02.08.2024
OHRWURM GEFÄLLIG?

brutkasten-Charts: Diese Songs wecken den Founder & die Founderin in dir

Manchmal brauchen Gründer:innen aus der Startup-Szene Ablenkung, um wieder auf Kurs zu kommen und Kreativität hervorzuholen. Dabei muss es nicht immer ein Retreat sein. Auch Kunst kann Ähnliches bewirken, vor allem wenn sie in Form von Melodie daherkommt. Die brutkasten-Redaktion ist in sich gegangen und hat eine musikalische Liste erstellt, die nicht nur die Gründerin oder den Gründer in einem wecken, sondern auch in harten Zeiten Hoffnung geben kann. Und hie und da für ein Schmunzeln sorgen soll.
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(c) wikimedia.commons/ Timothy Krause/ Mariamartadelosangeles/Redmyname31/Dantus21 - Eine musikalische Empfehlung für Gründer und Gründerinnen.

Noch seltsamer als Menschen, die sagen, sie hören gerne alle Arten von Musik, sind jene, die mit Stolz posaunen, sie mögen weder Melodie noch Gesang in ihrem Leben. Ihnen scheint schlicht die Fähigkeit zu fehlen, sich in gesungene und gespielte Noten einzuleben und sich davon wegtragen zu lassen. Dabei haben instrumentale Töne und tirilierte Worte weitaus mehr Kraft, als nur die der Unterhaltung oder der “Hintergrundbeleuchtung”. Musik kann entführen, aufbauen, die Kreativität wecken, Probleme auf den Lösungsweg setzen und Zweifel vor Entscheidungen auflösen.

Ja sogar Zorn und Wut in der Art nähren, sodass beide in konstruktiver Art und Weise hinter sich gelassen werden können. Oder anders gesagt: Lieder haben die Stärke, den und die Founder:in in einem zu wecken.

Hier folgt eine kleine Auswahl der brutkasten-Redaktion an Songs, um den musikalischen Alltag von Gründerinnen und Gründern etwas zu erheitern.


Songs für die Motivation

Manchmal ist es zu heiß. Manchmal der Kaffee zu kalt oder nicht schwarz genug. Oder man hat einfach eine schlechte Nacht hinter sich und die Motivation, den Arbeitstag zu starten, tendiert gegen Null. Glücklicherweise gibt es Künstler:innen, die sich diesem Problem angenommen und Lieder für ein positives Mindset geschrieben haben. 


Survivor: Eye of the Tiger

Als Soundtrack des Films Rocky III wurde “Eye of the Tiger” von Survivor nicht nur zum Superhit, sondern auch zum Motivationssong schlechthin für eine ganze Generation und darüber hinaus. Hart trainieren, durchbeißen, kämpfen, siegen – das sind die Assoziationen mit dem Lied, dessen Beat alleine vermag, neue Kräfte in einem zu wecken. Wenn es also darum geht, im Startup-Leben etwas anzupacken, darf dieser Song auf der Playlist nicht fehlen.


Queen: We will rock you & We are the Champions

Und noch zwei absolute Klassiker unter den Motivationssongs – sogar im Doppelpack. Mit “We will rock you” und “We are the Champions” schufen Queen zwei der größten Sport-Hymnen aller Zeiten – eine für vor dem Spiel und eine für danach. Um das Startup-Team auf das Erreichen eines wichtigen Meilensteins einzustimmen, reicht es zumeist, rhythmisch zweimal auf die Oberschenkel und einmal in die Hände zu klatschen. Der Rest kommt von selbst – und mit ihm die richtige “let’s get this done”-Stimmung. Und wenn der Meilenstein dann erreicht ist, gibt es dieses eine Lied, um den Erfolg gebührend zu feiern – mit Gänsehaut-Garantie: “We are the Champions, my friends!” Wer da am Ende nicht noch motivierter ist, dem kann man musikalisch nicht mehr helfen.


Opus: Live is Life (Anm. der Redaktion: Na Na Na Na Na)

“Live is Life” von Opus gilt als einer der erfolgreichsten Songs der heimischen Musikgeschichte. In Deutschland hielt sich der Song  27 Wochen in den Charts und schaffte es bis auf Platz 1. Auch in Österreich belegte er den ersten Platz in den Charts für 18 Wochen, in der Schweiz Platz 2 (21 Wochen), in UK Platz 6 (15 Wochen) und in den USA Platz 32 (16 Wochen). Gründer:innen, deren Lust & Laune beizeiten und gelinde gesagt abhanden gekommen sind, können sich hier in Erinnerung rufen, dass wenn man “Power” gibt, man “the best” bekommt. Fun Fact: In Finnland hat es kein Song von Opus je in die Hitparade geschafft.


Noah Kahan: You’re Gonna Go Far

Wer als erster oder erste in der eigenen Familie ein Unternehmen gründet, bekommt oft Zweifel zu hören: Wie stellst du dir das vor? Wie willst du dich damit finanzieren? Zwischen den Zweiflern finden sich aber auch Motivierer: Du wirst es noch weit bringen! Noah Kahans Lied mit demselben Titel war letztes Jahr monatelang die Hymne für College-Kids, die für die Uni ans andere Ende des Landes ziehen. Lass deine deprimierende Kleinstadt hinter dir und zieh weg, weit weg von hier. Dort wird es dir besser gehen. Wir sind hier, wenn es dich doch wieder zurück zu uns verschlägt. Dieses Gefühl können wohl auch viele Founder:innen nachvollziehen. 


Rick Astley: Never gonna give you up

Rickrolling ist zwar ein Internet-Phänomen, das zum Ziel hat, unschuldige Personen per verkleidetem Link oder Meme zum größten Hit des britischen Sängers zu führen, kann aber auch Founder:innen in schweren Zeiten zur Seite stehen. Es lebt das wichtige Gründer:innen-Motto: Nie gebe ich dich auf (mein Startup). Und kann mit oder ohne Täuschung für erhellende Geister sorgen – wenn man mitsingt.


