computer screen
Foto: Adobe Stock

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Die Kurstafel:

  • Bitcoin (BTC): 28.034 US-Dollar (+11 % gegenüber Freitagnachmittag der Vorwoche)
  • Ethereum (ETH): 1.784 Dollar (+6 %)
  • BNB: 332 Dollar (-3 %)
  • XRP: 0,43 Dollar (+17 %)
  • Cardano (ADA): 0,36 Dollar (+11 %)
  • Solana (SOL): 22 Dollar (+10 %)

📈 Bitcoin steigt weiter – und erreicht mit 28.800 US-Dollar höchsten Stand seit Juni

Am Kryptomarkt geht eine weitere starke Woche zu Ende. Am Mittwoch stieg der Bitcoin-Kurs zwischenzeitlich bis auf 28.800 US-Dollar – und erreichte damit den höchsten Stand seit Juni des Vorjahres. Einen kurzen Rücksetzer auf unter 27.000 Dollar gab es nur am Mittwochabend nach der Zinsentscheidung der US-Notenbank Federal Reserve. 

Diese hatte ihren Leitzins trotz mehreren Bankpleiten erhöht. Eine Zinssenkung zur Stützung der Konjunktur stellte Notenbank-Chef Jerome Powell auch für den weiteren Jahresverlauf nicht in Aussicht. Sämtliche Risk-Assets reagierten negativ – von Tech-Aktien bis hin zu Kryptowährungen. Als dauerhafte Belastung erwies sich die Zinsentscheidung jedoch nicht. Schon am Donnerstagnachmittag überschritt Bitcoin erneut die 28.000-Dollar-Marke. 

Auch die übrigen großen Kryptowährungen legten seit vergangenem Freitag deutlich zu. Der Ether-Kurs (ETH) stieg um 6 Prozent. Für den Cardano-Token ADA und Solanas SOL-Token ging es jeweils im zweistelligen Prozentbereich nach oben. 

Noch stärker legte Ripples XRP-Token zu, der ein Plus von rund 15 Prozent verzeichnete. Hintergrund waren Gerüchte, wonach der seit mehr als zwei Jahren andauernde Rechtsstreit mit der US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) zu einem baldigen – und für Ripple positiven – Ende kommen könnte. Belastbare Informationen dazu gibt es allerdings keine. Der Ausgang des Verfahrens ist weiter offen. Aber immerhin sind wir damit schon beim größeren Thema dieser Ausgabe angelegt: Dem Disput zwischen der Börsenaufsicht und der Krypto-Branche.

🧐 US-Börsenaufsicht vs. Coinbase: Das ist die Vorgeschichte

Dass der Chef der Börsenaufsicht, Gary Gensler, kein Fan der Krypto-Branche ist, das ist schon lange klar. Aber in den vergangenen Wochen und Monaten hat die Behörde ihr Vorgehen gegen Akteure aus der Szene deutlich intensiviert. Und auch große Namen sind davor nicht gefeit. 

Dies zeigte sich allerspätestens Mitte Februar, als die Behörde mit der US-Kryptobörse Kraken einen umfassenden Vergleich abschloss. Dieser sah nicht nur eine Strafzahlung in der Höhe von 30 Mio. Dollar vor – die Börse musste sich auch dazu verpflichten, ihr Staking-Angebot vom US-Markt zu nehmen.

Schon damals meldete sich der Kraken-Konkurrent Coinbase zu Wort. CEO Brian Armstrong warf kurz vor Bekanntwerden des Vergleichs der Behörde vor, Staking für Privatanleger:innen in den USA verunmöglichen zu wollen. Nach Bekanntwerden des Vergleichs wiederum war Coinbase bemüht zu betonen, dass sich das eigene Staking-Angebot deutlich von jenem von Coinbase unterscheide.

Kurzer Einschub dazu: Staking wird bei “Proof of Stake”-Chains wie etwa Ethereum und Solana verwendet – anstelle des Minings wie es beispielsweise bei Bitcoin im Einsatz ist. Validatoren, die neue Blocks zur Chain hinzufügen wollen, müssen daher kein energieintensives Mining betreiben – sondern eine bestimmte Anzahl an Token in einem Smart Contract hinterlegen und dort “sperren” lassen. Im Gegenzug erhalten sie zinsähnliche Erträge. 

