25.09.2019

Bitpanda CEO Demuth: Ein Jahr zum Unicorn, “vielleicht fünf” zum IPO

Im brutkasten-Talk beim Börsianer Festival in der Wiener Hofburg sprachen wir mit Bitpanda Co-Founder und CEO Eric Demuth über die ersten Wochen der Global Exchange, einen möglichen Börsengang und den Weg zur Unicorn-Bewertung.
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Bitpanda CEO Eric Demuth über Unicorn-Status und IPO
Screenshot: Bitpanda CEO Eric Demuth im brutkasten-Video-Talk

Bei einem Panel am Börsianer Festival zum Thema “Das Wettrüsten der Finanzbranche” zum Thema Digitalisierung im Finanzbereich hieß es für Eric Demuth einmal mehr: Der Bitpanda CEO gegen den Rest der Welt. Vor allem mit seiner Ansicht, dass klassische Banken auf Dauer nicht überleben werden, stieß der Krypto-Unternehmer, wie gewohnt, auf Widerrede. Wir nutzten ein anschließendes Interview unter anderem, um Demuth auf die Wachstumsperspektiven des eigenen FinTechs und Pläne bezüglich eines Börsengangs anzusprechen.

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Bewegte Monate bei Bitpanda

Denn in den vergangenen Monaten setzte Bitpanda gleich mehrere große Schritte. Im Frühjahr wurden etwa Edelmetalle als handelbare Assets auf der Plattform aufgenommen. Im Sommer folgte mit dem rund 44 Millionen Euro schweren IEO (Initial Exchange Offering) und dem anschließenden Start der eigenen Krypto-Börse “Bitpanda Global Exchange” der mit Sicherheit größte Wurf des Jahres für das 2014 gegründete Unternehmen.

Exchange: Realismus vs. Erwartungen der Szene

Dabei scheint die Exchange die teilweise sehr hoch gesteckten Erwartungen in der Krypto-Szene bislang nicht ganz zu erfüllen. Der beim IEO ausgegebene BEST-Token hat seinen Wert im Vergleich zum Exchange-Start Anfang August fast halbiert. “Man muss zwischen dem, was realistisch ist und dem, was der Markt erwartet, unterscheiden. Mit Markt meine ich hier einige Leute in Telegram-Gruppen, in Foren oder auf Twitter”, sagt dazu Eric Demuth.

“Wollen die überhaupt wechseln?”

Wenn man kein “Fake-Volumen” schaffe, dauere es sehr lange, bis man auf einen entsprechenden Umfang komme. Und es seien einige wenige professionelle Trader, die – vorwiegend über automatisiertes API-Trading – für wirklich große Volumina sorgen würden. “Die müssen einmal zu dir wechseln und da steht am Anfang natürlich die Frage: Wollen die überhaupt wechseln? Man muss ihnen also entsprechende Incentives geben”, erklärt der Bitpanda CEO. In der Anfangszeit gehe es bei der Exchange primär darum, ausreichend Liquidität zu bekommen. “Ich muss überhaupt erst einmal die Möglichkeit schaffen, einen Trade machen zu können. Daran haben wir in den vergangenen Wochen massiv gearbeitet und das bei uns auch hinbekommen”, sagt Demuth. Man hole nun weiterhin große Trader und “Market Maker” ins Boot, wodurch die Überzeugungsarbeit wiederum erleichtert werde.

“Ich habe unterschätzt, dass eine Exchange sehr kompliziert ist und Leute abschreckt”

Volumen jeden Tag “deutlich über einer Million”

Demuth nennt auch konkrete Zahlen zur Bitpanda Global Exchange. Etwas mehr als eine Million Euro Volumen habe man am ersten Tag verzeichnet. Nach einem erwartbaren Abflachen nach dem Launch liege man inzwischen jeden Tag “deutlich über einer Million”. Bis zum zweistelligen Millionenbereich werde es wohl noch einige Monate dauern, aber “dass das kommen wird, ist keine Frage”. Dabei räumt der Bitpanda CEO auch eine Fehleinschätzung seinerseits ein: “Ich habe viel mehr damit gerechnet, dass unser Bitpanda-Kundenstamm zur Exchange hinübergeht. Was ich unterschätzt habe ist, dass eine Exchange mit ihren Orders sehr kompliziert ist und Leute abschreckt, die noch nie zumindest semiprofessionell getradet haben”.

Das gesamte Interview mit Eric Demuth am Börsianer Festival:

“Wir haben eine Plattform gebaut, die sich alleine trägt und skaliert”

Was das generelle Wachstum seines Unternehmens angeht, ist der Bitpanda CEO jedenfalls optimistisch. “Wir haben im FinTech-Bereich gezeigt, dass man etwas machen kann, wo man nicht Unmengen VC-Geld braucht, um sich den Markt einzukaufen. Wir haben eine Plattform gebaut, die sich alleine trägt und dementsprechend skaliert. Jetzt geht es darum, das ganze in neue Märkte zu expandieren”, sagt Demuth.

“Ca. ein Jahr” zum Unicorn-Status…

Auf die Frage, wie lange es bei Bitpanda bis zum Unicorn-Status dauern wird, sagt Demuth: “Ca. ein Jahr. Man kann es aber nicht ganz genau sagen”. Und er schränkt ein: “Wir nehmen ja nicht ständig Geld auf und werden daher auch nicht ununterbrochen bewertet. Wir wollen ja eigentlich kein Geld aufnehmen – vielleicht machen wir das in Zukunft einmal, um stark zu expandieren. Wir wachsen aus unserem tragfähigen Geschäftsmodell. Daher ist es nicht so leicht für uns, eine Bewertung zu erzielen, die irgendwo auf Papier festgeschrieben steht”. Das sei aber ein “Luxusproblem”.

