08.03.2024

Bei Gegenwind erst recht. Es ist mal wieder “Weltfrauentag”.

Unter dem Motto „Fix the system, not the women“ setzt sich Désirée Jonek-Lustyk von WoMentor für eine inklusive Unternehmenskultur ein. Warum sie sich manchmal wie ein Alien fühlt und was sie Gründerinnen rät.
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Désirée Jonek, Gründerin von WoMentor kämpft für Gleichberechtigung und weiß, was es beim Gründen als Frau braucht. (c) Jana Mack

Es ist mal wieder “Weltfrauentag”. Und somit wiederholt sich auch der jährliche Eiertanz um die üblichen Themen, bei denen sich wenig ändert. Was auch heuer nicht fehlen darf: Blumen, Schokolade und Meinungen von Menschen, die sich an den restlichen Tagen im Jahr eher im Hintergrund halten.

Aber mal im Ernst. Grundsätzlich kein Fehler, das mit dem Engagement, sagt Désirée Jonek-Lustyk, Gründerin der Unternehmensberatung WoMentor. Solange man es eben nicht nur heute macht: „Wir arbeiten jeden Tag daran, dass Diversität und Inklusion – nicht nur was binäre Geschlechterverhältnisse betrifft – endlich gehört, gesehen und in die Gesellschaft integriert werden. Egal ob beruflich oder privat.“

Wirkliche Veränderung kann laut Jonek-Lustyk nur durch Beharrlichkeit und Ausdauer – über den 8. März hinaus – passieren.

„Okay, du sagst ich schaffe das nicht? Dann zeig ich dir mal, wie das geht.“

Und die braucht es, wenn es ums Gründen geht. Allein im Vergleich zum letzten Jahr zeigen die ernüchternden Zahlen des KSV1870 abermals die Abnahme an Gründungen durch weibliche Entrepreneurinnen, wie brutkasten diese Woche bereits berichtete. Auch Investor:innen und Business Angels halten sich merkbar zurück, sobald es Frauen im Gründungsteam gibt oder dieses gar rein weiblich ist.

Wie es um die Zahlen steht, weiß auch Jonek-Lustyk. Durch ihre Arbeit in der Forschung begleiten sie patriarchale Strukturen, geringe Investments und fehlende Gleichberechtigung fast täglich. Auch, wenn es leichter gesagt als getan ist, rät sie: „Bei Gegenwind erst recht.“

„Natürlich ist das Gründen als Frau nicht leicht, trotzdem hätte ich mich nie davon abbringen lassen“, erzählt sie. Die Antwort auf Gegenstimmen, Kritik und fehlendes Vertrauen sei ihrer Meinung nach das Beweisen von Können. Ihr Mantra: „Okay, du sagst ich schaffe das nicht? Dann zeig ich dir mal, wie das geht.“  Man komme nicht drum herum eine gewisse Resilienz aufzubauen, sich von Kritiker:innen eher pushen als bremsen zu lassen. Wenn es aber einmal nicht mehr geht, weil die Energie nicht ausreicht, um dem Gegenwind zu trotzen, sei es wichtig, sich Unterstützung zu holen.

Natürlich ist das Gründen als Frau nicht leicht, trotzdem hätte ich mich nie davon abbringen lassen. Ich sage: bei Gegenwind erst recht.

Désirée Jonek-Lustyk, Gründerin von WoMentor

„Macht es bitte nicht alleine!“

Warum alleine kämpfen, wenn man sich Unterstützung holen kann? „Ich glaube, das, was Frauen oft noch schwer fällt, ist darum zu bitten, also wirklich zu sagen: ‚Hey, ich brauche Hilfe!‘ “, erzählt Jonek-Lustyk. „Erst heute morgen habe ich wieder intensiv darüber nachgedacht, wo ich eigentlich Unterstützung brauche.“ Organisiert sein, Listen schreiben und genau zu wissen, wo man sich supporten lassen kann, seien unter anderem die wichtigsten Aufgaben beim Gründen und Leaden, erklärt sie.

