18.05.2018

Brutkasten Meetup mit Startupland Vorarlberg: Viel Potenzial für das “Ländle”

Der Brutkasten lud zum ersten Meetup in Vorarlberg, das gemeinsam mit Startupland, einer Initiative der Voralberger Startups, am Donnerstagabend, 17. Mai 2018, in Dornbirn stattfand.
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Startupland
(c) Matthias Rhomberg: Full House beim Brutkasten-Meetup in Kooperation mit der Initiative Startupland in Dornbirn

Im “Designforum” am “Campus V“, dem Vorarlberger Startup- und Innovations-Hub, gingen erfahrene Unternehmer, bekannte PlayerInnen der österreichischen Startup-Szene und zwei Newcomer der Frage nach, ob und wie das “Ländle” zum Vorzeige-Startupland unter den Bundesländern werden könnte. Brutkasten-CEO Dejan Jovicevic führte zusammen mit Thomas Gabriel, dem Initiator von Startupland Vorarlberg (⇒ Link) beim gemeinsamen Meetup durch den Abend, an dessen Beginn über 200 BesucherInnen gleich den Pitches von crazywin und Multivative beiwohnten.

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Neues Netzwerk für “Mini-Influencer”

Markus Grabher, Geschäftsführer von crazywin, präsentierte die Business-Idee des mit Juni an den Start gehenden Unternehmens: Ein soziales Netzwerk, das werbende Unternehmen mit “Mini-Influencern” zusammen bringt. Erstere stellen “wirklich tolle und hochwertige Preise” zur Verfügung, wie Grabher verspricht. Letztere interagieren im Rahmen von Gewinnspielen mit ihren FreundInnen und Followers, was unter anderem durch das Teilen von Foto-Postings geschehen soll. Im Gegensatz zu “großen Influencern”, etwa auf Instagram, die für die Millennials und noch jüngere Menschen “nicht mehr glaubwürdig” wären, habe die Zielgruppe großes Vertrauen gegenüber ihrem persönlichen Bekanntenkreis – mit dem gemeinsam sie sich auf der crazywin-Plattform bewegen sollen. Zum unmittelbar bevorstehenden Start wäre für Grabher und das dreiköpfige Gründerteam ein Investment von 150.000 bis 200.000 Euro hilfreich, wie Grabher anmerkt. Man habe allerdings schon einige Kooperationspartner und damit Preis-Stifter an Bord.

Facebook als mächtiger Gegner

Die Jury sah den Auftritt beim Startupland-Event kritisch. Zudem wäre es, wie Lisa-Marie Fassl, Managing Director der Austrian Angel Investors Association, meint, nicht leicht, eine kritische Menge an Usern aufzubauen: “Und dann ist zu bedenken, dass nicht jeder User jede Marke mögen wird”, was die Akquise der in der crazywin-App werbenden Unternehmen sicher erschwere. Georg Hauer, General Manager Austria des Banking-Startups N26, stimmte Grabher insofern zu, “dass Gewinnspiele bei jungen Menschen wirklich immer noch sehr gut funktionieren”.

Jedoch könnten Firmen, die Gewinnspiele z.B. auf Facebook durchführen, zielgenau eine bestimmte Gruppe ansprechen, was bestimmte Ergebnisse absehbar mache. Dasselbe Vertrauen aufzubauen wäre für einen neuen Player eine extreme Herausforderung. Juror Marcel Grosskopff, Managing Partner von V_labs, einem Company Builder und “Labor” für Business Model-Innovation, ruft die kürzlich bekannt gewordene Pleite des Startups Rublys in Erinnerung, das ein ähnliches Feld beackert habe. Dem widersprach Grabher, da man im Gegensatz dazu stark auf Interaktion und Unterhaltung setze – Rublys habe dem User “einfach keinen Spaß gemacht”.

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Eine Maschine, die alle Stücke spielt

Elias Vögel, der den zweiten Startupland-Pitch abhielt, eroberte die Herzen der JurorInnen im Sturm. Erst 19 Jahre alt, legte er eine durchwegs gelungene Präsentation des von ihm und Laurenz Fussenegger – an diesem Abend leider krankheitsbedingt abwesend – erdachten Multivative hin. Das Unternehmen ist gerade in Gründung und entstand aus der Erfahrung der beiden ehemaligen HTL-Schüler, wonach die Entwicklung von Prototypen im Elektronikbereich sehr schwierig und extrem aufwändig sei. Die Lösung für dieses Problem, das allein im DACH-Raum gut 8.000 Unternehmen hätten, darunter Kaliber wie Siemens: Eine Maschine, die viele andere Maschinen ersetzt.