Wer auf eigene Faust Ethereum-Blocks validieren will, benötigt dazu aber eine Mindestsumme von 32 Ether (ETH). Ziemlich viel für eine:n Privatanleger:in. Deshalb gibt es Anbieter, die Staking als Dienstleistungsangebot auch für kleinere Beträge ermöglichen. Und dazu gehören eben Kraken (mittlerweile nur mehr außerhalb der USA) und Coinbase.

Das Problem dabei: Laut der US-Börsenaufsicht steht ein solches Angebot in Konflikt mit dem US-Wertpapierrecht. Denn rechtlich gesehen, so argumentiert die Behörde, handle es sich dabei um ein Wertpapierangebot. Und das müsse die entsprechenden Registrierungsprozesse bei der SEC durchlaufen.

Das Argument ist nicht neu. Und es betrifft in der einen oder anderen Form den überwiegenden Großteil aller Krypto-Projekte. Börsenaufsichts-Chef Gary Gensler selbst scheint auf dem Standpunkt zu stehen, dass überhaupt alle Krypto-Assets ausgenommen Bitcoin nach US-Recht als Wertpapiere einzustufen seien. 

Dass er Staking-Angebote jedenfalls in Konflikt mit dem Wertpapierrecht sieht, hat er bereits im September 2022 recht deutlich gesagt – die Details haben wir damals in Crypto Weekly #71 berichtet.

Speziell nach dem Vergleich der Börsenaufsicht mit Kraken stellte sich die Frage: Bedeutet dieser nicht zwangsläufig, dass die SEC bald auch Coinbase ins Visier nehmen würde? Oder ist es wirklich vorstellbar, dass die Börsenaufsicht der Argumentation von Coinbase folgt, wonach sich die beiden Staking-Angebote grundlegend unterscheiden – auch im rechtlichen Sinne?

🤔 Was das Vorgehen der Behörde gegen Coinbase jetzt bedeutet

Gleich vorweg: Mit Sicherheit wissen wir es weiterhin nicht. Aber jedenfalls hat die Börsenaufsicht einen nächsten Schritt gesetzt. Bei Coinbase ist eine sogenannte Wells Notice der SEC eingetrudelt, wie die Börse diese Woche selbst mitteilte. Etwas vereinfacht gesagt handelt es sich bei einer Wells Notice um eine Vorwarnung, dass die Behörde rechtliche Schritte gegen ein Unternehmen einleiten wird.

Die genauen Vorwürfe kennt Coinbase laut eigenen Angaben nicht. Die Wells Notice beziehe sich auf “auf einen nicht näher spezifizierten Teil unserer gelisteten digitalen Vermögenswerte, unseren Staking-Service Coinbase Earn, Coinbase Prime und Coinbase Wallet” und sei das Ergebnis einer – schon länger bekannten – ersten Untersuchung der SEC, schreibt Paul Grewal, der Chief Legal Officer von Coinbase, in einem Blog-Eintrag.

“Die heutige Mitteilung von Wells enthält nicht viele Informationen, auf die wir reagieren könnten”, schreibt Grewal weiter. Die SEC habe Coinbase mitgeteilt, dass potenzielle Verstöße gegen das Wertpapierrecht festgestellt worden seien – aber nicht viel mehr.

Grewal bekräftigt in dem Blog-Eintrag auch etwas, das das Unternehmen bereits anlässlich des Vergleichs des Konkurrenten Kraken angekündigt hatte: Man sei bereit, sich auf ein Gerichtsverfahren einzulassen und die Vorwürfe zu entkräften. Anders formuliert: Einen Vergleich, wie ihn Kraken eingegangen ist, will Coinbase offenbar nicht in Betracht ziehen.

Das ist ein wichtiger Punkt. Denn im US-Rechtssystem reicht es keineswegs aus, dass die Börsenaufsicht der Meinung ist, ein bestimmtes Produkt sei als Wertpapier einzustufen. Sie muss das auch vor Gericht belegen können – und das Gericht entscheidet dann. Viele Krypto-Unternehmen wollen sich darauf nicht einlassen und vergleichen sich daher mit der Behörde. Häufig beinhaltet ein solcher Vergleich eine Strafzahlung und die Verpflichtung, das beanstandete Angebot vom US-Markt zurückzuziehen.

Ebenfalls auf keinen Vergleich einlassen wollte sich Ripple. Der eingangs bereits erwähnte Rechtsstreit des Unternehmens mit der Börsenaufsicht wird daher seit mittlerweile mehr als zwei Jahren vor Gericht ausgetragen. Und auch wenn es jetzt wieder Gerüchte über ein baldiges Ende gegeben hat: Der Ausgang des Verfahrens ist natürlich weiterhin unklar. Und selbst wenn das Urteil zugunsten von Ripple ausfällt, sind mehr als zwei Jahre Zeit, Energie und viel Geld in das Verfahren geflossen. Eine ähnliche Situation könnte nun auch auf Coinbase zukommen. 

