21.05.2019

“2 Minuten 2 Millionen”: Gegen den Strom surfen und Konkurrenz für Lego

Beim Finale der aktuellen Staffel von "2 Minuten 2 Millionen" gab es eine Idee, die das Surfen flussaufwärts ermöglichen soll. Zudem zeigten Gründer ihr IoT-Konzept für eine verbesserte Kommunikation in der Gastronomie und den Versuch, einen Spielstein "Made in Austria" am Spielzeugmarkt zu etablieren.
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c) Gerry Frank - Alexander und Erich Kolin mit ihrer Erfindung, dem er-Stone.

Den Anfang im diesjährigen Staffelfinale von “2 Minuten 2 Millionen” machte Friedrich Prötsch-Jechtl. Mit seinem Startup My3DPhoto bietet er Fotos in 3D-Optik. Der Jungunternehmer verbindet dabei zwei verschiedene Technologien: 3D-Fotomodellierung und 3D-Gipspulverdruck. Die Bilder werden nach dem Druck per Hand modelliert. Der Gründer wollte für 200.000 Euro Investment 26 Prozent Anteile haben.

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Ein modernes Handwerk

Ein Foto zu modellieren dauert zwei Stunden, was die Jury anfangs etwas irritierte. Der Gründer entgegnete, er stehe mit einer Einrichtung in Kontakt, um in Zukunft eine KI diese zeitintensive Arbeit übernehmen zu lassen. Auch wenn er bereits erste Fotos verkauft habe, suche er nun einen Partner, der ihm beim Vertrieb unterstützend zur Seite stehe, erklärte der Founder. Bau-Tycoon Hans Peter Haselsteiner nannte die Arbeit des Unternehmers ein modernes Handwerk, sah jedoch keinen Business-Case darin.

Richtigen Partner finden

Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner gefiel die Idee ebenfalls, er empfahl aber einen Partner zu finden, der ihm besser helfen könne. Nachhaltigkeits-Experte Martin Rohla schloss sich den Vorrednern an und meinte, es mangele an Skalierbarkeit. Er wolle aber anderweitig helfen, wenn möglich. Auch Media-Shop-Chefin Katharina Schneider fiel keine direkte Anwendung für das Produkt ein. Wein-Papst Leo Hillinger kritisierte – wie so oft – die Bewertung der Firma und konnte auf Nachfrage und “schweren Herzens” kein Gegenangebot liefern, da die Idee – so Hillingers Vermutung – nicht patentierbar sei. Und Haselsteiner gab nach der Absage aller Investoren noch den Tipp, sich einen im “Fach befindlichen” Partner zu suchen, der viele Kunden erreiche. Kein Deal.

(c) Gerry Frank – Friedrich Prötsch-Jechtl erzeugt mit 3D-Fotomodellierung und 3D-Gipspulverdruck 3D-Bilder.

Gegen den Strom surfen bei “2 Minuten 2 Millionen”

Die Zweiten auf der Bühne von “2 Minuten 2 Millionen” waren Michael Strobel und Livia Wöll. Mit Up Stream Surfing bieten die Startup-Gründer die Möglichkeit, auf Flüssen stromaufwärts zu surfen. Das System verbraucht dabei keine Energie und arbeitet über einen Kabelzug, sowie über die Kraft der jeweiligen Flussströmung. Der aufblasbare Schwimmkörper mit Unterwassersegel wird durch die Strömung abgetrieben, am anderen Ende des Kabelzugs kann so der Surfer durch diese Kraft flussaufwärts surfen. Die Unternehmer verkaufen als zusätzliche Einnahmequelle Surf-Sessions mit zwei Coaches inklusive Equipment und wollten für ihre Idee 85.000 Euro Investment für zehn Prozent Anteile.

Wettbewerb zwischen den Investoren

Man denke an, die patentierte Erfindung in Zukunft als Franchise-System zu etablieren, erklärte das Gründer-Duo. Zuvor müssten sie jedoch weitere Standorte, an denen man Up Stream Surfing anbiete, aufbauen. Die Investoren hatten allerdings ein Problem mit dem prognostizierten und geringen Umsatz von 54.000 Euro pro Sommer pro Standort. Rohla bot dennoch 100.000 Euro für 25,1 Prozent, da er “den riesigen Markt” erkennen würde. Auch Haselsteiner klinkte sich ein und wartete mit einem dreigeteilten Investment mit Optionsfristen auf: 50.000 für zehn Prozent sofort, weitere 50.000 Euro für nochmal zehn Prozent etwas später und schließlich 25.000 Euro für 5,1 Prozent. Daraufhin betonte Rohla, dass sein Kapital nicht an Bedingungen gebunden wäre. Die Gründer entschieden sich dennoch für den Baulöwen. Deal!

(c) Gerry Frank – Michael Strobel und Livia Wöll überzeugten gleich zwei Investoren mit ihrer Idee des “upstream surfing”.

Mit der Tube den Kellner rufen

Der dritte Auftritt bei “2 Minuten 2 Millionen” gebührte Clemens Schöpf und Markus Arzl. Die Tiroler haben mit Ledovation eine Idee entwickelt, um das Service in der Gastronomie per “touch for service” zu verbessern. Die dazugehörigen “Service-Tubes” stehen auf dem Tisch und senden durch Berührung ein Signal an die zuständige Servicekraft. Der Kellner oder die Kellnerin sieht dann den Servicewunsch auf dem Tablet per App oder auf der Smartwatch. Der Tube könne zudem, an den Kunden angepasst, individualisiert (mit Logo, Werbung) werden, sagen die Gründer. Die anonymen Daten, die bei Ledovation-Nutzung abfielen, könnten laut Founder über die Cloud für neuartige Applikationen in der Gastronomie benützt werden. Für die erweiterte Markteinführung der “IoT-Plattform” wollten die Gründer 125.000 Euro für zehn Prozent Beteiligung.