S.A.R.S: Perspektiva:

Manchmal muss man nicht immer alles verstehen, um sich beflügeln zu lassen. Hier ist nicht die Rede von Investor:innen-Kriterien für die nächste Kapitalrunde, sondern von der serbischen Alternative-Rock-Band aus Belgrad Sveže Amputirana Ruka Satrijanija (S.A.R.S.). Auch wenn trotz großer gelebter Diversität der Startup-Szene in Österreich manche nicht ganz textsicher bei dem Lied sein dürften – der Refrain besteht jede Due Diligence und verbindet mit hochkomplexer Begrifflichkeit Gründer und Gründerinnen allen Couleurs in erhebender Art und Weise. Fix.


System of a Down: Chop Suey

Diese Empfehlung aus der Redaktion ist ebenfalls eine, bei der Text-Unsicherheit ein globales Kulturerbe darstellt. Während T-Shirt-Produzenten die Unverständlichkeit der Strophen auf ihren Produkten feiern und als Merch verkaufen, können Founder und Founderinnen hier ihr “Down” überwinden. Und mit sinnlos wild aneinandergereihten Konsonanten – unterbrochen durch die Worte “Wake up” und “Make Up” – auf eine gesunde Art und Weise ihren Frust zerstören.


T-Rex: Children of the Revolution

Gründer:innen sind eindeutig Kinder von Revolutionen. Mit der Gründung ihres Startups wollen sie die Mobilität revolutionieren, den Klimaschutz revolutionieren, die Ernährung revolutionieren, das Trinken revolutionieren, die Arbeit revolutionieren, das Reisen revolutionieren, das Investieren revolutionieren, das Lernen revolutionieren, das Spielen revolutionieren, das Ankleiden revolutionieren, ja manchmal soll sogar die Revolution selbst revolutioniert werden. Ohne Zweifel sind die Gründer und Gründerinnen Österreichs die Kinder der Revolution – und können sich leicht bei T-Rex wiederfinden.


Songs für Gründerinnen

Es ist 2024 und Geschlecht ist noch immer ein Thema. Es mag an etablierten Strukturen und Seilschaften liegen, an Misogynie oder an anhaltenden Rollenbildern: Frauen sind in der Startup-Szene im Gründer:innentum unterrepräsentiert und haben weiterhin Probleme, Funding zu erhalten. Abseits von offiziellen Statistiken müssen sie so manches “männliches” Verhalten ihrer Kollegen ertragen, werden auf Sexualität reduziert und manchmal sogar mit Boykott bedroht. Doch auch hier kann die Kunst – zumindest seelisch – Abhilfe schaffen.


Kiki Rockwell: Burn your Village

Wie wir bereits öfter berichtet haben, ist die Investor:innen-Szene in Österreich zu einem Großteil ein Boys-Club und investiert auch meist in Founder:innen mit dem gleichen Geschlecht. Wie der “Female Start-up Funding Index 2023” zeigte, war nur bei 16 Prozent der Finanzierungsrunden zumindest eine Frau im Founding Team vertreten – noch weniger als im Jahr davor. Zudem gingen im Vorjahr neun von zehn in Österreich investierte Euros an rein männliche Gründungsteams und nur 29 der 335 Gründer:innen mit Investment 2023 waren damals Frauen – knapp neun Prozent.

Zudem gibt es Beispiele, in denen gemischtgeschlechtlichen Gründer:innen-Teams nicht nur geraten, sondern gar gefordert wird, sich von der Founderin zu trennen, um die Finanzierung zu erhalten – siehe hier. Kiki Rockwell könnte da das richtige Mittel sein, um sich innerlich von toxisch-männlicher Behandlung zu erholen und ein Ventil für die eigene Wut zu finden.


Taylor Swift: The Man

Sind Männer zielstrebig, spricht man oft von Hustlern, von Alpha Males, von Machern. Sind Frauen zielstrebig, wird das oft als etwas Negatives gesehen. Sie seien zu ehrgeizig, zu verbissen, das Ganze sei zu gewollt. Diesen Zwiespalt spricht Taylor Swift in ihrem Song “The Man” an: “I’m so sick of running as fast as I can” bzw. “Wondering if I’d get there quicker If I was a man”.

Bei ihren Konzerten klettert sie während dem Song eine wortwörtliche Karriereleiter nach oben. Je weiter sie die Stufen hinaufsteigt, desto weniger ihrer weiblichen Backgroundtänzerinnen folgen ihr dabei, nur die Backgroundtänzer schaffen es bis ganz rauf.

Am Schluss sitzt Swift ganz alleine auf einem Schreibtisch und legt die Beine hoch. Anstatt es dabei zu belassen, bricht sie aber mit dieser klassischen Pyramide. Am Ende des Liedes sind in allen Ebenen dieser Leiter Frauen und Männer vertreten. Die gläserne Decke wird hier zwar nur in einer Konzert-Performance gebrochen, inspirierend ist es dennoch.


Investment und Pitching

Gut gesetzte Worte sind wie ein Tor im WM-Finale oder der richtige Zeitpunkt am richtigen Ort. Und sie sind nötig, denn ein Pitch ist nicht nur eine Darlegung der eigenen “Leiwandheit”, sondern auch ein klares Signal. An die Konkurrenz, an Investor:innen und an sich selbst. Hier eine Erinnerung worauf es ankommt:


Die Ärzte: Worte haben Kraft

Wie man richtig pitcht oder es eben nicht tut, haben aufmerksame Personen über die letzten Jahre beim Ansehen diverser Pitch-Shows im TV miterleben können. Tipps für die richtige Darstellung des eigenen Startups und die Erstellung des Pitch-Decks gibt es in zahlreicher Form.

Wer sich jedoch nicht die Mühe machen möchte, seine Arbeit sorgfältig zu planen, weil “Spontanität am besten ist” und für wen Vorbereitung nur was für unsichere Persönlichkeiten ist; wer lieber auf hochgekrempelte Ärmel und ein schwiegermutter-taugliches Lächeln voller Selbstvertrauen setzt und hofft, Charme ohne Vorbereitung würde potentielle Kapitalgeber schon überzeugen, dem sei dieses Lied der Ärzte an Herz gelegt.


