28.10.2022

Was die EU-Entscheidung zum Verbrenner-Aus für den heimischen Mobilitätssektor bedeutet

Die EU-Staaten und das EU-Parlament einigten sich in einer historischen Entscheidung darauf, dass ab 2035 in der EU nur mehr Neuwagen verkauft werden dürfen, die kein Kohlendioxid ausstoßen. In Österreich muss jetzt die Dekarbonisierung der Mobilität schnell an Fahrt aufnehmen.
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Verbrenner-Aus
(c) AdobeStock

Der französische EU-Abgeordnete Pascal Canfin, der den Umweltausschuss des EU-Parlaments leitet, sprach von einem historischen Schritt. Ab 2035 dürfen in der EU nur noch Neuwagen zugelassen werden, die kein Kohlendioxid ausstoßen. Auf das Verbrenner-Aus haben sich am Donnerstag Unterhändler der EU-Mitgliedstaaten und des EU-Parlaments geeignet. Vorausgegangen war ein Vorschlag der EU-Kommission, der bereits im Juli 2021 im Zuge des Paket “Fit for 55” getroffen wurde. Dieses sieht einen klimafreundlichen Umbau der europäischen Wirtschaft vor.

Verbrenner-Aus: Zwischenziele bis 2030

Zudem einigten sich die EU-Mitgliedstaaten und das EU-Parlament auf Zwischenziele. Bis 2030 soll demnach der CO2-Ausstoß bei Neuwagen um 55 Prozent reduziert werden. Bei Nutzfahrzeugen beträgt das Zwischenziel 50 Prozent, wobei beide Reduktions-Ziele das Jahr 2021 als Niveau heranziehen.

Allerdings gab es auch einen Kompromiss: Im Jahr 2026 soll die Entscheidung erneut überprüft werden können. Konkret heißt das, dass die EU-Kommission dann nochmals prüft, ob die festgelegten Ziele auch tatsächlich machbar sind. Laut Expert:innen hängt dies unter anderem mit dem Fortschritt des Ausbaus der E-Ladeinfrastruktur zusammen und soll auch der europäischen Auto-Industrie mehr Planungssicherheit geben. Der tschechische EU-Ratsvorsitzende, Jozef Síkela, sprach von einem großen Schritt, allerdings müssten nun auch die entsprechenden Innovation vorangetrieben werden.

EU-Fuels als Kompromiss zum Verbrenner-Aus

Bereits im Vorfeld gab es eine Diskussion, wie der Einsatz von sogenannten E-Fuels gehandhabt wird. Dabei handelt es sich um synthetisch hergestellte Kraftstoffe, bei deren Produktion Treibhausgase gebunden werden.

Im Zuge Prüfung durch die EU-Kommission im Jahr 2026 soll auch evaluiert werden, ob der Einsatz von E-Fuels für Autos künftig infrage kommen kann. Insbesondere die FPD in Deutschland machte sich für den Kompromiss stark, der eine Hintertüre in Bezug auf das Verbot von Verbrenner-Motoren offen lässt.

Während FDP-Chef Christian Lindner von einer klugen Entscheidung sprach, die eine “Technologieoffenheit” ermögliche, kritisierten zahlreiche Umweltschutzorganisationen, wie Greenpeace, den Kompromiss. Zudem merken Kritiker:innen unter anderem an, dass synthetische Kraftstoffe in anderen Sektoren wie Schiff- oder Luftfahrt deutlich dringender gebraucht werden als im Straßenverkehr.

Dekarbonisierung der Mobilität in Österreich

Welche Entscheidungen schlussendlich nach der erneuten Prüfung im Jahr 2026 getroffen werden, wird sich zeigen. Fest steht allerdings, dass Österreich bei der Dekarbonisierung der Mobilität Fahrt aufnehmen muss. Hierzulande stieß der Verkehrssektor 2020 rund 50 Prozent mehr CO2 aus als noch im Jahr 1990. Zudem hat Österreichs Verkehr laut dem Verkehrsclub Österreich den zweithöchsten Pro-Kopf-CO2-Ausstoß der EU. Aktuell beläuft sich der CO2 Ausstoß im Verkehrssektor in Österreich auf rund 25 Millionen Tonnen CO2.

Von Seiten der Politik wurde dafür unter anderem der Mobilitätsmasterplan 2030 für den Verkehrsbereich vorgelegt. Darin bekennt sich die Regierung zum weiteren Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Die Dekarbonisierung der Mobilität soll demnach entlang von drei Ebenen erfolgen.

  • Erstens soll der verbleibende Individualverkehr verbessert werden, indem der energieeffiziente Elektroantrieb zur Anwendung kommt.
  • Zweitens sollte Verkehr und Transport, der sich nicht vermeiden lässt, auf umweltfreundliche Verkehrs- und Transportmittel verlagert werden. Dazu zählen Fahrrad, Bus und Bahn.
  • Drittens sollte, dort wo möglich, eine Vermeidung von Verkehr stattfinden. Dazu heißt es: “Mit einer nachhaltigen Standort- und Raumplanung der kurzen Wege, aber auch mit Telearbeit oder der Bildung von Fahrgemeinschaften lässt sich Verkehr vermeiden”.