Gastronomie goes digital?

Besonders Gschwandtner zeigte sich interessiert an der Hardware. Er sagte, man müsse in die Zukunft sehen, wie sich der Gastronomie-Bereich entwickeln würde. Physische Karten seien in Teilen Asiens nicht mehr vorhanden – man würde die Speisekarte per QR-Code am Smartphone erhalten. Er und Hillinger wären der Meinung, dies würde auch in Österreich bald Einzug halten. Rohla hob die zusätzliche Möglichkeit der Tisch-Beleuchtung (mit Umgebungslicht-Sensor) des Produkts hervor, der sich dem Wunsch des jeweiligen Gastes anpasse.

(c) Gerry Frank – Beim Startup Ledovation handelt es sich um Service-Tubes, die durch Berührung ein Signal an die zuständige Servicekraft senden.

In Hillingers Bars

Traditionelle Ansichten, wie sich ein Restaurant-Besuch gestalten soll, und weitere Sorgen zwecks tatsächlicher Nutzung des Produkts ließen jedoch trotz Interesse vier Investoren schnell aussteigen. Winzer Leo Hillinger blieb über und bot an, dass er Ledovation in seinen Wein-Bars ausprobieren würde. Danach könne man nochmal über etwaige Investitionen reden. Kein Deal für die Tiroler.

Stein als Alternative zu Lego?

Den vorletzten Auftritt des Staffelfinales von “2 Minuten 2 Millionen” hatten Erich und Alexander Kollin. Sie haben einen Spielstein erfunden, der durch mehrere Verzahnungen mit anderen seiner Art zusammengesteckt werden kann. Bereits bei zwei Spielsteinen sollen so bis zu 400 Möglichkeiten entstehen, zu bauen. Die Gründer forderten für ihr Unternehmen er-Stone 300.000 Euro für 15 Prozent Anteile.

Kontakt zu myToys

Bisher wurden zwei Millionen von den “Gebrauchsmuster-geschützten” Steinen verkauft. 1850 Institutionen wie Kindergärten oder Schulen würde die drei Arten von Steinen, die es gibt (gerade, rund und flach-elastisch), bereits einsetzen – was hierzulande einem Marktanteil von 20 Prozent entspreche. Schneider sah große Konkurrenz am Markt, etwa bei Lego, lobte aber das Produkt. Die Gründer betonten, ihr Ziel wäre nicht der Einzelhandel, sondern die Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Mitten in einer Fragerunde von Haselsteiner meldete sich plötzlich Daniel Zech zu Wort, der heuer mit 7 Ventures wieder Media-Budget verteilt. Er meinte, sein Unternehmen wäre an der Spielwaren-Plattform myToys beteiligt. Dies wäre für er-Stone eine gute Möglichkeit einen Vertriebsweg nach Deutschland aufzubauen, so der Investor. Später könne man noch über weitere Schritte reden. Die Gründen nahmen dankend an und hofften weiterhin auf ein Investment.

“Wozu über Startups reden?”

Nachdem alle anderen Jury-Mitglieder ausgestiegen waren, bot Haselsteiner schlussendlich 100.000 Euro für zehn Prozent. Zudem forderte er erneut zweit weitere Options-Schritte zu den selben Konditionen. Also insgesamt: 300.000 Euro für 30 Prozent. Er nannte es ein Risiko-Investment, meinte aber “wenn man so etwas nicht unterstütze, wozu über Startups reden?”. Nach kurzen Unstimmigkeiten, ob man annehmen solle, sagte die beiden Gründer Haselsteiner zu.

Wenn Babies essen…

Den Abschluss des sechsten Staffelfinales von “2 Minuten 2 Millionen” bildete Babynator von Marcus König. Hierbei handelt es sich um eine selbsthaftenden Platzmatte mit integriertem kindersicheren Verschluss – für die Montage unterschiedlicher Gefäße wie Teller oder Schüsseln. Damit möchte der Erfinder das Kinder-Esslern-System revolutionieren und für weniger Dreck im Haushalt sorgen. Das Geschirr ist in verschiedenen Größen und Farben erhältlich. Neben der einfachen Platzmatte hat das Unternehmen auch ein eigenes Lätzchen entwickelt. Zudem seien alle Teile des Babynators spülmaschinenfest, BPA- und PVC-frei. König forderte 150.000 Euro für 12 Prozent Beteiligung.

(c) Gerry Frank – Erfinder Marcus König versucht mit Babynator das Füttern von Babys weniger chaotisch zu gestalten.

Absagen und Ticket

Haselsteiner und Hillinger zweifelten an der Möglichkeit, mit der Idee Kapital zu generieren und stiegen, so wie Gschwadntner und Rohla aus. Am Ende blieb Schneider über, die sich überzeugt zeigte, dass es für die Idee einen Markt gebe. Dennoch blieb König ohne Investment, da der Investorin die Bewertung zu hoch erschien. Als alles verloren schien, trat Markus Kuntke, Trend- und Innovationsmanager der REWE-Gruppe, auf den Plan. Zum Abschluss von Staffel sechs überreichte er dem Gründer das Bipa-Startup-Ticket und sorgte so beim letzten Pitch dieser Season für ein erfreutes Gesicht.


⇒ Up Stream Surfing

⇒ Ledovation

⇒ My3DPhoto

⇒ er-Stone

⇒ Babynator (HP im Aufbau)

⇒ Puls 4/2Min2Mio

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“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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