04.11.2020

Biden vs. Trump: Verbindlicher Langweiler gegen polarisierenden Bulldozer

Donald Trump vs. Joe Biden: Die Charakteristika der beiden Kandidaten in der Wahl zum US-Präsidenten.
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Trump und Biden: Zwei ungleiche Kandidaten für die Präsidentschaft.
Trump und Biden: Zwei ungleiche Kandidaten für die Präsidentschaft. (c) Adobe Stock/Ole

Anlässlich der Wahl des nächsten US-Präsidenten wird die Politik-Kolumne des brutkasten, “Mic am Montag”, diese Woche ausnahmsweise zu “Mic am Mittwoch”. Hier analysiert Mic Hirschbrich die aktuelle Situation rund um die US-Wahl sowie die Charakteristika der beiden Kandidaten Donald Trump und Joe Biden.

Das Problem mit der europäischen Brille

Wenn wir den US-Wahlkampf beobachten, tun wir das mit unserer europäischen Brille. Unsere Wahrnehmung ist geprägt von unseren Werten, unserer Geschichte und unserem bisherigen Verhältnis zu den Vereinigten Staaten. Das ist zwar selbstverständlich und kaum zu ändern, hat in der Bewertung des Ausgangs dieser Wahl und in unserer Beziehung zu diesem befreundeten Staat aber seine Tücken. Und eine davon ist besonders augenscheinlich.

Erzfeind Sozialismus

Die meisten Amerikaner, ganz anders als wir Europäer, differenzieren nicht wesentlich zwischen Kommunismus, Sozialismus und den vielen Grauschattierungen am Weg zur modernen Sozialdemokratie. Das hat viele Gründe. Einer liegt darin, dass die Amerikaner das Recht auf Privateigentum, einen zwar militärisch starken aber nach Innen wenig eingreifenden Staat und niedrige Steuern als Voraussetzung für den viel gerühmten „American Dream“ sehen.

Sie verteidigen diese Vision, durch harte Arbeit (materiellen) Erfolg haben zu können, auch dann, wenn sie ihn selbst nie verwirklichen konnten. Und sie leben diese Werte über alle Parteigrenzen hinweg. Erst mit den Millenials und seit der Klimabewegung keimt so etwas wie ein junger amerikanischer Sozialismus, der von Charismatikern wie Bernie Sanders bedient wird, aber bisher nie mehrheitsfähig wurde.

Ein regelrechter Hass und ein undifferenziertes Misstrauen gegen alles was mit Sozialismus zu tun hat, sitzen tief in der Seele vieler Amerikaner. Man führte viele Kriege gegen den verhassten Kommunismus und die Doktrin vieler Generationen fußt auf diesem Kampf. Flüchtlinge aus Kuba oder anderen sozialistisch geführten Staaten Lateinamerikas bestärken diese Haltung, sie wollen den Sozialismus ihrer alten Heimat hinter sich lassen und misstrauen den Demokraten. Das ist einer der Gründe, weshalb selbst Demokraten keine Programme anbieten, die jenen europäischer Sozialdemokratien auch nur nahe kommen würden. Sie wären schlicht nicht mehrheitsfähig.

Materieller Erfolg und die Fähigkeit zur Inszenierung

Ein Grund, weshalb Trump US-Präsident werden konnte und sich nun wieder wacker schlug, dürfte genau daran liegen. Der ökonomische Erfolg des Kandidaten ist für viele Wähler wichtig und der sozialisierte Amerikaner identifiziert sich gerne mit diesbezüglich erfolgreichen Menschen und kennt keinen Neid.

Für viele US-Amerikaner war Trump das Sinnbild des erfolgreichen und harten Chefs. Die vom britischen Produzenten Mark Burnett entwickelte Serie „The Apprentice – The Ultimate Job Interview“, hat Trump einer breiten Bevölkerung bekannt gemacht. Das Format erreichte seit 2004 ein Massenpublikum, und NBC strahlte es bis 2017 aus. Jeder Amerikaner kennt Trump´s legendär gewordenen Sager „You´re fired“ und – ob bewusst oder unbewusst -, mit dieser „Schauspieler“-Rolle hat er mehr Menschen erreicht, als mit seiner Rolle als Immobilien-Tycoon.