Was bedeutet die Situation nun für die Branche und für den Markt? Klar ist: Überrascht konnte davon niemand mehr sein. Ja, verglichen mit vielen Konkurrenten mag Coinbase regulatorisch durchaus als “good guy” positioniert sein. Immerhin ist das Unternehmen im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten an der Börse notiert und unterliegt daher strengen Transparenzvorschriften. Coinbase hat auch sicherlich ein besseres Image als das Tron-Projekt rund um Justin Sun, gegen das die SEC ebenfalls seit dieser Woche vorgeht.

Aber dennoch liegt auch Coinbase mit der SEC schon länger im Clinch. Man erinnere sich etwa an den Sommer 2021, als die Börse ein geplantes Produkt zum Verleih von Kryptowährungen auf Druck der SEC am US-Markt zurückziehen musste. Und spätestens mit dem Vorgehen gegen Kraken musste klar sein: Die SEC schreckt auch vor den großen Akteuren der Branche nicht zurück. Hier ist wohl auch aufgrund der FTX-Pleite der Druck auf die Behörde gestiegen. Aus all diesen Gründen dürfte der Schritt in der Branche keinen Schock mehr ausgelöst haben.

Am Markt hat sich die Nachricht dementsprechend auch nicht besonders stark niedergeschlagen. Als sie am späten Mittwochabend bekannt wurde, lag der Kryptomarkt zwar tatsächlich stark im Minus. Diese Verluste waren jedoch durch die eingangs erwähnte US-Zinsentscheidung wenige Stunden zuvor ausgelöst worden.


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Bundespräsident Alexander Van der Bellen erteilte Herbert Kickl den Regierungsbildungsauftrag | Peter Lechner/HBF

Also doch Blau-Schwarz. Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos und dem Rücktritt von Karl Nehammer als ÖVP-Chef und Bundeskanzler starten nun Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP. Vor allem im Ausland wird auf die Aussicht auf einen Bundeskanzler Herbert Kickl mit Besorgnis reagiert. Auch im Inland sind sehr viele Menschen, die nicht die FPÖ gewählt haben, nicht glücklich damit.

Viele wirtschaftspolitische Überschneidungen

Eine relativ breite Zustimmung für Blau-Schwarz gibt es allerdings laut Medienberichten im Wirtschaftsflügel der ÖVP. Das hat gute Gründe, denn bei vielen von der ÖVP im Wahlprogramm geforderten wirtschaftspolitischen Maßnahmen dürfte man mit der FPÖ deutlich leichter auf einen gemeinsamen Nenner kommen, als es mit der SPÖ der Fall gewesen wäre. Die starken Differenzen in diesem Bereich dürften auch einer der Hauptgründe für das Platzen der schwarz-rot-pinken Koalitionsverhandlungen gewesen sein – auch für die Neos, die sich mit der ÖVP allein gut einigen hätten können, nicht aber mit der SPÖ.

Gute Chancen für Konsens bei zentralen Startup-Politik-Anliegen

Blau-Schwarz – sofern diese Verhandlungen nicht ebenfalls scheitern – bedeutet somit auch für die Startup-Politik relativ gute Chancen auf die Umsetzung einiger zentraler Forderungen der Community. Die größten Anliegen wurden bekanntlich vergangenes Jahr im Papier “Vision 2030” veröffentlicht.

Beteiligungsfreibetrag: Eigentlich Einigkeit, aber Sparpaket könnte zum Dealbreaker werden

Drei zentrale Forderungen hat die ÖVP explizit in ihr Wahlprogramm aufgenommen: Den Dachfonds, den Beteiligungsfreibetrag und die Reform des Wagniskapitalfondsgesetzes. Bei der FPÖ fanden sich diese zwar nicht explizit im Wahlprogramm, eine Einigung scheint aber bei allen drei realistisch. So hieß es vom “Bürgerbüro Team Kickl” auf brutkasten-Anfrage vor der Wahl, man wünsche sich “rechtliche Anpassungen für Risikokapitalgeber, etwa in Form von steuerlichen Begünstigungen” – sowohl für den Beteiligungsfreibetrag als auch für die Reform des Wagniskapitalfondsgesetzes im Sinne der Startup-Community ist damit die Tür geöffnet. Der wegen des Budget-Lochs angesagte Sparkurs könnte jedoch eine Steuerbegünstigung für Investor:innen gegenüber der breiten Bevölkerung schwer argumentierbar machen.