Das Umfeld könne nur mit anpacken, wenn bekannt ist, wo der Schuh drückt oder noch Expertise gebraucht wird und das muss nun einmal immer wieder eruiert und hinterfragt werden, ohne Scham und Zurückhaltung: „Wenn man erfolgreich sein möchte, ist es unabdingbar, immer wieder Hilfe einzufordern. Dazu braucht es aber auch sehr viel Mut.“

Weibliche Doppelspitze und neue Projekte von WoMentor

Und die Unternehmerin weiß wovon sie spricht. Seit der Gründung des Social Business 2019, etablierte sich WoMentor in der österreichischen Diversity- und Inklusionslandschaft und setzt sich für faire Teilhabe in der Arbeitswelt ein. Neben dem Wachstum auf eine mittlerweile 1.200-köpfige Community, wurde die Unternehmensberatung erst kürzlich mit dem „Verified Social Enterprise Label” vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft ausgezeichnet.

Wenn man erfolgreich sein möchte, ist es unabdingbar immer wieder Hilfe einzufordern. Dazu braucht es aber auch sehr viel Mut.

Désirée Jonek-Lustyk, Gründerin von WoMentor

Und es ist keine Pause in Sicht: In den nächsten Monaten wird an einem neuen Forschungsprojekt gearbeitet. Start ist der 1. April, mehr verrät die Unternehmerin bisher nicht. Seit diesem Jahr gibt es mit Josefine Schulze auch einen Neuzugang in der Geschäftsleitung. Mit der weiblichen Doppelspitze arbeitet das Team künftig an vielseitigen Projekten und das mit Anlauf: „In diesem Jahr verfolgen wir große Pläne sowohl im technologischen Bereich als auch auf der Compliance Ebene”, verrät Schulze. Daher werden bestehende Programme, wie das Mentoringprogramm, auf die neuen Herausforderungen und Schwerpunkte ausgerichtet, sowie neue Programme umgesetzt.

„Fix the system, not the women“

Damit der Erfolg überhaupt gewährleistet werden kann, muss die Gesellschaft auch endlich ihr Frauenbild ändern. „Wir leben noch immer tief verankert in konservativen Normen. Damals wurde Männern die gesamte Verantwortung zugesprochen, unsere Rolle als Frau war es, dem Mann den Rücken freizuhalten, sich um Care-Arbeit zu kümmern, damit er Geld verdienen gehen kann.“

Die Wahrheit sei aber, als Leaderinnen stünden Frauen heutzutage vermehrt mit beidem da: Nämlich mit Unternehmensführung und Kinderbetreuung. „Du bist heute einfach die Rabenmutter, wenn der Hort um 13 Uhr schließt und du genau dann dein Kind abholst. Kümmerst du dich ausschließlich um dein Kind, passt es auch nicht. Hast du nebenbei ein Unternehmen, darfst du nicht vergessen, dass du Gehälter ausbezahlen und vielen anderen Anforderungen gerecht werden musst.“

Noch deutlicher zeichne sich der Spagat, den die meisten aufgrund des fehlenden Betreuungsangebots nicht schaffen, im ländlichen Raum ab, wo es zusätzlich auch an einer grundlegenden Infrastruktur mangelt, wie Erhebungen von WoMentor zeigen. „Und wenn wir in die Politik schauen, gilt es einfach sehr stark dagegen zu halten. Da dürfen wir nicht leise sein, uns nicht entmutigen lassen, sondern jetzt erst recht kämpfen“, sagt die Unternehmerin. Es sei gerade wichtiger denn je. „Wenn der Rechtspopulismus stärker wird, sind die Rechte von Frauen und Minderheiten das erste, was beschnitten wird.“

Zu viele Ebenen

Aber wo greift man die Probleme zuerst an? „Es ist zum Haareraufen auf wie vielen Ebenen wir immer noch nicht gleichberechtigt sind oder dieselben Chancen haben”, betont Jonek-Lustyk. Dabei geht es der Unternehmerin nicht ausschließlich um Frauen, die sich stärker durchsetzen und beweisen müssen, als andere. An marginalisierten Gruppen mangelt es nicht. WoMentor setzt sich daher auch für die Förderung von intersektionalen Themen ein, was fehlt sind die Daten, sagt Jonek-Lustyk. „Wie viele Menschen mit Behinderung gründen eigentlich? Wie viele mit Migrationshintergrund, wie viele queere Leads gibt es? Hierzu findet man leider noch kaum Erhebungen“, betont die Unternehmerin. Das Verheerendste daran: In jeder dieser Gruppen müsse man sich „doppelt und dreifach anstrengen“, deshalb sei eine intersektionale Betrachtung aller Mängel auch am Weltfrauentag essentiell.

