13.07.2016

Hub London: Nach erstem Brexit-Schock herrscht schon wieder Optimismus

Der Brutkasten hat zwei Österreichische Founder in London, Bernhard Niesner von Busuu und Paul Varga von Playbrush, zum Brexit befragt. Beide hatten sich aktiv für die "Remain"-Kampagne engagiert. Doch schon kurz nach dem "Leave"-Votum ist bei beiden von Pessimismus keine Rede mehr.
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(c) fotolia.com - Andrey Kuzmin

Der Morgen des 24. Juni wird Bernhard Niesner von Busuu in Erinnerung bleiben. Wie Millionen andere Menschen auf der Welt erfährt er in der Früh aus den Medien das Ergebnis des britischen EU-Referendums: Das Vereinigte Königreich wird die Union verlassen. Gleich am Vormittag beruft er ein “All Hands Meeting” ein. Seine Aufgabe als CEO mit internationalem Team: Beruhigen, obwohl er persönlich geschockt ist. “Ich habe gleich allen gesagt, keiner muss die Koffer packen, keiner verliert jetzt den Job”, erzählt Niesner.

+++ Dossier: Hub London +++

Einen Weg um die politischen Entscheidungen herum finden

Wie viele in der Londoner Startup-Community, hatte auch er sich im Vorfeld aktiv für die “Remain”-Kampagne engagiert. Dasselbe gilt für Paul Varga von Playbrush. Er war sogar Mitinitiator einer medial erfolgreichen Social-Media-Kampagne von EU-Bürgern, die unter dem Hashtag #hugabrit die Briten mit Umarmungen zum Verbleib bewegen wollte – wie sich herausstellte, vergeblich. Trotzdem betrachtet er den Brexit schon nach kurzer Zeit sehr nüchtern: “Ich bin natürlich nicht super happy über den Brexit, aber unsere Aufgabe ist es sowieso, einen Weg um die politischen Entscheidungen herum zu finden”, sagt er trocken.

“London bleibt Startup-Haupstadt Europas”

© busuu: Bernhard Niesner (l.) mit Co-Founder Adrian Hilti
© busuu: Bernhard Niesner (l.) mit Co-Founder Adrian Hilti

Inzwischen würden in der Londoner Startup-Szene “Trotz und Optimismus” überwiegen, so Varga. Langfristig erwartet er keine groben Probleme. Niesner erklärt den Optimismus mit den Rahmenbedingungen, die sich durch den Brexit nicht ändern. So sei London bereits seit Jahren die Startup-Hauptstadt Europas, weil die Firmengründung besonders einfach sei und es Steuererleichterungen für Startups und Business Angels gebe. Und Brexit hin oder her – die Regierung in London wolle diese Position aufrechterhalten oder sogar weiter verstärken. So kam etwa kurz nach dem Votum die Senkung der Corporate Tax auf 15 Prozent.

Bernhard Niesner, Busuu: “London wird immer eine der großen kosmopolitischen Städte der Welt sein”

Situation könnte nach Brexit sogar einfacher werden

Mit 1,5 Millionen Menschen in der digitalen Wirtschaft habe das Vereinigte Königreich einen riesigen Talente-Pool. Durch ein Punktesystem für qualifizierte Leute aus der EU, das nun diskutiert wird, könne die rechtliche Situation für diese nach dem Brexit vielleicht sogar einfacher werden, so Niesner. Und er geht noch weiter: In der Übergangsphase vor dem effektiven Exit könnten ironischerweise noch mehr Talente als davor ins Land kommen, die dann ein “right to remain” für qualifizierte Jobs in Anspruch nehmen könnten. “London wird immer eine der großen kosmopolitischen Städte der Welt sein”, sagt Niesner.

+++ Erfolgsgeschichten made in London +++

Unsicherheit und Rückgang bei Investments nur diesen Sommer

(c) Playbrush: Paul Varga (Mitte) mit seinen Co-Foundern Matthäus Ittner (links) und Tolulope Ogunsina (rechts).
(c) Playbrush: Paul Varga (Mitte) mit seinen Co-Foundern Matthäus Ittner (links) und Tolulope Ogunsina (rechts).

Allerdings, räumt er ein, wenn Busuu seinen gesamten Umsatz in Großbritannien machen würde – es sind tatsächlich unter fünf Prozent – würde er sich schon Sorgen machen. Für Playbrush hingegen ist das Vereinigte Königreich einer der Haupt-Absatzmärkte. Sorgen macht sich CEO Varga trotzdem keine. Er erwartet zwar für diesen Sommer noch eine Phase der Unsicherheit und einen Rückgang bei den Investments, dann werde es aber wieder bergauf gehen. Ihn betreffe das ohnehin nicht, weil man bei Playbrush im Moment nicht auf Investorensuche sei.

Paul Varga, Playbrush: “Man muss jetzt die Emotion aus der Debatte nehmen und sachlich werden.”

Politische Umstände ein “Trauerspiel”

Bei allem Optimismus wird Varga aber deutlich, wenn es um die politischen Umstände des Brexit geht: Es sei ein “Trauerspiel”. Es gäbe weder seitens des Vereinigten Königreichs, noch seitens der EU Pläne, wie es jetzt weitergehe. Großbritannien stehe nun ohne Leadership da und der Rest der Europäischen Union habe eine Chance verpasst, Einigkeit zu demonstrieren. Für Varga ist klar: “Man muss jetzt die Emotion aus der Debatte nehmen und sachlich werden.” Niesner schließt dagegen gewohnt optimistisch: “Lasst uns das Beste daraus machen!”