Taylor Swift: Ready for it?

Ein Lied, das sich anfühlt wie eine Motivationsrede. Wer oben in “Eye of the Tiger” den ultimativen Hype-Song sieht, der kennt “Ready for it?” noch nicht. Der Song eröffnete Taylor Swifts Album “reputation”, in dem sie mit der Öffentlichkeit abrechnete. Allein der Beat am Anfang kickt mehr als ein doppelter Espresso. Nicht umsonst hat auch das US-Team den Song für ein Promotion-Video zu Beginn der Olympischen Spiele in Paris verwendet. Auch Pitch-Runden können sich wie ein Wettkampf anfühlen, an dessen Ende man hoffentlich mit einem Investment aussteigt. Also: Baby, let the games begin!


Fuckups und das Tal der Tränen im Startup-Rollercoaster

Jeder kennt Fuckups. Jeder kennt Scheitern und jeder kennt die Sorgen ums eigene Unternehmen. Und jeder weiß, dass es manchmal darum geht, unter allen Umständen am Leben zu bleiben, sich Hilfe zu suchen oder einfach nur “Sorry” zu sagen. Hier eine musikalische Untermalung für solch harte Zeiten und bleibenden Optimismus.

Bee Gees: Stayin alive

Wer die richtige Kursleiterin im Erste-Hilfe-Kurs erwischt hat, weiß: Es gibt einen Song, der sich noch viel besser als Taktgeber bei einer Herzdruckmassage eignet, als der Radetzkymarsch. Stayin Alive von den Bee Gees hat nämlich nicht nur den richtigen Rhythmus, sondern auch die richtige Message.

Der Superhit aus den späten Siebziger-Jahren hat sicher schon vielen Menschen durch tiefe Krisen geholfen – sonst hätte er sich nicht so lange gehalten. Auch im Startup-Leben kann es zu dem Punkt kommen, wo es die sinnbildliche Herzdruckmassage braucht, um dem finanziellen Ende noch einmal zu entrinnen – etwa durch einen rettenden Kundenauftrag oder ein Investment in letzter Sekunde. Dafür muss man aber – auf gut österreichisch – nochmal so richtig reinhackeln. Mit den Bee Gees als musikalische Untermalung passt die Stimmung dafür.


Clout: Save Me

Save Me. Ein Klassiker auf 70er-Partys und ein noch wichtigerer Schritt in Richtung Gleichberechtigung in der Musikbranche. Die Band Clout, die hinter dem Klassiker steckt, war nämlich eine der ersten all-female, südafrikanischen Rockgruppen. Gegründet wurde Clout 1977 in Johannesburg, bekannt wurde das Quintett schon ein Jahr später durch ihre Single “Substitute”.

Ob Ersatz oder Hilfeschrei, die fast schon kultige Musik von Clout erweckt Nostalgie und ein Lebensgefühl wie in den 70ern. Vielleicht auch gerade richtig, um in den finalen Überlegungen hin zum Sanierungsplan oder einem doch bald anstehenden Fire Sale einer missglückten Startup-Idee ein bisschen zu sich selbst zu kommen. 

Schließlich gibt uns Clout in diesem Kult-Song eine Message mit: Wenn’s aus ist, ist’s aus. Und manchmal ist das Umfeld einfach nicht das richtige. Darauf müssen sich lediglich Gründer- und Investoren-Parteien einigen, sonst wird’s brenzlig.. “Cause we both agreed that it just wasn’t worth it to stay.”


The Drums | Money

Moneten, Kröten, Mäuse, Scheine oder Zaster: Geld hat viele Namen und in der Popkultur gibt es mindestens so viele Songs darüber. Schlichtweg nur “Money” heißt ein Song der US-amerikanischen Band “The Drums” rund um Sänger Jonathan Pierce. Gemäß dem Text “I want to buy you something, but I don’t have any money” handelt der Song von fehlendem finanziellen Erfolg.

In einem Interview erläuterte Pierce, dass es im Song im Wesentlichen darum geht, “es zu versuchen und zu scheitern, aber mit einem aufrichtigem Herzen”. In Österreich ist die Scheiterkultur im Vergleich zu den USA bekanntlich noch ausbaufähig, daher legen wir euch diesen Song ans Herz. Neben Erfolg gehört nämlich auch das Scheitern zum teils turbulenten Leben von Gründer.innen.


Julian Bäm: Tut uns Leid

Bei Insolvenzen herrscht nicht nur große Enttäuschung, sondern auch Erklärungsbedarf. Sei es eine geplatzte Finanzierungsrunde, Hyper-Growth ohne Notfallplan, falscher Fokus, mangelhafte Zielgruppenbestimmung oder äußere Umstände. Wer damit kämpft, für Beteiligte und Unbeteiligte die richtigen Worte zu finden, der findet vielleicht beim Streamer Julien Bäm eine Anleitung. Mehr Erklärung geht kaum.


Muse: Supermassive Black Hole

Als supermassives schwarzes Loch, so der Titel eines, wenn nicht des größten Muse-Hits, kann man im Gründer-Leben so einiges bezeichnen. Manchmal scheint eine Situation aussichtslos, manchmal fallen Umsatzzahlen, Engagement-Rates und Aufträge so tief, wie sie nur in ein schwarzes Loch fallen könnten.

Die Kunst dabei ist allerdings, in aussichtslosen Situationen Optimismus zu bewahren. Auch, wenn es scheint, dass alle “Superstars” in ein “supermassive black hole” gezogen werden. Vielleicht ist es dann an der Zeit, die Strategie zu ändern, einen anderen Fokus zu setzen und sich aus dem schwarzen Loch zu befreien. Dass verlorene Kund:innen nach dem Fall in das Blackhole allerdings schwer wieder zurückzuholen sind, ist leider harte Realität.