“Ich wünsche es keiner Gründerin sich zusätzlich zu ihrem Business auch noch permanent erklären zu müssen“

Zudem komme, dass die Mängel auf zu vielen Ebenen stattfinden: „Das Schwierige ist oft, dass du einfach nicht beweisen kannst, ob du gerade diskriminiert wirst, weil du eine Frau bist“, sagt Jonek-Lustyk. Dann frage sie sich: „Bin ich einfach nicht gut genug oder werde ich gerade aufgrund meines Geschlechts diskriminiert? Am Ende heißt es dann immer: Wie willst du Sexismus oder Rassismus in den Situationen wirklich beweisen?”

Und dann wäre da auch noch der Druck, mit dem Gründerinnen auskommen müssen. Unternehmerinnen würden viel stärker auf die Probe gestellt als männliche Kollegen. „Du musst zeigen, dass du dieses Unternehmen führen kannst, dass du jetzt diese Finanzierung aufstellst.“ Jonek-Lustyk, die eine Social Enterprise leitet, geht dabei strukturellen Gegnern schon länger aus dem Weg. Ihre Unterstützung holt sie sich aus den eigenen Reihen, die Energie, die sie früher dafür aufgewendet hat, Menschen, die nicht an eine gleichberechtigte Welt glauben, umzukrempeln, nutzt sie lieber, um die Business Angels zu überzeugen, die politisch am gleichen Strang ziehen.

Da entsteht dann die Mikroaggression. Am Ende des Tages fühlt es sich an wie hunderte kleine Mückenstiche, an denen man zu kratzen hat.

Désirée Jonek-Lustyk, Gründerin von WoMentor

„Es ist wahnsinnig mühsam und zehrend, wenn man sich als Gründerin ständig rechtfertigen muss. Sei es, weil man eine Frau ist oder weil man Themen der Gleichberechtigung unterstützt. Ich wünsche es keiner Gründerin sich zusätzlich zu ihrem Business auch noch permanent erklären zu müssen.“

Mittlerweile begibt sie sich bewusst nicht mehr in Räume, in denen Menschen grundlegende Voraussetzungen einer modernen Gesellschaft nicht verstehen. Was sie davon halte, andere immer wieder dazu einzuladen mitzuwirken? „Mittlerweile nichts mehr. Grundsätzlich sind natürlich immer alle eingeladen sich zu engagieren, wenn ich mich jedoch ständig für meine Überzeugungen und meine Daseinsberechtigung erklären muss, reicht es mir, wenn die mitmachen, die es wirklich verstehen.“  Die WoMentor-Supporter:innen seien Business-Angels, die daran interessiert sind wirklich etwas zu bewegen. „Sie wissen, wofür wir kämpfen, man muss sie nicht mehr überzeugen.“

Mikroaggression: „immer und immer wieder dagegen schwimmen“

Manchmal ginge es einfach nicht um die „große Story“ der verpassten Förderung oder des Investments, das man nicht bekommen hat, sondern um die Alltagssituationen, „das ist es, was es so anstrengend macht, immer und immer wieder dagegen zu schwimmen“, erklärt die Unternehmerin. Wenn sie im Zug sitzt, merke sie jedes Mal, dass sie eine der wenigen Frauen im Business-Abteil ist, manchmal sogar die einzige. „Auch in den shared Workspaces sehe ich immer so viele Männer, kaum Frauen. Man fühlt sich permanent wie ein Alien und denkt sich ‚ich gehöre hier anscheinend nicht hin‘“.