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Die Kurstafel:

📈 Bitcoin erstmals über 90.000 US-Dollar

In der Folgewoche hatten wir an dieser Stelle schon das Bitcoin-Rekordhoch thematisiert, das unmittelbar nach den Wahlen in den USA erreicht worden ist. Seither ging es weiter deutlich nach oben - zwischenzeitlich sogar über die 90.000-Dollar-Marke. Auf 7-Tage-Sicht liegt der Bitcoin-Kurs 18 Prozent im Plus. Und das nach einer bereits starken Vorwoche, die schon einen klaren Kursanstieg gebracht hatte.

Der Hintergrund ist klar: Die US-Kryptobranche hofft auf einen Kurswechsel in der Politik, nach dem Donald Trump die Präsidentschaftswahl für sich entschieden hatte. Trump hatte sich im Wahlkampf als Bitcoin- und Krypto-Befürworter positioniert. Dabei hatte er auch immer wieder den Kurs der Biden-Regierung kritisiert. Die Börsenaufsicht unter dem von Biden eingesetzten Behördenchef Gary Gensler war insbesondere in den vergangenen beiden Jahren scharf gegen viele Akteure aus der Branche vorgegangen. 

Gensler wird nun abgelöst werden, so viel ist klar. Wer ihm nachfolgt, ist noch offen. Die Stimmung in der US-Kryptobranche könnte so beschrieben werden: Jede andere Person ist besser als Gensler. Die Hoffnung ist aber natürlich, dass möglicherweise sogar eine explizit krypto-affine Person den Posten erhält. Noch ist dies aber offen. Wie auch vieles andere, was die neue Trump-Regierung angeht. 

Aber es geht nicht nur um die Regierung. Denn gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen wurden auch zahlreiche Sitze im Senat und im Repräsentantenhaus neu gewählt. Und Auswertungen der US-Kryptobörse Coinbase zufolge reüssierten dabei viele Kandidat:innen, die der Branche aufgeschlossen gegenüber stehen (siehe Crypto Weekly #151). Dies erhöht die Chancen, dass die Regulatorik in den USA in den kommenden Jahren günstiger für die Branche werden wird.

🤔 Wann knackt Bitcoin die 100.000-Dollar-Marke? 

Zusammenfassend kann man sagen: Die US-Kryptobranche hofft auf einen Kurswechsel in der Politik - und damit auf bessere Zeiten. Wirklich Konkretes weiß man aber noch nicht. Der Markt ist aktuell also primär von Hoffnung getrieben. Diese ist durchaus berechtigt, aber eben auch mit viel Unsicherheit verbunden. In den kommenden Wochen und Monaten wird sich nach und nach zeigen, was alles Realität werden wird. Die Position des Chefs der Börsenaufsicht wird dabei sicherlich eines der zentralen Themen sein. Aktuell preist der Markt aber einfach eine Verbesserung gegenüber dem Status Quo ein.

Mit zwischenzeitlich über 90.000 US-Dollar hat sich der Bitcoin-Kurs auch schon der immer wieder beschworenen Marke von 100.000 Dollar angenähert. Im Bullenmarkt von 2021 entstand etwa der Social-Media-Trend, dass Bitcoiner:innen ihre Augen in ihren Profilbildern durch Laseraugen ersetzen - und zwar, so die Ankündigung, bis der Bitcoin-Preis 100.000 Dollar erreiche. 

Im damaligen Cycle war allerdings dann bei knapp über 70.000 Dollar Endstation - und ein “Kryptowinter” brach an, der auch den Bitcoin-Kurs massiv nach unten drückte. Im Zuge des Debakels rund um die Pleitebörse FTX sank er bis auf deutlich unter 20.000 Dollar. Zu diesem Zeitpunkt schien die 100.000-Dollar-Marke völlig unerreichbar.

Zwei Jahre später sieht die Situation ganz anders aus. Nach dem bereits starken Jahr 2023 mit einem Plus von rund 150 Prozent ging es 2024 noch einmal weiter nach oben. Schon im März wurde der Höchststand aus 2021 überschritten. Im November dann neuerlich. Dazwischen lag kein spektakulärer Bullenmarkt, der die Schlagzeilen dominierte - aber nach und nach rückte die 100.000er-Marke plötzlich näher. 

🤭 Warum die Antwort darauf egal ist

Mit einem Bitcoin-Kurs von aktuell knapp unter 90.000 Dollar bräuchte es nur noch einen Kursanstieg von etwas mehr zehn Prozent. Und einen solchen kann es am Kryptomarkt durchaus schon einmal an nur einem (starken) Tag geben. Dass die Marke in den nächsten Wochen überschritten wird, ist also durchaus wahrscheinlich. 

Zeigen wird sich dann aber auch wieder einmal etwas anderes: Dass es sich bei allen vielbeschworenen und genau beobachteten Kursschwellen um völlig willkürlich gewählte Marken handelt, deren Überschreiten in Wirklichkeit keine große Bedeutung hat. Klar, ein Bitcoin-Kurs über 100.000 Dollar ist schon ein Statement und zeigt natürlich auch, wie etabliert Bitcoin mittlerweile ist. Aber das tut ein Bitcoin-Kurs von 99.741 Dollar oder von 102.743 Dollar genauso. Zusammenfassend könnte man also sagen: Die 100.000er-Marke wird früher oder später erreicht werden - es bedeutet nur nichts. 


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