25.07.2017

Auswege aus dem Förderdschungel – Ein Maßnahmenkatalog

Michael Raab hat rund 80 Startups bei der Einreichung von mehr als 120 Förderanträgen betreut. Für den Brutkasten hat er aufgeschrieben, wie die Fördersituation in Österreich mit einfachen Maßnahmen deutlich verbessert werden könnte.
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Österreich kann im Startup-Bereich im internationalen Vergleich besonders mit einem breiten Angebot an öffentlichen Förderungen punkten. Die öffentliche Hand fördert Innovation, F&E sowie Investitionen von Unternehmen gerade in frühen Unternehmensphasen. Das im letzten Jahr beschlossene Startup-Paket sollte hier weitere Anreize setzten. Tatsächlich sind jedoch gerade Startups bei der Beantragung von Förderungen besonderen Herausforderungen ausgesetzt. Das sind etwa der sehr komplexe Prozess der Antragstellung, lange Wartezeiten auf die Zu- oder Absage oder das finanzielle Loch, das entsteht, weil Förderungen erst nach erfolgreichem Projektabschluss ausbezahlt werden. Die meisten Herausforderungen könnten dabei durch geringfügige Adaptionen der jeweils zu Grunde liegenden Richtlinien beseitigt werden.

+++ Abgeschickt und nie angekommen? Sendungsverfolgung des Startup-Pakets der Bundesregierung +++

Beantragung: 200 Stunden für lauter ähnliche Formulare

Die Beantragung von Förderungen ist aufgrund unterschiedlicher Richtlinien der verschiedenen Institutionen und Ausschreibungen außerordentlich komplex und zeitaufwändig. Der Aufwand für ein Basisprogramm erreicht gerade für junge Gründer schnell die 200-Stunden-Marke. Selbst innerhalb der Institutionen unterscheiden sich Richtlinien hinsichtlich der Anrechenbarkeit von Gesellschafterstunden, geförderten Kosten und Formularvorlagen deutlich. Ein Überblick über aktuelle Förderungen auf Bund-, Länder- und Gemeindeebene ist de Facto nicht möglich. Auch der Förderkompass des bmvit (http://www.foerderkompass.at) ist nicht vollständig.

Die Antragsformulare für Zuschüsse und Unternehmen sind rein inhaltlich insgesamt über alle Institutionen und Programme hinweg ähnlich und mit einem ausführlichen Business Plan vergleichbar. Durch Formvorschriften sind Gründer jedoch gezwungen, denselben Inhalt aufwändig auf unterschiedliche Formulare anzupassen. Das ist ein unnötiger Mehraufwand für die antragstellenden Unternehmen.

Beispiel: Ein nicht nachvollziehbarer Unterschied

Im FFG Basisprogramm können pro am Projekt beteiligten Gründer bis zu 60.200 Euro pro Jahr (exklusive Gemeinkosten) als Personalkosten eingereicht werden. Das sind bei vier Gründern bis zu 240.800 Euro. Im FFG AT:net Programm sind es lediglich 60.200 Euro pro Unternehmen und Jahr. Die vier Gründer würden daher, selbst wenn sie alle Vollzeit in dem Projekt arbeiten, insgesamt nur 60.200 Euro an Personalkosten angerechnet bekommen. Gerade in Startups, die vom Arbeitseinsatz der Gründer leben, ist das eine nicht nachvollziehbare Einschränkung.

Lösungsvorschläge

  • Vereinheitlichung der Antragsformulare in der Struktur:
    • Förderungsspezifische Kriterien
    • Projektbeschreibung
    • Businessplan in einheitlicher Vorlage
  • Vereinheitlichung der anrechenbaren internen Personalkosten für am Projekt mitarbeitenden Gesellschafter über Institutionen und Förderprogramme hinweg.

ERP-Kredite: Nur für Investitionen

Das Volumen der Haftungen für geförderte Kredite (AWS/ÖHT) wurde im Rahmen des Startup-Pakets deutlich erhöht. Das einzige Problem: Die ERP-Kredite sind nur für materielle oder immaterielle Investitionen beantragbar, nicht jedoch für Betriebsmitel oder Personalkosten. Daher sind sie in der Regel für IT-Startups nicht abrufbar.