Auch dabei: Verwunderte Fragen über die Tatsache, dass sie Gründerin eines Unternehmens ist. Solche Fragen oder Kommentare stören Jonek-Lustyk per se zwar nicht, würden das Thema aber besonders schwer greifbar machen. „Da entsteht dann die Mikroaggression. Am Ende des Tages fühlt es sich an wie hunderte kleine Mückenstiche, an denen man zu kratzen hat“, sagt sie. Dasselbe gilt für Schwarze, wenn sie mehrmals täglich gefragt werden, wo sie denn „eigentlich“ herkommen, obwohl sie in Österreich geboren sind. Und auch wenn nicht, ist die Frage nach dem 20. Mal irgendwann unzumutbar.“

Unfreiwillige Expertinnen: „Frauen dürfen nicht mehr in der Bringschuld gesehen werden“

Unzumutbar ist auch, dass immer die Diskriminierten selbst zum Handkuss kommen. „Das problematische ist doch, dass die marginalisierten Gruppen immer für sich sprechen, auf sich aufpassen und alles, was sie gefährdet, meiden, einander gegenseitig aus den eigenen Reihen unterstützen müssen.“

Was Désirée Jonek-Lustyk hier meint, sind die Schutzmechanismen, die zum Beispiel Frauen entwickeln müssen, um nicht gefährdet zu werden. Wir erinnern uns an einen Sommer voller “Subwayshirts” – also großen T-Shirts, die über die Outfits gezogen unangenehme Blicke und Übergriffe vermeiden sollten. Oder die kleinen Stoffdeckel für Becher gegen K.O.-Tropfen. Ob es um körperlichen Schutz oder die never ending präsente Glasdecke im beruflichen Kontext geht, ständig müssen Frauen und andere marginalisierte Gruppen sich selbst darum kümmern.

Damit sich die Verantwortung endlich richtig aufteilt, brauche es holistische Lösungen: Unternehmen, die sich großflächig einsetzen, Maßnahmen, die fehlerhaftes und übergriffiges Verhalten nicht mehr zulassen, dafür mehr Optionen für alle Gruppen, in jeder Hinsicht.

„Es ist einfach zu komplex. Die Politik muss mal was tun, die Medien müssen was tun, aber wir selbst ja auch. Und zwar alle.”

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Queerness in Business sichtbar machen: Dafür setzen sich Julia Breitkopf (li.) und Astrid Weinwurm-Wilhelm (re.) ein. (c) Viktoria Morgenstern, Cynthia Fischer

„Was man oft sieht, auch wenn man den brutkasten aufschlägt, sind diese Gründungsteams, bestehend aus fünf jungen weißen Burschen. Ich glaube, dass man das nicht mehr bringen kann“, sagt Julia Breitkopf. Gender, sexuelle Orientierung, aber auch Alter, Religion, Weltanschauung, ethnische Vielfalt und Behinderungen: Als Co-Host des Podcasts „Inselmilieu“ und mit ihrer PR-Agentur „Furore Brand Communications” setzt sie sich dafür ein, Personen mit unterschiedlichsten Hintergründen zu Wort kommen zu lassen. Für die 39-Jährige steht fest: Ein LGBTQIA+-freundliches Arbeitsumfeld ist in erster Linie ein diversitätsfreundliches Arbeitsumfeld.

Auch Astrid Weinwurm-Wilhelm betont die Intersektionalität, also das Ineinandergreifen, dieser verschiedenen „Diversitätsdimensionen“, wie sie sie nennt. Seit 2010 setzt sich die 50-Jährige mit „Queer Business Women“ und dem Dachverband „Pride Biz Austria“ ehrenamtlich dafür ein, mehr Bewusstsein für die Anliegen queerer Personen in Unternehmen zu schaffen – mittlerweile als Präsidentin der beiden Vereine. „Wir alle tragen sämtliche Diversitätsdimensionen in uns. Auch wenn wir selbst keine Diskriminierung erfahren, lernen wir, genauer hinzuschauen und genauer hinzuhören, und können uns als Allies, also im Sinne von Verbündet-Sein, einbringen.“

Auch mit ihrem Coaching-Unternehmen „Blickweisen“ berät Weinwurm-Wilhelm seit 2012 Unternehmen zu Diversity Management. Dafür macht sie je nach Firma Workshops, Großgruppenveranstaltungen, individuelle Coachings oder leitet Diskussionen. Beim Vermitteln geht sie oft spielerisch vor, plant Rollenspiele und regt zum Perspektivenwechsel an. Unternehmen, die sich im Bereich LGBTQIA+ engagieren wollen, können auch offizieller “Pride Biz Ally” werden und dadurch das gesamte Netzwerk für ihre Weiterentwicklung nutzen.

