27.03.2020

Coronakrise: Down-Rounds gegen das Startup-Sterben?

Die Coronakrise bringt viele Startups in Bedrängnis. Auch staatliche Hilfen müssen vorfinanziert werden. In der Szene herrscht Dissenz: Sind Down-Rounds zur Sicherung der Liquidität legitim? Ja, meint Hansi Hansmann und erklärte dem brutkasten warum.
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Hansmann-Buch: Anleitung wür (werdende) Business Angels - Down-Rounds
(c) kacy: Hansi Hansmann

Wenn ein Startup eine sogenannte Down-Round abschließt, also eine Kapitalrunde zu einer niedrigeren Bewertung, als es bei der vorangegangenen Runde bereits hatte, ist es üblicherweise in einer misslichen Lage. Normal gilt es daher, das um jeden Preis zu vermeiden. Die Coronakrise bringt derzeit viele Startups in so eine missliche Lage. Doch in der Community herrscht Dissenz, ob Down-Rounds dadurch legitim werden.

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Coronakrise: Keine Umsätze, keine Liquidität

Viele Wachstumsunternehmen haben derzeit dasselbe Problem: Durch die Coronakrise brechen Umsätze in großem Umfang weg. Es gibt nicht mehr ausreichend Liquidität, Gehälter und Rechnungen können nicht gezahlt werden.

Staatliche Hilfe muss vorfinanziert werden

Weil die berechtigte Hoffnung besteht, dass sich das Geschäft nach der Krise bald wieder erholt, liegt es auf der Hand, staatliche Unterstützungs-Mechanismen wie die Kurzarbeitsregelung zu nutzen. Doch auch hier gibt es einen Haken: Die Unterstützungszahlungen müssen vorfinanziert werden – es braucht also abermals Liquidität. Von Banken gibt es für die Zwischenfinanzierung kein Geld, wenn das Startup rote Zahlen schreibt. Die Überbrückung muss also in vielen Fällen anders gestemmt werden.

Bestandsinvestoren als Retter

Logische Geldgeber sind hier die Bestandsinvestoren der Startups. Doch viele davon wollen, wenn sie überhaupt bereit sind, einzuspringen, in das stark geschwächte Unternehmen nur zu einer Bewertung investieren, die den tatsächlichen aktuellen Gegebenheiten entspricht. Sprich: Der Standard-Kalkulation der Bewertung folgend kommt eine Down-Round dabei heraus.

Teicke: Down-Rounds als “No-Go”

Julian Teicke, Gründer des InsureTechs wefox, will das nicht gelten lassen: “Down-Rounds sind in diesen Zeiten ein absolutes No-Go. Das ist die Grenze, die nicht überschritten werden sollte”, meint er. Er fordert von Bestandsinvestoren ein, dass sie mit ihren Gründern partnerschaftlich durch die Krise gehen.

Auch Apollo.ai/Updatemi-Gründer Mic Hirschbrich warnt gegenüber dem brutkasten: “Viele Startups, die unverschuldet nun ihre Bestandsinvestoren brauchen, sind zurecht nervös. In Fällen höherer Gewalt sollten aber aggressive Down-Round-Ambitionen hintangehalten werden. Zu hoch wären die Schäden in der langfristigen Company-Reputation sowie bei der Gründer-Moral”.

Hansi Hansmann: “einmalige Situation”

Anders sieht das Österreichs bekanntester Business Angel Hansi Hansmann. “Viele vergessen, dass wir eine richtig tiefe Krise haben – eine einmalige Situation, in der einige Regeln nicht wie sonst gelten”, sagt er gegenüber dem brutkasten. Hansmann wird konkret: “Wenn sich der Markt durch die Coronakrise für potenziell drei bis fünf Jahre verändert, müssen die Bewertungen angepasst werden – da geht es nicht um ‘fair’ oder ‘unfair'”.

Down-Rounds sogar einzige Chance auf Folgefinanzierung?

Das sei auch im Sinne der Startups: “Es macht ja sonst für einen VC überhaupt keinen Sinn, einzusteigen. Der braucht seinen Multiple und kann nicht aus falscher Gefühlsduselei höhere Bewerungen akzeptieren”. Sprich: Folgt man Hansi Hansmann, sind Down-Rounds vielleicht sogar die einzige Chance für einige Startups, nach der Krise eine Folgefinanzierung aufstellen zu können. Auch als Zeichen für den Folgeinvestor sieht er “kein wirkliches Problem” – sollten sich die Gegebenheiten wieder stark verbessern, könne man durchaus wieder hohe Bewertungen verlangen und eine Down-Round, die während der Krise gemacht wurde, mit den damals herrschenden Notwendigkeiten argumentieren.