Songs bei Gründer:innen-Streit

Selbst die besten Startup-Schwestern und -Brüder im Geiste können einmal so weit auseinanderdriften, dass es zu einem großen Krach oder gar einer Trennung kommt. Hier ein wenig Trost aus der brutkasten-Redaktion.

Niall Horan: Meltdown

Zurück in die Pop-Welt der 2020er Jahre. Erst vor gut einem Jahr hat das Ex-One-Direction-Mitglied mit irischen Wurzeln als Solokünstler einen seiner vielen Indie-Pop-Hits veröffentlicht: Das Lied Meltdown als Teil seines dritten Studioalbums The Show. Die Message, die uns Niall Horan im Zuge seiner Pop-Kreation mitgibt, ist eine klare: “When it all melts down, I’ll be there” gibt als erste Lyrics-Zeile nicht nur einen imposanten Start in ein melodisches Noten-Ensemble, sondern zeigt auch, worauf es im Leben ankommt: Menschen an der Seite zu haben, die Unterstützung, Halt, Zuversicht und Optimismus bieten. Dass genau diese Eigenschaften gerade in turbulenten Startup-Zeiten von Notwendigkeit sind, davon können viele ein Lied singen.. 


Chappell Roan: Good Luck, Babe

Nicht nur romantische Beziehungen, auch Freundschaften können zerbrechen. Hat man dann auch noch ein Unternehmen mit Freund:innen gegründet, kann das zu zusätzlichen Komplikationen führen. Streit unter Gründer:innen bedeutet auch unsichere Zeiten für das Unternehmen. Sind alle Beteiligten am Weiterbestehen interessiert, wünscht man sich im besten Fall alles Gute und geht getrennte Wege, à la Chappell Roan mit den Worten: Good Luck, Babe!

Die Sängerin aus dem US-Bundesstaat Missouri hat ihr Debütalbum “The Rise and Fall of a Midwest Princess” bereits 2023 veröffentlicht. Ihren Durchbruch hatte sie allerdings erst 2024 mit der Single “Good Luck, Babe!”. Manchmal braucht es nun einmal eine Weile, bis sich Erfolge abzeichnen. Kommuniziert man auch in weniger erfolgreichen Zeiten klar mit seinen Mitgründer:innen, lassen sich wohl einige Streits vermeiden.


Health bzw. Mental Health

Wer sich mental unwohl fühlt, kann oft das Gefühl haben, alleine zu sein. Dem ist nicht so. Dies beweisen folgende Stücke, die sich um Zweifel, Depression, Überarbeitung und auch um einen gesunden Lebensstil drehen.

Tyla: Water

Um auf die psychische Gesundheit zu achten, gibt es viele Tools. So unter anderem: die neuesten Popsongs nebenbei zu hören und sich von deren Zen-Aura mitreißen zu lassen. Eine dieser Pop-Neuheiten ist das Lied Water von Tyla. Mit seinen Amapiano-Elementen bringt es die richtige Portion an entspannendem, rhythmischen Flair. Gezielte Erholungsphasen brauchen manchmal auch musikalische Begleiter – warum nicht mit melodischen R&B-Tönen? Außerdem erinnert uns der Songtitel an eine essentielle Ingredienz des Gründer-Alltags: Stay hydrated, guys, und trinkt genug Wasser!


Sabrina Carpenter: Espresso

Ein weiterer Pop-Hit, der leicht ins Ohr geht, ist “Espresso” der jungen Künstlerin Sabrina Carpenter. Die Gründer-Perspektive des Ohrwurms lässt sich insofern rechtfertigen, als dass wir uns die Frage stellen sollten: Ist Espresso – oder Kaffee jeglicher Art – nicht ohnehin schon ein nicht wegzudenkender Teil unseres Alltags? Von einigen positiven Auswirkungen auf Gesundheit, Psyche und Produktivität – bei vernünftigem Konsum – mal ganz abgesehen: Espresso vereint alles, was man in einer kurzen Verschnaufpause braucht: Einen Koffeinkick und eine Funk-, Disco- und Synthiepop-Melodie, bei der man nicht anders kann, als zu entspannen.


Ren: Hi Ren

Gründer:innen, so hört man immer wieder, müssen ein bestimmtes Mindest haben: Frei von Zweifel, selbstbewusst nach Außen, überzeugt, überzeugend, strahlend und unbezwingbar charmant wie es “Homelander” aus der Prime-Serie “The Boys” öfter mal ist, wenn er “in public” auftritt.

Manchmal jedoch und nur manchmal bricht diese Fassade und innere Unsicherheit manifestiert sich zu Schlafproblemen, Ängsten, Decision-Making-Blockaden und führt zu Burnout.

Oftmals, so die Warnung von Expert:innen und Leuten, die das bereits erlebt haben, werden Warnsignale übersehen oder bewusst ignoriert, denn man muss ja funktionieren – ohne Schwäche.

Der britische Sänger Ren verbrachte die Hälfte seines Lebens mit einer Krankheit, die jahrelang falsch diagnostiziert und dementsprechend auch falsch medikamentiert wurde. Er war lange Zeit 23 Stunden am Tag ans Bett gefesselt und Ärzte dachten er hätte Depressionen, eine bipolare Störung und ein chronisches Erschöpfungssyndrom. Erst 2016 fand man heraus, dass er an Lyme-Borreliose litt und er wird seither richtig behandelt. Ren singt nicht nur, er erzählt Geschichten und in diesem Lied bekämpft er sein Unterbewusstsein, das sich als eigenständige Entität und als persongewordener Zweifel daran aufmacht, seinen “Host” zerstören zu wollen. Ein Lied wie ein “Learning”.


Charli XCX: 365

Charli XCX hat mit ihrem neuen Album den “Brat Summer” eingeläutet: Ein Plädoyer für das Chaotische, Unordentliche und Unernste. In ihrem Lied “365” geht es zwar mehr um ihr Leben als 365-Tage-Partygirl, einiges lässt sich aber auch auf Founder:innen übertragen. Wer immer erreichbar ist und praktisch nie abschaltet, tut seiner mentalen Gesundheit nichts Gutes. Für viele gehört es dennoch zum guten Ton, gerade am Anfang. Immerhin verkörpert gerade eine Einzelperson oder ein kleines Team ein ganzes Startup. Hier gilt es wohl, einen gesunden Ausgleich zu finden und ab und an bewusste Pausen einzulegen. So kann man auch langfristig erfolgreich bleiben und fühlt sich nicht nach wenigen Monaten bereits ausgebrannt.


