15.05.2019

Barkinsulation über “2 Minuten 2 Millionen” Deal: “Tinte halbtrocken”

In der TV-Show "2 Minuten 2 Millionen" konnte die Gründer von Barkinsulation zwei Investoren dazu bringen, in ihr Startup zu investieren. Wie es um den Deal bestellt ist, erklären die Gründer Bernhard Lienbacher und Marco Morandini im Gespräch mit dem brutkasten. Zudem erzählen von ihren untypischen Methoden, sich auf einen Pitch vorzubereiten.
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Barkinsulation, Rinde, 2 Minuten 2 Millionen, Patronus
(c) Gerry Frank - Das Salzburger Startup Barkinsulation konnte die Puls 4-Juroren von ihrem Getränkekühler "Patronus" überzeugen.

Der Getränkekühler aus Baumrinde von Barkinsulation hat seinen Ursprung in der FH Salzburg. Dort haben Bernhard Lienbacher und Marco Morandini mit der Masterarbeit eine Presstechnik entwickelt, mit der die Isolierfähigkeit von Baumrinde für neue Produkte und Verfahren genutzt werden kann. Daraus entstand ihr Getränkekühler “Patronus”.

+++ 2 Minuten 2 Millionen: Kapital für Styropor-Alternative und faltbare Scheibtruhe +++

Von Salzburg ins Puls 4 Studio

So richtig begonnen habe aber alles mit der Hilfe von Startup Salzburg, wie die Entrepreneure betonen. “Durchstarten konnten wir mit der Aufnahme ins Inkubationsprogramm Factory”, sagt Morandini und Co-Founder Lienbacher ergänzt: “Durch unsere Mentorin Barbara Schenk bekamen wir wertvolle Inputs für unsere Marktstrategie und konnten wichtige Kontakte knüpfen.” Unter anderem soll der Auftritt beim “Startup Salzburg Demo Day” den Weg zu den Investoren von “2 Minuten 2 Millionen” geebnet haben.

Aus zwei mach eins

Just in dieser TV-Show konnten die beiden Gründer ihr Produkt einer großen Öffentlichkeit vorstellen und es den Investoren schmackhaft machen. Ursprünglich wollten Leo Hilinger und Hans Peter Haselsteiner je fünf Prozent Firmenanteile erwerben und dafür jeweils 25.000 Euro investieren. Diesem Deal folgten lange Nachverhandlungen und schlussendlich der Rückzug des Wein-Experten. Was aber der guten Stimmung beim Salzburger Unternehmen keinen Abbruch tat. Bau-Tycoon Haselsteiner sei, den Gründern nach, aus Überzeugung Investor bei ihrem Startup und übernehme zehn Prozent Anteile für 50.000 Euro Kapital.

Deal kurz vor Abschluss

Genauer gesagt, befindet sich dieser Deal noch in finalen Verhandlungen; “Die Tinte ist halbtrocken”, sagt Lienbacher und erklärt, er habe sich bereits über die netten Worte Haselsteiners bei der Sendeaufzeichnung gefreut: “Wir waren nach der Show überglücklich und bestärkt in dem Interesse, die Weiterentwicklung von alternativen Rohstoffen zu forcieren. Um die erdölbasierenden Verpackungs- und Isolationsmaterialien zu substituieren”, sagt er.

Druckluft ins Gesicht und Hammer auf Metall

Für den souveränen Auftritt vor den TV-Kameras haben die beiden Gründer auf unkonventionelle Methoden zurückgegriffen und Qualen ertragen. “Wir haben in unserer Produktionsstätte geprobt. Nachdem mehrfach Fehler aufgrund von Ablenkungen passiert sind, haben wir eine sichere Übungs-Variante gewählt. Bernhard und ich sind in der der Werkstatt gestanden und haben uns gegenseitig versucht absichtlich aus dem Konzept zu bringen. Dazu gehörten unter anderem Geschrei und Telefonanrufe und sogar Hammer auf Metall und Druckluft ins Gesicht. Dies war die Grundlage für unseren störungsfreien Auftritt”, erklärt Morandini lächelnd.

