09.08.2023

Bluechip: So funktioniert die Stablecoin-Ratingagentur mit dem Wiener CEO

Mit Bluechip ist im Juli die erste Stablecoin-Ratingagentur an den Start gegangen. CEO ist der Wiener Benjamin Levit. Im brutkasten-Talk erläutert er, wie es zur Gründung von Bluechip kam, wie die Methode zur Bewertung von Stablecoins funktioniert - und warum Tether eine schlechte Note bekam.
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Bluechip-CEO Benjamin Levit
Bluechip-CEO Benjamin Levit | Foto: brutkasten

Es war eines der Ereignisse, das die Krypto-Landschaft erschüttert hat: Der Kollaps des Terra-Luna-Ökosystems im Frühsommer 2022. Der Token Luna war über einen bestimmten Austauschmechanismus mit dem Stablecoin TerraUSD (UST) verbunden, der sicherstellen hätte sollen, dass dieser dauerhaft einen Marktwert von einem US-Dollar behält.

“Hätte sollen” ist der entscheidende Teil des Satzes. Denn gekommen ist es anders: Luna und UST brachen zusammen. Anleger:innen verloren viel Geld. Terra/Luna war allerdings bereits vor dem Zusammenbruch ein kontroverses Projekt. Auch innerhalb der Krypto-Szene gab es genug Stimmen, die den Zusammenbruch voraussagten – und schließlich recht behielten.

Bluechip-CEO: Terra/Luna-Crash “voraussehbar”

“Für Leute, die sich damit viel befassen, war das voraussehbar”, sagt auch Benny Levit. Der Wiener ist einer der Mitgründer und CEO der im Juli gestarteten Stablecoin-Ratingagentur Bluechip. Gleichzeitig sagt er jedoch auch: “Es geht aber jetzt um Leute, die zum Beispiel in Argentinien aus einer Währung mit einer Inflationsrate von 100 Prozent geflüchtet sind. Die haben gesehen, dass der UST-Stablecoin von Terra/Luna 20 Prozent Rendite im Jahr abgeworfen hat”, sagt Levit. “Für die war das ein Jackpot”.

Diese Personen hätten nicht die Zeit oder das Wissen gehabt, das näher zu hinterfragen. “Genau für diese Leute gab es keinen Anhaltspunkt zu sagen, diese Stablecoin ist sicherer als eine andere”, sagt Levit. Das sei auch der Grund für die Gründung von Bluechip gewesen: “Bei uns hätte Luna ein ganz klares F (die schlechtestmögliche Bewertung im System von Bluechip, Anm. d. Red.) bekommen”.

Terra/Luna-Kollaps als Initialzündung für Bluechip-Gründung

Es war auch eben dieser Kollaps von der Terra/Luna, der tatsächlich zur Gründung von Bluechip geführt hat. Neven Freeman, der Gründer des Protokolls Reserve, sprach damals davon, dass eine Ratingagentur für Stablecoins gegründet werden sollte. Levit meldete sich daraufhin bei Freeman – ebenso wie seine beiden späteren Mitgründer Garett Jones und Vaidya Pallasena. “Wir haben gesehen, dass es diese Option gibt, hier etwas wirklich Wichtiges zu tun. So haben wir uns kennengelernt und arbeiten nun seit einem Jahr an Bluechip”. Mitte Juli 2023 startete die Plattform dann offiziell und veröffentlichte die ersten Ratings.

Jones, der aus den USA für Bluechip arbeitet, ist Chief Economist der Ratingagentur. Hauptberuflich ist er als Makroökonom an der George Mason University tätig und bringt bei Bluechip seine wirtschaftswissenschaftliche Expertise ein. Pallasena wiederum ist der Ratings Director von Bluechip. Zu seinen Aufgaben zählt es unter anderem den Stabilitätsmechanismus der Coins zu beleuchten und sich anzusehen, wie diese auf der technischen Ebene funktionieren.

Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien als Spenderin

Levit als CEO ist damit beschäftigt, das Projekt generell voranzubringen: Zu seinen Aufgaben zählt es unter anderem, Berater:innen und Spender:innen für Bluechip zu gewinnen. Die Ratingagentur ist als Non-Profit-Organisation konzipiert. Unter den Spender:innen ist – wohl etwas überraschend – mit der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien auch eine österreichische Bank (brutkasten berichtete).

Als Berater mit dabei sind aktuell mehrere Ökonomen, die wie Mitgründer Jones an der George Mason University tätig sind – darunter auch der als Bloomberg-Kolumnist und Buchautor bekannte Tyler Cowen. Auch der in der Krypto-Szene bekannte Investor Nic Carter berät Bluechip.

Erste Ratings sorgten für Diskussionen

Zur Bewertung hat Bluechip das sogenannte SMIDGE-Framework entwickelt. Jeder Buchstabe steht für eine Kategorie: Stabilität, Management, Implementation, Dezentralisierung, Governance und Externals. “Diese Kategorien sind dann weiter in Subkategorien aufgeteilt und wir gehen da wirklich ganz tief in alle Ebenen. Im Endeffekt gibt es dann einen Punktestand, der abgebildet wird”, erläutert Levit. Aus diesem ergibt sich dann wiederum eine Note: Die beste ist A+, die aktuell allerdings noch nicht vergeben wurde – und die schlechteste ein F. Diese Note vergab Bluechip an den Tron-Stablecoin USDD.

Die ersten Ratings wurden zum Start Mitte Juli veröffentlicht – und sorgten auch für ordentliches Aufsehen in der Kryptoszene. Kritik gab es etwa für die sehr gute Note A, die Bluechip an Binance USD (BUSD) vergab – obwohl die US-Börsenaufsicht einen Klage gegen das Unternehmen Paxos eingebracht hat, das den Stablecoin herausgibt. Daraufhin hatte Paxos angekündigt, keine neuen BUSD mehr herauszugeben – und dass bestehende Coins “bis mindestens Februar 2024” eingelöst werden könnten.

Levit räumt ein, dass es sicher ist, dass die Ausgabe von BUSD-Stablecoins 2024 gestoppt wird. Aber: “Es hat jeder User die Chance, diese BUSD-Token eines zu eins gegen Dollar zu tauschen bis zu diesem Zeitpunkt”. Der Stablecoin habe zwar ein Ablaufdatum – aber dass man bis dahin seine BUSD in Dollar tauschen könne, hält man bei Bluechip für “komplett sicher”.

Schlechte Note für Tether

Weniger gut ist das Rating für Tether ausgefallen. Die nach Marktkapitalisierung größte, aber seit Jahren auch sehr umstrittene Stablecoin erhält nur die Note D. “Da ist es so, dass uns einfach die Informationen fehlen. Das ist auch generell der Grund, warum es diese jahrelange Diskussionen schon gibt: Dass die Transparenz einfach fehlt. Und wir als Rating Agency können nur das bewerten, was wir eben sehen”, erläutert Levit im brutkasten-Talk.

Dass Tether trotz aller Kritik mittlerweile jahrelang am Markt Bestand hat, zählt für den Bluechip-CEO nicht: “Das ist ein bisschen das Problem: 99 Prozent der Zeit funktioniert die Stablecoin und dann passt alles und alle sind glücklich. Aber die wirkliche Frage ist: Was passiert in diesem einen Prozent der Zeit, wenn es nicht klappt?”.

Gute Note für USDC – aber noch Verbesserungsbedarf

Für die weniger umstrittene und nach Marktkapitalisierung zweitgrößte Stablecoin USDC vergab Bluechip das Rating B+. “USDC ist solide. Es gibt Sachen, die sie verbessern könnten – auch in der Hinsicht von Transparenz”, sagt Levit. Kritisch sieht er, dass zeitweise acht Prozent der Assets, mit denen USDC gedeckt war, bei der Silicon Valley Bank lagen. Diese schlitterte im März in die Zahlungsunfähigkeit, wobei die Spareinlagen letztlich von Staat und Einlagenfonds geschützt wurden.