“Unser Ansatz ist, dass wir verschiedene Maschinen wie eine CNC-Fräse, einen Bestückungsautomaten oder eine Dosiermaschine zu einer Maschine zusammenfügen”. Im Unterschied zu den Einzelteilen benötige Multivative dafür auch nur mehr eine einzige Steuerungs-Software. Die Maschine, bestehend aus einer Basis und auf den jeweiligen Bedarf ausgerichteten Modulen, wechsle ebendiese völlig autonom und erstelle praktisch über Nacht einen benötigten Prototypen. Das funktioniere grundsätzlich so: “Im ersten Schritt wird ein Gehäuse via 3D-Druck produziert, dann wird die Lötpaste auf eine zuvor mittels Fräskopf hergestellte Platine aufgetragen, auf die im letzten Schritt nur mehr die einzelnen Bauteile platziert werden”.

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Zwischen Bescheidenheit und Selbstüberzeugung

Dieselbe Coolness, mit der Vögel dies präsentierte, behielt er auch, als Lisa Fassl mehrfach – und am Ende vehement “für die gesamte Jury” fragte, wie man diese Geschäftsidee denn nun unterstützen dürfe? “Bis zur Serienreife” – die Multivate für Ende 2019 anstrebe – “rechnen wir mit etwa 500.000 Euro, die nötig werden”, so Vögel darauf. Ob der gelungene Auftritt nur von großer Bescheidenheit oder mehr von berechtigter Selbstüberzeugung angetrieben war, blieb dem Publikum verborgen. Juror Thomas Metzler von der FH Vorarlberg dürfte jedenfalls nicht allein mit seiner Meinung gewesen sein: “Das ist ein starkes Produkt, das tatsächlich ein relevantes Problem adressiert”. Und das könne nicht jedes Startup von sich behaupten.


N26 auf dem Weg zum Unicorn

Offen stehende Münder bekam auch N26-Gründer Georg Hauer zu sehen, der sich im Anschluss an die Pitch-Session einem kurzen Interview mit Thomas Gabriel stellte und einige Eckdaten präsentierte: Fünf Jahre nach der Gründung der Online-Bank, deren Hauptsitz Berlin ist, hat N26 kürzlich 160 Millionen Dollar an Investments eingesammelt. Die Kundenzahl nähere sich in immer schnelleren Schritten der Million, zur angeblichen Firmenbewertung mit 750 Millionen Euro wollte Hauer jedoch nichts sagen. Das sei keine offizielle Zahl.

Sehr wohl bestätigte er aber die Entwicklung der MitarbeiterInnen-Zahl: derzeit 450, bei einem Zuwachs von 70 über die vergangenen zwei Monate und einem voraussichtlichen Wachstum auf gut 700 bis Ende 2018. Dies vor allem im Developer-Bereich. Vorarlberg ist aus Hauers Sicht ein guter Standort für Startups: Es biete ausreichend Chancen für das Recruitment gut ausgebildeter Fachkräfte. Und was die Finanzierung betrifft, sehe er Potenzial für Investments und Förderungen.

Startup-Spirit für etablierte Unternehmen

In der abschließenden Startupland-Podiumsdiskussion mit Fassl sowie den weiteren Jury-Kollegen Hubert Rhomberg, dem CEO der Rhomberg Gruppe, welcher sein international agierendes Bauunternehmen in der vierten Generation zum größten Branchen-Player der Welt “digitalisieren” will, und Georg Burtscher, Geschäftsführer bei Russmedia Digital, gab Hauer auf die Frage, worauf es bei einem Startup ankomme, folgende Antwort: “Anstatt nur darüber zu reden und zu planen, geht es ums Machen. Sich gleich morgen, oder besser noch: heute Abend, hinzusetzen und etwas zu starten”. Dabei empfahl er für den Wandel Vorarlbergs zum Startupland mehr oder weniger den bereits klassischen Lean-Startup-Ansatz, nach dem ein Produkt frühzeitig am potenziellen Kunden getestet und mit dessen Feedback möglichst rasch verbessert wird.