Innovationen für die Mobilitätswende

Aktuell werden in Österreich zirka zwei Prozent der Fahrzeuge elektrisch betrieben. Bei den Neuzulassungen erreichten Elektroautos 2021 allerdings bereits zwölf Prozent aller neu zugelassenen Fahrzeuge. Zudem wurden 2021 im Vergleich zum Vorjahr eine Verdoppelung an neu zugelassenen E-Autos verzeichnet.

Neben dem Verbrenner-Aus und dem Ausbau der Ladeinfrastruktur, wird es künftig allerdings weitere Schritte benötigen, um die Mobilität in Österreich zu dekarbonisieren. Dazu zählen unter anderem der Ausbau von Car-Sharing-Angeboten oder die Optimierung der betrieblichen Mobilität. Stichwort: Fahrgemeinschaften. Ein Schlüsselrolle nimmt dabei auch die Digitalisierung ein, die derartige Anwendungen ermöglicht. Österreichische Startups und Unternehmen liefern bereits jetzt Lösungen dafür. Mehr darüber könnt ihr auch hier nachlesen.


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Das war’s. Die Dreier-Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos sind Geschichte. Vielversprechend waren sie von Beginn an nicht – zu groß sind die Differenzen zwischen den drei Parteien. Doch der Zweckoptimismus gebot darauf zu hoffen, dass die Zweckehe es irgendwie schafft, den Zweck zu erfüllen. Und dieser Zweck ist zugegebenermaßen groß. Österreich, Europa, ja die ganze Welt sind bekanntermaßen mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Auf die muss nicht nur reagiert werden. Es braucht proaktive Reformen, um in der Zukunft mitspielen zu können.

Wie es weitergeht, wird sich in Kürze zeigen. Doch ob nun ÖVP und SPÖ es mit hauchdünner Mehrheit zu zweit versuchen, ob die Grünen doch noch an Bord geholt werden, ob die FPÖ wieder ins Spiel kommt oder es gar Neuwahlen gibt – fest steht: Die heimische Politik scheint den Herausforderungen unserer Zeit tatsächlich nicht gewachsen zu sein.

Trotz allem weiter wie bisher

Denn obwohl Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in ihrer Rede zum Verhandlungs-Aus sehr sparsam mit konkreten Vorwürfen umging, gab sie doch einen tiefen Einblick, woran es krankt. Die alteingesessenen Parteien ÖVP und SPÖ, die Österreich mal gemeinsam, mal abwechselnd, durchgehend seit 1945 regieren, sind auch in der Wirtschaftskrise, der Klimakrise, der geopolitischen Krise und der Budgetkrise nicht dazu in der Lage, von längst überholten Dogmen abzugehen. Während die Welt brennt, bleiben klientelpolitische Artefakte, interne Machtkonstruktionen und uralte ideologische Maximen unangetastet.

Nun kann man gewiss konkrete Themen herausgreifen: eine SPÖ, die sich aus ideologischen Gründen bei notwendigen Maßnahmen für den Standort querstellt, eine ÖVP, die aus klientelpolitischen Gründen eine Entbürokratisierung verhindert. Man könnte hier einiges auflisten. Das Problem geht über diese konkreten Themen hinaus. Es sitzt tiefer. Wie Meinl-Reisinger umfassend in ihrer Rede ausführte, geht der Zeithorizont, in dem die Verhandler:innen von ÖVP und SPÖ denken, genau eine Legislaturperiode weit. Nicht das Wohl des Volkes, der Wirtschaft und des Staates, sondern das Gewinnen der nächsten Wahl ist das primäre Ziel. Dabei sollte es inzwischen als hinlänglich bewiesen gelten, dass weder das eine noch das andere auf diese Weise gelingt.

Wie Nokia, nur dass nichts Besseres nachkommt

Der Vergleich dieser Politik des Weitermachens wie bisher zu den vielzitierten Geschichten von Kodak und Nokia wurde bereits von anderen aufgestellt. Auch diese scheinbar völlig reformunfähige politische Kaste wird abgelöst werden, weil sie die Zeichen der Zeit nicht erkennt – obwohl diese so deutlich dastehen, dass man sich fragt, wie das überhaupt möglich ist. Doch was da stattdessen kommt (und die Wahl ja bereits gewonnen hat) ist nicht das bessere Produkt, so wie einst Digitalkamera und Smartphone bei Kodak und Nokia. Die aktuelle politische Alternative – nicht nur in Österreich – ist keine konstruktive, in die Zukunft gerichtete Kraft, sondern eine destruktive, in die Vergangenheit gerichtete.

Der Standort bräuchte dringend Impulse. Innovation müsste dringend mit aller Kraft gepusht werden. Die Entbürokratisierung müsste dringend vorangetrieben werden. Das alles müsste dringend nicht gegen, sondern im Einklang mit den Klimazielen passieren. Dazu bräuchte es dringend das Eingeständnis, dass sich wirklich etwas ändern muss. Das alles bleibt wohl im Konjunktiv stehen. Stattdessen geht es mit Vollgas weiter in den Abgrund.

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