Trump, Reagan, Bush, Obama und Biden

Insofern besteht eine gewisse Parallele zum ehemaligen Hollywood-Schauspieler Ronald Reagan. Dessen Vizepräsident war übrigens George W. Bush, der spätere US Präsident. Auch Trumps Herausforderer Joe Biden war Vizepräsident von Barack Obama und konnte dadurch im jetzigen Wahlkampf auf einer breiten Bekanntheit aufbauen. Dennoch, im medialen Vergleich zu Trump wirkte Biden hölzern, wenn nicht langweilig. Der Spitzname, der Trump seinem Herausforderer gab, nämlich „sleepy joe“ war genauso respektlos wie treffend.

Trumps Polarisierung, Bidens Werte

Trump versteht es wie kaum ein anderer, Polarisierung für sich zu nutzen. Bei zig Wahlveranstaltungen mimt er die unzerstörbare Rampensau und surft geschickt auf der Welle der Empörung vieler Medien gegen ihn.

Dagegen müht sich der etwas blass wirkende Biden damit ab, Werte wie Integrität, Zuverlässigkeit und soziale Empathie fürs Volk in den Vordergrund zu stellen. Damit erreichte Biden zwar viele Menschen, aber Trumps schrille Inszenierung seiner Covid-Erkrankung, seine Twitter-Dominanz sowie seine Fähigkeit stets die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, machten es dem Herausforderer schwer.

Trump setzte viele Wahlziele um

Auch darf nicht unterschätzt werden, dass Trump viele frühere Wahlziele umsetzen konnte. Diese Ziele mochten den Gegnern missfallen, aber für seine konservativen Wähler war er konsequent und linientreu, zumindest bis kurz vor der Wahl. Denn ausgerechnet in den letzten Wochen verlor Trump Punkte beim viel zitieren „alten weißen Mann“ und gewann bei Schwarzen und Latinos, was Beobachter verblüffte.

Die Gründe dafür könnten damit verglichen werden kann, warum Migranten in Deutschland AFD oder in Österreich die FPÖ wählen. Man könnte hier vom Drang zur „Überidentifikation mit nationalen Zielen“ sprechen, um als besonders zugehörig zu gelten. Für die wichtige Gruppe der Exil-Kubaner beispielsweise in Florida und etliche Zuwanderer aus Lateinamerika kommt das weiter oben angeführte Argument erschwerend hinzu: Sie lehnen Sozialismus strikt ab, sind diesbezüglich traumatisiert und verbinden Biden teilweise mit den Werten ihrer politischen Vergangenheit, die sie überwinden möchten.

Trump hat es perfekt verstanden, diese Frames zu bedienen. Umgekehrt machte Biden, der selbst dem alten weißen Mann nicht ganz unähnlich sieht, einen entscheidenden Schachzug bei der schwarzen Bevölkerung: Mit Kamala Harris als seiner Wunsch-Vizepräsidentin, gewinnt er nicht nur die Herzen all jener, die sich endlich eine mächtige Frau in der Regierung wünschen, sondern holt sich gleichzeitig eine Frontfrau der kürzlich erstarkten „black lives matter“-Bewegung ins Kernteam.

Wer ist Joe Biden und wie würde er das Amt anlegen?

Der Absolvent einer elitären, katholischen Privatschule begann seinen Karriere als Anwalt. Er war, wie viele Demokraten, ein großer Bewunderer John F. Kennedys und setzte in seinem ersten lokalen Wahlkampf auf das Thema „Umweltschutz“ – und das bereits 1969! In unseren Medien ging das ein wenig unter, aber seit den großen Kampagnen von Ex-Vize Al Gore und den programmatischen Forderungen von Bernie Sanders sowie einer erstarkenden Klimabewegung in den USA, könnte dieses Thema das „Tüpfelchen auf dem i“ sein, zumal Trump dieses überhaupt nicht, und wenn nur negativ besetzte.