Kooperation – auch unter Konkurrenten

Hubert Rhomberg, der direkt von einem PropTech-Event in London zum Meetup eingeflogen ist, bekräftigte die Bedeutung eines starken Startup- und Innovationsökosystems für die Vorarlberger Industrie. Man müsse sich mit den Technologien und der Automatisierung beschäftigen. Es geht heutzutage um Kooperation – auch unter Konkurrenten. Denn diese hätten ähnliche Herausforderungen im Umgang mit der Technologie und auch den Startups. Für diese Zwecke gründete Rhomberg die “Plattform V“, auf welcher die Unternehmen aus dem Bodenseeraum neue gemeinsame Geschäftsmodelle entwickeln und kommerzialisieren sollen. Die Innovationskraft der Startups spiele dabei eine wichtige Rolle. Rhomberg ist überzeugt: Der größte Entwicklungsschrift der Zukunft bzw. die größten Chancen für den Standort Vorarlberg lägen in der Vernetzung und im Wissenstransfer.

“Manchmal schlagen wir uns die Köpfe ein und danach gehen wir zusammen essen”

Auf die Frage von Brutkasten-Chef und Moderator Dejan Jovicevic nach den “Gefahren”, die eine Marktführerschaft wie jene von Russmedia in Vorarlberg berge, meint Georg Burtscher: “Gefährlich ist, wenn man sich zurücklehnt und gewissen Dingen nicht rasch genug Beachtung schenkt”. Insbesondere, wenn ein adäquater Mitbewerber fehle, steige die Bedeutung der inneren Konkurrenz. “Die hat es bei uns aber immer gegeben”, so Burtscher: “Manchmal schlagen wir uns die Köpfe ein und danach gehen wir zusammen essen”, brachte er den inneren “Drive” des Medienunternehmens auf den Punkt. Um frisches Blut in den Konzern zu bekommen, investiere man aber auch kräftig in Startups – sowohl direkt als auch z.B. über den Venture Capital-Fonts Speedinvest X, an dem Russmedia beteiligt ist. Über die kommenden fünf Jahre sei insgesamt ein Budget von 100 Millionen Euro vorgesehen (der Brutkasten berichtete), das zum Teil bereits veranlagt sei.

Auf dem Weg zum Startupland

“Überall, wo Unternehmen eine ‘Pain’ haben”, sollten talentierte Leute hinschauen und Lösungen entwickeln, lautet die abschließende Empfehlung von Hubert Rhomberg an potenzielle Startup-GründerInnen. Dabei sei durchaus der internationale Markt zu beobachten, um eventuell bereits bestehende Produkte zu verbessern bzw. für den eigenen Bedarf zu adaptieren.

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(c) Turbulence Solutions

Wer ein Flugzeug besteigt, der kennt sie: Turbulenzen. Kaum etwas kann einem den Flug so unangenehm machen wie das ruckartige Auf und Ab in der Luft. Was für die meisten Passagiere nur ein Ärgernis ist, kann in der Fliegerei schnell zu einem großen Sicherheitsrisiko werden. Genau hier setzt Turbulence Solutions an. Das Wiener Startup rund um Gründer und CEO András Gálffy verfolgt die Vision, Fliegen künftig komfortabler und sicherer zu gestalten – und zwar durch die gezielte Beseitigung von Turbulenzen.

So funktioniert das Turbulence Cancelling System

Die Unternehmensgründung von Turbulence Solutions erfolgte bereits im Jahr 2018, wobei mehrere Jahre Entwicklungszeit im sogenannten Turbulence Cancelling System (TCS) stecken. An der Maschine angebrachte Sensoren gewährleisten ruckelfreie Flüge, indem sie den Luftdruck messen und Turbulenzen erkennen, noch bevor sie auf die Flügel treffen. Herzstück des Systems ist eine Steuerungssoftware, die entsprechende Steuerimpulse für die Gegenturbulenzen berechnet. Die Technologie sorgt dafür, dass die eingebauten Flügelklappen rechtzeitig in die richtige Position gebracht und der Auftrieb erhöht oder verringert wird. “Mit dem derzeitigen Produktniveau können wir ca. 80 Prozent der Turbulenzen unterdrücken“, so Gálffy gegenüber brutkasten.