Besondere Vorzeige-Unternehmen werden außerdem jährlich mit dem Meritus-Preis von Pride Biz Austria ausgezeichnet. Ein Tipp von Präsidentin Weinwurm-Wilhelm: Der Kriterienkatalog für die Teilnahme sei online einsehbar und ein sehr guter Leitfaden dafür, wie vor allem queere Diversität in Unternehmen gefördert werden könne.

Verbünden schon beim Gründen

Allies gelten als attraktive Arbeitgeber für Top-Fachkräfte und können durch ihren Zugang zu neuen Zielgruppen und Märkten Wettbewerbsvorteile erfahren. Und – wohl der wichtigste Punkt: Sie können ihren Mitarbeiter:innen einen sicheren Ort bieten, sich zu entfalten. „Jede Perspektive, jeder Erfahrungshintergrund ist bereichernd und eine Möglichkeit, auf diskriminierende Strukturen oder eigene Vorurteile aufmerksam zu werden“, so Breitkopf.

Was das Verbündet-Sein betrifft, sind sich die beiden Unternehmerinnen einig: Es habe sich schon sehr viel getan. „Für mich ist es schon ein positives Zeichen, dass jetzt immer mehr Unternehmen sichtbar die Regenbogenflagge irgendwo hinheften. Früher gab’s das einfach nicht. Die Regenbogenparade war so klein und da waren kaum Firmen, am Anfang gar keine. Aber natürlich muss es auch interne Maßnahmen geben, anstatt das nur nach außen zu verkaufen“, sagt Breitkopf.

Aber welche? Und wie? „Ich würde sagen, das Wichtigste ist einmal dieses Commitment der Führungspositionen. Und das nicht nur implizit, sondern auch schriftlich: was lehnen wir komplett ab, nämlich Diskriminierung oder Mobbing, auch wenn es nur blöde Sprüche sind“, sagt Weinwurm-Wilhelm. Besonders für Startups sei es wichtig, Diversity Management ab dem Gründungsmoment strukturell und auch strategisch festzuhalten.

Laut Weinwurm-Wilhelm seien es oft diese jungen Unternehmen mit modernem Gründungsgeist, wo Diversität selbstverständlich sei – was jedoch noch nicht heiße, dass sie auch gutes Diversity Management leisten. Dazu bedürfe es auch einer Ansprechperson, einer klaren Haltung in den Führungpositionen und bewusstseinsbildender Maßnahmen für eine diversitätsorientierte Organisationskultur. Das beinhaltet zum Beispiel gendergerechte Sprache und Toilettenzugänge, aber auch inklusive Werbung und Öffentlichkeitsarbeit.

Viel geschafft und viel zu tun

Wie sieht Diskriminierung von LGBTQIA+-Personen im Jahr 2024 überhaupt aus? „Es muss damit beginnen, dass offene Belästigung nicht mehr akzeptiert wird“, sagt Breitkopf. Sowohl sie als auch Weinwurm-Wilhelm beschreiben, dass ihre Identität als lesbische Frauen zwar kein Problem beim Schritt in die Selbstständigkeit dargestellt habe, weisen jedoch darauf hin, dass vor allem trans-, inter- oder nichtbinäre Personen das oft anders erleben können. Beide Unternehmerinnen gehen offen mit ihrer Queerness um und lassen LGBTQIA+-Themen auch in ihre Arbeit einfließen. Beide haben aber auch bei vorherigen Jobs die Erfahrung gemacht, was es bedeutet, die eigene Identität im Arbeitsumfeld zu zensieren.

