12.02.2021

Gesellschaftsrechtler Rüffler über Austrian Limited, Mitarbeiterbeteiligung und GmbH

Friedrich Rüffler gilt als Experte des Gesellschaftsrechts und gibt im brutkasten-Talk seine Ansichten zu Themen wie Austrian Limited, Mitarbeiterbeteiligung und der GmbH als bewährte Gesellschaftsform ab. Und hat bei aller Komplexität in diesem Gebiet eine einfache Lösung parat.
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Rüffler, Mitarbeiterbeteiligung, Austrian Limited, Anteilsklassen,
(c) brutkasten - Friedrich Rüffler sieht bei diversen Gründer-Wünschen den Finanzminister gefragt.

“Es ist alles sehr kompliziert”, sagte einst der ehemalige Bundeskanzler Fred Sinowatz in den 80er Jahren. Diese Aussage mag auch heute im Diskurs rund um die neue Gesellschaftsform, der Austrian Limited, herangezogen werden und ein rechtliches Wirrwarr auslösen, was Mitarbeiterbeteiligung und ähnliche Forderungen der Startup-Szene betrifft. Allerdings ginge alles deutlich einfacher, wenn es nach Ansichten von Friedrich Rüffler, Professor für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht am Juridicum in Wien, geht. Ohne an den Errungenschaften eines alten und bewährten Systems zu rütteln.

Gefährdung der Rechtssicherheit

Es gibt viele Ideen und Vorschläge, wie man eine Austrian Limited bauen sollte. Ein Gutachten etwa der beiden renommierten Anwaltskanzleien CMS Reich-Rohrwig Hainz und Herbst Kinsky Rechtsanwälte zu diesem Thema empfindet der Gesellschaftsrecht-Experte im Großen und Ganzen als gelungen. Allerdings gebe es Inhalte darin, die er stark ablehnt. Aufgrund einer massiven Gefährdung der Rechtssicherheit.

Das komplette Interview mit Friedrich Rüffler zum Nachsehen

„Die Eintragung der Gesellschafter im Firmenbuch, die materielle Prüfpflicht des Firmenbuchs und auch Formvorschriften erscheinen manchen als ‚alte Zöpfe‘, sie liefern aber einen bedeutenden Beitrag zur Rechtssicherheit und Streitvermeidung“, sagt Rüffler. „Eine Abschaffung wäre radikal gefährlich.“

Rüffler: “Anteilsklassen jetzt schon möglich”

Auch bei der Idee verschiedene Anteilsklassen zu schaffen, meint Rüffler, dass dies bereits jetzt schon möglich wäre, ohne große Gesellschaftrechtsänderungen durchzuführen. Weil das GmbH-Recht im Innenverhältnis von einer großen Privatautonomie gekennzeichnet ist. Allerdings sehe er bei diesem Punkt eine weitere Problematik.

Ein Gesellschafter, eine Stimme

Es verhalte sich so, dass im GmbH-Recht jeder Gesellschafter einen Geschäftsanteil besitzt und mindestens eine Stimme haben muss: „Freilich kann ich Gesellschaftern unterschiedliche Anteile geben, Anteilsklassen, erhöhten Gewinnbezug, mehr Stimmrechte oder auch nichts außer der Stimme“, weiß Rüffler.

Gegen die Logik

Möchte man als Gründer allerdings für verschiedene Finanzierungsrunden die Möglichkeit haben, dass sich jemand auch an verschiedenen Runden beteiligt, so liefe das der Logik des „einen Geschäftsanteils“ entgegen: „Und wenn man stimmrechtslose Mitarbeiter-Beteiligungen haben möchte, spießt es sich damit, dass jeder mindestens eine Stimme haben muss“, erklärt Rüffler die Krux dieser Sache. Für die es aber Lösungen gibt.

Rüffler: “Nennkapital-Anteil bringt GmbH nicht um”

Der Rechtsexperte ist nicht unbedingt dafür, das Dogma des einen Geschäftsanteils für Beteiligte beizubehalten. Stattdessen wäre es möglich zu sagen: “Gesellschafter haben Anteile zu einem bestimmten Nennkapital. Das bringt die GmbH nicht um“, so Rüffler weiter. Auf diese Art würde ermöglicht werden, dass eine Person an unterschiedlichen Finanzierungsrunden unterschiedliche Anteile erwirbt. „Und möglicherweise ein sogenanntes ‚Split-Voting‘ macht, um unterschiedlich abstimmen zu können, wenn das Bedürfnis bestünde.“

Die Probleme des Anteilsklassen-Szenarios nach Rüffler

Bei der Mitarbeiterbeteiligung wiederum geht es vielen Gründern darum, Angestellte am Firmenerfolg teilhaben zu lassen, so der einfache wie auch wichtige Begehr, den die Startup-Szene offenbart hat. Aus diesem Grund wurde die Idee der Anteilsklassen in den Raum geworfen. Rüffler präzisiert und zeichnet jedoch mögliche problematische Szenarien bei diesem Instrument: „Man kann natürlich sagen, es gibt eine Anteilsklasse ohne Stimmrecht für Mitarbeiter. Da muss man sich aber fragen, was hat ein Gesellschafter eigentlich für Rechte außer dem Stimmrecht. Und man muss sich der Frage stellen, will man, dass jeder Gesellschafter das Recht hat auch den letzten Beleg einzusehen“, warnt er. Und wirft zugleich die Problematik des Anfechtungsrechts in den Diskurs hinein.