Netzwerken und Summits

Eines der folgenden Beispiele ist mit Ironie zu nehmen, enthält dennoch womöglich einen Funken Realität. Das andere ist Chesney Hawkes.

Coolio: Gangsta’s Paradise

Nicht unbedingt als Gangsta’s Paradise, aber durchaus als kleines Schlaraffenland könnte man die Atmosphäre in diversen Netzwerk-Runden, Summits oder Pitching-Sessions bezeichnen. Adrenalin-Spikes, Aufregung, Networking und eine gute Möglichkeit, sich von seiner besten Seite zu präsentieren, sind nur wenige der Gründe, warum man vor einer Networking-Session ein Motivationslied braucht. Gangsta’s Paradise von Coolio ist ein 90s-Hit, der nicht nur lange Tradition hat, sondern auch ein gewisses Maß an “Bad Energy” in einem weckt. Vielleicht genau richtig, um sich vor einem Auftritt nochmal mit einer Portion Selbstbewusstsein zu pushen, um an seine Grenzen und noch weiter zu gehen. 


Chesney Hawkes: The One and Only

Ein Sektglas erwischen, wenn die Kellner an einem vorbeihuschen. Bloß nicht verpassen, denn ein Glas in der Hand gibt Sicherheit, vor allem dann, wenn man neu im Netzwerken ist. Den Mut finden, sich unter die Elite der Startup-Szene zu mischen und geistreich zu sein, oder zumindest spannend – das ist das Ziel vieler Gründer:innen auf Summits, Events oder sonstigen Netzwerk-Veranstaltungen. Für diejenigen, die nicht wissen, welche Art von Selbstverständnis es manchmal auf solchen Ansammlungen braucht: Chesney hat die Antwort parat.


Für ein wenig Selbstironie

Wenn Punk aus den 90er Jahren richtiger liegt, als so mancher Zukunftsforscher…

Bad Religion: Digital Boy

Ohne Technologie im Leben? Geht das überhaupt? Während so mancher Kabarettist die letzten Jahre über sogar das Smartphone zum Feindbild erklärte, bewegen sich andere längst zwischen ChatGPT, IoT und Blockchain. Selbstfahrende Autos und Smart-Glasses nicht zu vergessen, ebensowenig wie jene Apps, die von körperlicher Fitness über Neo-Banking bis hin zur Sprachlehre Vieles abdecken. Bad Religion hat bereits in den 1990ern erkannt, wie die heutige Zukunft aussehen könnte. Und kam ziemlich nah ran, oder?


Bonus Track

Venionaire Capital: Best in the Game

Das waren sie also: Die Musik-Tipps der brutkasten-Reaktion für die Startup-Szene. Doch es gibt auch das hier: Musik aus der Startup-Szene. Und welches Genre würde da besser passen als selbstverliebter Hip Hop. Der klassische hochtrabende Startup-Pitch kann gegen “Best in the Game” von Venionaire Capital einpacken. Für welchen Anlass im Startup-Leben, bzw. für welchen Anlass überhaupt das der richtige Song ist, bleibt aber fraglich (Sorry, Berthold!). Doch zur Verteidigung: “Best in the Game” erschien 2023 als Aprilscherz (brutkasten berichtete). Der Text wurde von der damaligen Version von ChatGPT geschrieben. Damit ist der Platz als Bonus Track wohl verdient.

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03.10.2024

Wie Bianca Gfrei die Startup-Szene hinter sich ließ

Wer ein Unternehmen gründet, muss mutig sein, furchtlos und stressresistent. Das dachte auch Bianca Gfrei, die noch als Studentin ihr erstes Startup gegründet hat. Heute ist sie Coachin und verrät, warum dieses Narrativ Founder:innen schaden kann und warum viel mehr über Mental Health in der Startup-Szene gesprochen werden sollte.
/artikel/wie-bianca-gfrei-die-startup-szene-hinter-sich-liess
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Bianca Gfrei
Bianca Gfrei war Startup-Founderin und ist heute Coachin. (c) Sandra Herrero

*Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Ausgabe unseres Printmagazins. Eine Downloadmöglichkeit findet sich am Ende des Artikels.


Founder:innen haben keine Angst, sie arbeiten gerne sieben Tage die Woche und stecken jeden letzten Tropfen Energie in ihr Unternehmen. Auch wenn Hustle-Culture nicht mehr als das Nonplusultra zum Erfolg gilt – vieles, das sie ausgemacht hat, ist heute noch genauso in den Mindsets von Gründer:innen zu finden. Zu ihr gesellt sich oft eine Angst vor dem Scheitern, immerhin will man weder Investor:innen noch Mitarbeiter:innen enttäuschen. 

Bianca Gfrei war genau hier drinnen. Mit Kiweno gründete sie 2012 ihr erstes Startup, noch während des Studiums. Das Unternehmen war Teil einer neuen Health-Branche, die labordiagnostische Tests für Zuhause anbot. Im Fall von Kiweno ging es zum Beispiel um Lebensmittelunverträglichkeiten, von denen Gfrei selbst betroffen war, oder um die Messung von Stresshormonen oder Mikronährstoffen. Hier stand also auch eine persönliche Betroffenheit dahinter, es sei ein “Herzensprojekt” gewesen. Als eine der wenigen Frauen in dieser Anfangszeit der österreichischen Startup-Szene wurde Gfrei schnell zu einem “Poster-Child”. Sie wurde als Keynote-Speakerin gebucht und sprach auf Panels über Female Founding. Sie erlebte die “Geburtsstunde der Szene” mit, wie sie heute erzählt.