Die Angst vor Seitenhieben, Zurückweisung oder Karrierenachteilen sei laut Weinwurm-Wilhelm immer noch groß. Das bestätigt auch eine Statistik der AK aus dem Jahr 2018: Etwa jede fünfte LGBTQIA+-Person würde ihre queere Identität am Arbeitsplatz komplett verschweigen. Die Konsequenz: Viele könnten am Leben am Arbeitsplatz nicht gleichwertig teilnehmen. „Du gehst später Kaffee trinken als die anderen oder erzählst nichts vom Wochenende… damit begibst du dich selber ins soziale Aus. Du wirkst geheimniskrämerisch oder verschlossen, wirst nicht als teamfähig, nicht als führungskompetent wahrgenommen“, erklärt Weinwurm-Wilhelm.

VC-Szene als Diversity-Dämpfer

Laut ihrer Einschätzung sei die Angst, sich zu outen, bei Selbstständigen besonders ausgeprägt. „Viele möchten es nicht riskieren, zum Beispiel Aufträge nicht zu bekommen. Weil da hängt ja meine Existenz und die der Mitarbeiter:innen dran. Also dieses Nicht-Outen ist da immer noch sehr stark drinnen.“ Die Bedenken sind nicht unbegründet: Im letztjährigen “State of European Tech“-Report von Atomico gaben nur etwa die Hälfte aller Teilnehmer:innen einer Studie an, dass sie finden, das europäische VC-Ökosystem biete gleiche Chancen für alle, ungeachtet des Geschlechts, der Herkunft und der Sexualität.

Außerdem, so der Report, würde sich der Mangel an Diversität im VC-Bereich lediglich im „Schneckentempo“ verbessern. Laut Ladi Greenstreet, CEO der britischen Non-Profit-Gesellschaft Diversity VC, die sich für eine weltweit diversere Venture-Capital-Szene einsetzt, würden jüngste Trends und Diskussionen auf einen beunruhigenden Trend hindeuten: Und zwar einen Rückgang der Finanzierungen für vielfältige Gründer:innenteams, was die anhaltende Wahrnehmung widerspiegle, dass sie riskantere Investitionen seien.

Win-Win-Win-Situation

Greenstreet bezeichnet es als rätselhaft, warum die Risikokapitalbranche von dem bewährten Ansatz der Diversitätsförderung abweicht – belegen doch zahlreiche Studien, dass Vielfältigkeit sich nachweislich positiv auf den Erfolg von Unternehmen auswirkt, wie auch brutkasten bereits berichtete. „Auf viele der aktuellen Herausforderungen ist Diversity Management die Antwort. Zum Beispiel den Personalmangel, wenn wir darüber nachdenken, dass wir in Österreich 8,9 Millionen Einwohner:innen haben und etwa zehn Prozent davon aus der LGBTQIA+-Community sind“, so Weinwurm-Wilhelm.

Damit wieder zu den positiven Seiten von Queerness in Business, die laut Breitkopf oft zu kurz kämen: „In allen Lebensbereichen ist es wichtig, positive Geschichten zu hören“, sagt sie. Mit ihrem Podcast Inselmilieu lässt sie im Pride Monat Juni „Queer Stories of Joy“ zu Wort kommen, die von einem positiven queeren Lebensgefühl erzählen und Mut und Freude machen sollen. Geplant sind eine eigene “Inselmilieu”-Folge sowie eine Fotoaustellung und ein Musiktheater, in dem Menschen in “Momente queerer Freude eintauchen können”. 

Auch in Unternehmen sieht Breitkopf die Vorteile von sichtbarem Erfolg von LGBTQIA+-Personen. „Geoutete Personen in Führungspositionen haben auch auf andere Mitarbeitende einen positiven Effekt. Egal ob man selbst queer ist oder nicht: solche Geschichten normalisieren, was ohnehin normal ist und steigern eine Sensibilität für die Vielfalt unserer Gesellschaft.“ Umso wichtiger sei es auch laut Astrid Weinwurm-Wilhelm, dass junge Unternehmen Diversität und Toleranz schon bei der Gründung in ihrem Mission Statement verankern, um queeren Fachkräften ein Umfeld zu schaffen, in dem sie ihr komplettes Potenzial entfalten können. Damit auch in Startups mehr Queer Stories of Joy sichtbar werden, damit es nicht nur beim Regenbogenlogo im Juni bleibt – und damit auch brutkasten in Zukunft noch bunter wird.

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