…”vielleicht fünf Jahre” zum IPO

Auf einen möglichen Börsengang angesprochen sagt Demuth, ein IPO sei in den nächsten Jahren sicher kein Thema. “Das nimmt einem auch extrem viel Flexibilität. Bei uns geht es um Speed. Wenn wir an der Börse wären, könnte ich mich persönlich gar nicht mehr um das Produkt kümmern. Da geht es nur um Vorschriften, Mitteilungen und so weiter. Das verlangsamt einen sehr stark”. Wenig später gibt der Bitpanda CEO dann aber doch einen Zeithorizont für einen möglichen Börsengang: “Wir reden hier vielleicht von fünf Jahren”. Auf die Frage, ob die Börse Wien dann der richtige Standort wäre, hält sich Demuth knapp: “Nein, ich denke nicht”. Börse-Chef Christoph Boschan sei aber “unfassbar innovativ unterwegs” und in den kommenden fünf Jahren könne noch viel passieren.


Disclaimer: Die Bitpanda GmbH ist zu 3,98 Prozent an der Brutkasten Media GmbH beteiligt.


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Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach.

Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith sieht im brutkasten-Interview auch Chancen, die die Krise biete, formuliert aber konkrete Maßnahmen, die dazu nun auf politischer Seite ergriffen werden müssten.


brutkasten: Düstere Prognosen und drastische Appelle stehen aktuell in der Wirtschaftsberichterstattung an der Tagesordnung. Wie beurteilst Du die Situation? Ist sie wirklich so dramatisch?

Johannes Braith: Ich beobachte die Großwetterlage natürlich laufend. Allerdings halte ich es für gut, wenn man sich in seinen daily Operations als Founder nicht zwangsläufig beunruhigen lässt. Gerade Startups sind es gewohnt Krisen zu managen bzw. mit ihnen umzugehen. In manchen Fällen kann dadurch sogar etwas Positives entstehen. Denn Krisen erzwingen oft Veränderungen, welche wiederum oft Chancen beinhalten.

Aber natürlich finde ich es beunruhigend, dass wir, was unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa angeht, so dramatisch den Anschluss verlieren. Ich hoffe, dass der steigende Schmerz dazu führt Regulierungen abzubauen und ein neues Selbstverständnis hinsichtlich Wirtschaft, Startups und Technologie einkehrt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten in Österreich möglichst schnell umgesetzt werden? Was muss unbedingt ins Regierungsprogramm?

Das Thema ist leider ziemlich mühsam, da sehr, sehr gute Vorschläge seit langer Zeit am Tisch liegen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein wichtiger Punkt ist es bestimmt, Risikokapitalgeber zu incentivieren – Stichwort Beteiligungsfreibetrag.

Noch wichtiger wäre es allerdings die Steuern auf Arbeit deutlich zu reduzieren. Wir sind in einer Zeit, in der wir die Extrameile gehen müssen. Das sollte auch belohnt werden. Man könnte z.B. Überstunden steuerlich freistellen, Pensionisten incentivieren, wenn sie in der Rente arbeiten möchten – eventuell gänzlich steuerfrei, oder man kann über Modelle nachdenken, mit denen man Vollzeitarbeit nicht nur ermöglicht (Kinderbetreuung) sondern eventuell auch belohnt.

Generell stelle ich mir die Frage, wie Menschen den Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit wieder zurückerlangen können. In vielen Gesprächen und Beobachtungen sehe ich, dass die Leistungebereitschaft extrem abgenommen hat. Ob das immer durch politische Maßnahmen geheilt werden kann, bezweifle ich. Ich halte viel von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Und was sollte die neue EU-Kommission unbedingt sofort angehen?

Regulierung massiv abbauen. Ich bin mit Storebox mittlerweile in sechs Ländern und mehr als 200 Städten operativ tätig. Es kann ja nicht sein, dass wir gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen vorfinden, die das Prosperieren von Unternhemen extrem erschweren.

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Die Lohnkosten senken, Regulierungen massiv reduzieren und die Zuwanderung hochqualifizierter Personen massiv erleichtern.

Was bräuchte es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse für einen IPO eines Scaleups wie Storebox attraktiv ist?

Große Anschlussfinanzierungen müssen in Europa mit europäischem Kapital getätigt werden, um ab einer gewissen Stage als logischen Schritt einen IPO auch in einem europäischen Heimatmarkt zu forcieren.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Aktuell noch nicht. Ich lebe sehr gerne in Österreich und sehe nicht alles nur negativ. Wir leben in einem tollen Land mit vielen Möglichkeiten, toller Infrastruktur und einigermaßen stabilen Verhältnissen. Die Verwaltung dieses Zustands wird allerdings nicht ausreichen. Es muss gestaltet werden, um den Standort attraktiv zu halten.

Bitte eine Prognose: Abhängig von den Entscheidungen, die in nächster Zeit getroffen werden – was ist das Worst- und was das Best-Case-Szenario für Europa?

Das Worst-Case-Szenario: Die EU zerfällt in unterschiedliche Lager, weil es nicht möglich war, Interessen zu alignen und die großen Hebel zu betätigen. Geopolitisch wäre das eine absolute Katastrophe!

Das Best-Case-Szenario: Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch radikale Maßnahmen wieder hergestellt. Die Menschen spüren eine deutliche Entlastung, haben Perspektiven und glauben an eine bessere Zukunft. Europa wächst weiter zusammen und bleibt ein starker und wichtiger globaler Player.

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