Millionen-Investments bei Kiweno

Bianca Gfrei mit dem Kiweno-Team bei “2 Minuten 2 Millionen”, wo sie 2016 ein Investment in Höhe von sieben Millionen Euro erhielten. (c) PULS 4 / Gerry Frank

Kiweno wuchs schnell, bekannte Investor:innen wie Hansi Hansmann waren beteiligt. Mit Mitte 20 war Gfrei plötzlich für 35 Mitarbeiter:innen verantwortlich und managte Millionen-Investments. Medial war sie das Gesicht von Kiweno, auch als der Druck stieg und das Unternehmen durch einen Auftritt bei “2 Minuten 2 Millionen” immer mehr im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stand. Es wurde sehr viel Positives über Kiweno berichtet, es gab aber auch einiges an Kritik: Das Nachrichtenmagazin Profil berichtete 2016, dass das von Kiweno verwendete Verfahren zur Feststellung von Unverträglichkeiten von vielen Wissenschafter:innen als unseriös eingestuft wird.

Gleichzeitig wurde diese Art von Tests auch von Mitbewerbern und in vielen Laboren angeboten, sagt Gfrei. Sie vermutet heute, dass das schnelle Wachstum und die große öffentliche Aufmerksamkeit diese mediale Kritikwelle verstärkt habe – “nicht, weil wir etwas so wahnsinnig anders gemacht haben als unsere Mitbewerber oder Ärzte”. Diese Kritik an Kiweno habe sie auch persönlich getroffen. Sie war so eng mit dem Startup verbunden, sie lebte und atmete die Vision dahinter förmlich. Zu diesem Zeitpunkt kaufte Kiweno einen seiner Investoren aus, was einen massiven Sparkurs zur Folge hatte. Mitarbeiter:innen mussten entlassen werden. Gfrei beschreibt diese Zeit heute als eine “komplette Startup-Achterbahn” mit allen Höhen und Tiefen. 

Wir sind so eng mit unserem Baby verbunden. Wir können irgendwann nicht mehr zwischen dem Unternehmen und uns unterscheiden, unser gesamtes Leben ist das Unternehmen.

Bianca Gfrei

Noch mitten in diesem Krisenmodus habe man bereits an neuen Ideen gearbeitet und entschied sich, eine dieser Idee als eigenes Unternehmen auszugründen: Rootine, ein Startup für personalisierte Nahrungsergänzungsmittel. Zu diesem Zeitpunkt habe Gfrei schon sehr klar gewusst, dass sie eigentlich mitten in einem Burnout war. Damals hätte sie es wohl nie so genannt, das wäre undenkbar gewesen. Das Unternehmen habe ihre ganze Identität ausgemacht. Für Gfrei ist das unter Gründer:innen ein großes Thema: “Wir sind so eng mit unserem Baby verbunden. Wir können irgendwann nicht mehr zwischen dem Unternehmen und uns unterscheiden, unser gesamtes Leben ist das Unternehmen.”

Das Startup bin ich

Ein Besuch bei Claudia Altmann, Arbeitspsychologin im dritten Wiener Gemeindebezirk. Sie weiß genau, wovon Bianca Gfrei hier spricht. Unternehmensgründer:innen stecken zu Beginn derart viel Zeit in ihr Startup, da passiere es sehr leicht, dass man sich nur noch darüber identifiziere. Das sei prinzipiell ja nicht schlecht, immerhin sollte man die Werte seines Unternehmens auch vertreten und sich damit identifizieren. Problematisch wird es, wenn die eigene Persönlichkeit nur noch durch das Unternehmen definiert wird. Wenn jeder Fehler im Unternehmen zu einem persönlichen Fehler wird, wenn jede Kritik am Unternehmen als Kritik an einem selbst gesehen wird. Hier spielen auch Ängste eine Rolle: Viele spüren permanent die Angst, dass das Unternehmen versagen könnte. Dass die Idee nicht so funktioniert, wie man sich das vorgestellt hatte. Je enger das Produkt mit der eigenen Persönlichkeit verbunden ist, desto größer werden die Versagensängste.

Claudia Altmann, Arbeitspsychologin in Wien (c) Teresa Novotny – Knights of RGB

Das Knifflige liege im Absprung, sagt Altmann. Gerade am Anfang gehöre es dazu, als Gründer:in viele Aufgaben zu übernehmen. Man müsse zuerst Sicherheit aufbauen, “und die habe ich nicht von Anfang an”. Ist man einmal in der Wachstumsphase, wollen viele ja mittendrin sein und sich auf die Suche nach Mitarbeiter:innen machen. Ein solcher Gründungszyklus dauert circa drei Jahre, schätzt sie. Dann gelange man in einen “sicheren Modus”, in dem ein aufgebautes Netzwerk Aufgaben übernehmen kann. 

Aber auch innerhalb dieser drei Jahre brauche es Erholungsphasen. “Unser Körper braucht Energie”, sagt Altmann und zieht eine Vergleich zu technischen Geräten: Ein Handy laufe ja auch nicht rund um die Uhr, ohne dass man es dazwischen auflädt. Man müsse auch auf sich selbst achten. Sie verwendet dafür gerne den Begriff “Erholung” statt “Entspannung”. Es gehe nicht um tiefwirkende Entspannung. Oft reiche es, den Kopf einen Abend lang freizukriegen oder eine Stunde Bewegung zu machen.

Stetige Flamme

“Man muss brennen, damit man ausbrennen kann”, sagt Claudia Schwinghammer, die 2022 das Beratungsunternehmen Spark gegründet hat. Spark will die psychische Gesundheit von Corporate-Mitarbeiter:innen verbessern. Kund:innen sind Groß- und Mittelunternehmen, die für ihr Team bei Spark einen Pool an Sessions buchen können. Zu Beginn müsse man brennen, sagt Schwinghammer, die selbst vor der Gründung von Spark in Corporates gearbeitet hat. Sonst gründe man ja kein Unternehmen. Es gehe aber darum, diese Flamme langfristig zu erhalten. Folgt man dieser Metapher, ist eine stetige kleine Flamme besser als eine hohe Stichflamme zu Beginn. Dafür komme man aber auch gesund durch die Gründungsjahre und könne langfristig an dem Unternehmen arbeiten.