“Wir sehen uns an: Wer sind die Banken, die die Assets verwahren? Welche Credit Ratings haben die? Und wie verteilt ist das wirklich? Und acht Prozent bei einer Bank zu haben, war natürlich negativ. Ohne dem wäre unser Rating besser ausgefallen”, erläutert der Bluechip-CEO.

Levit selbst ist bereits seit 2016 im Krypto-Bereich aktiv. Nach der Schule hatte er zunächst professionell Poker gespielt – wendete sich dann aber dem Krypto-Thema zu. Später leitete er ein E-Commerce-Business, das er jedoch aufgab, um sich Vollzeit seiner Rolle als CEO von Bluechip zu widmen.

Der komplette brutkasten-Videotalk mit Bluechip-CEO Benjamin Levit mit allen Hintergründen zur neuen Stablecoin-Ratingagentur:

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(c) AnyConcept - Das AnyConcept-Team.

Rund 80 Prozent aller Unternehmen testen ihre Anwendungen und Software händisch. Entweder klicken sie sich mühsam durch ihre Software oder ihren Webshop, um zu sehen, was funktioniert und was nicht, oder sie coden sich ihre Tests. Beides langwierige, kostenintensive und mühsame Aufgaben. Das wissen Leander Zaiser, CEO, Manuel Weichselbaum, CTO, und Markus Hauser, die gemeinsam mit Kevin Intering und Pascal Goldschmied das KI-Startup AnyConcept gegründet haben.

AnyConcept und das Problem der No-code-Software

Die Founder haben sich deswegen dazu entschlossen eine Testautomatisierungs-Software zu entwickeln, um den Prozess für Unternehmen zu vereinfachen und günstiger zu gestalten.

Zaiser war sechs Jahre lang RPA-Experte (Robotics Process Automation) bei Raiffeisen und hat dort Automatisierungssoftware automatisiert. Der CEO musste dabei feststellen, dass vermeintliche No-code-Software ohne Entwicklungskompetenzen sich nicht erfolgreich einsetzen ließ. Für gelernte Softwareentwickler wiederum war das Arbeiten mit solch einer Anwendung keine attraktive Tätigkeit.

Weichselbaum indes forscht seitdem er 17 ist an Künstlicher Intelligenz. Und widmet sich dabei vor allem immer den aktuellen Herausforderungen der internationalen Forschung. Das passte hervorragend zu Zaisers erkanntem Problem: aktuelle Automatisierungssoftware ist zu komplex für Non-Coder und nicht attraktiv genug für Coder. Also fragten sich die Founder: Was, wenn man Automatisierung mit einem No-Code-Ansatz macht, mithilfe einer KI, die genau das tut, was man ihr auf dem Bildschirm zeigt? So war AnyConcept geboren.

Das Black Friday-Problem

“Jede Software, jeder Webshop, jede Applikation muss immer wieder getestet werden, ob sie richtig funktioniert. Und da sie auch ständig durch neue Updates von Entwicklern oder bei einem Webshop mit neuen Produkten gefüttert wird, verändern sich Applikationen dauerhaft. Das kann wieder zum Brechen der bisherigen Funktionen führen”, erklärt Hauser, ein per Eigendefinition fleischgewordenes Startup-Kind, das zuletzt Johannes Braith (Storebox) als rechte Hand begleiten und somit Entrepreneurship aus nächster Nähe beobachten und Mitwirken durfte.

Der Gründer präzisiert sein Argument mit einem Beispiel passend zum Black Friday. Jedes Jahr würden Unternehmen Milliarden US-Dollar verlieren, weil sie ihre Preise falsch definieren oder Prozente und Dollar verwechseln, ohne dass es wem auffällt. Außerdem könnten “Trilliarden US-Dollar” an Schäden durch fehlerhafter Software, die nicht richtig getestet wurde, vermieden und “50 Prozent der IT-Projektkosten” gesenkt werden, wenn Testen automatisiert mit No-Code abläuft, so seine Überzeugung.