András Gálffy verfügt selbst über eine Pilotenlizenz | (c) Turbulence Solutions

System von Turbulence Solutions wurde bereits verbaut 

Das Turbulence Cancelling System wurde bereits in erste Flugzeuge des Modells Shark 600 verbaut. Dabei handelt es sich um ein Leichtflugzeug, das Platz für zwei Personen bietet. Dafür werden sogenannte Turbulence-Flaplets auf bestehende Klappen des Flugzeugs montiert. “Der Einbauprozess ist relativ einfach und dauert etwa einen halben bis einen ganzen Tag”, so Gálffy. Hierbei wird die bestehende Klappe des Flugzeugs entfernt und durch eine neue Klappe mit dem Turbulence-Flaplet ersetzt. Der Einbau selbst kann durch den Flugzeughersteller oder spezialisierte Wartungsbetriebe durchgeführt werden, wobei Turbulence Solutions das System-Design und die Steuerungslogik bereitstellen.

Erste Pre-Orders erfolgt

Das erste Halbjahr 2024 war für Turbulence Solutions von entscheidender Bedeutung. Im April 2024 erfolgte der öffentliche Launch auf der Aero Friedrichshafen, einer der wichtigsten Luftfahrtmessen in Europa. “Wir haben jetzt schon zwölf Pre-Orders, die schon bezahlt sind. Sie werden Ende des Jahres eingebaut und zertifiziert”, so der Gründer.

Turbulence Solutions verfolgt eine gezielte B2B-Strategie. Der Vertrieb erfolgt direkt über Partnerschaften mit Flugzeugherstellern und Wartungsbetrieben. Das Unternehmen setzt hierbei auf eine enge Zusammenarbeit mit Herstellern, die das System in neue oder bestehende Flugzeuge integrieren. Ein besonderes Augenmerk liegt derzeit auf dem Markt für Ultralight-Flugzeuge, der bereits jetzt Cashflow-positiv ist. Künftig soll das System aber auch in größeren Flugzeugen, wie Passagierjets, verbaut werden. “Unsere Vision lautet: Make flights turbulence-free. Und das möchten wir für die gesamte Luftfahrtindustrie umsetzen”, so Gálffy. Auch Zukunftsmärkte wie Advanced Air Mobility (AAM, fliegende Taxis) sollen künftig bedient werden.

Zudem ist András Gálffy Projektleiter im TU Wien Space Team | (c) Turbulence Solutions

Finanzierung und Unterstützung durch Austria Wirtschaftsservice

Bislang konnte Turbulence Solutions seine Entwicklung durch öffentliche Förderungen und Business Angels finanzieren. Die Erlöse aus den ersten Verkäufen sollen nun genutzt werden, um in neue Marktsegmente zu expandieren. 

“Von der Idee bis zur Marktreife war es ein langer Weg. Wir mussten nicht nur die Technologie perfektionieren, sondern auch den richtigen Markteintrittspunkt finden. Jetzt sind wir bereit, die Luftfahrt zu verändern“, so Gálffy weiter.

Eine wesentliche Unterstützung erhielt Turbulence Solutions dabei durch die Austria Wirtschaftsservice (aws), insbesondere über das aws Seedfinancing-Programm. Dieses Programm war entscheidend, um die Technologie zur Marktreife zu bringen. Durch das Seedfinancing konnte Turbulence Solutions wichtige Entwicklungsschritte finanzieren, die für den erfolgreichen Markteintritt notwendig waren.

“Die aws hat uns dabei nicht nur finanziell unterstützt. Die Beratung durch das aws-Team war für uns bei etlichen strategischen Entscheidungen sehr wichtig. Speziell in den Bereichen der Geschäftsmodellentwicklung, des geistigen Eigentums und des internationalen Markteintritts konnten wir von der Erfahrung der aws extrem profitieren”, so der Gründer. 

Zukunftspläne von Turbulence Solutions

Die nächsten Schritte für Turbulence Solutions beinhalten die Expansion in den Markt für größere Flugzeuge und fliegende Taxis sowie die weitere Forschung an fortschrittlichen Technologien. Mit der kontinuierlichen Verbesserung ihrer Systeme und dem Fokus auf neue Anwendungen sieht sich das Unternehmen auf einem guten Weg, die Luftfahrtindustrie nachhaltig zu verändern.

“Die Möglichkeiten sind enorm. Wir sehen Turbulence Cancelling als einen sehr wichtigen Beitrag für die Zukunft der Luftfahrt und arbeiten kontinuierlich daran, es für immer größere Flugzeuge und anspruchsvollere Einsatzgebiete zu adaptieren”, so Gálffy abschließend.


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