17.03.2023

Crypto Weekly #94: Bitcoin steigt bis auf 27.000 Dollar – was dahinter steckt

Diese Woche: Trotz der angespannten Situation im US-Bankensektor hat sich die Stimmung am Kryptomarkt seit der Vorwoche stark aufgehellt. Was ist der Grund dafür?
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Bitcoin
Foto: © Adobe Stock

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Die Kurstafel:

  • Bitcoin (BTC): 26.585 US-Dollar (+30 % gegenüber Freitagnachmittag der Vorwoche)
  • Ethereum (ETH): 1.743 Dollar (+21 %)
  • BNB: 336 Dollar (+21 %)
  • Solana (SOL): 20 Dollar (+18 %)

🏦 Probleme im US-Bankensektor: Gleich zwei Pleiten von krypto-affinen Banken

Die vergangene Ausgabe von Crypto Weekly stand ganz im Zeichen der Pleite der krypto-affinen US-Bank Silvergate. Grob vereinfacht kam diese unter Druck, weil Kund:innen Gelder abzogen – und sie deshalb ein riesiges Anleihe-Portfolio verkaufen musste, das sich aufgrund der gestiegenen Zinsen sehr ungünstig entwickelt hatte. 

Seitdem hat sich herausgestellt: Das Problem betrifft nicht nur Silvergate. Wenig später schlitterte die Silicon Valley Bank aufgrund eines ähnlichen Problems ebenfalls in die Pleite. Und dann schlossen die US-Behörden mit der Signature Bank ein weiteres Finanzinstitut. Das ebenfalls starke Verbindungen zur US-Kryptobranche hatte.

Was für Signature-Bank-Vorstand Barney Frank übrigens auch Grund genug war, den Behörden politische Willkür vorzuwerfen. Diese hätten eine Botschaft an den Krypto-Sektor senden wollen – und dafür sei die Signature Bank ausgewählt worden, sagte Frank. 

Brisant dabei: Frank war früher Abgeordneter der Demokraten im US-Kongress. Und als solcher sogar Namensgeber des “Dodd-Frank Act” – eines US-Gesetzes, das in Reaktion auf die Finanzkrise 2008 eingeführt wurde. Unter anderem hatte es das Ziel, staatliche Bailouts für Banken künftig zu vermeiden. Was angesichts der aktuellen Situation durchaus etwas ironisch ist.

Die Situation in der US-Bankenbranche ist jedenfalls angespannt – und eben gleich zwei Bank-Pleiten betreffen Institute mit starken Verbindungen zur Krypto-Branche. Dass dies nicht positiv ist, bedarf keiner gesonderten Erläuterung. Und so könnte man jetzt rein logisch herleiten: Das muss auch den Kryptomarkt ziemlich stark getroffen haben.

🚀 Bitcoin mit Wochenplus von 30 Prozent, Ethereum gewinnt 20 Prozent

Allerdings: Der Blick auf die Kurstafel zeigt da etwas ganz anderes: Ganz deutliche Kursgewinne – und zwar durch die Bank. Obwohl diese Formulierung in diesem Zusammenhang vielleicht nicht ganz angemessen ist. Korrigieren wir also die Formulierung: Deutliche Kursgewinne – und zwar bei allen großen Krypto-Assets.

Das ist auch ein ziemlicher Stimmungsumschwung gegenüber der Vorwoche. Damals waren die Kurse deutlich gefallen. Bitcoin beispielsweise hatte am vergangenen Freitag sogar die Marke von 20.000 US-Dollar unterschritten. An diesem Tag war die Silicon Valley Bank von den Behörden geschlossen. Und an den Finanzmärkten fragten sich alle: Was kommt als nächstes? Fallen noch weitere Banken?

In einer Phase solch hoher Unsicherheit ist die Risikofreude gering – und neben den traditionellen Finanzmärkten war dies eben auch bei den Krypto-Kursen zu spüren. Übers Wochenende ging die Hängepartie rund um die Silicon Valley Bank weiter: Es blieb unklar, ob Einlagen über den jedenfalls versicherten 250.000 Dollar pro Konto verloren sein würden. Dieser Betrag mag für eine Privatperson durchaus hoch erscheinen, aber: Die monatlichen Fixkosten – wie etwa Gehälter – von vielen Startups sind weitaus höher.