Convertible Loan als mögliche Lösung

Hansmann zeigt noch einen weiteren möglichen Weg auf, der die Frage auf später verschieben und etwas krisenunabhängiger machen würde: “Ein Convertible Loan (Anm. Wandeldarlehen) könnte eine gute Lösung darstellen, der die Bewertung offen lässt. In einem solchen Fall sollte er wohl ohne Cap, aber mit einem attraktiven Discount versehen sein”, meint der Business Angel.

Viele wohl zu “Down-Rounds” gezwungen

Ob nun eine “Down-Round” eingegangen wird, muss jedes Startup, das in die Situation kommt, letztlich für sich selbst entscheiden. Sollte von staatlicher Seite aber nicht schnell eine unbürokratische Rettungsmaßnahme spezielle für Startups geschaffen werden, werden viele wohl ohnehin keine andere Wahl haben.

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Gründerin Lilly Messner und Markenbotschafter & Profifußballer Kevin Danso (c) Green Lilly

In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Startups vegane Ersatzprodukte auf den Markt gebracht, die meist konventionelle Fleischprodukte wie Burger-Patties, Würstel oder Leberkäse nachahmen. Das oberösterreichische Startup Green Lilly hingegen möchte mit einem anderen Ansatz überzeugen: Es konzentriert sich auf die Herstellung pflanzlicher Brotaufstriche in Tuben. Die Produkte sollen nicht nur ausschließlich für Veganer:innen attraktiv sein, sondern auch die breite Zielgruppe der Fleischesser:innen ansprechen.

Die Geschäftsführerin und Gründerin des Unternehmens ist Lilly Messner. Die 22-jährige stammt aus der Familie Reiter/Messner, die seit drei Generationen Wurstwaren in Oberösterreich produziert. Mit Green Lilly bringt Lilly Messner nun ihre eigenen Produkte auf den Food-Markt. Im Gespräch mit brutkasten verraten Lilly Messner und Elisabeth Drzaic-Lang – sie kam als Beraterin und Co-Founderin ins Unternehmen – was die Green Lilly-Produkte so einzigartig macht.

Green Lilly führt mit pflanzlichen Aufstrichen die Familientradition fort

Am Familienstandort in Eberschwang in Oberösterreich stellt das Startup Green Lilly pflanzliche Brotaufstriche her, die mit ihren natürlichen Zutaten, hohem Proteinanteil und praktischen Tubenverpackungen überzeugen wollen. Die veganen Aufstriche bieten eine „unkomplizierte, ausgewogene und nachhaltige Alternative“ für alle, die sich bewusster ernähren möchten. Ganz nach dem Unternehmensmotto: “Bei uns kommt nur das Beste in und aus der Tube“. 

Der Familienbetrieb blickt auf über 75 Jahre Erfahrung in der Wurstwarenproduktion zurück. Tochter Lilly führt diese Familientradition mit einem modernen Ansatz fort, möchte jedoch klarstellen, dass Green Lilly als eigenständiges Unternehmen auftritt.

CEO Lilly Messner: Vom Familienunternehmen zur eigenen Vision

Die Idee des Startups stammt von der Namensgeberin Lilly. Obwohl die 22-jährige Studentin im Familienunternehmen, das Fleischprodukte herstellt, aufgewachsen ist, bevorzugt sie pflanzliche Alternativen. Bei der Entwicklung ihrer Idee war es ihr wichtig, „dieses Handwerk und die Tradition der Qualität“, die sie aus ihrer Familie kennt, in ihr neues Unternehmen zu integrieren. 

Durch das Familienunternehmen hatte Lilly schon früh die Gelegenheit, die Produktionsabläufe hautnah zu erleben. Bei Green Lilly sei sie der „kreative Kopf“, die neuen Ideen einbringt und die Verantwortung trägt, „das Produkt zu den Menschen zu bringen und möglichst authentisch zu sein“. CEO Lilly Messner verfolgt die Vision einer „ausgewogenen, nachhaltigen Welt“ und ist überzeugt, dass „gutes Essen das Wohlbefinden fördert“.

