09.02.2022

Bitcoin macht jetzt auch Geopolitik und niemand kann etwas dagegen tun

Mit Putins verbalem Einstieg ins Bitcoin-Mining haben wir eine neue Ebene erreicht. Das delikate Verhältnis von Energie, Macht und Geld ist um eine Facette reicher. Bitcoins Spieltheorie ist in vollem Schwung.
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brutkasten-Kolumnist Nikolaus Jilch | Hintergrund © Adobe Stock

Manchmal muss man eine Nachricht erst verdauen. So lange, bis viele sie vergessen haben. Ich bin jetzt seit vielen Jahren dran an den großen geopolitischen Verschiebungen rund um Währungen und Energie. Stichwort: Nord Stream, Euro, Gas, Dollar – und urplötzlich auch Bitcoin. Ja, das hat mich auch überrascht.

Ein gewisser Vladimir Putin meldete sich Ende Jänner zum Thema Bitcoin zu Wort. Sein Land habe “gewisse Vorteile” , wenn es um Bitcoin-Mining gehe, meinte der russische Präsident. Konkret sprach er von “einem Energieüberschuss”, den Russland habe. Dann wies er Regierung und Zentralbank an, sich in Sachen Bitcoin zusammenzuraufen. Putin schlug mit dem Statement gleich zwei Fliegen.

Der IWF ist nervös wegen El Salvador

Er stellte klar: Die Notenbank kann sich ein Bitcoin-Verbot, das sie kurz davor gewünscht hatte, aus dem Kopf schlagen. Putins Bitcoin-Statement kam auch in zeitlichem Zusammenhang mit einer Forderung des Internationalen Währungsfonds an El Salvador, Bitcoin als Währung wieder abzuschaffen.

Dazu muss man wissen: Der IWF, das ist die USA, die Hüterin der aktuellen Währungsordnung auf Dollar-Basis. Das “International” ist genauso Etikettenschwindel wie die Tatsache, dass der IWF-Chef aus Europa kommt. Putin vermutet hinter der Forderung an El Salvador wohl wachsende Unruhe “im System” und ließ die Gelegenheit nicht aus, russisches Öl ins Feuer zu gießen.

Der Kampf um die Frage, welche Währung dominiert und womit der internationale Energiehandel abgewickelt wird, tobt seit langer Zeit. Er steht im Mittelpunkt der Konflikte rund um Nord Stream 2, den Iran und jetzt auch Bitcoin. Oh und im Übrigen haben auch die Europäer generell und Deutschland speziell handfeste Interessen in diesem Spiel. Die Gaspipeline aus Russland dürfte Berlin schon während des Baus nicht übersehen haben. Und wie die Nummer schon sagt, ist es bereits die zweite auf dieser Route. Anyway.

Putin hat den Zusammenhang von Bitcoin und Energie wohl verstanden

Es ist Putin jedenfalls nicht entgangen, dass Bitcoin durch seine Mining-Infrastruktur eine ganz eigene Rolle im Energie-Business spielt. Eine schnell wachsende. Etwas, das der Kopf der schwedischen Finanzaufsicht noch nicht kapiert hat. Er fordert ein Verbot von Bitcoin-Mining und wurde deswegen vom landeseigenen Energieversorger Vattenfall abgewatscht.

Russland wird natürlich nicht Bitcoin als Landeswährung einführen. Zumindest nicht in absehbarer Zeit. Dafür ist zu viel Macht und “Gestaltungsspielraum” abhängig von der Herausgabe einer eigenen Papierwährung. Aber Putins Vorstoß wirkt durchdacht. Russland hat: Energie, Personal, kalte Luft und ein dringendes Bedürfnis, sich vom Dollar-System möglichst loszueisen. Bitcoins Rolle in diesem Spiel, ist noch sehr, sehr klein. Dass sie den IWF nervös macht, zeigt aber, dass Bitcoin auf der geopolitischen Bühne angekommen ist.

Putin hat aber selbst auch schon gesagt: Noch ist Zeit nicht gekommen, in der Bitcoin auch für den Energiehandel zwischen Staaten eingesetzt werden kann. Da nutzen China und Russland jetzt eine andere Währung, die von Nationalstaaten zumindest weiter abgekoppelt ist als Dollar, Rubel oder Renminbi. Die Rede ist vom guten, alten Euro.

Die Spieltheorie von Bitcoin ist in vollem Schwung

Geht es um Energie, Macht und Geld, ist fast nichts wie es auf den ersten Blick scheint. Unser Geldsystem ist ultimativ durch die Tatsache gedeckt, dass Saudi Arabien (und damit OPEC) Öl nur gegen Dollar verkauft. Das ist die Basis eines Deals, der bald 50 Jahre alt ist. Die Europäer finden das seit Jahrzehnten ungut, weshalb sie allerlei kreative Dinge ausprobieren – wie eine eigene Währung oder eine Agentur für den direkten Handel mit dem Iran. Russland findet sowieso nichts gut, was die USA stärkt. Und China fragt sich auch langsam, warum man als inzwischen größter Kunde noch immer mit Dollars zahlen muss.