Der “beleidigte” Mitarbeiter

Gesellschafter sind berechtigt an Generalversammlungen teilzunehmen und Beschlüsse anzufechten. Dies könnte im Streitfall ein Problem und in der Praxis ein „beleidigter“ Mitarbeiter lästig werden. „Man muss sich gut überlegen, was beide Parteien wollen. Damit ein Mitarbeiter bei einem Erfolg einen fairen Gewinnanteil bekommt, dafür brauche ich eigentlich keine Beteiligung als GmbH- oder Austrian Limited-Gesellschafter“, so Rüffler.

Substanzgenussrecht als Lösung ohne große Umwälzung der Gesellschaftsform

Möchte man einen Gesellschafter kreieren, ohne Stimm-, Auskunfts-, Anfechtungsrecht und ohne Dividendenberechtigung, so lautet die Frage, was bleibt eigentlich über? Die Antwort, wie Rüffler es sieht: die Mitpartizipation bei einem Verkauf oder Liquidation. “Das kann man aber jetzt schon machen. Mit einem Substanzgenussrecht, das eine stille Beteiligung darstellt. Das eigentliche Problem dabei ist nicht, das Gesellschaftsrecht, sondern die Besteuerung”, stellt der Unternehmensrechts-Experte klar und dirigiert damit den ganzen Diskurs in eine neue Richtung.

Das Steuerproblem

Eine derartige Mitarbeiter-„Benefit“ würde im selben Jahr, wo es ihnen gewährt würde, als „unter die Einkommensteuer fallende Zuwendung qualifiziert“ und „fatal“ werden, so man doch fast 50 Prozent an Steuer zahlen müsste, stellt der Experte klar.

Rüffler: “Finanzminister gefragt”

Rüffler sieht daher und mit genanntem Beispiel das Problem der Mitarbeiterbeteiligung allein im Steuerrecht liegen und schlägt, vor ein wenig Gedankenkraft darin zu stecken, ob man nicht bloß das GmbH-Recht ändert und auch einen “Null-Stimmrecht-Anteil” zulasse. Er sagt: “Für eine Mitarbeiterbeteiligung muss bei Steuerrechts-Änderungen nur der Finanzminister einverstanden sein. Das geht jetzt schon.”

Kammer für Internationalisierung

Wenn Rüffler weiters in seinen Meinungen und Ideen von Verbesserungen für den österreichischen Standort spricht; dabei unter anderem eine spezialisierte Kammer für internationale Streitigkeiten vorschlägt, gegen eine Senkung des Stammkapitals plädiert und die Formpflicht, sowie das Firmenbuch unbedingt – wegen rechtlicher Vorteile und Gläubigerschutz – beibehalten möchte, so liegt unter seiner Argumentationskette doch nur ein essentieller Gedanke vergraben, der sich wie eine rote Linie durch seine Einstellung durchzieht: Die Rechtssicherheit.

Der Experte verweist in diesem Sinne auf die Möglichkeit des flexiblen Kapitals, einen auf Englisch gestalteten Gesellschaftsvertrag, englischsprachige Rechtsprechung mit Bezug auf Internationalisierungswünsche, selbst Austrian Limited als Signal wäre denkbar: „Die GmbH aber ist eine rechtssichere Sache und wird durch die Judikatur und Literatur begleitet. Würde man etwas ändern, so gebe es am Anfang sicher ein ‚Kuddel-Muddel‘. Und es bräuchte viel Arbeit um das wieder wett zu machen. Vielleicht ist es eine plakative politische Forderung zu sagen, wir brauchen eine ‚Austrian Limited‘. Ich glaube nicht, dass dann Investoren kommen würden“, sagt Rüffler. „Einfacher wäre es auf die Bedürfnisse zu schauen, die wir identifiziert haben. Das kann man schnell umsetzen. Bei Mitarbeiterbeteiligungen sollten wir den Finanzminister bitten. Andere Dinge sollten wir nicht umsetzen. Da machen wir uns viel kaputt.“

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Die Kurstafel:

​💪 Das vierte Bitcoin-Halving ist Geschichte

Die Bitcoin-Community hat darauf hingefiebert - und in der Nacht auf Samstag der Vorwoche ging es dann über die Bühne: Das vierte Halving in der Bitcoin-Geschichte. Viel war darüber spekuliert worden, wie (oder ob?) es sich auf den Bitcoin-Kurs auswirken würde. Die unterschiedlichen Annahmen - wie auch der größere Kontext zum Bitcoin-Halving - wurden hier in der Vorwoche in Crypto Weekly #138 ausführlich behandelt. 