Barkinsulation: Entrepreneurship aus dem Fahrradkeller

Mit dem Investor an der Angel plant Barkinsulation das Kapital zur Entwicklung eines Prototypen und für die Anmeldung des Patents zu verwenden. Aktuell befindet sich die vollautomatische Maschine, die Baumrindenprodukte herstellt, im Fahrradkeller von Lienbachers Haus und produziert 1000 Kühler pro Monat.

Weisses Rössl als Kunde

Ein weiter Weg seit Beginn des Unternehmens. Rinde als Kühler zu erklären, war für die beiden Gründer am Anfang keine einfache Sache: “Wie so häufig haben wir damals sehr viel Aufklärungsarbeit für unseren Rohstoff leisten müssen, um die Kunden zu akquirieren. Nichts desto trotz haben sich einige Unternehmen in Österreich von unseren Produkten überzeugen lassen, darunter das Weisse Rössl am Wolfgangsee, ProHolz Salzburg und Kainz Immobilien”, so die beiden Gründer.

Barkinsulation, Rinde, 2 Minuten 2 Millionen, Patronus
(c) Gerry Frank – Barkinsulation-Gründer Bernhard Lienbacher und Marco Morandini: “In Österreich fallen pro Jahr 1,6 Millionen Kubikmeter Baumrinde an”.

1.6 Millionen Kubikmeter Baumrinde pro Jahr in Österreich

Nun ist es vor allem der ökologische Aspekt, der für Barkinsulation spricht. “Bäume werden zu Tausenden gefällt. Im besten Fall stammen sie aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Ihre Rinde landet als Mulch auf den Beeten oder in der Verbrennungsanlage”, so Lienbacher. “Allein in Österreich fallen pro Jahr 1,6 Millionen Kubikmeter Baumrinde an. Für einen Großteil davon gibt es keine sinnvolle Verwendung. Andere pflanzliche Rohstoffe wie Mais oder Raps müssen erst extra angebaut werden und besetzen so wertvolle Ackerfläche. Rinde hingegen ist einfach vorhanden”.

Neue Geschäftsfelder in Aussicht und Umwelt entlasten

Mit dieser ungewöhnlichen Ressource wurden vom Startup bisher – jene in der Show vorgestellten – Getränkekühler produziert und verkauft. Doch die Anmerkung von Haselsteiner, Rinde als Alternative von Styropor zu sehen, stieß bei den jungen Männern auf offene Ohren. “Demnächst könnten sich für uns weitere, viel größere Geschäftsfelder öffnen. Denn schließlich werden im Online-Versand von Lebensmitteln stoßfeste Verpackungen gesucht, die den Inhalt wohltemperiert halten und zugleich die Müllberge nicht weiter anschwellen lassen”, wissen die Gründer. “Wenn unsere Innovation Schule macht, könnte sich in baldiger Zukunft eine spürbare Entlastung der Umwelt ergeben. Es gibt tausende Einsatzmöglichkeiten für Produkte mit kurzen Lebenszyklen, die sonst ewig im Abfall schmoren und unsere Umwelt vergiften. Baumrinde erweist sich hier als ebenso geniale wie naheliegende Alternative”.

Für den vierten Durchgang der Startup-Factory bewerben

Gründer, die wie Barkinsulation mit einer technologie- oder wissensbasierten Innovation den Markt erobern wollen, können sich derzeit für den vierten Durchgang der Startup Salzburg Factory bewerben. “Das Inkubationsprogramm dauert rund neun Monate, von Juli bis März. Wir verknüpfen Factory-Teilnehmer individuell mit Mentoren aus der Wirtschaft, darüber hinaus gibt es persönliches Coaching, essenzielle Trainings und viel Möglichkeit zur Vernetzung”,  erklärt Lorenz Maschke, Startup-Beauftragter der WKS und Koordinator der Factory. Zudem kann jedes Jungunternehmen eine Förderung von bis zu 25.000 Euro vom Land und von der Stadt Salzburg eine Mietförderung für ein Büro in der Landeshauptstadt erhalten. Einreichen können Gründer noch bis 27. Mai. Die Auswahl erfolgt durch eine Jury im Juni.