Das alles ist natürlich sehr delikat – auch weil die USA ihre Rolle keineswegs aus reiner Machtgier spielen – sondern auch, um den “freien” Westen von den Diktatoren und Quasi-Dikatoren des Ostens zu beschützen. Daher auch die komplett schizophrene Haltung Europas, das einfach nicht weiß, wo es hin will. Mit Bitcoin hat dieses Spiel jetzt eine neue, spannende Facette bekommen. Die Spieltheorie von Bitcoin ist in vollem Schwung, das wird sich von hieran wohl nur noch verstärken.


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Das Wiener Startup PowerBot automatisiert den physischen Stromhandel an Strombörsen. Damit leistet es einen Beitrag zur Energiewende. CEO Helmut Spindler hat uns vergangenen April mehr über die Technologie erzählt.

Das SaaS-Unternehmen wurde im Jahr 2020 von Felix Diwok, Manuel Giselbrecht und Helmut Spindler gegründet. Mit dem Ziel, Handelsabläufe an den europäischen Strombörsen zu automatisieren und zu verbessern. Und damit die Energiewende voranzutreiben. CEO Spindler war jahrelang als Berater für Energiemarktfragen tätig. Als Spin-off der Energiemarktberatung Inercomp GmbH entstand dann 2020 PowerBot.

Exit an norwegischen Tech-Konzern

Am gestrigen Mittwoch verkündete das Wiener Startup, vom “europäischen Marktführer für Energiesoftware, Volue, offiziell übernommen” worden zu sein. Eine konkrete Summe wird nicht genannt. Gemeinsam habe man sich das Ziel gesetzt, den Markt “im algorithmischen kurzfristigen Stromhandel” anzuführen.

Das Käufer-Unternehmen Volue positioniert sich als Technologielieferant grüner Energie. Das norwegische Unternehmen arbeitet an Lösungen zur Optimierung von Produktion, Handel, Verteilung und Verbrauch von Energie.

Co-Founder Diwok hielt bislang 37,5 Prozent, Spindler und Giselbrecht je 18,74 Prozent. Auch das Partnerunternehmen der Armstrong Consulting GmbH unter Geschäftsführer Roger Armstrong hielt bislang 25,01 Prozent der Firmenanteile.

Schrittweise Integration

Mit dem Kauf des Wiener Energy-Startups soll das bestehende Portfolio von Volue erweitert werden. Die Integration soll Schrittweise erfolgen, ab Jänner 2025 sei die PowerBot-Lösung vollständig in das Volue-Portfolio integriert.

Volue-CEO Trond Straume wird in einem LinkedIn-Post von PowerBot zitiert: „Diese Übernahme ist ein entscheidender Schritt auf unserem Weg, bis 2030 der führende SaaS-Anbieter für das globale Energiesystem zu werden. Die hochmoderne Plattform von PowerBot ergänzt den Volue Algo Trader perfekt, indem sie Quants befähigt und unsere Expansion über Westeuropa hinaus beschleunigt.“

Das Wiener Energy-Startup soll fortan die bestehende Lösung des Käufers – namentlich “Volue Algo Trader Power” ergänzen. Dabei handelt es sich um eine SaaS-Lösungen für den kurzfristigen Stromhandel, kurz für “Intraday”-Stromhandel.

“Keinen besseren Partner”

Wie PowerBot weiter vermeldet, soll die Integration die Entwicklung von traderfreundlichen Benutzeroberflächen und Lösungen für Unternehmen begünstigen. PowerBot wird dabei eng mit dem Team rund um die SaaS-Lösung Volue Algo Trader Power zusammenarbeiten.

Für das PowerBot-Team sei der Exit “nur der nächste wichtige Schritt auf dem Weg des Wachstums”, heißt es. Auch weiterhin soll das bestehende PowerBot-Team, darunter Helmut Spindler, Maximilian Kiessler und Jakob Ahrer, “die Entwicklung des Produkts weiter vorantreiben und für Kontinuität und Innovation sorgen”. Das Startup will indes bereits baldige neue Produkte auf dem Markt verkünden.

Helmut Spindler, CEO von PowerBot, kommentiert: „Wir haben in den letzten Jahren ein unglaubliches Wachstum erlebt, und um weiter zu skalieren und zu internationalisieren, brauchten wir einen starken Partner. Volue ist aufgrund seiner umfassenden Branchenkenntnisse und seiner gemeinsamen Vision die perfekte Wahl. Ich könnte mir keinen besseren Partner vorstellen“.

Stärken kombinieren

Mittlerweile soll das Wiener Energy-Startup über 85 Kunden in 26 Ländern vorweisen. Handeln soll es derzeit an neun Börsen. Das Team sei 25-köpfig und in Wien sitzend. Auch die Zertifizierungen ISO 27001 und SOC2 Typ 2 – beides Zertifizierungen für Cybersicherheit und Datenschutz – weise man vor.

Roland Peetz, SVP von Volue Energy Software, fügt hinzu: „Indem wir unsere Stärken kombinieren, schaffen wir ein unübertroffenes Angebot, das den Anforderungen des sich schnell verändernden Stromhandelsmarktes gerecht wird.“

Aus dem Archiv: PowerBot-CEO Helmut Spindler im Studio

Der PowerBot-CEO und Mitgründer Helmut Spindler war zu Gast im brutkasten Studio.

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