07.11.2023

blankmile: OÖ-Startup erspart Service-Techniker:innen 70 km Anfahrt pro Auftrag

Blankmile will mit seiner Anwendung die Ferndiagnose im Service- und Handwerksbereich für beide Seiten einfach und praktikabel machen. Unterstützt wird das Startup dabei vom oberösterreichischen Inkubator tech2b.
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Die blankmile-Gründer (vlnr.) Dominik Reichinger, Andreas Holzapfel und Martin Schneglberger | (c) blankmile
Die blankmile-Gründer (vlnr.) Dominik Reichinger, Andreas Holzapfel und Martin Schneglberger | (c) blankmile
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Fast jeder hat es wohl schon erlebt: Oftmals reisen Service-Techniker:innen oder Handwerker:innen an, nur um festzustellen, dass sie für das Problem mit anderem Werkzeug bzw. den richtigen Ersatzteilen ein weiteres Mal kommen müssen. Das ist zeitaufwändig für die Betriebe und damit auch kostspielig für die Kund:innen, die für den Diagnose-Einsatz Arbeitsstunden und Weggeld zahlen müssen. Hier setzt das oberösterreichische Startup blankmile an – und wird dabei durch den oberösterreichischen Inkubator tech2b unterstützt.

“So barrierefrei und niederschwellig wie möglich”

“Die Frage war: Wie können Expert:innen ein Problem auch aus der Ferne sofort erkennen? Wir wollen das so barrierefrei und niederschwellig wie möglich lösen”, erklärt blankmile-Co-Founder und CEO Martin Schneglberger im Gespräch mit dem brutkasten. Kund:innen müssen, für die Ferndiagnose – etwa auch bei Reklamationen – nur ihre Handynummer bereitstellen. Der/die Handwerker:in gibt diese in der Anwendung ein. Der/die Kund:in bekommt eine SMS mit einem Link und wird direkt verbunden.

Über blankmile direkt im multifunktionalen Video-Call

Damit startet ein multifunktionaler Video-Call zwischen Expert:in und Kund:in. “Die Expert:innen können die Kund:innen anleiten, wo sie die Smartphone-Kamera genau hinhalten sollen. Beide Seiten können zur Erleichterung direkt im Bild Markierungen machen. Dann können Fotos oder Videos gemacht werden, was etwa auch für akustische Diagnosen sehr nützlich ist”, so der blankmile-Gründer. Zudem können während des Vorgangs Notizen gemacht werden. Am Ende erfolgt die Ausgabe als pdf, die etwa auch einem Kostenvoranschlag beigelegt werden kann.

(c) blankmile

Keine zusätzliche Hardware nötig

“Uns war es wichtig, Geräte zu nutzen, die jeder bereits hat. Weder die Firma, noch die Kund:innen brauchen irgendeine zusätzlich Hardware. Die Betriebe brauchen auch keine IT-Abteilung, die ihnen die Anwendung einrichtet. Sie bekommen eine pdf von uns und können gleich starten”, sagt Schneglberger und spielt damit auch auf andere Ferndiagnose-Lösungen an, bei denen etwa Datenbrillen zum Einsatz kommen.

Durchschnittlich 70 km Wegersparnis pro Auftrag via blankmile

Und nicht nur da spare die Nutzung Geld – auch und vor allem bei den oben erwähnten Wegzeiten. “Wir tracken bei unseren Pilotkunden den gesparten Weg pro Call. Im Durchschnitt sind es 70 Kilometer. Das entspricht etwa 25 Kilogramm CO2“, sagt der Gründer. Das habe natürlich auch damit zu tun, dass man aktuell mit Betrieben im ländlichen Raum zusammenarbeite, doch auch in Städten sei die Anfahrt nicht zu unterschätzen. In anderen Unternehmen würde man sich mit der “Last Mile” beschäftigen. Diese falle mit der Lösung in sehr vielen Fällen weg – es sei eben die “blankmile”.