Lösungsvorschlag

  • Generelle Öffnung der ERP Kleinkreditlinie zur Finanzierung von Personal und Betriebsmitteln für Startups

Wartezeit: Keine Prüfung vor Ende des Calls

Die meisten Förderungen sind in Calls organisiert. Das sind zeitlich begrenzte Einreichzeiträume, in denen eine Förderung beantragt werden kann. Während des offenen Fensters werden Anträge teilweise nicht einmal vorab geprüft. Erst nach Schließung des Calls werden die Anträge formal und inhaltlich geprüft und dann der Jury übergeben. Das kann in Extremfällen mitunter zu einem Zeitfenster von bis zu sechs bis neun Monaten zwischen Einreichung und Förderzu- bzw. Absage führen. Für Startups ist das ein nicht tragbarer Zeitraum, in dem das Unternehmen, das auf eine Förderung angewiesen ist, nur bedingt handlungsfähig ist. Das in der Zwischenzeit andere (internationale) Marktteilnehmer ähnliche Ideen voran treiben, ist nur ein resultierendes Risiko.

Beispiele: Nach einem halben Jahr noch mehr als 200 offene Anträge

FFG AT:net – 12. Ausschreibung 2016

  • Einreichfrist von Oktober 2015 bis Februar 2016
  • Übermittlung der Förderzusage: 12.5.2016
  • Eine Einreichung im Oktober hätte daher erst rund acht Monate später eine Zu-/ Absage bekommen

Startup-Einreichung bei AWS pre-seed

  • Einreichung 20.4.2016
  • Ablehnung formal am 6.10.2016

AWS Risikokapitalprämie

  • Einreichung Anfang Jänner 2017
  • Zusagen derzeit noch immer nicht vollständig versandt (aktuell mehr als 200 offene Anträge)

Lösungsvorschläge

  • Formale Vorabprüfung von Anträgen bereits während der laufenden Einreichfrist
  • Umstellung auf eine laufende Einreichmöglichkeit bei den zentralen Startup-relevanten Programmen mit regelmäßigen Jurysitzungen (z.B. monatlich) wie dies beim FFG Basisprogramm bereits übliche Praxis ist.
Redaktionstipps

Restfinanzierung: Eigenleistung der Gründer oft nicht anerkannt

Gerade die Restfinanzierung von eingereichten Projekten stellt für Early Stage-Startups eine zentrale Hürde dar. Förderungen werden zum überwiegenden Teil für innovative Produktentwicklungen gewährt. Business Angels wollen in den meisten Fällen einen Protoypen sehen, bevor sie in ein Startup investieren. Hier entsteht daher eine zeitliche Lücke, in der eine fehlende Förderung für die Protoypentwicklung auch die Aktivierung von Risikokapital verhindert.

Für die notwendige Restfinanzierung wird bei dem Großteil der Förderprogramme die Eigenleistung der Gründer nicht berücksichtigt. Gerade in Startups besteht der Großteil der eingereichten Projektkosten aus den Stunden der Gründer. Hier wird also eine Situation geschaffen, in der Gründer die Barmittel zur Bezahlung der eigenen Stunden nachweisen müssen, um diese dann gefördert zu bekommen.

Beispiel

Einreichung FFG Basisprogramm (realitätsnahes Berechnungsbeispiel)

  • Projektkosten 300.000 Euro
  • Davon rund 220.000 Euro in Form von 5000 Stunden der Gründer zu je 43,75 Euro (pauschal) sowie
  • 80.000 Euro an externen Kosten
  • Gefördert werden 70 Prozent der Projektkosten, also 210.000 Euro
  • Die Gründer müssen 90.000 Euro an Restfinanzierung in Form von Barmitteln darstellen, obwohl alle externen Kosten plus 130.000 Euro für eigene Stundenleistungen gefördert würden.

Lösungsvorschläge

  • Die Eigenleistung in Form von Stunden der Gesellschafter von Startups sollen als Restfinanzierung anerkennbar sein.
  • Die Wirtschaftsagentur Wien handhabt dies bereits für Gesellschafter ab einem Prozent Unternehmensanteil entsprechend.