Biden erwarb parteiübergreifende Sympathie nicht nur als besonnener Vize-Präsident an der Seite von Barack Obama, sondern auch als Privatmensch, als er zeigte, wie er mit schweren Schicksalsschlägen umging. Denn das aus besonders schwierigen Lebenssituationen aufstehen und weitermachen können, gehört ebenfalls zu dem wichtigen Mythos des „American Dreams“. Nach seiner Wahl zum Senator 1972 starben seine erste Frau und seine kleine Tochter bei einem tragischen Autounfall. Die Söhne Beau und Hunter Biden überlebten zwar, doch 2015 starb Beau Biden an einem Gehirntumor.

In Washington galt Biden bald als integer und geerdet, als der Politiker aus Delaware, der mit Republikanern so gut kann wie mit Demokraten und mit Schwarzen so gut wie mit Weißen und Latinos. Diese Verbindlichkeit dürfte Biden auch politisch umsetzen, sollte er Präsident werden und, anders als sein Vorgänger, zum Multilateralismus zurückkehren, die Bande zu uns Europäern stärken und wieder verstärkt auf Handel und internationale Organisationen setzen. Dass er mit China eine völlig anderen Kurs fahren würde als Trump, daran darf gezweifelt werden. Voraussichtlich aber würde er weniger freundliche Worte mit Wladimir Putin und Kim Jong-un wechseln als sein Vorgänger.

Joe Biden und die Tech-Industrie

Für die Tech-Industrie würde sein Sieg ein zartes Aufatmen bedeuten. Zwar könnten Steuererhöhungen den Investoren an der Westküste weh tun, doch das Öffnen der Grenzen für Migranten aus der Softwareindustrie wiegt schwerer. Trumps Visa-Politik hat dem Silicon Valley zusammen mit Corona großen Schaden zugefügt. Das Tech-Herz der USA lebt vom Internationalismus, seiner Multi-Ethnizität und Anziehungskraft auf Intellektuelle aus aller Welt. In seiner Heimatstadt Wilmington wurde übrigens schon den Bahnhof und ein Freibad nach dem Fast-Politpensionisten Biden benannt. Sollte er die Wahl gewinnen, dürften noch ein paar Straßen und Denkmäler hinzukommen.

Doch ob es zum Wechsel kommt oder doch Trump sein Amt verteidigen kann, werden erst die kommenden Stunden und Tage zeigen, denn ein Drittel der Amerikaner haben diesmal per Brief gewählt. Wir wünschen den gespaltenen USA jedenfalls ein friedliches Finish in dieser spannenden Wahl und die Einheit, die wir von ihnen kannten!

Über den Autor

Mic Hirschbrich ist CEO des KI-Unternehmens Apollo.AI, beriet führende Politiker in digitalen Fragen und leitete den digitalen Think-Tank von Sebastian Kurz. Seine beruflichen Aufenthalte in Südostasien, Indien und den USA haben ihn nachhaltig geprägt und dazu gebracht, die eigene Sichtweise stets erweitern zu wollen. Im Jahr 2018 veröffentlichte Hirschbrich das Buch „Schöne Neue Welt 4.0 – Chancen und Risiken der Vierten Industriellen Revolution“, in dem er sich unter anderem mit den gesellschaftspolitischen Implikationen durch künstliche Intelligenz auseinandersetzt.

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Tractive, Hauster Versicherung, Insurance, Pet Cover
(c) Tractive - Michael Hurnaus, CEO von Tractive.

Er hat es bereits im Mai angekündigt und nun erreicht. Beim Pet-Tracking-Scaleup Tractive stehen aktuell 100 Millionen Euro jährlich wiederkehrender Umsatz zu Buche. Gründer Michael Hurnaus sieht mehrere Aspekte, die dem Erfolg zugrundeliegen.

