13.08.2021

„Vielleicht ein guter Weg“: Argentiniens Präsident flirtet mit Bitcoin

Argentinien wird seit jeher von Inflation geplagt. Der Präsident des Landes hat jetzt tatsächlich Bitcoin ins Auge gefasst. Aus der Notenbank kommt Widerstand.
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Bitcoin und Argentinien
brutkasten-Kolumnist Nikolaus Jilch | Hintergrund © Adobe Stock

Als El Salvador als erster Staat der Welt bekannt gab, Bitcoin zur Landeswährung zu erklären, kam sofort die Frage: Wer ist der nächste? Südamerikanische Länder sind oft von hoher Inflation geplagt – und es kam rasch zu Meldungen von Politikern und Parlamentariern aus anderen Gegenden der Region, etwa aus Paraguay. Aber diese Stimmen hatten meist kein Gewicht.

Jetzt kommt wieder Bewegung rein. Alberto Fernandez ist der Präsident Argentiniens. Ein Land, in dem die Geldentwertung zum Alltag gehört. Ich habe selbst dort gewohnt und erlebt, wie täglich steigende Preise aussehen. Mit jeder Pizza-Bestellung gab es eine neue Speisekarte mit höheren Preisen. Und das war in einer Zeit relativer Stabilität. Aber die ist längst vorbei.

Der Peso hat alleine in den vergangenen fünf Jahren fast 600 Prozent gegenüber dem Euro verloren. Das ist extrem heftig. Und da ist es kein Wunder, dass auch der Präsident Argentiniens nach Lösungen sucht.

„Es gibt keinen Grund, ‚nein‘ zu sagen“

In einem Fernsehinterview wurde Fernandez jetzt gefragt, ob er es El Salvador nachmachen und Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel zulassen will. Seine Antwort ist diplomatisch und zurückhaltend, aber vielsagend: „Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Aber es gibt auch keinen Grund, ‚nein‘ zu sagen.“

Im Jahr 2019 lag die offizielle Inflationsrate in Argentinien bei 55 Prozent. Im Jahr darauf wurde sie auf „nur“ 35 Prozent gedrückt – und Fernandez sagt in dem Interview, dass er hoffe, sie dort zu halten. In der Praxis bedeutet das für die Argentinier eine weitere, massive Entwertung ihrer Geldvermögen. Dass dank der Gelddruckprogramme der Notenbanken überall die Preise anziehen und wir es auch im an sich stabilen Europa jetzt merken, kommt dazu. Das ist ein zusätzlicher Druck, den Argentinien verkraften muss.

Fernandez sagt weiter zu Bitcoin: „Es heißt, dass die Inflation so ausgeschaltet werden kann.“ Bitcoin sei „vielleicht ein guter Weg“, so der Präsident Argentiniens. Er schränkt sich selbst aber ein und spricht von Bitcoin als junges System, bei dem Vorsicht angebracht werde. Viele Leute hätten „Sorgen“, so Fernandez.

Notenbankchef naturgemäß kein Fan von Bitcoin

Einer dieser Leute ist der Notenbankchef des Landes, Miguel Pesce. Er will Bitcoin lieber heute als morgen regulieren und sieht eine „Gefahr für die finanzielle Stabilität“ Argentiniens.

Dazu muss man wissen, dass die Argentinier ihre Notenbank schon seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten nicht mehr ernst nehmen. Ganze Regionen arbeiten mit selbst gestalteten Währungs- und Tauschsystemen. Wer kann, unterhält ein Dollar-Konto für größere Ausgaben. Dass der Notenbankchef eines Landes mit derart galoppierender Inflation überhaupt von „finanzieller Stabilität“ redet, ist ein Hohn. Die Argentinier hören da gar nicht mehr zu. Sie leiden nämlich nicht nur unter Inflation, sondern auch unter Kapitalverkehrskontrollen. Bei beidem kann Bitcoin helfen. Deswegen ist Bitcoin-Mining in Argentinien schon länger sehr populär.

Günstige Energie für Miner in Argentinien

Die argentinischen Bitcoiner nutzen den Staat und seine Politik voll aus. Denn wegen der permanenten Inflation werden die Energiepreise durch staatliche Regeln und Subventionen stark gedrückt. Das bedeutet einen überdurchschnittlich guten Gewinn für die Miner. Sie werden sich durch die Aussagen des Präsidenten bestätigt fühlen.

Argentinien wäre tatsächlich das perfekte Land für Bitcoin. Aber anders als El Salvador hat man eine eigene Währung und mit Widerstand aus der Notenbank ist zu rechnen. Fernandez wird garantiert nichts überstürzen. Aber dass er drüber spricht und sich offen zeigt, ist ein sehr, sehr interessantes Signal.

Zum Autor

Niko Jilch ist Wirtschaftsjournalist, Speaker und Moderator. Nach acht Jahren bei der „Presse“ ging er Ende 2019 zum Thinktank „Agenda Austria“, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter die Bereiche „Geldanlage und digitale Währungen“ abdeckt, sowie digitale Formate aufbaut, etwa einen neuen Podcast. Twitter: @jilnik


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Memorandum of Understanding, Startup-Allianz, Innovation, Wien, Rio
(c) Stock.Adobe/mRGB/ IrynaV - Wien und Rio kooperieren künftig.

Mit der Unterzeichnung eines „Memorandum of Understanding“ zwischen den Startup- und Innovations-Ökosystemen aus Wien und Rio de Janeiro sollen eine wirtschaftliche Brückenbau-Funktion in Gang gesetzt und interkontinentale Perspektiven zwischen Europa und Südamerika ermöglicht werden.

Erstes “Memorandum of Understanding” außerhalb portugiesischsprachiger Welt

“Dies ist das erste von Rio de Janeiro unterfertigte ‘Memorandum of Understanding’ außerhalb der portugiesischsprachigen Welt. Wir öffnen damit eine wirtschaftliche Pforte in die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas. Eine Marktchance, von der die zahlreichen innovativen Wiener Startups und Technologieunternehmen in ihrem Wachstumsbestreben nur profitieren können”, erklärt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke.

Die Idee zu dieser Allianz startete vor rund vier Wochen während eines Besuchs einer Expert:innendelegation der Wirtschaftsagentur Wien in Rio de Janeiro: “Wien und Rio de Janeiro verbindet nun offiziell der Wille, die wirtschaftliche Zusammenarbeit auszubauen und den Dialog zu vertiefen”, sagt Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien. “Ähnlich wie bei uns sind auch in Rio de Janeiro die Kreativwirtschaft und die Biotech-Branche von großer Bedeutung für den Standort und wir erwarten uns hier einen regen wirtschaftlichen Austausch.”

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Zu einem der künftigen Schwerpunkte zählt die Zusammenarbeit der internationalen Startup-Festivals der beiden Städte: Konkret geht es um die von der Wirtschaftsagentur Wien initiierte ViennaUP und um den WebSummit in Rio.

“Wir sehen auch hinsichtlich einer engeren Kooperation während unserer Festivals großes Potential. Diese Veranstaltungen bieten aufstrebenden Jung-Unternehmer:innen beider Städte die internationale Bühne, die sie für eine Weiterentwicklung ihrer Ideen und Produkte benötigen”, glaubt Hanke.

Das zwischen Wien und Rio de Janeiro abgeschlossene “Memorandum of Understanding” ist bereits die vierte Vereinbarung in den letzten zwölf Monaten, die die Hauptstadt getroffen hat. Ähnliche Übereinkommen wurden zuvor bereits mit Bangkok, Shanghai und Shenzhen vereinbart.

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