“Bei uns spart man Kosten, indem man es nachhaltig macht”

“Das ist wirtschaftlich gelebte Nachhaltigkeit. Oft muss man sich entscheiden, ob man es billig oder nachhaltig haben will. Bei uns spart man Kosten, indem man es nachhaltig macht”, so Schneglberger. Damit gewann blankmile kürzlich auch den Nachhaltigkeitspreis der Gemeinwohl-Ökonomie Landshut. “Die Jury bestand aus Leuten aus der Wirtschaft, die teilweise selbst das Problem von zu vielen Leerfahrten haben. Sie haben uns weiter in dem bestätigt, was wir tun”, sagt der Gründer.

Gründer-Trio machte HTL und FH gemeinsam

Der Name des Unternehmens hinter blankmile, der MAD Tech Gmbh, geht übrigens auf die Initialen der Vornamen der drei Gründer Martin Schneglberger, Andreas Holzapfel und Dominik Reichinger zurück. Ganz unbeabsichtigt ist die Zweideutigkeit aber nicht. “Wir machen verrückte Technik, statt Technik, die verrückt macht”, scherzt der CEO. Kennenglernt hat sich das Trio bereits auf der HTL in Braunau. Enger zusammengearbeitet habe man dann aber erst in der gemeinsamen Zeit an der FH Hagenberg, erzählt Schneglberger.

blankmile: Von der Masterarbeit zum Vollzeit-Job für drei Gründer

Dort ist auch die Idee zu blankmile entstanden – und wurde zur Masterarbeit des Gründers. “Das Thema hat mir keine Ruhe gelassen und die beiden haben mich unterstützt. Irgendwann waren wir an dem Punkt, an dem wir gemerkt haben: Wir müssen das alle drei Vollzeit machen, damit es funktioniert”, so der CEO.

tech2b wurde zum Gamechanger im Aufbau

Blankmile wurde mit seinem Forschungsprojekt ins FFG-Basisprogramm aufgenommen. Zum Gamechanger im Aufbau wurde dann der oberösterreichische Inkubator tech2b. “Wir haben uns damals beim Edison-Ideenwettbewerb von tech2b beworben und haben den dritten Platz in der Kategorie Innovation geholt. Damit war für uns klar, dass auch Expert:innen von außen unser Konzept spannend finden. Das war eine entscheidende Bestätigung”, erzählt Schneglberger.

“Profitieren vor allem von den Mentor:innen und vom Netzwerk, das tech2b uns bietet”

Seitdem ging die Reise mit tech2b weiter. Das Startup wurde ins Inkubationsprogramm aufgenommen. “Neben dem fachlichen Input in allen Bereichen des Unternehmensaufbaus profitieren wir vor allem von den Mentor:innen und vom Netzwerk, das tech2b uns bietet”, sagt Schneglberger. “Das sind Leute, die teilweise selber gegründet haben und viel Erfahrung mitbringen. Sie begleiten uns und ihre Meinung und Hilfe ist uns sehr wichtig”.

Learning 1: Nicht zu perfektionistisch werden

Und was waren bisher die wichtigsten Learnings im Aufbau von blankmile? “Erstens, dass man nicht zu perfektionistisch werden darf”, sagt Schneglberger. “Man hat eine Vision im Kopf, die man mit extrem viel Leidenschaft verfolgt. Aber eigentlich hat man auf dem Weg schon ein richtig gutes Produkt, mit dem man arbeiten kann, auch wenn die Zehn-Jahres-Vision noch nicht erfüllt ist”.

Learning 2: Schnell Meinungen vom Markt einholen

Das bringe ihn zum zweiten großen Learning, sagt der Gründer: “Man muss sich schnell Meinungen vom Markt einholen – hier hat uns tech2b extrem unterstützt. Man muss aber aufpassen, sich nicht von jedem Input gleich den kompletten Plan über den Haufen werfen zu lassen”. Denn jeder Kunde habe unterschiedliche Bedürfnisse, man könne aber nicht für jeden ein eigenes Feature bauen, sondern müsse auf das fokussieren, was alle gemeinsam haben.

