Im Rahmen der brutkasten-Serie “Corporate Venturing” diskutieren Franz Zöchbauer, Managing Director Verbund X Ventures, Stanford-Professor Ilya Strebulaev und McKinsey-Senior-Advisor Alex Dang das Konzept des „Venture Mindset“ und ihr gemeinsames Buch dazu. Sie erläutern, wie Unternehmen die Denk- und Entscheidungsweisen von Venture Capitalists übernehmen können, um auch als etablierte Organisationen innovativ zu bleiben und neue Geschäftsfelder zu entwickeln. “Die Art, wie sie Entscheidungen treffen, unterscheidet sich stark zu jener traditioneller Organisationen”, sagt Strebulaev.
Und dieses Venture Mindset könne man erlernen. “Deshalb haben wir das Buch geschrieben”, so der Professor. Man wolle damit zeigen, dass auch ein Konzern wie Amazon wie ein Startup Innovation betreiben kann, erklärt Alex Dang, “und diese Mechanismen können Unternehmen in sämtlichen Branchen umsetzen.” Das Venture Mindset sei besonders relevant in unsicheren Situationen, in denen das traditionelle, auf Planbarkeit basierende Denken nicht mehr ausreicht, betonen die drei Diskutanten. Zudem beleuchten sie im Talk weitere Faktoren für erfolgreiche Innovationsökosysteme, etwa die Rolle von Universitäten, einen funktionierenden Risikokapitalmarkt, die Verfügbarkeit von Arbeitskräften und die Zusammenarbeit zwischen Corporates und Startups.
Um diese Themen geht es im Video-Talk:
Das Konzept des Venture Mindsets
- Definition des Venture Mindsets als eine andere Art der Entscheidungsfindung und Prozessorganisation im Vergleich zu traditionellen Organisationen.
- Der Anwendungsbereich des Venture Mindsets geht über Venture Capital Firmen hinaus und ist relevant für Unternehmen, Universitäten, Non-Profit-Organisationen und Regierungen.
- Das Venture Mindset ist primär für Innovationen, neue Geschäftseinheiten und disruptive Ideen gedacht, nicht für das stabile Kerngeschäft.
- Abgrenzung Traditional Mindset vs. Venture Mindset: Das traditionelle Mindset eignet sich für Stabilität und Vorhersehbarkeit im Kerngeschäft; das Venture Mindset ist entscheidend, wenn Unsicherheit dominiert und die Zukunft unvorhersehbar ist.
- Das Venture Mindset ist lernbar und anwendbar, das Buch bietet praktische Prinzipien und deren Implementierung.
Prinzipien und Implementierung in der Praxis
- Wichtigkeit der richtigen Governance für CVC-Einheiten, um Unabhängigkeit bei Entscheidungen zu gewährleisten.
- Konkrete Implementierungsbeispiele:
- Prinzip „Juniors speak first“ (Beispiel Verbund Ventures).
- Prinzip „Double down or quit“ (gestufter Ansatz ähnlich VC-Runden wie Series A/B/C, Beispiel Amazon).
- Vorgehen bei Amazon: Start mit PR FAQ, MVP-Tests (Seed-Phase), dann gestufte Investitionen.
- Prävention von „Escalation of Commitment“: Das Problem des fortgesetzten Investierens in erfolglose Projekte in großen Organisationen. VCs haben spezifische Strategien dagegen entwickelt, z.B. Rotation des Investmentmanagers bei Folgeinvestitionen.
- Die Bedeutung des Prozesses („Trust the process“): Das Venture Mindset erfordert einen anderen Prozess als das traditionelle Mindset, der proaktiv gemanagt werden muss, da er oft kontraintuitiv ist.
- Organisatorische Umsetzung: Oft ist eine separate Einheit (CVC, interne Business Units) optimal für disruptive Innovationen; Beispiel „two pizza teams“ bei Amazon. Die Regeln müssen konsequent implementiert werden, auch wenn es schwerfällt.
- „Conviction beats consensus“: Bei disruptiven Ideen oder potenziellen Outlier-Investitionen ist Überzeugung wichtiger als Konsens. Erfolgreichste VC-Investitionen waren oft zum Zeitpunkt der Entscheidung kontrovers. Dies ist kulturell herausfordernd. Das Prinzip kann geübt werden, z.B. durch harte Diskussionen statt erzwungenem Konsens.
- Umgang mit Misserfolg (Failure Culture): In einer Welt der Unsicherheit ist Scheitern oft unvermeidlich. Es geht darum, konstruktiv zu scheitern und daraus zu lernen („safe failure environment“). Das Hauptproblem ist nicht der Geldverlust, sondern das Verpassen der großen Erfolge (Unicorns).
- Incentives und langfristiges Denken: Notwendigkeit, richtige Mechanismen und Anreize zu schaffen, um langfristiges Denken zu fördern. Gute Intentionen reichen nicht, Mechanismen sind entscheidend.
- „Skin in the game“: Entscheidungen werden besser getroffen, wenn die Beteiligten persönlich investiert sind; dies ist eine Herausforderung, wird aber als notwendig für die richtigen Ergebnisse angesehen.
Das Ökosystem für Innovationen und Unicorns
- Eine Universität, die ins Ökosystem eingebettet ist und Kommerzialisierung fördert (Beispiel Stanford). Die interdisziplinäre Natur von Stanford spielt eine Rolle. Universitäten sollten das Venture Mindset anwenden.
- Eine vollständige Venture Capital Lieferkette (von Angel bis Late Stage).
- Eine kritische Masse an Humankapital und „revolving doors“.
- Eine kritische Masse an großen Unternehmen, die mit Startups zusammenarbeiten (als Investoren, Kunden, etc.).
- Die Verfügbarkeit von Risikokapital ist ein Hauptgrund für die Entstehung großer Technologieunternehmen wie Amazon oder Google in den USA.
- Ausbildung (Skillset und Mindset) und Networking der Gründer und Investoren.
- Immigration als wichtiger Faktor für Gründer von Unicorns in den USA.
- Robuste Kapitalmärkte (für Exits wie IPOs) und ein flexibles Rechtssystem (für spezifische Verträge und Incentive-Strukturen wie Aktienoptionen).
- Es geht nicht darum, Silicon Valley zu replizieren, sondern die zugrundeliegenden Faktoren zu verstehen und Prinzipien anzuwenden, z.B. in Wien/Österreich. Die Rolle von Universitäten bei der Kommerzialisierung ist dabei wichtig.
Wichtige Erkenntnisse und Schlussfolgerung
- Ein Portfolio an Wetten haben.
- Keine Angst vor Misserfolgen haben.
- Auf Projekte abzielen, die ein Outlier-Potenzial (10x oder 100x Rendite) haben.