Nachschüssige Förderungen: komplette Kosten vorfinanzieren

Hand in Hand mit dem Thema Restfinanzierung gehen nachschüssige Förderungen. Das sind Förderungen, die erst nach erfolgreichem Projektabschluss ausgezahlt werden. Das bedeutet, dass Startups die kompletten Projektkosten vorfinanzieren müssen. Hierbei handelt es sich um eine ausgesprochene Hürde gerade für Jungunternehmen, die in der Regel keine Zwischenfinanzierung von Banken bekommen.

Beispiele: Geförderte Lohnnebenkosten erst am Ende des Jahres zurück

Wirtschaftsagentur Wien Dienstleistungsaktion

  • Gefördert werden 35 Prozent der Projektkosten, jedoch erst nach Projektabrechnung, Prüfung und Audit. Ein Prozess, der mitunter mehrere Monate dauern kann (siehe nächster Abschnitt)

Lohnnebenkostenförderungen:

  • Gefördert werden verschiedene Prozentsätze (zwischen 100 und 33 Prozent, je nach Jahr und Programm) der tatsächlich bezahlten Lohnnebenkosten ausgehend von den Jahreslohnkonten im Nachhinein.
  • Das bedeutet, dass Startups trotz einer Förderzusage die vollen Lohnnebenkosten für bis zu drei MitarbeiterInnen des ganzen Jahres begleichen müssen.

Lösungsvorschläge

  • Automatischer Abzug der Lohnnebenkosten-Förderung über die monatliche Personalverrechnung ermöglichen (natürlich inklusive genauer Kontrollen auf Jahresbasis)
  • Generelle Umstellung auf Akontozahlung bei Projektbeginn von zu mindestens 50 Prozent des gewährten Zuschusses für Startups wie etwa beim FFG Basisprogramm bereits üblich.

Dauer bis zur Auszahlung: existenzbedrohende Wartezeit

Selbst wenn eine Förderung gewährt wurde, verzögern sich die Auszahlungen der Gelder teilweise bis zu sechs bis acht Monate. Für bestehende mittelständische Unternehmen ist das bereits eine Belastung. Für Startups kann eine solche Verzögerung existenzbedrohend sein.

Beispiele: Verfahren wegen Mitarbeiterwechsel nach vier Monaten neu aufgerollt

AT:net, 12. Ausschreibung

  • Einreichung der Zwischenabrechnung für 60.000 Euro Zuschuss am 31.1.2017.
  • Auszahlung Ende Juli 2017 noch immer nicht erfolgt.
  • Drei weitere bekannte Fälle in derselben Ausschreibung

Wirtschaftsagentur Wien – creative_project

  • Erstmalige Einreichung der Endabrechnung zur Abrechnung von 75.000 Euro Zuschuss Mitte Dezember 2016
  • Auszahlung Ende Juli 2017 noch nicht erfolgt.
  • In diesem Fall mussten außerdem mehrmals bereits übermittelte Unterlagen erneut gesendet werden. Nach einem Mitarbeiterwechsel wurde das Abrechnungsverfahren nach viermonatiger Bearbeitungszeit erneut von vorne aufgerollt.

Lösungsvorschlag

  • Gerade bei Zwischenabrechnungen Umstellung auf automatische Auszahlung der bereits zugesagten Teiltranchen mit parallelem Prüfungsverfahren für Startups.

Conclusio: kleine Änderungen – große Wirkung

Die skizzierten Lösungsvorschläge könnten einen signifikanten Beitrag zur Unterstützung der heimischen Startup-Szene leisten und Österreich damit noch stärker als Innovationsstandort am internationalen Markt etablieren. Dazu bedarf es, wie gezeigt, meist keiner großen Umwälzungen. Einerseits sind es Änderungen in den Regelungen, die dann auch in der Bearbeitung keinen erheblichen Mehraufwand darstellen würden. Andererseits sind es Änderungen in der Handhabung der Prozesse durch die Fördergeber, die sich im Hinblick auf die dann gesteigerte Effizienz definitiv auszahlen würden.