Learning 3: Resilienz und emotionale Beständigkeit bilden

Was zum dritten großen Learning führt: “Man darf sich von positivem und negativem Feedback nicht so hin- und herreißen lassen. In manchen Wochen geht vieles gut, in anderen vieles schlecht. Man soll Erfolge feiern, aber sich nicht bei drei guten Mails gleich wie der König der Welt fühlen. Und auch nicht bei drei Absagen gleich depressiv werden”. Es gelte eben, Resilienz und emotionale Beständigkeit zu bilden.

tech2b bietet Beratung und Förderung für GreenTechs

Der Inkubator fördert Startups und Gründungsvorhaben mit direktem oder indirektem Beitrag für Umwelt- und Klimaziele am Standort Oberösterreich. Gefördert werden in erster Linie ökologisch-, ökonomisch- und sozial-nachhaltige Geschäftsmodelle. Das Förderprogramm umfasst interne Coachings, Fortbildungen zu den Themen Sustainable Vision, Mission und Business Modelling sowie Infrastruktur (Büro & Ausstattung). Je nach Gründungsstatus erhalten die besten Nachhaltigkeitsprojekte zusätzlich finanzielle Zuschüsse im Wert von 1.000 bis 10.000 Euro.

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Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan
Wiener-Börse-CEO Christoph Boschan | Foto: brutkasten / Wiener Börse (Hintergrund)

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach, darunter etwa FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth, mit PlanRadar-Co-Founder Sander van de Rijdt und mit Storebox-Co-Founder Johannes Braith.

Zum Thema Kapitalmarkt haben wir nun bei Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse, nachgefragt.


brutkasten: Die Regierungsverhandlungen befinden sich in der entscheiden Phase. Was sind die wichtigsten Maßnahmen, die in Österreich umgesetzt werden sollten, um Kapitalmarkt und Börse zu stärken?

Christoph Boschan: Die schnellste und einfachste Maßnahme wäre die Wiedereinführung der Behaltefrist für Wertpapiere bzw. die Einführung eines Vorsorgedepots. Das lag alles fix fertig auf dem Tisch und stand im letzten Regierungsprogramm.

Gewichtiger wäre eine bessere Abstimmung des Pensionssystems auf den Kapitalmarkt, also eine teilweise Veranlagung der ersten Säule am Aktienmarkt. Da spreche ich übrigens nicht mit dem reinen Blick durch die “Kapitalmarkt-Brille”. Das würde zugleich den Staatshaushalt entlasten und die Pensionsfinanzierung nachhaltig absichern und Geld für die Innovations- und Wachstumsfinanzierung bereitstellen.

Sie haben in einem brutkasten-Studiotalk im September gefordert, “zentrale, mächtige, große Kapitalsammelstellen zu errichten”. Was genau verstehen Sie darunter, beziehen Sie sich primär auf Pensionsfonds oder verstehen Sie das Konzept breiter?

In der teilweisen Veranlagung der ersten Säule am Kapitalmarkt liegt tatsächlich das größte Potenzial, ein bis zwei Prozent machen hier auf einige Jahre gesehen bereits viel aus. Die zweite Säule könnte mit einer verpflichtenden betrieblichen Vorsorge gestärkt werden. Oder man kreiert einen Staatsfonds nach norwegischem Vorbild.

Abseits davon gibt es in Österreich 330 Mrd. Euro an niedrigverzinstem privatem Kapital, die nicht nur keine Rendite abwerfen, sondern den Unternehmen auch bei der Innovationsfinanzierung fehlen. Die Liste an Möglichkeiten ist lang, wie auch jene der schon existierenden Blaupausen in Europa.

Welche Maßnahmen bräuchte es konkret? Welche dieser Schritte können in Österreich gesetzt werden und welche nur auf europäischer Ebene?  