“Durch unser KI-Modell, das ein User-Interface rein durch Pixeldaten, Mausklicks und Tastatureingaben erkennen und manövrieren kann, schaffen wir es Automatisierung No-Code zu gestalten”, sagt Hauser. “Das Ziel ist es unsere KI-Agenten zukünftig zum Beispiel einen Prozess wie UI-Software-Testing rein durch eine Demonstration, das bedeutet das Vorzeigen des Testfalles, automatisiert durchführen zu lassen. Sie werden sich dabei exakt so verhalten wie es ein Benutzer tun würde, orientieren sich nur an den Elementen des User-Interface und konzentrieren sich nicht auf den dahinterliegenden Code. Das ist unser USP.”

FUSE for Machine Learning

Dieses Alleinstellungsmerkmal fiel auch Google auf. Konkreter Google Cloud Storage FUSE for Machine Learning. Anfänglich noch ein Open Source-Produkt als “Linux Filesystem in Userspace” oder eben als “FUSE” tituliert, wurde die Software von Google in die Cloud integriert und hilft beim Verwalten von Unmengen von Trainingsdaten, Modellen und Kontrollpunkten, die man zum Trainieren und Bereitstellen von KI-Workloads benötigt.

Anwendungen können hierbei direkt auf die Cloud zugreifen (Anm.: anstatt sie lokal herunterzuladen); als wären sie lokal gespeichert. Es müssten zudem keine benutzerdefinierte Logik implementiert werden und es gebe weniger Leerlaufzeit für wertvolle Ressourcen wie TPUs und GPUs, während die Daten übertragen werden.

FUSE sei einfach ein Produkt für Unternehmen, so Weichselbaum weiter, um große Datenmengen bequem zu verwalten und sie verfügbar zu machen: “Wir verwenden es, um viele Terrabytes von Daten auf der Cloud zu lagern, was am Computer nicht möglich ist”, sagt er.

Google sagt Hallo

Weil AnyConcept das Service von FUSE sehr intensiv nutzte, wurde Google auf die Grazer aufmerksam. Und hat konkret nachgefragt, was sie für einen Use-Case mit ihrem Angebot entwickelt haben. “Wir waren einer der ersten, die das genutzt haben, um effizient unsere KI-Agents zu trainieren“, sagt Weichselbaum. “Das Produkt von Google ist ein Teil unserer Datenverarbeitung und des Trainings unserer ganz spezifischen KI und Google wollte wissen, warum und wie wir das so intensiv verwenden. Das hat dazu geführt, dass wir unsere Ideen für Produktverbesserungen und Skripts mit ihnen teilen durften.“

AnyConcept und seine Konzepte

Das Ziel von AnyConcept ist es, ein Foundation-Modell nicht für Texte oder Bilder, sondern für Interaktionen mit dem User-Interface zu entwickeln.

Im Detail reicht hierbei eine Demonstration von einem solchen Interface und AnyConcept analysiert es mit neuronalen Netzwerken. Es erkennt Strukturen, die das Startup seinem Namen getreu “Konzepte” nennt und die auf breites Wissen aufbauen, wie man mit einem Computer interagiert.

“So ein Konzept wäre etwa ein ‘Button’ auf einer Website”, erklärt es Zaiser in anderen Worten. “Die KI versteht dann, dass man ihn anklicken kann und was danach passiert. Oder wie lange eine Website braucht, sich zu öffnen und wie sie aussieht.”

Aktuell forscht AnyConcept an der Generalisierungsfähigkeit ihres Netzwerkes. Zaiser dazu: “Wir testen unsere KI bereits mit Pilotkunden bei der Anwendung von Software-Testautomatisierung und bekommen großartiges Feedback.”

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