+++ Vergaberecht: “Startups! Versteckt euch nicht vor öffentlichen Aufträgen” +++


Die genannten Herausforderungen und Lösungsvorschläge resultieren aus Erfahrungen, die Michael Raab mit seiner Firma Minted gemacht hat. Inzwischen hat er rund 80 Startups aus den Bereichen IKT, IoT, FinTech und anderen bei der Einreichung von mehr als 120 Förderanträgen bei der AWS, FFG, der Wirtschaftsagentur Wien und der ÖHT betreut. Darunter waren etwa JobRocker, Baningo und Bitpanda, die jeweils sechsstellige FFG AT:net-Förderungen erhalten haben. Ab August 2017 wird Michael Raab in einem monatlichen Förderblog auf startablish.at Tipps und Tricks zum Thema Förderungen in Österreich verraten.

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KI in Europa: “Müssen aggressiv reingehen, um unseren Wohlstand zu halten”

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Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala
Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.


Wo stehen wir wirklich, was die Adaption von künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft angeht? Diese Frage zu beantworten war eines der Ziele der Serie “No Hype KI“, die brutkasten anlässlich des zweijährigen Bestehens von ChatGPT gestartet hat. Die ersten fünf Folgen beleuchten unterschiedliche Aspekte des Themas und lieferten eine Bestandsaufnahme.

Im Staffelfinale, der sechsten Folge, war der Blick dann in Richtung Zukunft gerichtet. Dazu fanden sich die Österreich-Chefs von Microsoft und IBM, Hermann Erlach und Marco Porak, sowie Nagarros Big Data & AI Practice Lead für Central Europe, Peter Ahnert, und KI-Expertin Jeannette Gorzala, die auch Mitglied des KI-Beirats der österreichischen Bundesregierung ist, im brutkasten-Studio ein.

“Der Hype ist weg und das ist eine gute Sache”

Eine der Erkenntnisse der Serie: Unternehmen und Institutionen verabschieden sich von überschwänglichen Erwartungen und sehen sich stattdessen an, wie KI tatsächlich in der Praxis eingesetzt wird. „Der Hype ist weg und das ist eine gute Sache, weil jetzt kann man auf den Use Case gehen“, sagt Hermann Erlach, General Manager von Microsoft Österreich, im Videotalk. Er vergleicht den aktuellen Reifegrad von KI mit dem Beginn einer langen Reise: „Wenn ich so eine Reise angehe, dann brauche ich ein Ziel, einen Plan und Mitreisende. Alleine macht das wenig Spaß.“

Auch Marco Porak, General Manager von IBM in Österreich, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Er sieht das abgelaufene Jahr als eine Phase der Erkenntnis. Den Status Quo bei KI in Österreichs Unternehmen beschreibt er im Talk folgendermaßen: “Wir haben allerorts sehr viel ausprobiert, sind vielleicht da und dort auf die Nase gefallen”. Gleichzeitig habe es auch “schöne Erfolge” gegeben. Für Porak ist klar: “Die Frage der Stunde lautet: Wie machen wir jetzt von hier weiter?“

AI Act: “Jetzt müssen wir ins Tun kommen”

Ein großes Thema dabei ist der AI Act der EU. Jeannette Gorzala, Gründerin von Act.AI.Now, plädiert für eine pragmatische Haltung gegenüber der EU-Verordnung: “Der AI-Act ist ein Faktum, er ist da. Jetzt müssen wir ins Tun kommen.” Sie sieht in dem Regelwerk einen Wegweiser: “Wir müssen die entsprechenden Kompetenzen aufbauen und die Möglichkeiten nutzen, die diese Regulierung bietet. Das ist der Reiseplan, den wir brauchen.”

Auch Marco Porak sieht den AI Act positiv: „Er hat nicht die Algorithmen reguliert, sondern gesagt, was wir in Europa gar nicht wollen, etwa Sozialpunktesysteme oder Gesichtserkennung in Echtzeit.“ So entstehe für Unternehmen im globalen Wettbewerb ein Vorteil, wenn sie ihre KI-Anwendung nach europäischen Maßstäben zertifizieren lassen: „Das ist wie ein Gütesiegel.“

“Müssen positiv aggressiv reingehen, um unseren Wohlstand zu halten”

Hermann Erlach von Microsoft bezeichnet den Ansatz des AI Act ebenfalls als “gut”, betont aber gleichzeitig, dass es jetzt auf die Umsetzung von KI-Projekten ankomme: “Wir haben eine Situation, in der jedes Land an einem neuen Startpunkt steht und wir positiv aggressiv reingehen müssen, um unseren Wohlstand zu halten.”