Sehen wir uns zuerst einmal die 7-Tages-Performance an: Der Bitcoin-Kurs hat sich seit vergangenen Freitag kaum verändert. Aber werfen wir doch einen genaueren Blick auf die Kursentwicklung: In der Nacht auf Samstag bewegte sich der Bitcoin-Kurs im Bereich von 64.000 US-Dollar leicht abwärts. Das Halving fand bei Block 840.000 um rund 2 Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit statt. Im weiteren Tagesverlauf bewegte sich der Kurs sehr unauffällig unterhalb der 64.000 Dollar entlang. Am späten Abend ging es wieder aufwärts.

Insgesamt also: Sehr unspektakulär. Zu Beginn der neuen Woche stieg der Kurs dann deutlich bis auf 67.000 Dollar, bevor er am Mittwoch und am Donnerstag wieder korrigierte und in Richtung 63.000 Dollar fiel.

😮 War das Halving ein Non-Event?

War das Halving also ein Non-Event? Viel Hype, aber wenig Auswirkung? Hier gilt es zu differenzieren. Für das Bitcoin-Netzwerk selbst ist das Halving zentral. Das Halving ist ein fundamentaler Bestandteil dafür, dass Bitcoin so funktioniert, wie es eben funktioniert - mit einer vorherbestimmten Geldpolitik und einer limitierten Geldmenge.

Das ist zunächst aber einmal unabhängig von der Kursentwicklung. Die ist ein anderes Thema. Nur weil ein Ereignis aus der technischen Perspektive äußerst wichtig ist, heißt dies nicht notwendigerweise, dass es zu unmittelbaren starken Kursreaktionen führen muss. Und das noch einmal weniger, wenn das Eintreten des Ereignisses nicht nur fix, sondern auch schon lange bekannt ist. Der Markt preist das Ereignis dann bereits ein. 

​🤔 Kurzfristige, langfristige - oder doch gar keine Auswirkungen?

Aber selbst bei der Kursentwicklung muss man noch einmal differenzieren: Das eine ist die kurzfristige Marktreaktion. Diese ist, wie auch in der Vorwoche hier geschrieben, spekulativ getrieben - gerade bei einem stark gehypten Ereignis wie dem Halving. Davon zu trennen sind die langfristigen Auswirkungen. 

Bestes Beispiel sind hier die Anfang des Jahres erstmals in den USA zugelassenen Bitcoin-Spot-ETFs: Die unmittelbare Marktreaktion auf die Zulassung war spekulativ getrieben - und damit hauptsächlich für Day Trader interessant. Mittel- und langfristig könnten die ETFs aber dazu führen, dass viel neues Geld in den Markt kommt. Das würde die Nachfrage nach Bitcoin erhöhen - und somit auch den Kurs stützen.

Auch jene, die für starke Auswirkungen des Halvings auf den Kurs argumentieren, nehmen meist ein längerfristige Perspektive ein. Auf die bisherigen drei Halvings folgten nach einigen Monaten Bitcoin-Bullenmärkte. Aber eben nach einigen Monaten und nicht unmittelbar. 

Das Problem mit dieser Perspektive wurde in Crypto Weekly schon mehrfach thematisiert: Drei Anlassfälle sind zu wenig, um zuverlässige Schlüsse zu ziehen. Auch waren die Rahmenbedingungen für Bitcoin 2012 völlig andere als heute - wo ein Vielfaches an Geld im Markt ist und weit mehr Profis involviert sind. 

Dazu kommt: Das Halving beeinflusst jedenfalls das Bitcoin-Angebot. Ebenso wichtig für den Kurs ist aber die Nachfrage. Die wieder von sehr vielen anderen Dingen beeinflusst wird, die nichts mit dem Halving zu tun haben.

Wie geht es aber nun weiter in den nächsten Monaten? Das kann niemand seriös beantworten. Klar ist aber: Aus der bloßen Tatsache, dass es ein Halving gab, herzuleiten, dass nun ein Bullenmarkt ansteht, wäre verfehlt. Vieles deutet darauf hin, dass die makroökonomische Ebene inklusive Zinsentwicklung in den nächsten Monaten der dominante Faktor für den Kryptomarkt sein können. Und im Gegensatz zum Halving sind die Entwicklungen dort alles andere als vorherbestimmt.

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