Die entscheidenden Schalthebel sind tatsächlich bei den Nationalstaaten. Vorlagen, die für den österreichischen Anwendungsfall angepasst werden können, gibt es genug. Norwegen mit dem Staatsfonds, Schweden mit der teilweisen Veranlagung der Pensionen am Kapitalmarkt, die Schweiz mit der verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge. In Deutschland kommt nun das Vorsorgedepot mit steuerbegünstigter Wertpapierveranlagung. Alles, was eine zu befürwortende Harmonisierung betrifft, etwa beim Gesellschafts-, Insolvenz- und Steuerrecht, ist auf EU-Ebene zu lösen.

Stichwort EU-Ebene. Sie sprechen auch oft von der “unvollendeten Kapitalmarktunion”. Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen, um diese Kapitalmarktunion zu vollenden?

Das deckt sich mit den zuvor diskutierten Ansätzen, die jedoch in der langen Liste der – grundsätzlich zu befürwortenden – Ziele der Kapitalmarktunion nur unzureichend adressiert werden können, da derzeit die großen Kapitalsammelstellen nur durch die Mitgliedsstaaten geschaffen werden können. Ohne große Kapitalsammelstellen werden wir die europäische Konkurrenzfähigkeit nicht entscheidend ankurbeln können.

Inwiefern können Kapitalreserven in privaten Altersvorsorgesystemen oder Pensionsfonds als „Treibstoff“ für tiefe und liquide Märkte dienen? 

Indem sie in börsennotierte Unternehmen investieren. Damit schaffen wir die besagten großen Liquiditätspools bzw. Kapitalsammelstellen. Die Unternehmen haben somit eine umfassendere Kapitalquelle für Innovation und Wachstum. Das erklärt auch, warum wir in Europa mit Abwanderung von Listings in Richtung USA zu kämpfen haben. Wachstumsorientierte Unternehmen gehen dorthin, wo sie potenziell das meiste Kapital bekommen können.

Wenn wir wollen, dass das nächste Google, Meta oder Amazon aus Europa kommt, müssen wir hier anpacken. Volkswirtschaften mit entwickelten Kapitalmärkten wachsen schneller und erholen sich rascher von Krisen.

Sie haben bereits angesprochen, dass die nun scheidende Regierung die Wiedereinführung der Behaltefrist für Aktien im Regierungsprogramm vereinbart hatte, ohne sie dann tatsächlich umzusetzen. Für wie wichtig – verglichen mit anderen Möglichkeiten, Anreize zu schaffen – wäre diese Maßnahme, um die private Vorsorge über die Börse attraktiver zu gestalten?

Ich bin immer dafür, Individuen zu ermächtigen und zu stärken und genau das macht die Behaltefrist. Die Befreiung von der KESt (Kapitalertragssteuer) für die langfristige Altersvorsorge ist als Anreiz nicht zu unterschätzen. Sie ist längst überfällig.

Versteuertes Arbeitseinkommen wird in Unternehmen investiert, diese schütten mit Körperschaftsteuer besteuerten Gewinn aus, auf den nochmal 27,5 Prozent geltend werden. Diese steuerliche Eskalation ist immens. Wer vorausschauend agiert und für sein Alter vorsorgt, sollte dringend entlastet werden.

Sie vertreten mit der Wiener Börse die österreichische Nationalbörse. Aktuell kursieren einige Vorschläge, die einen anderen Bereich, nämlich den vorbörslichen Kapitalmarkt betreffen und diese attraktiver machen sollen, etwa die Schaffung eines Dachfonds, der in bestehende Venture-Capital-Fonds investiert, oder einen Beteiligungsfreibetrag für Business Angels und andere private Kapitalgeber. Wie blicken Sie darauf?

Ich halte Ansätze, die Innovation, junges Unternehmertum und Wachstum fördern immer für begrüßenswert. Von jungen Unternehmen, die am Beginn ihrer Reise mit genügend Kapital ausgestattet werden, wird in weiterer Folge auch die Börse, die am oberen Ende der Finanzierungsstufen steht, profitieren.


Aus dem Archiv: Christoph Boschan im brutkasten-Studiotalk (September 2024):


Aus dem brutkasten-Printmagazin: Warum ein Börsengang nicht nur etwas für Großkonzerne ist


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