Redaktionstipps

⇒ Zur Homepage des Rinde-Startups

⇒ Startup Salzburg Factory/Bewerbung

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Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

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Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith sieht im brutkasten-Interview auch Chancen, die die Krise biete, formuliert aber konkrete Maßnahmen, die dazu nun auf politischer Seite ergriffen werden müssten.


brutkasten: Düstere Prognosen und drastische Appelle stehen aktuell in der Wirtschaftsberichterstattung an der Tagesordnung. Wie beurteilst Du die Situation? Ist sie wirklich so dramatisch?

Johannes Braith: Ich beobachte die Großwetterlage natürlich laufend. Allerdings halte ich es für gut, wenn man sich in seinen daily Operations als Founder nicht zwangsläufig beunruhigen lässt. Gerade Startups sind es gewohnt Krisen zu managen bzw. mit ihnen umzugehen. In manchen Fällen kann dadurch sogar etwas Positives entstehen. Denn Krisen erzwingen oft Veränderungen, welche wiederum oft Chancen beinhalten.

Aber natürlich finde ich es beunruhigend, dass wir, was unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa angeht, so dramatisch den Anschluss verlieren. Ich hoffe, dass der steigende Schmerz dazu führt Regulierungen abzubauen und ein neues Selbstverständnis hinsichtlich Wirtschaft, Startups und Technologie einkehrt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten in Österreich möglichst schnell umgesetzt werden? Was muss unbedingt ins Regierungsprogramm?

Das Thema ist leider ziemlich mühsam, da sehr, sehr gute Vorschläge seit langer Zeit am Tisch liegen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein wichtiger Punkt ist es bestimmt, Risikokapitalgeber zu incentivieren – Stichwort Beteiligungsfreibetrag.

Noch wichtiger wäre es allerdings die Steuern auf Arbeit deutlich zu reduzieren. Wir sind in einer Zeit, in der wir die Extrameile gehen müssen. Das sollte auch belohnt werden. Man könnte z.B. Überstunden steuerlich freistellen, Pensionisten incentivieren, wenn sie in der Rente arbeiten möchten – eventuell gänzlich steuerfrei, oder man kann über Modelle nachdenken, mit denen man Vollzeitarbeit nicht nur ermöglicht (Kinderbetreuung) sondern eventuell auch belohnt.

Generell stelle ich mir die Frage, wie Menschen den Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit wieder zurückerlangen können. In vielen Gesprächen und Beobachtungen sehe ich, dass die Leistungebereitschaft extrem abgenommen hat. Ob das immer durch politische Maßnahmen geheilt werden kann, bezweifle ich. Ich halte viel von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Und was sollte die neue EU-Kommission unbedingt sofort angehen?

Regulierung massiv abbauen. Ich bin mit Storebox mittlerweile in sechs Ländern und mehr als 200 Städten operativ tätig. Es kann ja nicht sein, dass wir gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen vorfinden, die das Prosperieren von Unternhemen extrem erschweren.

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Die Lohnkosten senken, Regulierungen massiv reduzieren und die Zuwanderung hochqualifizierter Personen massiv erleichtern.

Was bräuchte es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse für einen IPO eines Scaleups wie Storebox attraktiv ist?

Große Anschlussfinanzierungen müssen in Europa mit europäischem Kapital getätigt werden, um ab einer gewissen Stage als logischen Schritt einen IPO auch in einem europäischen Heimatmarkt zu forcieren.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Aktuell noch nicht. Ich lebe sehr gerne in Österreich und sehe nicht alles nur negativ. Wir leben in einem tollen Land mit vielen Möglichkeiten, toller Infrastruktur und einigermaßen stabilen Verhältnissen. Die Verwaltung dieses Zustands wird allerdings nicht ausreichen. Es muss gestaltet werden, um den Standort attraktiv zu halten.

Bitte eine Prognose: Abhängig von den Entscheidungen, die in nächster Zeit getroffen werden – was ist das Worst- und was das Best-Case-Szenario für Europa?

Das Worst-Case-Szenario: Die EU zerfällt in unterschiedliche Lager, weil es nicht möglich war, Interessen zu alignen und die großen Hebel zu betätigen. Geopolitisch wäre das eine absolute Katastrophe!

Das Best-Case-Szenario: Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch radikale Maßnahmen wieder hergestellt. Die Menschen spüren eine deutliche Entlastung, haben Perspektiven und glauben an eine bessere Zukunft. Europa wächst weiter zusammen und bleibt ein starker und wichtiger globaler Player.

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