21.05.2021

Crypto Weekly #11: Kryptomarkt bleibt weiter unter Druck

Auch am Freitag ging es für die wichtigsten Kryptowährungen deutlich nach unten. Wir blicken auf eine Woche zurück, für die man starke Nerven brauchte.
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Bitcoin Krypto
Foto: Adobe Stock

Es war eine Woche, für die man starke Nerven brauchte. Wenn man die hatte, konnte man Bitcoin so günstig kaufen wie zuletzt im Jänner – zumindest wenn man nicht von der eigenen Trading-App in Stich gelassen wurde. Neben dem massiven Absturz am Krypto-Markt vom Mittwoch ging es auch am Montag und am Freitag deutlich nach unten.

Dennoch: Die Jahresperformances aller großen Kryptowährungen sind weiterhin klar positiv. Außerdem in diesem Crypto Weekly: Eine On-Chain-Analyse von Glassnode (haben hauptsächlich Anfänger verkauft?) und News von der Erste Bank sowie von Bitwala, das – Spoiler! – nun Nuri heißt.

Die Kurstafel:

  • Bitcoin (BTC): ~ 36.800 Dollar / -28 % gegenüber Freitag der Vorwoche
  • Ethereum (ETH): ~2.500 Dollar / -40 %
  • Binance Coin (BNB): ~340 Dollar / -44 %
  • Cardano (ADA) / ~1,60 Dollar / -18 %
  • XRP: ~ 1,1 Dollar / -27 %
  • Dogecoin (DOGE) / ~0,36 Dollar / -33 %
  • Polkadot (DOT) / ~24 Dollar / -45 %
  • Internet Computer (ICP): ~ 150 Dollar / -52 %
  • Uniswap (UNI) / ~23 Dollar / -42 %

Alle Daten stammen von Coinmarketcap und sind am Stand von frühen Freitagabend.

Bitcoin fiel bis auf 30.681 Dollar

Ganz klar: Der Kryptomarkt ist schon nicht unter den besten Voraussetzungen in diese Woche gestartet. Bereits in der Vorwoche hatte die Ankündigung von Tesla-CEO Elon Musk, keine Bitcoin-Zahlungen mehr akzeptieren zu wollen, den Markt gedrückt. Die Hintergründe dazu sind schon im letztwöchigen Crypto Weekly ausführlich beleuchtet worden. Übers Wochenende eskalierte dann die Diskussion auf Musks Twitter-Account ein bisschen und am Markt ging es weiter abwärts.

Nach einer Stabilisierung am Dienstag kam es dann am Mittwoch knüppeldick: Die Kurse gaben schon am Vormittag im zweistelligen Prozentbereich nach. Am Nachmittag artete es dann aber zwischenzeitlich völlig aus – Bitcoin brach vorübergehend um rund 30 Prozent bis auf etwas 30.681 Dollar ein, bei den größten Altcoins ging es prozentuell noch deutlicher nach unten. Wohlgemerkt: Die Rede ist nur vom Minus gegenüber dem Vortag. Praktisch alle relevanten Krypto-Börsen und -broker verzeichneten zwischenzeitliche Handelsausfälle – was auch jene ärgerte, die nachkaufen wollten. Im Lauf des Tages stabilisierte sich der Markt einigermaßen, der Bitcoin-Kurs stieg vorübergehend wieder über 40.000 Dollar.

Erneute Abwärtsbewegung am Freitagnachmittag

Einer leichten Erholung am Donnerstag folgte am Freitagnachmittag dann schon wieder die nächste Abwärtsbewegung, bei der Bitcoin zwischenzeitlich um knapp 10 Prozent und die größten Altcoins zwischen 10 und 20 Prozent fielen. Der chinesische Vizepremier Lui He hatte sich zuvor in einer offiziellen Stellungnahme kritisch über Bitcoin-Mining und Trading geäußert.

Schon am Mittwoch war eine Meldung aus China häufig als Grund für den massiven Abverkauf genannt worden. Drei chinesische Payment- und Finanzverbände hatten chinesische Finanzinstitutionen davor gewarnt, Krypto-Geschäfte zu machen. Allerdings war dies bereits seit 2017 offizielle Linie gewesen, als die chinesische Zentralbank eine entsprechende Vorgabe erteilt hatte. Wie dem aber auch sei: Laufen Märkte heiß, finden sich immer Gründe, die für einen Abverkauf herangezogen werden – auch wenn diese in einer anderen Marktphase vielleicht weniger Einfluss auf das Kursgeschehen hätten.

Jahresperformances weiter positiv

Nachdem wir uns eingangs aber schon mit den 7-Tages-Performances gequält haben, sollte der Abverkauf vielleicht auch einmal in einen größeren Kontext gesetzt werden. Denn betrachtet man die Performance seit Jahresbeginn, sind alle Top-10-Coins weiter deutlich im Plus. Die Kursgewinne der größten Altcoins liegen im bisherigen Jahresverlauf allesamt weit im dreistelligen Prozentbereich – bei Bitcoin beläuft sich das Plus für 2021 aktuell “nur” mehr auf 26 Prozent.