Eigentlich sei es ja widersprüchlich, dass Startups schnell in eine klassischen Corporate-Rhythmus verfallen und Gründer:innen sich ausbrennen. Aber so seien wir als Menschen nunmal, sagt Schwinghammer: “Wir lieben das, was uns vertraut ist. Unabhängig davon, ob es uns gut tut oder nicht.” Die Kunst sei es, sich mit etwas Neuem vertraut zu machen, das uns besser tut. Viele würden sich ja über ihren Stress definieren: “Ich bin mein Stress. Oder: Ich bin mein überfüllter Kalender.” Der Gedanke dahinter: Erfolgreich ist nur, wer von einem Meeting ins nächste hetzt. Dem sei nicht so, sagt Schwinghammer. Erfolg sei nicht am Stresslevel messbar.

Claudia Schwinghammer, CEO und Founderin von Spark (c) Spark

Keine Schwäche

Bianca Grei war derweil bereits im Gründungsprozess von Rootine klar, dass sie dringend eine Pause gebraucht hätte und nicht nahtlos weitermachen könnte. Gleichzeitig standen die nächsten großen Chancen zum Greifen nahe: Mit Hansi Hansmann hatte man einen prominenten Pre-Seed-Investor, die Branche der Precision Medicine war im Trend. Auch für die Seed-Runde gab es Investment-Zusagen. Zusätzlich wurde das Startup auch in das Accelerator-Programm von Techstars in New York aufgenommen. Eine Pause machen konnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht, dachte sie: “Dieses Narrativ gibt es in der Startup-Szene bis heute: Nur noch diese eine Aufgabe erledigen, nur noch die Finanzierungsrunde zu Ende bringen. Wir Gründer:innen sind so überzeugt von unserer Idee, dass wir alles andere hinten anstellen, auch unsere eigene Gesundheit.” Denn: “Als CEO darfst du keine Schwäche zeigen.” Sie brachte den Demo-Day noch über die Bühne, dann hieß es: Schluss.

Wenn ein CEO geht, wackelt das ganze Startup.

Bianca Gfrei

Schluss mit den USA. Und auch: Schluss mit dem Founder:innen-Traum. “Ich hatte genug von der Startup-Szene”, sagt Gfrei. Sie informierte Investor:innen und sprach sich mit ihrem Team ab. Für beide war das eine unsichere Zeit: “Wenn ein CEO geht, wackelt das ganze Startup.” Denn gerade in dieser frühen Phase entscheiden Investor:innen meist sehr personenfokussiert, welches Unternehmen sie finanzieren. Springt diese Person dann ab, sorgen sie sich natürlich um ihr Investment. Zurück aus New York, nahm sich Gfrei eineinhalb Jahre Zeit. Zeit für sich selbst, für das Reisen und um einige Ausbildungen zu machen. Sie war in Sri Lanka und Bali, lebte einige Zeit in Indien und zog schließlich nach Portugal. Schon als ihr Ausstieg publik wurde, begannen sich die ersten Unternehmer:innen mit ähnlichen Gefühlen bei ihr zu melden. Als die Nachfragen immer mehr wurden, startete sie ihr eigenständiges Coaching-Unternehmen. 

Wieder eine Unternehmensgründung, aber diesmal nicht wachstumsorientiert wie ein Startup. Das Ziel laute nicht mehr größer, höher, weiter. Gfrei hat in ihrer Auszeit somatische und traumatherapeutische Ausbildungen gemacht. Sie sei keine Psychologin, aber auch kein klassischer Business-Coach. Wer zu ihr kommt, hat meist schon klassisches Coaching ausprobiert. Gfrei arbeitet gesprächsbasiert, in Kombination mit körperbasierten Ansätzen: Menschen, die unter hohem Druck stehen und laut Gfrei “Meister der Emotional Suppression” sind, sollen wieder auf ihre körpereigenen Signale hören. Sie fragt zum Beispiel, wo genau sich der Stress bei ihnen manifestiert. Ist es ein Druck auf der Brust? Mit dieser Methode habe Gfrei bessere Erfahrungen gemacht als mit reinem gesprächsbasiertem Coaching. Auch bei Spark setzt Claudia Schwinghammer auf die “unbewusste Ebene”, wie sie es beschreibt. Ihre Therapiemethode verwendet Hynose-Ansätze, was vor allem bei konkreten Symptomen wie Schlaflosigkeit zu schnelleren Erfolgen führe.

Langsam bis zum Kern

Claudia Altmann ist hier anderer Meinung, sie setzt vor allem auf Gespräche. Die Arbeitspsychologin erzählt, dass Patient:innen oft mit einem arbeitsbezogenen Thema zu ihr kommen. Manchmal bleibe man in diesem Bereich, oft merke man aber nach einigen Gesprächen: Hier geht es um mehr. Oft darum, nichts an andere abgeben zu können. Das führt in der Arbeit zu Stress, weil immer mehr Aufgaben übernommen werden – kann sich aber auch in anderen Lebensbereichen niederschlagen. Wenn zum Beispiel immer mehr Fürsorgeaufgaben in der Familie zusammenkommen. In der Arbeit würden solche Probleme oft früher auffallen, sagt Altmann: “Man sucht sich den Bereich, der weiter weg ist. Der ist emotional nicht ganz so nah dran, dort kann man gut ansetzen. Und dann arbeitet man sich zum Kern vor.”

Sind Startups einmal in der Wachstumsphase, kommt bei vielen Founder:innen noch eine zusätzliches Problem hinzu: die Angst vor dem Versagen; davor, ihre Mitarbeiter:innen zu enttäuschen. Was dagegen hilft? Für Altmann ist es vor allem eine klare Kommunikation im Team. Welche Bedürfnisse haben die Mitarbeiter:innen? Wie sind die Rollen verteilt? Und: Eine Atmosphäre schaffen, in der auch Negatives angesprochen werden kann. Kein Chef und keine Chefin ist alleine für Versagen oder Erfolg eines Unternehmens verantwortlich. Geteilte Verantwortung sei wichtig, sagt Altmann. Sowohl für positive als auch für negative Entwicklungen. “Die Verantwortung für Befindlichkeiten, das Wohlbefinden und die Gesundheit, die haben alle Beteiligten.”