💥 Was hinter der Kursexplosion am Kryptomarkt steckt 

Am Sonntagabend dann das große Aufatmen: In einer gemeinsamen Stellungnahme kündigten US-Finanzministerin Janet Yellen, Notenbank-Chef Jerome Powell und der staatliche Einlagenfonds an, dass die Bankeinlagen der Silicon Valley Bank auch über den versicherten Betrag hinaus geschützt würden. Und dass die Kund:innen bereits am Montag wieder Zugriff auf ihre Gelder bekommen sollten.

Damit war auch der Stimmungsumschwang am Kryptomarkt eingeleitet. Bitcoin stieg noch am Sonntagabend auf über 22.000 Dollar. Am Montag überschritt der Kurs dann die 24.000-Dollar-Schwelle und am Dienstag ging es zwischenzeitlich bis auf 26.500 Dollar hinauf. Am Freitag kam dann der nächste Schub: Der Kurs stieg bis auf 27.000 Dollar – und damit auf den höchsten Stand seit Juni 2022.

Wieder einmal zeigte sich: Bitcoin steigt, wenn die Zeichen auf Risiko stehen – und fällt in Zeiten hoher Unsicherheit. Und gleiches gilt für die übrigen Kryptowährungen. Damit sind sie klassische Risk-on-Assets. Ganz im Gegensatz etwa zu Gold, das in schwierigen Marktumfeld häufig als “sicherer Hafen” nachgefragt wird. Bitcoin wird zwar immer wieder als digitales Gold bezeichnet. Und rein konzeptionell ergibt das durchaus Sinn. 

In der Marktrealität ist dies aber noch nicht angekommen. Die institutionellen Anleger, die die Kurse wirklich bewegen können, sehen Bitcoin eben weiterhin als spekulatives Risiko-Investment. Ähnlich wie Tech-Aktien, nur noch etwas spekulativer.

Die Probleme im Bankensektor stehen der gestiegene Risikofreude nicht unbedingt entgegen. Mit den drei eingangs erwähnten Bank-Pleiten war die Situation nämlich noch nicht durchgestanden. In den USA geriet dann auch noch die First Republic Bank in Schieflage – und wurde von einem Konsortium mehrerer Großbanken mit 30 Mrd. Dollar gestützt. In Europa wiederum hängt die Credit Suisse in den Seilen. Und niemand weiß, ob nicht noch weitere Banken in Schwierigkeiten geraten.

Allerdings wirkt sich die Bankenkrise auch auf etwas anderes aus. Und zwar auf die Geldpolitik. Die starken Zinserhöhungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) seit dem Vorjahr waren der Hauptgrund für die fallenden Kurse – sowohl an den traditionellen Finanzmärkten als auch bei Krypto-Assets. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass es immer wieder aufwärts ging, wenn Aussagen von Notenbank-Chef Jerome Powell als Hinweise auf einen geldpolitischen Kurswechsel interpretiert wurden.

Bisher haben sich diese Interpretationen immer als falsch herausgestellt. Auch weil Powell den Kampf gegen Inflation nicht vorzeitig für gewonnen erklären will. Angesichts der Lage im US-Bankensektor wird Powell jetzt aber wirklich einlenken müssen, erwartet nun viele an den Finanzmärkten. 

Ob sich dies tatsächlich bestätigen wird, muss sich erst zeigen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat diese Woche jedenfalls unbeeindruckt von den Problemen der Credit Suisse die Zinsen neuerlich erhöht. Die nächste Zinsentscheidung in den USA steht am kommenden Mittwoch an. In der Zwischenzeit steuert der Tech-Aktienindex Nasdaq-100 jedenfalls auf die beste Woche seit November und Bitcoin auf die stärkste Woche seit Jänner 2021 zu.


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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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