Tractive: “Mitarbeiterwachstum kein Indikator”

“Wir hatten immer schon 40 bis 50 Prozent Wachstum, haben aber dabei immer im Vordergrund gehabt, nicht das Mitarbeiterwachstum als Indikator zu sehen, sondern nachhaltig zu wachsen”, sagt er. “Wir bewegen uns mit dem Haustiermarkt in einem dankbaren Markt, ja. Aber unsere gute Arbeitsleistung kommt nun zurück. Da hat uns die 4-Tage-Woche sehr geholfen. Wir haben nicht die faulen Mitarbeiter bekommen, die nur vier Tage arbeiten wollen, sondern gute Leute, die sich mit der Firma identifizieren.”

Das Paschinger Startup wagte erst vor rund dreieinhalb Jahren den Sprung in die USA, der auch gut vorbereitet war. “Wir haben acht Jahre lang gewartet, diesen Schritt zu gehen”, erklärt Hurnaus. “Wir wussten, wenn wir ‘in Europa gewinnen’, dann wird es leichter für uns, als für einen US-Amerikaner, der nach Europa will. Wir haben hier verschiedenen Länder, mehr Sprachen und unterschiedliche Währungen. Für uns war es die richtige Entscheidung.”

USA überholt Deutschland

Mittlerweile hat der US-Markt den bisherigen Spitzenreiter Deutschland überholt. Schätzungsweise 66 Prozent der US-Haushalte oder etwa 86,9 Millionen Familien besitzen in den Vereinigten Staaten ein Haustier. Dies geht aus der National Pet Owners Survey 2023–2024 der American Pet Products Association (APPA) hervor.

“Unsere Marktpenetration ist wesentlich geringer als in Deutschland”, sagt Hurnaus. “Wir werden im ersten Quartal 2025 auch in Mexiko launchen, in den nächsten beiden Jahren aber keine weitere Erweiterung anstreben. Der Fokus bleibt auf diesen Märkten.”

Tractive bald in Mexiko

Tractive hat in der Zeit seines Bestehens eine Wandlung erfahren. Jedes zweite Jahr hat man bisher ein Produkt für Hund und Katze herausgebracht – vor wenige Wochen den neusten Tracker. Dabei aber “sehr stark eine Transformation durchlaufen”, wie der Founder erklärt. Weg vom einfachen GPS-Tracker hin zum Gesundheitstracker.

“Es ist ein Frühwarnsystem und soll nicht den Tierarzt ersetzen. Wir sagen nur, dass wir etwas bemerkt haben, eine Veränderung im Verhalten oder bei der Bewegung, etc…”, erklärt Hurnaus. “Da steckt viel Potential darin. Denn wir haben erkannt, dass Leute den Bedarf haben, zu wissen, wie es dem eigenen Haustier wirklich geht.”

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AI Summaries

Biden vs. Trump: Verbindlicher Langweiler gegen polarisierenden Bulldozer

  • Wenn wir den US-Wahlkampf beobachten, tun wir das mit unserer europäischen Brille: Unsere Wahrnehmung ist geprägt von unseren Werten, unserer Geschichte und unserem bisherigen Verhältnis zu den Vereinigten Staaten.
  • Die meisten Amerikaner, ganz anders als wir Europäer, differenzieren nicht wesentlich zwischen Kommunismus, Sozialismus und den vielen Grauschattierungen am Weg zur modernen Sozialdemokratie.
  • Flüchtlinge aus Kuba oder anderen sozialistisch geführten Staaten Lateinamerikas bestärken diese Haltung, sie wollen den Sozialismus ihrer alten Heimat hinter sich lassen und misstrauen den Demokraten.
  • Der ökonomische Erfolg des Kandidaten ist für viele Wähler wichtig und der sozialisierte Amerikaner identifiziert sich gerne mit diesbezüglich erfolgreichen Menschen und kennt keinen Neid.

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