Wer bin ich ohne mein Startup?

Auch Bianca Gfrei kannte diese Angst vor dem Scheitern: “Die ist bei den meisten Gründern überdimensional groß. Was ist, wenn es den Bach hinunter geht? Wer bin ich dann überhaupt noch?” Zu sehr ist die eigene Identität mit dem Unternehmen verwoben. Selbst Gründer:innen, die einen Exit geschafft haben, gehe es ähnlich – obwohl gerade sie ihren Erfolg genießen könnten. Viele würden nach Jahren im Gründungsmodus nicht mehr wissen, wer sie ohne ihr Unternehmen sind. 

Nicht nur die Arbeit macht uns aus, sondern auch unsere Hobbys – wie für Gfrei das Surfen. (c) Peter Crane

Wie kann man diese Identitätsverschmelzung also verhindern? Für Gfrei ist es wichtig, den Selbstwert nicht nur auf einer Säule aufzubauen. Nicht nur die Arbeit mache uns aus, sondern viele verschiedene Säulen: unser Freundeskreis, Hobbys, Zeit in der Natur. Ähnlich beschreibt es auch Arbeitspsychologin Altmann: Unsere Identität bestehe aus mehreren Facetten. Arbeit und Leistung sei nur ein Bruchteil davon. Dazu kommen existenzielle Sicherheit, soziale Netzwerke, soziales Eingebundensein, körperliche Gesundheit. “Wenn ich mein Haus nur auf einer einzigen Säule aufbaue und die angeknackst ist oder kippt, dann fällt das ganze Haus um. Wenn ich mehrere Säulen habe und zwei von fünf ein bisschen wackeln, steht das Haus immer noch.”

Wichtig sei, sich bewusst zu machen, dass man mehr als seine berufliche Rolle ist. Auch die Fehlerkultur in Europa spiele hier eine Rolle. Ist es in den USA ganz normal, dass Unternehmer:innen scheitern und es mit einer neuen Idee von neuem versuchen, hätte man in Europa noch stärker Angst davor, als Versager:in zu gelten. Dazu trage auch der gängige Umgang mit Fehlern in sozialen Netzwerken bei, erklärt Altmann. Online werde meist nur über die Fehler gesprochen, aus denen man etwas gelernt habe oder die man erfolgreich überwunden habe. “Wenn ich einen Fehler mache, muss daraus etwas Grandioses entstehen. Das funktioniert aber nicht so. Nicht aus jedem Fehler habe ich ein Learning.” Diese Doppelbotschaften würden verunsichern.

Heute arbeitet Bianca Gfrei als Coachin und lebt in Portugal. (c) Andreas Weiss

Auch für Gfrei liegt der Ursprung des Problems im öffentlichen Umgang mit Stress und Überforderung: “Wir dürfen das toxische Narrativ der Gründer:innen verändern und Bewusstsein dafür schaffen, dass fast alle in Erschöpfung sind und der Druck massiv ist.” Keinen Tag in der Woche Pause zu machen, kein Wochenende zu haben – das seien Vorstellungen, die man verändern könne, indem man darüber spreche. Auch innerhalb der Branche, sagt Altmann. Natürlich wollen viele vor der Konkurrenz keine Schwäche zeigen. Mit Vertrauten in der Branche sollte man sich aber sehrwohl austauschen, hier ist oft mehr Verständnis zu finden als man glaube.

Der zweite Hebelpunkt liegt für Gfrei bei Investor:innen und Boardmembers. Gerade auf junge Founder:innen in ihren Mittzwanzigern können diese einen massiven Druck ausüben. Investor:innen haben in Gfreis Augen eine Verantwortung gegenüber den Neulingen in der Szene. In den letzten Jahren habe es hier aber bereits Verbesserungen gegeben. Immer mehr Investor:innen würden heute darauf achten, dass Startup-Teams auf ihre emotionale und mentale Gesundheit achten. In den USA gebe es zum Beispiel teilweise auch Abmachungen, dass ein bestimmter Prozentsatz eines Investments in Wellbeing investiert werden müsse. In der europäischen Startup-Szene sei das noch nicht angekommen, auch wenn das Thema Mental Health in der Gesellschaft generell enttabuisiert werde. Gfrei erwähnt hier die Hans(wo)man Group lobend. Hier habe Mental und Emotional Health sowie Wellbeing mittlerweile einen höheren Stellenwert. Diesen Themen werde heute mehr Raum gegeben – auch beeinflusst durch Erfahrungen wie jene von Gfrei.

Goldenes Gefängnis

Startups sollen auch Spaß machen dürfen, sagt Gfrei. “Das geht bei den meisten massiv verloren.” Gründer:innen würden oft aus einer Vision heraus gründen, mit dem Wunsch etwas zu verändern und aus dem klassischen 9-to-5-Berufsalltag auszubrechen. Viele bauen sich dann aber “das gleiche goldene Gefängnis”, sagt Gfrei. Es brauche mehr Leichtigkeit und viel mehr Selbstreflexion in der Startup-Szene.

Die meisten Founder:innen sind selbst ihre eigenen härtesten Kritiker, sagt Gfrei. Oft habe das den Ursprung in der Kindheit, wir seien schließlich alle in einer leistungsorientierten Welt sozialisiert worden. Schaffe man es aber, an einer Schraube zu drehen, könne man das ganze System verändern. Gfreis Erfahrungen zufolge entstehen oft dann die besten Ideen und Business-Möglichkeiten, wenn Mitarbeiter:innen aus dem Dauerstress aussteigen können. Dann könne das Startup “wieder zu atmen anfangen”. Gehe es dem Team gut, sei auch das Unternehmen erfolgreicher.

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