Dachfonds: Unterschiedliche Ansichten, aber Chance auf Einigung

Etwas schwieriger könnte eine prinzipielle Einigung beim Dachfonds werden. Von der FPÖ hieß es vor der Wahl auf brutkasten-Anfrage, Österreich müsse “rasch einen Venture-Capital-Fonds einrichten, der dabei hilft, die schwierigen Anfangsphasen für heimische Neugründungen im Technologiebereich zu bewältigen”. Das wäre ein Gegenmodell zum geforderten Dachfonds, der als “Fund of Funds” nur in Fonds investiert und auch nicht staatlich finanziert, sondern nur organisiert wird. Dass die FPÖ sich hier umstimmen lässt, scheint zwar gut möglich – denn bei den Freiheitlichen dürfte aus ideologischer Sicht nichts gegen das Dachfonds-Modell sprechen.

Die FPÖ ist aber freilich durch ihren Mandate-Überhang in der besseren Verhandlungsposition und könnten auch versuchen, ihr Modell durchzubringen. Wenn das Thema denn überhaupt wichtig genug für die verhandelnden Parteien ist – letztlich kann mit einer gewissen Sicherheit angenommen werden, dass startup-politische Maßnahmen von keiner Seite zur Koalitionsbedingung gemacht werden.

Lohnnebenkosten-Senkung: Ein Wille, aber im Budget-Loch womöglich kein Weg

Auch bei einer Reihe nicht startup-spezifischer, aber durchaus startup-relevanter wirtschaftspolitischer Maßnahmen könnten Blau und Schwarz gut zusammenfinden. Zu nennen wäre hier etwa eine Senkung der Lohnnebenkosten, die prinzipiell beide Parteien in ihren Wahlprogrammen hatten. Hier könnte allerdings einmal mehr die Notwendigkeit rigider Sparmaßnahmen aufgrund der budgetären Situation einen Strich durch die Rechnung machen. Zwar gibt es bei den beiden Parteien einen Konsens, ausgaben- und nicht einnahmenseitig sparen zu wollen. Doch auch wenn man sich darauf einigt, keine Steuern erhöhen oder einführen zu wollen, sind Steuer- und Abgabensenkungen im großen Stil, wie es bei der Lohnnebenkostensenkung (oder etwa auch bei einer Senkung der Körperschaftssteuer, wo ebenfalls Konsens besteht) der Fall wäre, wohl ob der notwendigen Gegenfinanzierung momentan schwer umzusetzen.

Bürokratieabbau: Wohl mehr Ausnahmen als Maßnahmen

Der Bürokratieabbau ist ein weiteres Thema, bei dem FPÖ und ÖVP – geht man nach den Wahlprogrammen – gut zusammenpassen. Tatsächlich scheint die ÖVP bei diesem Thema aber ziemlich selektiv zu sein, wie Medienberichte zu Konflikten zwischen Pink und Schwarz in den geplatzten Koalitionsverhandlungen nahelegen. Mächtige Blöcke innerhalb der Partei wie die Landesorganisationen, die Beamtengewerkschaft und der Wirtschaftsbund verhindern demnach Bürokratieabbau-Maßnahmen in ihren jeweiligen Bereichen. Die FPÖ wiederum dürfte definitiv nicht für einen weiteren Wegfall von Notariatspflichten zu haben sein, ebenso wenig, wie für weitere Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte. Unterm Strich ist das Potenzial in dem Bereich also eingeschränkt.

Nachhaltigkeit im Out

Und es gibt auch einige Bruchlinien zwischen FPÖ und ÖVP, die sich auf die Startup-Politik auswirken könnten. Zu nennen wären hier neben der bereits genannten Rot-Weiß-Rot-Karte etwa die Differenzen in der EU-Politik. Ebenso könnte die Anti-Klimaschutz-Politik der FPÖ Auswirkungen auf Startups haben, etwa im Bereich Förderungen, die im Zuge der Sparmaßnahmen ohnehin auf der Abschussliste stehen dürften. Nachdem ein signifikanter Anteil der Startups in den vergangenen Jahren Nachhaltigkeit zu einem der Kernziele erhoben hat, könnte hier generell eine nicht förderliche Gesetzgebung zum Problem werden.

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