Green Lilly soll kein Fleischersatz sein

Gemeinsam mit Elisabeth Drzaic-Lang und ihrer Mutter Simone Messner entwickelte Lilly ihre Produktidee weiter. Im März 2024 gründeten sie schließlich das Unternehmen Green Lilly in Form einer flexiblen Kapitalgesellschaft. Momentan halten Lilly Messner und Elisabeth Drzaic-Lang jeweils 25 Prozent der Anteile am Startup, während Simone Messner die restlichen 50 Prozent besitzt.

Green Lilly sieht sich nicht als Marke für Fleischersatzprodukte, sondern konzentriert sich ausschließlich auf die pflanzlichen Erzeugnisse. Die Gründerinnen möchten Fleischprodukte „nicht ersetzen, […] auch keinen Fleischgeschmack nachbauen, sondern […] Produkte erschaffen aus dem, was die Natur uns bietet“. Die Gemüseaufstriche sollen eine breite Zielgruppe ansprechen, einschließlich Fleischliebhaber:innen. „Wir wollen Genuss verkaufen und nicht fleischlos oder Fleischersatz verkaufen“, betont Drzaic-Lang gegenüber brutkasten.

Haltbarkeit und cremige Konsistenz macht Green Lilly besonders

Der Weg zu den heutigen Green Lilly-Produkten war für die Gründerinnen ein „extrem schwieriger und steiniger Prozess“. Es stellte sich als eine Herausforderung heraus, geeignete Rezepturen zu entwickeln, die sowohl gut schmecken als auch ihren Vorstellungen entsprechen. Nach zahlreichen Versuchen zeigen die Gemüseaufstriche nun ihre Besonderheit: Die cremige Konsistenz aus der Tube soll eine natürliche Haltbarkeit bieten. Diese erreiche man durch einen Erhitzungsprozess, der ohne Konservierungsstoffe oder künstliche Zusätze auskomme.

Aktuell produziert das Unternehmen fünf verschiedene Sorten von Gemüseaufstrichen: Sunny Tomate, Spicy Rote Rübe, Fine Basilikum Pesto, Sweet Karotte-Pastinake Cumin und Roasted Kürbis. Die Formulierung der Produkte kombiniert natürliche Erbsen- und Hefeproteine mit Gemüse. Die Aufstriche sind in 100g-Alu-Tuben erhältlich, die fast vollständig recycelbar seien. Green Lilly soll sich durch den hohen Proteingehalt, den natürlichen Geschmack und die lange Haltbarkeit hervorheben. Der Großteil der Zutaten stammt aus Europa.

Ziel: europaweiter Vertrieb der Green Lilly-Produkte

Das Startup Green Lilly finanzierte sich von Anfang an privat. Drzaic-Lang betont, dass das Unternehmen derzeit keine Finanzierungsrunden plant. Aktuell sei Green Lilly „sehr gut aufgestellt“, sodass sie hoffen, den weiteren Markenaufbau durch Partnerschaften und Umsätze finanzieren zu können.

Obwohl die Gemüseaufstriche in Österreich hergestellt werden, verfolgt das Unternehmen von Beginn an die Absicht, die Produkte auch international zu vertreiben. Mit einem internationalen Key-Account-Manager im Team startet das Startup breit gefächert in verschiedenen Kanälen in ganz Europa. Zudem befindet sich Green Lilly derzeit in der Abschlussphase von Verhandlungen mit europäischen Partnerunternehmen. Für das Startup sei Österreich allein zu klein, um das angestrebte Wachstum zu erreichen. 

Fokus auf internationale Expansion

Um den Markenaufbau und die Brand Awareness voranzutreiben, sucht das Startup künftig nach weiteren Partnerschaften in den Nachbarländern. Das Startup kann sich trotzdem vorstellen, zukünftig in den österreichischen Einzelhandel und den HoReCa-Bereich zukommen. Momentan liegt der Fokus jedoch ausschließlich auf dem Online-Markt und dem Export. Seit Oktober 2024 können österreichische Kund:innen die Green Lilly-Produkte im Onlineshop erwerben.

Gründerin Lilly Messner äußert gegenüber brutkasten ihren “Traum”, dass die Green Lilly-Produkte in fünf Jahren in ganz Europa erhältlich sind. Bis dahin sollen auch weitere Sorten von Gemüseaufstrichen verfügbar sein.


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