  • Bitcoin: + 26 %
  • Ethereum: + 230 %
  • Binance Coin: +760 %
  • ADA (Cardano): +770 %
  • XRP: + 330 %
  • Polkadot: +179 %
  • Uniswap: +360 %

Haben hauptsächlich Neulinge verkauft?

Bereits zu Wochenbeginn – und damit vor dem großen Crash am Mittwoch – hatte Glassnode eine Analyse zu den starken Kursrückgängen der Vorwoche veröffentlicht. Das Unternehmen analysiert Bewegungen direkt auf der Blockchain – und hat dabei wieder einmal interessante Muster beobachtet: Demnach sind zuletzt vor allem neue Marktteilnehmer in Panik geraten und haben ihre Coins mit Verlusten verkauft – jene, die bereits länger investiert sind, sind laut Glassnode dagegen vergleichsweise entspannt geblieben. Wichtig dabei: Der Crash vom Mittwoch ist in dieser Analyse eben noch nicht berücksichtigt – nur die Abverkäufe an den Tagen zuvor.

Das Muster der Panikverkäufe erinnere an die Spitze des vorigen Bitcoin-Zyklus im Jahr 2017, schreiben die Glassnode-Analysten in dem am Montag veröffentlichten Report. An den Spitzen eines Marktzyklus würden neue Marktteilnehmer vergleichsweise hohe Anteile aller im Umlauf befindlichen Bitcoins halten. Allerdings war dieser Anteil zum Zeitpunkt der Analyse noch deutlich niedriger als beim Höhepunkt im Jahr 2017: Er lag bei rund 28 Prozent, 2017 war er zwischenzeitlich bis auf 37 Prozent gestiegen.

Die Glassnode-Analysten verweisen weiters auf Daten der Krypto-Börsen: Demnach sind die Netto-Kapitalzuflüsse auf den höchsten Stand seit März 2020 gestiegen, als der Bitcoin-Kurs im Zuge der Coronakrise stark einbrach. Den Daten von Glassnode zufolge wurden 27.500 Bitcoin mehr auf Börsen transferiert als abgezogen. Dies gilt als Hinweis für Verkaufsdruck – da Anleger Coins wohl deshalb von ihren Wallets auf die Börsen schicken, um sie dort zu verkaufen.

Besonders interessant: Während es bei Binance starke Zuflüsse gab, sind bei Coinbase laut den Analysten schon seit dem Überschreiten der 20.000-Dollar-Marke gegen Ende des Vorjahres hauptsächlich Netto-Abflüsse zu beobachten. Die Erklärung: Während bei Binance viele Kleinanleger aktiv seien, sei Coinbase die bevorzugte Plattform in den USA für institutionelle Investoren, was sich auch an der Höhe der abgezogenen Beträge zeige. Laut Glassnode geht aus den Daten außerdem hervor, dass diese Investoren auch weiter zugekauft haben. Erneut sei aber betont, dass die Studie vor den neuerlichen Kursrückgängen in dieser Woche durchgeführt wurde und nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob das Muster weiter aufrecht ist.

Bitcoin bei der Erste Bank

In Österreich überraschte unterdessen die Erste Bank diese Woche mit der Nachricht, dass man nun im Private Banking Kunden testweise ein Bitcoin-Finanzprodukt anbiete. Konkret geht es hier um ein Exchange Traded Product (ETP) von 21 Shares, das den Bitcoin-Preis nachbildet und bereits seit 2019 auch an der Wiener Börse erhältlich ist. Die Nachfrage sei gestiegen, man könne da nicht wegschauen, sagte eine Sprecherin der Bank zum brutkasten.

Allerdings werde das Produkt nur jenen Kunden angeboten, die aktiv danach fragen würden. Im Private Banking seien dies hauptsächlich Kunden, die Summen in der Höhe von 500.000 Euro oder mehr anlegen würden, und das Bitcoin-Produkt als “Beimischung” in ihre Portfolios aufnehmen wollen. Übrigens: Da das konkrete ETP eben an der Wiener Börse notiert, können es auch ganz normale Kleinanleger über ihre Bank oder ihren Broker kaufen.

Bitwala wird zu Nuri

In Deutschland wiederum hat das Krypto-Fintech Bitwala einen radikalen Schritt unternommen – und sich kurzerhand umbenannt. Das Unternehmen heißt jetzt Nuri. Das Ziel der seit April amtierenden Chefin Kristina Walcker-Mayer ist es, ein breiteres Publikum – über die klassischen Krypto-Zielgruppen hinaus – anzusprechen. Nuri bietet ein ganz normales Bankkonto mit Visa-Debitkarte an – Kunden können aber auch ein sogenanntes Bitcoin-Ertragskonto eröffnen, mit dem man am Verleih seiner Coins verdienen kann. Mehr dazu in unserem Artikel.

Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Steuerberatung, Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von brutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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