Neue Stablecoin-Ratingagentur: Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien als Unterstützerin
Die Stablecoin-Ratingagentur Bluechip ist kürzlich als Non-Profit-Organisation gestartet. Mit der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien hat sie sogar in der österreichischen Finanzszene eine Spenderin gefunden.
Die Ankündigung im April war durchaus eine Überraschung: Die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien und Bitpanda peilen eine Kooperation an, sodass künftig Kryptowährungen im Online-Banking der Bank angeboten werden könnten. In dieser Sache gibt es aktuell noch kein Update, allerdings lässt die Bank nun mit einer anderen Nachricht mit Krypto-Bezug aufhorchen: Die Bank unterstützt die kürzlich gestartete Stablecoin-Ratingagentur Bluechip rund um den Wiener CEO Benjamin Levit und den US-Ökonomen Garett Jones.
Stablecoins unterscheiden sich von klassischen Kryptowährungen dadurch, dass sie ihr Kurs an traditionelle Währungen gekoppelt ist. Bei den aktuell größten Stablecoins wie etwa Tether oder USDC ist dies der US-Dollar, dessen Kurs 1:1 nachgebildet werden soll. Der Dollar war es auch beim Stablecoin TerraUSD (UST), der im vergangenen Frühjahr allerdings spektakulär kollabierte. Investierte Anleger:innen verloren ihr Geld.
Non-Profit-Organisation für Stablecoin-Ratings
Genau hier setzt Bluechip an. Die im Juli gestartete Ratingagentur bewertet Stablecoins nach einer vorgegebenen Methode, dem sogenannten SMIDGE-Ratingsystem. Diese Abkürzung steht für Stability, Management, Implementation, Decentralization, Governance und Externals. In diesen Kategorien werden Punkte vergeben, die schließlich zu einer Gesamtnote führen, die von A+ (“Sehr gut”) bis F (“Red Flag”) reichen.
Konzipiert ist Bluechip als Non-Profit-Organisation. Sie ist daher auf Spenden angewiesen. Zu den Spendern gehören unter anderem Rune Christensen, einer der Gründer von MakerDAO, der Organisation die hinter dem Stablecoin DAI steht, oder auch Nevin Freeman, der das Blockchain-Protokoll Reserve mitgegründet hat. Und nun gehört eben auch die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien dazu – aktuell laut Website der Stablecoin-Ratingagentur als einzige Vertreterin der traditionellen Finanzbranche.
“Die Risiken von Finanzprodukten bewerten zu können, ist gerade für Menschen, die keinen finanzwirtschaftlichen Background haben, essenziell – dies gilt besonders für die Verwendung von Kryptowährungen”, sagt Michael Höllerer, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien. “Bei den Themen Transparenz und Sicherheit für unsere Kund:innen gehen wir keine Kompromisse ein. Die Spende an Bluechip ist deshalb nach Unterzeichnung einer Absichtserklärung mit Bitpanda für uns der nächste logische Schritt.”
“Wir freuen uns sehr über die Unterstützung der RLB NÖ-Wien, die damit erneut zeigt, dass sie ein verlässlicher und innovativer Partner der Menschen ist”, sagt Bluechip-CEO und Mitgründer Benjamin Levit. Die Gründung von Bluechip sei erfolgt, weil Nutzer:innen transparente Informationen über Stablecoins benötigen würden. Dann könnten diese eine “sichere, legale und einfache Möglichkeit” bieten, die Risiken von Inflation zu verringern. Der gebürtige Wiener Levit ist seit 2016 in der Krypto-Szene aktiv.
Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.
„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.
Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.
Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen
Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“
Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft
Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.
Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.
Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.
Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“
Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit
Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.
“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.
Langfristiges Potenzial heben
Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“
Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“
Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?
Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.
Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.