Peter Ahnert sieht dabei auch ein Problem in der öffentlichen Wahrnehmung: KI werde tendenziell nicht nur zu klein gedacht, sondern meist auch in Zusammenhang mit Risiken wahrgenommen: “Es werden die Chancen nicht gesehen.” Woran liegt es? “Zu einem erheblichen Teil daran, dass noch zu wenig Bildung und Aufklärung an dem Thema da ist. In Schulen, in Universitäten, aber auch in Unternehmen und in der öffentlichen Hand.” Hier müsse man ansetzen, sagt der Nagarro-Experte.

Jeannette Gorzala sieht das ähnlich: “Bildung und Kompetenz ist das große Thema unserer Zeit und der zentrale Schlüssel.” Verstehe man etwas nicht, verursache dies Ängste. Bezogen auf KI heißt das: Fehlt das Verständnis für das Thema, setzt man KI nicht ein. Die Opportunitätskosten, KI nicht zu nutzen, seien aber “viel größer” als das Investment, das man in Bildung und Governance tätigen müssen. “Natürlich ist es ein Effort, aber es ist wie ein Raketenstart”, sagt Gorzala.

IBM-Programm: “Die Angst war weg”

Wie das in der Praxis funktionieren kann, schilderte IBM-Chef Porak mit einem Beispiel aus dem eigenen Unternehmen. IBM lud weltweit alle Mitarbeitenden zu einer KI-Challenge, bei der Mitarbeiter:innen eigene KI-Use-Cases entwickelten, ein – mit spürbaren Folgen: “Die Angst war weg.” Seine Beobachtung: Auch in HR-Teams stieg die Zufriedenheit, wenn sie KI als Assistenz im Arbeitsablauf nutzen. “Sie können sich auf die komplexen Fälle konzentrieren. KI übernimmt die Routine.”

Microsoft-Chef Erlach warnt auch davor, das Thema zu stark unter Bezug auf rein technische Skills zu betrachten: “Die sind notwendig und wichtig, aber es geht auch ganz viel um Unternehmens- und Innovationskultur. Wie stehen Führungskräfte dem Thema AI gegenüber? Wie steht der Betriebsrat dem Thema AI gegenüber?”, führt er aus.

Venture Capital: “Müssen in Europa ganz massiv was tun”

Soweit also die Unternehmensebene. Einen große Problemstelle gibt es aber noch auf einem anderen Level: Der Finanzierung von Innovationen mit Risikokapital. “An der Stelle müssen wir in Europa ganz massiv was tun”, merkte Ahnert an. Er verwies auf Beispiele wie DeepMind, Mistral oder Hugging Face, hinter denen jeweils europäische Gründer stehen, die aber in den USA gegründet, ihre Unternehmen in die USA verkauft oder zumindest vorwiegend aus den USA finanziert werden.

Der Nagarro-Experte verwies dazu auf eine Studie des Applied AI Institute, für die Startups aus dem Bereich generative KI zu den größten Hürden, mit denen sie es zu tun haben, befragt wurden. “51 Prozent haben Funding genannt. Weit abgeschlagen an zweiter Stelle mit 24 Prozent erst kam die Regulierung und unter 20 Prozent waren Themen wie Fachkräftemangel oder Zugang zu Compute Power.” Ahnerts Appell: “Bei dem Thema Finanzierung müssen wir was tun, damit wir in der nächsten Welle an der Spitze sind.”

Erlach: Adaption entscheidend

Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: “Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.” Die wichtigere Frage sei also: “Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?”

Marco Porak ergänzt: “Ganz, ganz wesentlich ist Mut. Ganz, ganz wesentlich ist unsere kulturelle Einstellung zu dem Thema.” Man müsse die Chancen sehen und weniger das Risiko. In der Regulatorik könne man dies begleiten, indem man Anreize schafft. “Und ich glaube, wenn wir das als Österreich mit einem großen Selbstbewusstsein und auch als Europa mit einem großen Selbstbewusstsein machen, dann haben wir in fünf Jahren eine Diskussion, die uns durchaus stolz machen wird.”


Die gesamte Folge ansehen:


Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?”

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?”

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”

Folge 5: Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI

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